Nr. 64.
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Berliner Volksblatt.
27. Jahrg.
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Redaktion: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1983.
Donnerstag, den 17. März 1910.
Expedition: S. 68, Lindenstrasse 69. Fernsprecher: Amt IV, Nr. 1984.
Das Gesetz gegen die Wahlreform!
Das Gesetz gegen die Wahlreform wurde am Mittwoch Man möge doch ja die Drittelung nach Urwahlbezirken] liberalen Wahlmänner in den Städten aus der zweiten auch in dritter Lesung angenommen. Zu dieser dritten beseitigen, da sonst die Industrie statt durch die berüch- Wählerabteilung zu verdrängen und so die Mandate zu er Lesung benötigte das Dreiklassenparlament gar nur einer tigten Scharfmacher nur durch sozialdemokra- obern. Schon im Jahre 1892 hat das Zentrum die Dritteeinzigen Sigung ! Die Opposition wurde wiederum nieder- tische oder bestenfalls ultramontane Bertreter der Industrie- lung in den Urwahlbezirken mit allem Nachdruck gefordert und den Konservativen, um diese Bestimmung zu erreichen, getrampelt, den sozialdemokratischen Rednern konsequent das arbeiterschaft vertreten sein werde! Wort abgeschnitten! Selbst bei solchen Punkten, wo von den So entpuppte sich in letter Stunde auch die national- Schachergeschäft von 1892 hat zwar auch den Sozialdemo Konzessionen auf anderen Gebieten gemacht. Das clende fonservativen und nationalliberalen Rednern die beantragte liberale Partei als willige Helferin eines Gesetzes gegen fraten die Erringung von Mandaten ermöglicht, aber das Wahlrechtsverschandelung als Schutzmittel gegen die die Wahlreform, als eine Partei, die gegen eine entsprechende muß man nun schon einmal in Kauf nehmen, solche BegleitSozialdemokratie empfohlen worden war! Beteiligung an der blaufchwarzen Gegenseitigkeitsversicherung erscheinungen lassen sich nicht immer vermeiden. Eins muß man zum Nuhme der konservativ- klerifalen Geradezu naiv nahmen sich solch zielbewußter Un- bereit ist, in jeden Voltsbetrug, jede infamste Gesellschaft sagen: Junker und Pfaffen hängen wie die verfrorenheit gegenüber die Antlagen eines in legter Stunde Wahlrechtsprellerei der Massen zu willigen! zum Wort gekommenen Freisinnigen- der Sozi wurde selbstSo haben sich bei dem infamen Schacher um Hinter- Kletten zusammen, die Waffenbrüderschaft, die sie sich im verständlich wieder stranguliert! aus, der dem Anti- treibung der Wahlreform alle großen Parteien des Kampfe gegen das Volk gelobt haben, haben sie bis zum legten Augenblick gebalten, und selbst die Ratschläge des Wahlrechtsblock den Vorwurf machte, daß er nicht einmal in Dreiflaffenparlaments bis auf die Knochen blamiert! der Frage der Neueinteilung der Wahlkreise wenigstens für Sogar die Polen haben sich als Gegner des Ministers des Innern schlugen sie lachend in den Wind. Sie pfeifen auf die Regierung, und sie haben die Macht dazu. eine Annäherung an das gleiche Wahlrecht sorge. gleichen Wahlrechts bekannt bei der Abstimmung über die Diese Regierung, die in völliger Abhängigkeit von den beiden As ob der blau- schwarze Block sich überhaupt das Ziel ge- Resolution, die eine Neueinteilung der Wahl- reaktionären Parteien ist, besteht nicht aus Männern, sondern fezt habe, das Wahlrecht zu verbessern! Als ob sich reise verlangte. Sie haben gegen eine solche Neu- aus Nullen, und fast scheint es, als ob ihre Vertreter nur das der ultramontan konservative Block nicht in dem Drange einteilung gestimmt, weil der jetzige aberwißige Zustand ihnen Wort ergreifen, um sich zu blamieren und vor aller Welt den zusammengefunden habe, mit dem Aufgebot aller Kräfte und beispielsweise in einem der kleinsten der Wahlkreise, in Beweis ihrer Unfähigkeit an den Tag zu legen. Bekämpfte doch der Minister v. Molkte plöglich die Drittelung in den unter Anwendung aller demagogischen, jesuitischen Sniffe ein Schrimm- Schroda- Wreschen ein Mandat sichert! Gesetz gegen die Wahlreform zustande zu bringen! Aeußerlich ist der Schnapsblock, ist die wahlrechts- Urwahlbezirken, ohne zu wissen, daß die Begründung der Daß das Zentrum, das ja zum guten Teil von der freundliche Reaktion einschließlich der noch immer hoffenden Stegierungsvorlage gerade diese Bestimmung besonders verherrlicht, weil sie angeblich den Einfluß des Mittelstandes fichert! Offenbar hat Herr v. Moltke die Vorlage, die seinen Vorfpic, lung lebt, eine demokratische Partei zu sein, und harrenden Nationalliberalen der Triumphator. das nicht eingestehen konnte, versteht sich von selbst. Auch dieser Sieg der offenen und versteckten Wahlrechtsmeuchler ist Namen trägt, überhaupt nicht gelesen. Und, um die Blamage fein blauer Komplize bei der dem Wolfe zugefügten Wahl im letzten Ende nur der glorreichste Triumph der voll zu machen, sprang plötzlich der„ geistige" Bater des Sozialdemokratie! Schandwerks, Herr Geheimrat v. Falkenhayn, in die rechtsprellerei, die konservative Partei, durfte das natürlich * Gehen doch die Feinde des gleichen Wahlrechts ge- Bresche und bat das Haus flehentlich, den Argumenten der nicht zugeben. Im Gegenteil, auf Drängen des Zentrums mußten ja die Stonservativen die unsäglich lächerliche hunden und gebrandmarkt aus der Campagne Regierungsvorlage feine Bedeutung beizulegen Erst das und blamable Stomödie des unentwegten Gegners des hervor! Ist doch insbesondere den ultramontanen schallende Gelächter auf allen Seiten des Hauses, selbst bei geheimen Wahlrechts agieren, damit die Judasrolle des Wahlrechtsverrätern das Rainsmal des Volts- Ver- feinen Freunden, flärte den Geheimrat darüber auf, welche Dummheit er gesagt hatte. Zentrums verschleiert würde. Daß dank der Stimm- rats untilgbar aufgebrüdt! Aber wie soll man von einem fimplen Geheimrat Ber . Der Kampf des Volkes aber geht weiter! Seine Räder ständnis verlangen, wenn selbst sein oberster Vorgesetzter, enthaltung der Linken bei der Abstimmung über das geheime Wahlrecht den Konservativen diese ultramontan- fonservative werden die Helfershelfer der Gesetzmacherei gegen die Wahl- Herr v. Bethmann Hollweg , die Situation nicht überschauen Stomödie so schmählich durchkreuzt wurde, erregte begreiflicher- reform zermalmen! weise bei den entlarbten Komödianten des Schnapsblocks eine Erbitterung, deren Nachgrollen selbst noch am Mittwoch zu bemerken war.
tionalliberalen den Mittler zu spielen!
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Trödelbude?
Aber
fann? Das Abgeordnetenhaus hat die Vorlage der Regierung so ziemlich in ihr Gegenteil berkehrt. Es hat die öffentliche Stimmabgabe, auf deren Beibehaltung die Regierung Wert legte, wenigstens soweit die Urwahlen in Betracht tommen, beseitigt, es hat das System der indirekten Wahlen, Aber ebenso deutlich wie die Wut der bloßgestellten das die Regierung als überlebt beseitigen wollte, beibehalten, Schnapsblock- Schmierenfomödianten berriet die zynische UnAls eine wahre Trödelbude wie den Mühlendamm, als und es hat schließlich die Bestimmungen über die Kulturberfrorenheit der Freikonservativen, daß die ganze Wahl eine wahre Schacherbude bezeichnete unser Genosse Liebknecht träger, auf die die Regierung besonders stolz war, zum guten reform nicht für, sondern gegen das Bolt gemacht am Mittwoch des Preußische Abgeordnetenhaus . Die Teil gestrichen. Und was tut die Regierung? Sie macht nicht werden solle. Der biedere Freiherr v. 8eblik, ber ja schon fonservativ- kleritale Mehrheit war außer sich vor But, der einmal den Versuch, ihre Vorschläge wiederherzustellen, fie den ehrlichen Makler" zwischen Zentrum und Konservativen allzeit dienstbeflissene Vizepräsident Dr. Borsch rief den zieht auch nicht etwa ihre Vorlage zurück. Nichts von alledem, mit dem erstaunlichen Erfolge gespielt hatte, daß das Zentrum Redner in erregtem Ton zur Ordnung, aber diese Wutaus- sondern erklärt sich mit den Beschlüssen der konservativseine Ratschläge bis zum Zipfelchen über dem i befolgt brüche vermögen. ebensowenig wie der Ordnungsruf die Tatsache leritalen Mehrheit einverstanden. Will Herr v. Bethmann hat, versuchte nunmehr auch zwischen dem blau- Stopf getroffen, daß er den Gefühlen von Millionen Aus- führen, oder will er zeigen, daß sein Schlagwort von der gott aus der Welt zu schaffen, daß Liebknecht den Nagel auf den Sollweg das parlamentarische Regiment in Preußen einschwarzen Antiwahlrechtsblod und den Na- druck verliehen hat. Denn geschachert worden ist in der gewollten Abhängigkeit in erster Linie auf ihn selbst zutrifft? Prinz- Albrecht- Straße seit Monaten in der allerwiderlichsten wir unsererseits neigen der letzteren Auffassung zu. Und dieser Vermittlerrolle glaubte er dadurch dienen zu Weise. Geschachert worden ist um den Preis, für den Junker So ist denn die Wahlrechtsvorlage" glücklich unter Dach zu können, daß er darauf hinwies, daß selbst durch den ultra- und Pfaffen den winzigen Rest des Rechtes verkaufen sollen, und Fach gebracht, aber der Wahlrechtskampf ist damit nicht montan- tonservativen Schacher die Rechte des Volkes noch den die preußische Arbeiterklasse heute noch genießt. Ja, ge- zu Ende. Jest fängt, wie Liebknecht und nach ihm immer nicht restlos preisgegeben seien. Sei es doch dant schachert wurde sogar noch bis zum letzten Augenblic, noch einert, mit allem Nachdruck betonten, der Kampf eigentder Klassendrittelung nach Urwahlbezirken noch immer der während der Rede Liebknechts eilten die Agenten, wie später lich erst an. Im Parlament selbst werden die Dinge sich jetzt Sozialdemokratie möglich, wenigstens etliche Mandate der Konservative Freiherr v. Richthofen offen eingestand, in schneller Reihenfolge abspielen. Am 12. April wird das hin und her, um auch die Nationalliberalen und die Frei- Abgeordnetenhaus die durch die Verfassung vorgeschriebene zu erobern, respektive das Zentrum zu zwingen, in ge- fonservativen für das Kompromißwerk zu gewinnen, da ihnen wiederholte Abstimmung, die sogenannte vierte Lesung, vorwissen Industriebezirken wenigstens Arbeitersetretäre allein die Verantwortung eine zu große ist. nehmen. Dann geht der Entwurf an das Herrenhaus, das an Stelle von Zentrumspfaffen oder 8entrumsDaß keine Einigung über den Preis erzielt werden ihn unter Innehaltung der Fristen in vier bis fünf Wochen agrariern aufzustellen! fonnte, ist nicht der Charakterfestigkeit der Nationalliberalen verabschiedet haben dürfte. Wenn das Pfingstfest hereinbricht, Diese freitonservativen Versuche, die gesamte Ausbeuter- zu danken. Gar zu gern hätten die um Friedberg und Zedlitz wird das preußische Volk sein Wahlrecht" haben. Nicht das sippe im Zeichen der Arbeiterfeindlichkeit für ein Gesetz mitgemacht, aber es war zu wenig, was man ihnen bot. Ja, Wahlrecht, das ihm fraft einer Intelligenz, fraft seiner Bedengegen die Wahlreform zu gewinnen, veranlaßten nicht nur hätten die Konservativen und das Zentrum für den wieder tung zusteht, nicht sein heiliges Naturrecht, nein, das Wahleingebrachten freifonservativen Antrag auf Beseitigung der recht von Junkers und Pfaffen Gnaden. Aber für dies Wahldie Konservativen, den Nationalliberalen erneute Angebote Drittelung in den Urwahlbezirken gestimmt, dessen Annahme recht wird sich das preußische Volf, wird sich vor allem die auf Kosten der nicht bestzenden Klasse zu die Entfernung der Sozialdemokraten aus dem Landtage zur Arbeiterklasse bedanken. Das Bolk erblickt darin, wie unsere machen, sondern lockten endlich auch die Partei Windfahne Folge gehabt hätte mit Freuden hätten sich die National- Vertreter wiederholt betont haben, nicht einmal eine Abaus ihrer so lange trampfhaft bewährten Zurückhaltung liberalen und die Freikonservativen auf die Seite der kon- schlagszahlung! Zielbewußter and energischer als je zuvor heraus! servativ- klerikalen Mehrheit gestellt und gemeinsam mit ihr wird es sein Recht fordern! Niat betteln wird es um das,
Der nationalliberale Abgeordnete Schiffer, der selbst das Dreiklassenwahlsystem noch weiter berschlechtert. Daß was ihm zusteht, es wird fämpfen! Nicht früher wird die den Wahlrechtsverrat des blauschwarzen Blockes so bitter als sie in diese Versuchung nicht gerieten, ist natürlich nicht etwa Wahlrechtsbewegung in Preußen zur Ruhe kommen, als bis Romplott gegen jede ernstlichere Wahlreform ein besonderes Verdienst der Mehrheitsparteien. Hätte fich sich die Forderung des klassenbewußten Proletariats' fiegreich ihnen die Möglichkeit geboten, das Gesetz zu verschlechtern, durchgesetzt hat. gegeißelt hatte, riß sich nunmehr alle demokratische Draperie ohne daß sie selbst davon Schaden gehabt hätten, dann hätten Die Junker und Paffen, die heute frohlocken, follen ihres eigenhändig vom Leibe, um sich den Konservativen als zu fie das gewiß getan. Aber die an fich unsinnige Drittelung Sieges nicht froh werden. Nicht mehr lange wird es dauern, verlässiger Kumpan für eine totale Entrechtung der in den Urwahlbezirken kommt dem Zentrum zugute, das da- dann triumphiert das Volf. Die Volksverräter und Volksarbeitenden Klassen anzubieten! durch in den Stand gesetzt wird, im Rheinland die national- fcinde aber werden zerschmettert am Boden liegen!