ßmiilicl knrd hierdurch Jittt 91 üc£ ficht auf biege-samtc il politischen Verhältnisse sowie hiusichllichder bei und nach dieser Versammlung erfolgten Demoustrationeuund des zu erwartenden Umzuges versagt, da hieraus eine Gefährtd'ung der öffentlichen Sicherheit zu befürchten ist."Prächtig!„Mit Liücksicht auf die gesamten politischenVerhältnisse", das ist der tvahre Grund. Man fürchtet ebeneine freie Ausspruche über die Wahlrcchtsschmach unddie öffentliche Stäupung der Junker und Jmlkeraenosscn.Mit dein Gesep ist die Nersagung der Versammlungsabhalttingund ihre Aegründu»g absolut unbercinbar. Stach dein Gesetzdarf eine Versammlung nur verboten werden, wenn aus ihrerAbhaltung„Gefahr für die öffentliche Sicherheit zN be-fürchtenssts'» Der AnrtSvorstehxr scheint über auch davor gezittertzn haben, datz eine von ihm nimnier zu verbietendeDemonstrationstattfindeil könne oder vielmehr, wenit man dem Wortlautseines Erlasses folgt, daß sie bereits erfolgt sei. Sein Verbotwird ja im Verwaltungsstreitverfahren aufgehoben werden.Köstlich ist aber, welche Ängst die Polizeigewaltigcn im KreiseArnswaldo ergriffen hat. Zum großen Erstaunen der Ein-wohncr des nach der letzten Volkszählung ganze 747 Ein-tuohncr zählenden Dörfchens Bernseo fand am Sonntag einegewaltige D e m o n st r a t t o n und ein ll m z u g durch—schnell herbeigerufene Polizeimannschaften statt. VierGendarmen, zwei O b e r w a ch t m e i st e r und zweiW a ch t m e i st c r rückten gegen Mittag in Bernsee ein. Sieinspizierten zunächst das Grundstück des Genossen Mengert,zerbrachen sich vorschriftsmäßig den Kopf darüber, ob undwas wohl geschehen würde. Datm patrouillierten sie vonmittags 12 bis abends 6 Uhr durch das Dorf, wohl um zuerforschen, ob nicht dort hinter irgend einem Zaun, einerHecke oder in"Irgend einem Winkel die Versammlm�g ab-gehalten würde." Die Heiterkeit über den behördlichangeordneten Aufzug war in Bernsee eine all-gemeine. Da trotz alles Patronillicrens die bewaffnete Machtauf den Fewd nicht stieß, trat sie gegen 6 Uhr den Rückzugan. Berufet ist gerettet.In demselben Kreise Arnswalde sollte am Sonntag, den13. d. M., in R e e tz im Garten der Witwe Maria Weeber eineöffentliche Versammlung stattfinden. Auf das Genehmigungs-ersuchen ging zunächst folgende Antwort der Polizeiverwaltungvon Reetz:Die Gcnehmiglmg zu der am Sonntag, den 13. d. M., nachmittags 2 Uhr. im Garten der Witwe Maria Weeber Hierselbst bc-absichligten öffentlichen Versammlung wird hiermit von unS verweigert, weil hier mehrere Witwen NamenS MariaWeeber wohnen und daher nicht der Ort derartkenntlich gemacht worden ist, daß geprüftiv erden kann, ob derselbe in sicherheitSpolizer-licher Beziehung genügt!Ferner ist der Zweck der Versammlung unddie Person, welche dieselbe berufen will, nichtersichtlich gemacht. Auch fehlt die Angabe, wer in dieserBersaninilung alS Leiter auftreten will.Nachdem der Einberufer sich von feiner Heiterkeit überffie polizeiliche Genauigkeit, mit welcher die Witwen MariaWeeber in dem 2783 Seelen zählenden LandstädtchenReetz polizeilich registriert werden, erholt hatte, gab erin einer neuen Eingabe der Polizeiverwaltung die Personaliender von ihm gemeinten Witwe genau an. Ferner erteilte er,wiewohl das Gesetz die Polizei keineswegs berechtigt, die An-gäbe des Zwecks des Einberufers oder des Leiters der Ver-samnilung zu verlangen, in höflicher Weise auch über diesePunkte der Polizeivertvaltung Auskunft. Endlich versicherteer zur, Beruhigung der Polizeiverwaltung, daß der Ver-sammlungsranm eingefriedigt werden würde. Darauf erhielter von der Polizeiverwaltung eine neue Ablehnungder Genehmigung zur Veranstaltung derVersammlung. Sie ist ivert, weiteren Kreisen wörtlichbekannt zu werden. Sie lautet:Die nachgesuchte Genehmigung für die Versammlung imGarten der Witwe Maria Weeber am 13. d. MtS., nachmittags2 Uhr wird verweigert, weil der in Aussicht genommene Ort dieerforderliche Gewähr für die öffentliche Sicherheit nicht bietetund für letztere auch s o n st Gefahren zu befürchten sind.Der qu. Garten und die zu beiden Seiten angrenzendenParzellen werden in Entfernungen von 7—8 Metern durch eineReihe offcnliegender ziemlich tiefer Stichgruben abgeschlossen. Beidem Zusammenströmen größerer Menschenmengen und dem hiermitverbundenen Gedränge bilden dieselben eine Gefahr für dasPublikum, welche auch nicht durch die von Ihnen beabsichtigteEinfriedigung des Weeberschen Grundstücks, zumal die Art der-selben nicht angegeben ist, gehoben werden kann.Außerdem erscheint unter den g e g e n iv ä r t i a e» Ver-h ä l t n i s s e n und namentlich mit Rücksicht darauf, daß beipolitischen Versammlungen unter freiemHimmelerfahrungs mäßig eine bedenkliche Ungebunden-l, eitin die Erscheinung tritt, hierdurch die Gefährdung deröffentlichen Sicherheit keineswegs ausgeschlossen.Auch dieser Polizeiverwalter leidet an einer bedenklichenNngebundenhest der Kenntnis des Vereinsgesetzes. Dies ver?laugt, daß für den Fall einer Gcnehmigungsverweigerungobjektive Tatsachen angeführt werden, welche vom Standpunkteines normal denkenden Menschen aus eine„Gefahr für dieöffentliche Sicherheit befürchten lassen". So dankbar man denPolizeiverwaltern für die Zwerchfellcrschütterung sein darf, dieihre Erlaffe hervorrufen, so wenig kann man sich damit ein-verstanden erklären können, daß die Bestimmungen desVereinsgesetzes in dieser Weise aufs schwerste ver-letzte iverdcu. Die fortgesetzte Mißhandlung des Vereins-rechts beweist, wie recht die sozialdemokratische Fraktion hatte,als sie verlangte, es sollte Bestrafung der Polizeibeamtcneintreten, die dem Gesetz zuwider die Genehmigung ver-sagten. Nicht Willkür der Polizei soll nachdem Gesetz über die Möglichkeit, Versammlungen unterfreiem Himmel abzuhalten, entscheiden. Vielmehr haben dieBürger ein Recht zur Abhaltung solcher Versammlungen. DieGenehmigung zur Abhaltung solcher Versammlungen darf nurverweigert werden, wenn eine wirkliche Gefahr für die öffent-liche Sicherheit zu befürchten ist. Der kuriose Hinweis aufdie gegenwärtigen politischen Verhältnisse in beiden Polizei-Verfügungen deutet darauf hin, daß die Anführung diesesgesetzwidrigen Grundes auf die Hetzlettüre des„DeutschenTageblatts", des Blattes für»geistig schwerfällige Leser"zurückzuführen ist.__Oer AshlrechttllMpf.Kauoneu gegen den Wahlrechtskampf.Am Freitag brachte eine Berliner Korrespondenz die Be-schwichtigungsnotiz, die Truppen der Berliner Gar-n i s o n seien an den letzten Sonntagen nur deshalb inden Kasernen zurückgehalten worden, weil ein Zu-sanunentreffen von Soldaten mit den Zügen Demonstrierendervermieden werden sollte.Diese Behauptung steht indes mit der Wahrheit in un-vereinbarem Widerspruch. Es sind tats ächlich anden Demonstrationstagen gewisse Truppenteile inMarschbereitschaft gehalten ivorden. ES sind auch,wie uns von verschiedenen Seiten mitgeteiltworden ist. Unteroffiziere in Schutzmannsnnisorin gesteckt undzur Verstärkung der Polizei bereit gestellt worden. Ob siezur„Verwendung" gelangten, ist allerdings nicht festgestellt.Das„Berliner Tageblatt" schreibt zu der Ablcugnung:„Wie wir erfahren, ivar am ü. März, dem Sonntag, an demder Wahlrechtsspaziergaug im Tiergarten und im Treptower Parkstattfand, die Kaserne des 1. Gar de-Feldartillerie-r e g i m e n t S in der Krnppsiraße in ein form licheS Kriegs-lager verlvandelt tvorden. Auf dem Kasernenhofe warenani Sonntag nachmittag Geschütze und Munitions-wagen mit scharfer Munition versehen, zum Ausrückenfertig aufgefahren: die Pferde standen gesatteltin den Ställen bereit, um jeden Moment angespannt zu werden.Bon der Südkascrne wurden Mannschasten zum Munition S-empfang nach der Nordkasernc kommandiert; die Mannschaftenwurden dann mit scharfer Revolver in unition ver-sehen usw. Es gab also in der Tat am«. März in Berlineinflußreiche Personen, die gewillt waren, die friedlichen Spazier-gänger im Tiergarten und auf den Straßen. Männer, Frauenund Kinder, eventuell von der Artillerie zusammen-schieben zu lassen!"Kanonen gegen den Wahlrechtskampf, gegen friedlicheDemonstranten! Ms am Donnerstag in der Stadtverordneten-Versammlung zu Brandenburg der Genosse Baron mit-teilte, daß dort Kanonen gegen das Volk s ch u ß f e r t i ggemacht worden seien, antworteten die ungläubigen büraer-lichen Stndtväter mit lautem Gelächter und wildem Töven.Jetzt wird die entsetzliche Tatsache für Berlin vonbürgerlicher Seite bestätigt! Es träuinen also ge-wisse Leute davon, daSVolk niederkartätschen zulassen!!Die Meldung wird alle menschlich Fühlenden bis weitüber die Arbeiterschaft hinaus mit tiefster Empörung undloderndem Zorn erfüllen. So also wird deutschesArbeiterblut in einflußreichen Kreisen der herrschendenKlasse geschützt! Der verbrecherische Plan Bismarcks,die A r b e i t e r b e>v e g u ti g in einem Blutbad zu er-sticken, geht also immer noch um!Der Fall erinnert aber nicht bloß an Bismarcks blutigePhantasten. Er ruft auch die Erinnerung an Vorgänge wach,die sich vor 82 Jahren in Berlin abspielten. Auch damalsist in dem Thron nahestehenden Kreisen der Plan vertretenworden, das Volk niederkartätschen zu lassen!Die einflußreicheil Herren, die an: 6. März die gefährlicheMaßregel anordneten, sollten die Gespenster der Märztagevon 1848 nicht leichtsinnig heraufbeschwören lDie Arbeiterschaft aber weiß jetzt jedenfalls, wessen siesich zu versehen hat lDas Proletariat wird mit der ungeheuerlichen Tatsachezu rechnen toissen— niemals aber wird es sich dadurch vonder Weitersührung cineS Kampfes umL Wahlrecht abschreckenlassen lAus R a t h e il o w wird uns geschrieben:Wegen angeblich zu erwartender sozialdemokratischer Demo»-sirationen wurde die N a t h e n o w er Garnison am 18. Märzvon 4 Uhr nachmittags an in den Kasernen konsigniert. Selbstdaö Lazarett war in den Befehl mit einbezogen worden. HundertHusaren hatten den Befehl, sich feldmarschmäßig be-reitzuhalte«.— Dabei wacen von der örtlichen Parteileitungkeinerlei Veranstaltungen geplant.Eine Demonstration vor der preußischen Gesandtschaftil» Stuttgart.In Stuttgart fanden am Freitagabend zwei stark b e-suchte Märzfeierversammlungen der Sozialdemokratiestatt. Nach dem Schluß der Feiern kam es zu imposanten Straßen-deinonstrationen gegen daS preußische Wahlunrecht. Ein Zug von Kundgebenden bildete sich, der den Wegnach der preußischen Gesandtschaft nahm.Ein Zug von über 2000 Personen gelangte unter Hochrufenauf das freie Wählrecht und Pfuirufen aufPreußen bis vor das GesandtschaftSgebaude. Die über-raschte Polizei hatte dort Ausstellung genommen. Der Zugwurde geteilt und zum Rückzug gezwungen, nachdem vorher nochmehrfach Hochrufe auf das allgemeine Wahlrecht vor dem Hauseausgebracht waren, Der Zug ging dann nach dcm Gelverlschafts-hause und löste sich dort in aller Ruhe auf.Hilf. Herr Staatsanwalt!Die„Post" ruft nach dem Staatsanwalt, weil die„DortmunderArheiterzeilung" die Karikatur eines siegreichen Polizeikämpfersgegen Wahlrechtsdemonstranten brachte. Das Scharfmacherblatt er-blickt darin eine Aufreizung und verlangt, daß die Führer und„Hetzer" als Urheber der Straßenkrawalle der verdienten Strafeüberliefert werden.Die Jurisprudenz der„Post" ist ebenso schlecht, wie ihre Angstvor der WahlrechtSbeweguug groß ist.Die Berliner Justiz gegen die Demonstrationen.Die ersten Gerichtsverhandlungen gegen Teilnehmer der BerlinerWahlrechtSlundgebnng vom 0. März werden am Montag, Dienstagund Donnerstag der nächsten Woche gegen die Arbeiter Schefflcr.Gerber und Siedler stattfinden. ES handelt sich dabei um Bor-kommnisse in Treptow und an der Schlesischen Brücke.Das Keqiiiem der Revanche.Paris, 15. März.(Eigener Tericht.) Die Aufnahme, die dieErklärungen Bethmann Hollwegs über Elsaß-Lothringen inder bürgerlichen Presse Frankreichs finden, zeigt, daß nicht nur derRevanchepatriotiLmus, sondern auch die innerliche Solidarität mitden Bewohnern des Reichslandes zu einem rein äußerlichen Kult ge-worden ist, die man gerne bereit ist, über Bord zu werfen, wenn sichdie Gelegenheit dazu bietet. Mag unter dem Gesichtspunkt der inter-nationalen Politik dieser Verzicht zunächst als eine Bürgschaft deSFriedens erscheinen, so wird man sich freilich darauf gefaßt machenmüssen, daß er die Bahn zu nicht weniger gefährlichen wellpolitischcnSpekulationen erweitert. Es ist der Profithunger, der den altenSchmerz zum Schweigen gebracht hat. Man wischt zwar mit derziemlichen melancholischen Geste die schuldige Träne aus demAuge. aber im Grunde hat man ein Gefühl derErleichterung, wie Leidtragende, die jahrelang einen Schwer-kranken im Haus hatten und um seiuetwillen ihre Bewegungs-freikeit opfern mußten. In der Eile der— um diesen jetzt so nahe-liegenden Ausdruck zu gebrauchen— Liquidation sieht man sogardarüber hinweg, daß man die Rechtfertigung des Verzichts auf dasRevancheprogramm in dem Wunsch gesucht hat. den Elsaß-Loth-ringem bürgerliche Freiheitsrechte vergönnt zu sehen. Augenscheinlichhaben die französischen Bourgeois die Feder, um Herrn BethmannHollweg die Quittung auszustellen, in die Hand genommen, nochehe sie sich vergewissert haben, ob diejenigen, um die es sich handelt,zu den vagen Versprechungen des Kanzlers das gleiche Vertrauenhaben.Man wird diesem Bekenntnis zu der großen Wahrheitder kapitalistischen Ordnung, daß der zeitliche Profit überdie ewigen Gefühle geht, seinen Wert nicht absprechen dürfenund eben so loenig feine große geschichtliche Bedeutung, diein der Vorbereitung neuer weltpolitischer Kombinationen besteht.Es ist kein Zufall, daß Bethmann Hollwegs Erklärung mit derPräzisierung des neuen Kurses der deutschen Marokkopolitik und denVorbereitungen zu einem neuen französischen Vorstoß in Afrika zu«sainmenfällt. Die Spekulanten der finanziellen und industriellenExpansion sind gefährlicher für den Frieden alS die Don Quichottes dessäbelrasselnden Nationalismus, so wie Einbrecher für ein Haus gefährlichersind als Gespenster. Den Elsaß- Lothringern vermag nur dieDemokratie die Fülle der bürgerlichen Freiheit und freier kulturellerEntivickeluiig zu gewähren, und nur die Demokratie vermag dasVerhältnis des deutschen und des französischen Volkes zu redlicher,über den Weltstieden gebietenden Freundschaft zu gestalten. DieAnnäherung der preußische» Feinde des allgemeinen Wah-�chts undder französischen Nutznießer seiner kapitalistischen Korruption mahntdagegen die arbeitenden Klassen beider Länder zu erhöhter Wach-scmileit._poUtifche debcrHcht.Berlin, den 19. März 1910.Komische Käuze.Die konservativen Blätter haben, lvenn sie auch HerrnElard v. Oldenburgs Klotvnspäße inr Reichstag zu verteidigensuchten, doch größtenteils zugestanden, daß er über daS so-genannte berechtigte Maß der Abwehr hinausgegangen sei.Die rechtsnationalliberaleil„Hamburger Nachrichten", dasOrgan der hanseatischen BiSmarckfetischisten, sind über dieseSchwäche der konservativen Presse sehr verschnupft. Sie finden,daß der hohe Standpunkt, den Herr v. Oldenburg in„per-fönlichen Ehrenangelcgenheiten" einnimmt, nicht genügend ge-würdigt ist; und da kaum zu erwarten ist, daß diekonservativen Blätter das Versäumte nachholen, sobesorgt das Hamburger Bismarckblatt selbst die Würdigung.Unter dem Titel„Die parlamentarischen Manierender Demokraten" schreibt dieses kuriose Preßorgan:„Noch nie haben sich so viel Radauszenen in den deutschenParlamenten ereignet, noch nie sind dort so massenhaft Ord-nungSrufe erteilt worden, wie in unseren Tagen. Die freisinnig»sozialdemokratischen Sturmgenossen, die in ganz Deutschlanddie unumschränkte Souveränität des GleichHeitSwaHkrechtSherstellen wollen, suchen im voraus durch ihre Vorkämpferin den Volksvertretungen die Errungeuschafte» zu illu-strieren, mit denen ganz Deutschland gesegnet sein würde,wenn allenthalben ihr Kampf zum Ziel geführt hat.Während die bürgerlichen und die sozialrevolutionären Demolratendas Recht auf die Straße beanspruchen und auf der Gasse für ihrheiliges Wahlrecht demonstrieren, demonstrieren zugleich die Er-korenen dieses Wahlrecht durch ihr Betragen im Parlament,«oelcheUmgangsformen dort unter der Herrschast des demokratischenWahlrechts schließlich siegreich Platz greifen müssen. Der Tonder Gasse und der Gosse klingt heute allerwärts aus denparlamentarischen Körperschaften.".Das Blatt schildert dann auf seine Weise die Vorgängein der Reichstagssitzung am 17. März und fügt hinzu:„Da es sich hier um eine durchaus persönliche Ehrenstage ge-handelt hatte, zwischen zwei Männern, die grundsätzlich aufdem Boden der persönlichen Genugtuung stehen,so war im Reichstage niemand mehr befugt, hineinzureden, amallerwenigsten, die den gleichen Standpunkt in per»sönlichen Ehrenangelegenhetten wie der Abgeordnetev. Oldenburg nicht vertreten, daher auch nicht hierfür das er-forderliche Verständnis und das spezifische Ehrgefühlbesitzen können. Trotzdem benutzten nacheinander nicht wenigerals drei Demokraten die erledigte Ehrenangelcgenheit, um sicheinzumischen und ihren konservativen Gegner in unerhörter Weisezu provozieren...„Die ganze Episode läßt sich also charakterisieren: auf dereinen Seite der Vertreter eures Ehrenkodex, der den Einzelnenfür sein Betragen dadurch verantwortlich macht, daß er ihn ver-pflichtet, persönlich Genugtuung zu geben. Herr v. Oldenburghat die Beschimpfimgen seiner Gegner mit der Erllärung beantwortet: Ich gebe Satisfaktion; ich stehe zur Verfügung.Ihm standen aber nicht ehrliche Gegner des Duellstandpunltesgegenüber, die an die Stelle der Satisfaktion die Abbittesetzen, die, wem, sie die Ehre des anderen in ungehöriger und im-gerechtfertigter Weise berührt haben, für persönliche Beleidigungwenigstens die Sühne der Entschuldigung und die Bitteum Verzeihung geben. Hier befanden sich auf der Gegen-feite nur die Vertreter eines wüsten Radau- undSchimpfkomments, die schimpfen, und, wenn sich dannder Beschimpfte in seiner Art dagegen zu wehren sucht, erst rechtschimpfen.... Hat denn daher der Abg. v. Olden»bürg so unrecht, wen» er behauptet,»dieseHerren haben in persönlichen Sachen einenEhrenstandpunkt überhaupt nicht"!Diese Tintenkulibegeisterung für den OldenbuvgschcnEhrenkodex und die Austragung von paclamsntarischenZwistigkciten durch das Abschießen von Pistolen scheint jedochselbst in den hochfeudalen Regierungskreisen nicht das richtigeVerständnis zu finden; denn das offiziöse Wolffsche Telegr.»Bureau verbreitet folgende Depesche:-München, IS. März. Wie den„Münchener Reuesien Räch»richten" von, Kriegsministerium bestätigt wird, ist eine Forderungdeö Kriegsministers durch den Reichstagsabgeordneten v. Olden-bürg nicht erfolgt. Dem Kriegsminister ist aber zur Kenntnisgebracht worden, daß Herr v. Oldmburg durch seine«eußerungenin der bayerischen Abgeordnetenkammer, falls sie so gelautet, wieein Teil der Presse sie brachte, sich beleidigt fühle. In der Vor-anSsicht, daß die Sache im Reichstage zur Sprache kommen würde,wurde darauf die vom bayerischen Militärbevollmächtigtenzu gebende Antwort festgelegt und der Wortlaut dervom Generalmajor Freiherrn v. Gcbsattel im Reichstage ver-lesenen Erklärung entspricht dieser Festlegung. Imübrigen wurde der Militärbevollmächtigtö ermächtigt, die gleicheAntwort erforderlichenfalls auch Herrn v. Oldenburg persönlich zugeben.Das Wolffsche Bureau würde schwerlich die Meldung der„Münchener Neuesten Nachr." in dieser Form telegraphifchverbreiten, wenn der Regierung nicht selbst das Auftreten desHerrn Elard v. Oldenburg unbequem wäre und sie gem sähe.daß er von jeinen konservativen Freunden an die Kette gelegtwürde.