meinte ja zuerst, er have die Schutzleute nur ermahnt, nichts auZzu- sagen, was sie nicht genau wußten, die anderen Angaben aber desto bestimmter zu machen, mußte aber auf weiteres Befragen auch zu- geben, die fachliche Seite erörtert zu haben. Man braucht sich aber nach diesem Beispiel nicht mehr über die so genau gleichlautenden gerichilichen Aussagen von Schutzleuten zu wundern I Ju der Berhandlung beschwor eine Reihe Privatzeugen, die unter Anklage stehenden, die Polizei beleidigenden Aeußerungen des Angeklagten nicht gehört zu haben. Der Amtsanwalt be» antragte aber trotzdem eine Gefängnisstrafe von zwei Monaten wegen Beleidigung der Schutzmannschafi in zwei Fällen. DaZ Gericht schenkte den Aussagen der Schutzleute G l a u b cn und erkannte auf drei Wochen Gefängnis. Gegen dieses Urteil wird der Angeklagte natürlich Be- rufung einlegen._ politifcbe GcberHcbt Berlin, den 16. März 1916 Der auswärtige Bethmaun. Aus dem Reichstage. 16. März. Heute hat sich im RcichBtag der auswärtige B e t h m a n n vorgestellt. Man muß gestehen, er macht einen crguicklichercn Eindruck als der innere. Er verteidigte die Haltung der Regierung in der Mannesmann-Affärc gegenüber den Alldeutschen, in- dein er betonte, daß die deutsche Regierung, wenn sie den Wünschen der Alldeutschen auf Vertretung der Mannesmann- Ansprüche nachgekommen wäre, sich eines Bruchs der Alge- ciras-Akte schuldig gemacht hätte. Zu einer zweiten Fünf- minutenrede provozierte ihn der Trommelschläger der alldeutschen Radaupolitiker, der Antisemit Liebermann v. Sonnenberg , der dem deutschen Auswärtigen Amt Schädigung der deutschen Interessen nachsagte. Diese Attacke wies Bethmann Holl weg mit Entrüstung zurück, wo- rauf Liebcrmann von Sonuenberg gar nichts gesagt haben wollte. Auch der zweite Redner der Sozialdemokratie, der Ec- nosie David, kam so in die Lage, an der Seite des Reichs- kanzlers gegen die Alldeutschen fechten zu müssen. Er wies Herrn von Liebermann nach, daß er schon in der Budget- rommission nach seinem anfänglichen bramarbasierenden Auf- treten zurückgchupft habe. Dann züchtigte David auch den öligen Stresemann, der genieint hatte, bei der diploma - tischen Vertretung dürfe man es mit der Rechtsfrage nicht so genau nehmen. David betonte, daß auch in der auswärtigen Politik Ehrlichkeit immer die beste Richtschnur sei. Dann aber rügte er scharf, daß der Reichskanzler über die wichtigste Frage der auswärtigen Politik, das Verhältnis zu England, sich vollständig ausgeschwiegen habe, und wies an der Hand der Tatsachen nach, daß gerade Bülows Flotten- Politik es gewesen sei, die Deutschenfurcht und Deutschenhaß in England gezüchtet und dadurch den deutsch -feindlidhen �konservativen bei den Wahlen zum Aufschwung verholfen habe, während die deutschen ebenso wie die englischen Sozia- listen in internationaler Brüderlichkeit gegen den Krieg und für die Freundschaft unter den Nationen wirken. Herr v. Schoen erging sich in einer längeren Erörtc- rung über allerhand Einzelfragen des Auswärtigen Amtes, zu der ihn Bemerkungen verschiedener Redner Anlaß ge- geben hatten. Von größerem Interesse war es jedenfalls, als S ch e i d e m a n n die im„Vorwärts" bereits dargestellten Leiden deutscher Arbeiter in Brasilien zum Vortrag brachte. Unser Genosse betonte, daß das Auswärtige Amt selbst die Arbeiter hinreichend gewarnt habe, daß aber der deutsche Konsul in der brasilianischen Stadt M a n a o s offenbar mitschuldig an der Verlockung der Arbeiter in die ungesunden Gebiete am Amazonenstrom sei. Auf seine Frage, ob der Mann zur Verantwortung gezogen sei, erklärte der Geheimrat v. F r a n tz iu s. es sei von ihm cht Bericht eingefordert worden, worauf Schcidcmann er- widerte, daß aus einem Bericht des Beschuldigten sich schwer- lich Material für den Beweis seiner Mitschuld ergeben würde. Nach Beendigung des Etats des Auswärtigen Amtes kam das R e i ch s s ch a tz a m t an die Reihe, wobei in der Haupt- fache ZoUsragen zur Erörterung gebracht wurden. Für uns handelt es sich hauptsächlich um die Entschädigung der Tabakarbeiter, die durch die neuen Tabaksteuern Schaden erlitten haben. Die Budgetkommission hatte eine Bestimmung getroffen, daß die Entschädigungspflicht des Reiches solchen Arbeitern gegenüber anerkannt werden sollte, die unterstützungsbedürftig seien, während die Sozialdemokraten, wie Genosse Molkenbuhr zum Aus- druck brachte, verlangten, daß Arbeitslosigkeit an sich schon den Anspruch aus Entschädigung rechtfertigen müsse. Da aus den anderen Parteien sich verschiedene Redner aus den nämlichen Standpunkt stellten, wurde mit knapper Mehrheit schließlich diese Regelung gutgeheißen. Das Zentrum stiimnte geteilt. Seine Arbeitersekretäre glänzten bei der Abstimmung durch Abwesenheit. Sonst erörterte noch Genosse Stalle die Bcnachtei- ligung der Arbeiter durch die Schutzzölle. Genosse H u b c r- Landau brachte in seiner Jungfernrede einen interessanten Fall zur Sprache, aus dem hervorgeht, wie außerordentlich unzuverlässig die Weinprüsung durch die amtlichen Prüfungs- anstoltcn ist. Erst um 9 Uhr abends ging die Sitzung, und damit die zweite Lesung zu Ende. Morgen um 10 Uhr beginnt die d r i t t e L e s n n g des Etats._ Tie neue Schutzzollära. Die belgische Regierung hat, wie telegraphisch aus Brüssel gemeldet wird, im Hinblick auf den drohenden neuen französischen Zolltarif bei der Kammer eine Erhöhung der Zölle beantragt. Ter Zoll für Schaumweine wird auf 260 Frank, für andere Weine auf 80. für Liköre auf 500 Frank pro Hektoliter, für Parfümerien auf 25 Proz. und für Seide auf 20 Proz. des Fakturenwertes erhöht. Tie„Maßgebenden". Tie„K ö l n i s ch e Z e i t u n g" gibt der Regierung gute Ratschläge, wie sie bei der preußischen W a h l r e f o r m hätte verfahren müssen. Nach der Meinung des national- liberalen Blattes hätte die Regierung die Debatte eröffnen müssen mit der Frage: Was bezweckt eine Wahlund was bezweckt insbesondere eine Wahlresorm in Preußen? Schon bei dieser Frage würden sich not- wcndigerweise die Geister geklärt haben. Denn die Sozial- denwkratie, der Freisinn und das Zentrum(!) als Anhänger des allgemeinen, gleichen Wahlrechts hätten dann erklären müssen, daß nach ihrer Meinung die Wahl sein soll ein mög- ilichst getreues Spiegelbild des Volkswillens. Dann heißt es: „Der Uebertragung dieser Definition auf Preußen stimmen . jedoch die Konservatives, die Freikonservativen und die A a t i o n a l l i b e r a I e n nicht zu, weil sie der.Meinung sind, daß hier das Wahlrecht nach I n d i v i d u a l- leistungen obzu stufen, daß es vor allem nicht angängig sei, den besitzlosen Massen durch das gleiche Wahlrecht die Entscheidung über den Besitz in der Verfügung über die direkten Steuern in die Hand zu geben. Hätte die Regierung jene Frage gestellt. so hätte sich also ergeben, daß eine Wahlreform auf Grund der organischen Fortentwickelung nur mit diesen Parteien gegen Zentrum, Freisinn und Sozialdemokratie zu machen sei und daß sie darauf ausgeben müsse, durch die Wahl ein möglichst getreues Spiegelbild des Willens der maßgebenden Bevölkerung zu erzielen." Also die Regierung hätte die Wahlreform mit den Konservativen und den Ratio nalliberalon machen müssen, weil diese darin einig sind, daß nicht den besitzlosen M a s se n die Entscheidung über den Besitz durch das gleiche Wahlrecht in die Hand zu geben sei! Was wohl bei einer Wahlresorm herausgekommen wäre, an der statt des Zentrums die Nationalliberalcn an der Seite der Konservativen mitgewirkt hätten? Sicher nichts Gescheiteres als jetzt, wo der blauschwarzo Block das Werk verrichtet hat. Die„Kölnische Zeitung " unterläßt anzugeben, wer die „maßgebende Bevölkerung" ist. deren Willen als Spiegelbild in der Wahl zum Ausdruck kommt. Das Blatt meint, das zu ermitteln, sei„freilich eine schwierige Aufgabe". Es mag de» Nationalliberalen schwer fallen, die nach außen hin unverdächtige Form für die Auslese der„Maßgebenden" zu finden; daß es schließlich auf weiter nichts als die Er- Haltung der Vorrechte des Geldsacks hinaus- läuft, darüber dürften wohl für denjenigen keine Zweifel bestehen, der die Herren von„Bildung und Besitz" ein wenig naher auf Herz und Nieren geprüft hat. Aus dem badischen Landtage. In der Kommission, in der diu Reform der Gemeinde- und Städtcordiiung berate» wird, wurde Dienstag ein sozialdemokratischer Antrag angenommen, die direkte Wahl der Gemcinderäte auf der Grundlage der Verhältniswahl in Gemeinden bis zu 4000 Ein- wohnen» einzusühren. Abgelehnt wurde dagegen ein Antrag, die Wahl auf den Sonntag zu verlegen. Die«religiösen Sonntage" nehmen in der R h e i n p r o v i n z ihren Fortgang. Wo es irgend angeht, wird da? Erscheinen eines K i r ch e n f ü r st e n, sei cS des Kölner Erzbischoss oder eines Weihbischofs angekündigt, was natürlich eine besondere Zugkraft ausübt. Am vorigen Sonntag fand in Mülheim am Rhein eine derartige Veranstaltung unter dem Namen„Protest Versammlung gegen Unglaube it und Freidenkertum" statt. Ein Professor trat als Haupt- redner auf. Er erkennt auZ den Zeichen der Zeit, daß ein all- gemeiner Sturm gegen die katholische Kirche bevor- steht. Die Hochschulen sind zum großen Teil Herde des Unglaubens geworden, fast alle Philosophen, von Kant bis Pausten, sind christcntiunsseindlich, die liberalen Theologen haben sich vom wahren Glauben abgewandt, der größte Teil der Vertreter moderner Kunst und Literatur ist von antichristlichcm Geiste durchdrungen. Die liberale Pädagogik ruft in die Lande hinaus: Weg mit der Religion aus der Schule!, und die liberalen Lehrer wollen die Jugend erziehen in glaubcnS- und religionslosen Ideen. Die Freimaurer sind am Werls, die Kirche zu verdrängen. Die Liberalen sehnen sich nach einem neuen Kulturkampf, und gar die S o z i a l d e m o- k r a t e n. auf die der Redner die Hälfte seines Vortrages verwendete, sie bekämpfen nicht nur die Kirchs und die Religion, sendcrn alle?, was dem Menschen heilig ist.„In herrlichen be- geisterten Worten", so heißt es in der Zentrumspresse,„protestiert der Redner im Namen der Familie, im Namen des Staates, im Namen der übeniatürlichen Weltanschauung gegen das Treiben des alles zerfetzenden Unglaubens." Und natürlich lohnte rauschender. sich immer wiederholender Beifall den Redner für seine Aus- sührungeit. Da« ist die Art, wie das Zentrum„Volksaufklärung' treibt! Die Masse soll in religiösen Fanatismus hineingejagt und in den Glauben versetzt werden, als„ob die Welt voll Teufel war" und die Rettung des ewigen Heils nur beim Zentrum zu suchen sei. In Wirklichkeit handelt es sich darum, die Aufnrerksainkeit der Masse ab- zulenken von den Sünden und Verbrechen, die daS Zentrum in letzter Zeit so überreichlich am Volle begangen hat. Zentrumsterrorismus. Zu den beliebtesten Kampfmitteln gegen die VolkSaufklärung ge- hört bekanntlich die feige Sa alab treib er ei. In der Ltegel leugnen die Gegner, von dieser„geistigen Waffe" Gebrauch gemacht zu haben. Anders die ultramontane„Trierischs Landes- zc itung". Sie bringt einen Bericht über eine von unserer Partei in Trarbach an der Mosel abgehaltene Versammlung. Dort hatte Genosse H o f ri ch t e r- Köln bei der Schilderung der Kampfesweise des Zentrums angeführt, daß in dem Mosclort Alf ein schon ge- mkteter Saal wieder abgesagt wurde, und der ketholische Pastor de? Ortcö habe gesagt, daß er, so lange er Pastor i» Alf sei, eine Bersammlimg der Sozialdemokraten zn verhindern wisse. Zu der Zurückziehung des Saales und zu der Aeußerung des PsarrerS schreibt nun daS genannte Zentrumsblatt in seiner Nr. CO vom 15. März: „Wahrlich also zwei h e r r l i ch e Z e u g n i s s e für die treu vaterländische Gesinnung des katholischen Volkes und seiner Führe r." Früher haben die„Trierische LcmdeSzeitung'. die„Koblenzer VolkSzeituug" und anders Zentrumöblätter auch das Mißhandeln wehrloser Flugblattverbreiter als„herrliche Zeugnisse' guter Ge- sinnuug gestiert._ frankrnch. DaS Eulic der Interpellation Tuez. Paris , 10. März. Die Kammer hat gestern dem Ministerium Briand -das erwartete Vertrauensvotum erteilt; so kurze Zeit vor den Wahlen wäre die Fortspimrung des Skandals auch zu un- angenehm gewesen, und Herr D u e z scheint dafür gesorgt zu haben. daß allzu genaue Enthüllungen Klerikalen und Antiklerikalen in gleicher Weise unangenehm sind. Es siel also Briand nicht zu schwer, bei-der Kammer den Sieg davonzutragen, trotz der wuchtigen Anklagereden unserer Genossen Willi», Allcmane und I a u r e s. Briand berief sich in seiner Rede vor allem darauf, daß et gleich bei seinem Eintritt in das Justizministerium diejenige Kontrolle organisiert habe, die jetzt die Verhaftung des Duez er- möglicht habe. Es ist leicht, erklärte der Ministerpräsident, zu sagen,„nicht all« Diebe sind im Gefängnis", aber wenn man Minister ist, muß man, ehe man die Leute in die Gefängnisse schickt, seiner Sache sicher sein. Wenn die republikanische Partei meine Demission für die Wahlen braucht, möge sie ihren Willen haben, ober ich habe wohl das Recht, zu sagen, unter welchen Bedingungen es geschieht. Wenn ich vorschnell hätte handeln wollen, würde ich heute groß dastehen; ich habe aber eine ernsthafte 5lon- trolle gewünscht, und wenn Duez sich in Gefangenschaft befindet, so ist es dem Umstände zuzuschreiben, daß er durch diese Kontrolle jn die Enge getrieben worden ist. Briand spielte darauf auf eine Wendung an, welche Barthou gestern in der Kammer gebraucht hatte. Briand behauptete, Barthou habe erklärt, es sei etwas V er- giftetes in der Organisation der gerichtlichen Liquidatoren, aber Barthou habe nicht erklärt, wie gewisse Gegner ihm vor- geworfen hätten, daß der gesamte Richtcrstand vergiftet sei. Barthou bestätigte dies Dementi trotz des Protestes mehrerer Deputierter. (Lärm.) Briand schloß: Wenn die Majorität das Bedürfnis hat, die Regierung selbst auf Kosten einer kleinen Ungerechtigkeit zu stürzen, bevor man zu den Wahlen schreitet, so möge sie nicht zögern. Die Regierung hat das Bedürfnis nach einem vollkomme- ncn absoluten Vertrauen dcS Landes. Sie belvahrt ihre Kaltblütig- keit und wünscht, daß sich die Majorität durch ihre Kaltblütigkeit de- Vertrauens des Landes würdig zeigen möge. Im weiteren Verlauf der Sitzung machte B i net(sozialistischradikal) dem Minister der öffentlichen Arbeiten Millerand den Vorwurf, daß er Minister geworden sei, nachdem er in der Angelegenheit der Kongregationen fette Honorare bezogen habe. Man müsse mit den Parlamentariern, die sich mit etwas anderem als mit den Angelegenheiten des Landes beschäftigten, ein Ende machen. D e l a H a V e übte an dem Verhalten B r i a n d s und Millerands Kritik.„Böenn Sie", so führte er aus.„sich mit einem Vertrauensvotum begnügen, so wird dies heißen,-daß Sie für die Diebe Partei ergreifen."(Telahaye wird zur Ordnung gerufen.) Als Ja u res nunmehr sein Erstaunen äußerte, daß Briand bei den Angrissen auf die Ehre seines?NitarbeitcrS nicht protestiert habe, eilte der Ministerpräsident auf die Tribüne und erklärte: Millerand ist mein Mitarbeiter und mein Freund. Ich'lasse meine Freunde niemals im Stich. Ich habe Bin et nicht auf der Stelle geantwortet, weil ich kaltes Blut besitze. Es ist eine Beschimpfung, meine Handlungen in so beleidigender Weise zu interpretieren. Die Regierung wird nur eine TageS- ordnung annehmen, in der ihr das volle und solidarische Vertrauen der Kammer ausgesprochen wird.(Beifall links.) Jn Beantwortung eines Vorwurfs Binets, Millerand habe eine Vorrede für eine von Duez verfaßte Broschüre über die Liqui- dationen geschrieben und 83 000 Francs für Plaidoyers erhalten, erklärte Millcrand, daS fragliche Buch sei nicht von Duez ge- schrieben. ES sei ein einfaches juristisches Werk. Es wurden darauf sieben Tagesordnungen eingebracht. Briand erklärte, eine Tagesordnung anzunehmen, in welcher die skandalöse Hetze gebrandmarkt wi'ed und die Zuversicht ausgesprochen wird, daß die Regierung die Verantwortlichen ermitteln und die Bestrafung der Schuldigen sicherstellen wird. Briand nahm auch einen von ZevaeS eingebrachten Zusatzantrag an, die Kammer wolle beschließen, unverzüglich ein Gesetz vorzulejjeii, durch das das Sbstcm der Liquidation der Kongregationen geändert wird. Präsident Brisson brachte den ersten Satz der von� Briand an- genommenen Tagesordnung zur Abstimmung, nämlich: die Kammer brandmarkt die standalöse Hetze, zu welcher gewisse ge- richtliche Liquidationen Anlaß gegeben haben. Dieser Satz wird einstimmig mit 557 Stimmen angenommen. Es gelangt der zweite Satz zur Abstimmung, nämlich: Die Kammer spricht die Zu- verficht aus, daß die Regierung die Verantwortlichen ermitteln und die Bestrafung aller Schuldigen sicherstellen wird. Tie Kammer nahm diesen zweiten Teil der Tagesordnung mit 343 gegen 70 Stimmen und darauf durch Händcauftzeben einstimmig den Zusatzantrag Zcvaes an. Nach Zurückweisung aller weiteren Zusatz. antrage mit 394 gegen 37 Stimmen wurde sodann die Gesamttagcs- ordnung durch Händeaufheben ohne Widerspruch angenommen und die Sitzung alsdann geschlossen. Nach der Abstimmung. Paris , 10. März. Die Minderheit, die gestern gegen die Vertrauenstagesordnung stimmte, besteht aus 41 gceinigten Sozialisten, ll Radikalen, 3 Nationalisten, 20 Konservativen und 1 gemäßigten Republikaner. 116 Deputierte, zumeist gemäßigte Republikaner und Konservative, enthielten sich der Abstimmung. Die radikalen Blätter drücken die Uebcrzeugung aus, daß die gestrige Abstimmung Briand das erforderliche Vertrauen vor- leihe, um das Säubcrungswerk durchzuführen, dessen Notwendig. keit durch den neuesten Skandal grell zutage getreten sei. Die oppositionellen Blätter sagen, die Mehrheit und die Re- gierung hätten sich schließlich aus dem Boden der gemein- samen Wahlintcresscn zusammengefunden. Der Minister, Präsident habe den Radikalen erklärt: Wenn ihr wiedergewählt werden wollt, dann müßt Ihr mir Euer- volles, ungeschmälertes Vertrauen bewilligen. Dieses Argument habe gewirkt. Der natio- nalistische„Eclair" meint, Briand habe einen rein persönlichen Er- folg errungen und Zwar auf Kosten der Minister Millcrand und Barthou. _ Eine neue Verhaftung. Paris , 10. März. Auf Veranlassung des UnterfuchungS- richiers ist der frühere Sekretär Poitel des Liquidators Duez unter der Anklage, 30 000 Franks veruntreut zu haben, verhaftet worden. Cngwnck. Tie OberhauSfragk. London , 16. März.„Daily Chronicle" schreibt, die Re- aicrung werde, falls ihr Versuch, das Vetorecht der Lords einzuschränken, mißlingen sollte, bei einer allge- meinen Neuwahl einen Plan für eine gänzlich neue Zweite Kammer entwerfen und dem Lande bekannt- geben. Die Grundzüge dieses Plans würden die folgenden sein: Zur Zweiten Kammer, die sich aus 200 bis 240 Mit- gliedern zusammensetzen soll, werden Peers und Mitglieder des Unterhauses, die über 40 Jahre alt sind, wählbar sein. Das Wahlrecht wird von allen Parlaments- Wählern ausgeübt werden, nur daß die Wahlkreise weit größer sein werden, als die für die Unterhauswahlon. Tie Session wird 7 bis 0 Jahre dauern. Ter neuen Zweiten Kaimner soll der Einspruch in Finanzangelegcnheiten nicht zustehen, doch wird sie der sonstigen Gesetzgebung gegenüber das Recht der Revision und das des suspensiven Veto haben. Streitigkeiten zwischen Oberhaus und Unter- Haus sollen in gemeinsamen, Sitzungen beider Kammern zum AuStrag gebracht werden. Erklärungen des Marineministers. Loiibott, 16. März. Aus der gestrigen Marinedchalis de? Unterhauses sind noch«inigs Aeußerungen des MarincministcrS M c K e n n a hervorzuheben. Ein festes Bauprogramm lehnte der Minister ab, beim wenn irgend eine fremde Nation mehr Schiffe bauen sollte, so würde England ebenfalls mehr Schisse bauen müssen. Jn Beantwortung der Forderung der Arbeiterpartei nach einem rationellen Flottenbudget er- klärte McKenna, der einzige Standard, den er als rationell an- erkennen könne, sei derzenige, loclcher die Sicherheit des Landes gegen jede wahrscheinliche Kombination der Kräfte sichern würde. DaS sei der Standard, den die Regierung allein bei der Vorlage des Budgets im Auge habe. ES gebe keinen anderen Weg, die Suprematie zur See aufrecht- zucrhalicn als herauszufinden, was für eine Stärke, Größe und Klasse die Schisse anderer Nationen besäßen und dann Schisse von der gleichen Leistungssähigkeit zu bauen. Die Lldmiralität sei in dieser Beziehung gründlich informiert. Der Antrag der Radikalen, den Mannschaft»« b c st a n d der Flotte um 3060 Mann zu reduzieren, wurde mit 225 gegen 34 Stimmen abgelehnt. Die Minorität setzte sich aus den Arbeiterabgeordncten und wenigen Oladikalen zusammen. Der Arbeiterabgeordnete Snowdcn erklärte, wenn die Regierung an die deutschen Versicherungen des guten Willens glaube, fo sei nicht die geringste Rechtfertigung für das gegenwärtige Buogct vorhanden. Wenn aber die Sicgierung den Versicherungen nicht glaube, so würde es ehrlicher sei», der Spiegelfechterei freundschaftlicher Bcziehun- gen gleich ein Ende zu machen. Er mißbillige die Ausgabe für die Rüstungen. Freundlichere Empfindungen sproßten zwischen den Demo- kratien aller Länder auf. und hierin liege die Hofs, nung auf den Frieden begründet.
Einzelbild herunterladen
verfügbare Breiten