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Nr. 67. 27. Jahrgang.

4. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Sontag, 20. März 1910.

Partei- Angelegenheiten.

Achtung! Der Leseabend für Frauen, welcher am 28. März stattfinden sollte, wird in den Streifen, welche nichts anderes darüber beschlossen haben, in diesem Monat am Montag, den 21. März,

in den bekannten Lokalen abgehalten.

dem wohnte er unter allerhand falschen Namen in Sanatorien und Pensionaten der Vororte und setzte von dort aus sein Schwindel­treiben fort, indem er sich für den Direktor vom Kaiserhof, vom Kaiserkeller, von Kempinski usw. ausgab. Viele Frauen betrog er von seinem Versteckt aus um ihre ganzen Ersparnisse und den lebten Notgroschen. Im ganzen erbeutete er in den letzten zwei Jahren über 20 000 Mt. Anfangs Januar d. J. ermittelte ihn die Kriminalpolizei endlich in Flottstelle bei Caputh  , wo er mit seiner Frau ein möbliertes Zimmer bewohnte, und nahm ihn fest, als er wieder einmal bei einem neuen Opfer in einem feinen Mietswagen vorfuhr. Nachdem ihn erheuchelte und wirk­liche Krankheiten nicht mehr retten konnten, verweigerte der Schwindler jetzt die Nahrungsaufnahme und wurde abermals vom Untersuchungsrichter nach der Charité gebracht, um hier gründlich austuriert zu werden. Dann wird ihn endlich der Strafrichter zur Verantwortung ziehen können.

und gezwungen sind, seine Unterstüßung anzunehmen. Fünf Fa- gebracht werden sollte, entfloh er mit Hilfe seiner Frau. Seit milien sind in der Stadt geblieben, aber die Arbeitsnot ist hier noch viel größer und dann die Hauptsache, die Unkenntnis der Sprache. Ich hatte Arbeit in der Kohlenmine, vier Meilen von der Stadt, bekommen, bekam nach vier Tagen das Fieber und war gezwungen, die Arbeit wieder einzustellen. Grethe hat auch Fieber gehabt. Hannchen hatte es gleich den ersten Tag, wo wir in das Emigran tenheim kamen. Wir sind wieder nach der Stadt gezogen, da wir in Nedbank, so heißt das Dorf, keine Wohnung hatten und unterm Belt schlafen mußten und feiner von uns gesund geworden wäre. Hier in Brisbane   haben wir bei einer deutschen   Familie cine Stube abgemietet, die Woche drei Mark. Liebe Eltern, es ist ein rich­tiger Rotschrei, den wir hiermit an Euch schreiben. Warnt nur Zur Lokallifte. Am Ostersonntag veranstaltet der Gesangberein alle Menschen, hierher zu kommen, denn hier ist es noch viel trau­Eintracht in dem gesperrten Lokal" Hertels riger als in Deutschland  . Wenn wir das Geld hätten, würden wir Süzenhaus", Behlendorfer Straße in Groß- Lichterfelde  , ein fofort wieder zurüdfommen. Wir brauchten gar nicht unser Jahr Inftrumentalfonzert. Wir ersuchen alle etwa angebotenen Billetts Stontraft abwarten. Es hieß immer das freie Land, aber hier ist entschieden zurückzuweisen. Am gleichen Tage veranstaltet der es ganz anders. Die Lebensmittel sind sehr teuer. 7 Pfund Kar­Groß- Lichterfelder Männerchor" im freien Lokal toffeln fosten 90 Pf. 1 Pfund Stärke 55 Pf. Das einzige, was von Wahrendorf, Balestr. 22, dortfelbst einen Unterhaltungs- billig ist, ist Fleisch. Hammelfleisch ein Pfund 10 und 15 Pf., Rind Da dieser Verein sich auch der Partei zu allen Ber- fleisch 30 Pf. Eine große Leber mit Lunge kostet 30 Pf., Milch anstaltungen bereitwilligst zur Verfügung stellt, bitten wir um eine ein Quart 40 Pf. Hier geben die Kühe nur sehr wenig recht rege Unterſtügung. Milch, weil sie nur von Gras leben und das Fleisch ist

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abend.

Der Zentralvorstand.

Der Musikverein Edelweiß- Charlottenburg und

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Männergefangverein Frohsinn"-Berlin   veranstalten am Ofter der fonntag ein großes Konzert" im Kurfürstenpart Salensee", Surfürstendamm 119/120. Da dieses Lokal der Arbeiterschaft nicht zur Verfügung steht, ersuchen wir die von obigen Vereinen vertriebenen Billetts zurüdzuweisen.

welche schon wieder zurück sind aus Rockhampton  , daß alle, auch nichts wert. Wir haben gestern erfahren durch einige, die in den Busch gegangen, schwer trant sind. Herrn Rischs Schwager liegt hoffnungslos danieder, er ist im Sospital. Diesen Bernot( Agenten) hätten sie im Busch bald aufgehangen, so erbost waren alle. Er drohte, sie ins Gefängnis zu bringen und er hat In Hakenfelde   bei Spandau   hat das Lofal H. Steinebachs ihnen alle Freibahnbilletts gegeben, damit jeder hin kann, wo er Boltsgarten den Besitzer gewechselt. Der jezige Inhaber will. Die meisten fahren wieder nach Brisbane  . Thieß und noch Herr Mierte erklärte unseren Genoffen gegenüber, das Lokal in eine Familie fahren über 14 Tage mit einem deutschen   Schiff Bulunft überhaupt nur Militärpersonen zur Verfügung zu wieder nach Deutschland   zurück. Wir haben alle Erlaubnis, wir ftellen. Wir ersuchen daher die Arbeiterschaft Berlins   und können gleich wieder zurück. Wir brauchen das Jahr nicht auszu­Spandaus und ganz besonders die Vereine, dies bei ihren halten. Aber es hat feiner Geld.. Ausflügen und Partien( Karfreitag und Ostern) streng zu beachten. Die Lokalkommission.

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bekommen.

der als Junggeselle in der Proskauerstr. 38 in Schlafstelle wohute, Arbeitslosigkeit hat den 59 Jahre alten Weber August Böttcher, in den Tod getrieben. Böttcher hatte seit sechs Wochen keine Be­schäftigung mehr und fürchtete auch, als alter Mann feine mehr zu Es bedrückte ihn, daß er seiner Wirtin bereits 12 M. einem Ausgang heimkehrte, fand sie ihn als Leiche an der Schlaf­fchuldig geblieben war, obwohl sie ihn nicht gemahnt hatte. In der Als seine wirtin von Verzweiflung griff er gestern zum Strid. stubentür hängen.

Unglückliche Liebe hat den 30 Jahre alten Kellner Hermann Schwarzkopf in den Tod getrieben. Er hatte seit längerer Zeit ein Verhältnis mit einer Friseuse Martha M. in der Prinzen­straße 28. Diese wollte seinem Drängen auf Heirat nicht nach­geben, weil er lungenkrank war. In der Erregung darüber er. schoß er sich gestern nachmittag in der Wohnung seiner Braut.

Ein Leichenfund wurde vorgestern in der Havel   gemacht. In Auch vor Auswanderung nach Argentinien   fei gewarnt. Eine der Nähe des Restaurants Tivoli" bei Tegel fahen Schiffer auf der Firma Edendale u. Co. in London   machte in Zeitungsinseraten Oberfläche des Flusses den Leichnam einer männlichen Person treiben Bweiter Wahlkreis. Heute Sonntag, 20. März, mittags Propaganda für die Auswanderung nach der Delta- Solonie in Ar- und fchafften ihn aus Ufer. Es handelt sich bei dem Toten um 2 Uhr pünktlich, findet die Urania- Borstellung statt. Zur Aufführung gentinien, inem Unternehmen zur Kolonisation des Parana   einen etwa zwanzigjährigen Menschen, der aus den besseren Ständen gelangt: 3m Firnenglanz des Ober- Engadin". Die Phyfitiäle Deltas. Nach zuverlässigen Mitteilungen kann dieses Unternehmen stammt. Papiere, die über die Persönlichkeit des Toten   Aufklärung werden eine Stunde früher geöffnet. Eintritt inklusive Garderobe den Auswanderern feinesfalls empfohlen werden. Wir möchten geben könnten, wurden leider nicht vorgefunden. Die Kleidung des 60 Bf. Billetts find noch beim Kaffterer G. Schmidt( an der daher nicht unterlassen, vor der Auswanderung nach Argentinien   Toten ist äußerst elegant. Bei der Leiche wurden eine wertvolle Kaffe der Urania") zu haben. Der Vorstand. und der Werbetätigkeit der Firma Edendale u. Co. dringend zu goldene Uhr, goldene Manschettenknöpfe und eine wohlgefüllte Geld­börse vorgefunden. Rigdorf. Morgen Montag, den 21. März, abends präzise warnen. Zwei Verkehrsstörungen im Straßenbahubetriebe, die durch fest­88% Uhr, findet im Rigdorfer Stadttheater, Bergstr. 147, der Marcell Die Deputation für die städtischen Krankenanstalten und die gefahrene Fuhrwerke verursacht worden sind, Salzer- Abend statt. Der Saal wird um 7 Uhr geöffnet. Der öffentliche Gesundheitspflege wählte in ihrer Sigung vom 19. März Sonnabendnachmittag im Südosten der Stadt und in Rigdorf haben sich am Leseabend der Frauen fällt an diesem Tage für Rigdorf aus. zu Assistenzärzten des Krankenhauses am Urban die Doktoren Ulrichs ereignet. An der Ecke der Dresdener   und Alten Jakobstraße hatte Schöneberg  . Heute Sonntag, den 20. d. Mts., veranstalten die und Hering für die chirurgische Abteilung und L. Cohn und Neuhaus fich ein Möbelwagen der Firma Paul Schur im aufgeriffenen Straßen Genoffinnen im Tunnel der Neuen Rathausfäle, Meininger Str. 8, für die innere Abteilung und zum Assistenzart der chirurgischen Abteilung pflaster festgefahren und sperrte das Gleis in der Nichtung nach ein gemütliches Beifammensein, verbunden mit Rezitation, Vorträgen des Krankenhaufes Moabit   den Dr. Silbersipe. Vom 1. April 1910 ab der Stöpenider Straße. Während der fast eine halbe Stunde und Tanz. Anfang 5 Uhr. Die Genoffen und Genossinnen wollen soll eine Statistik der in den städtischen Krankenhäusern befindlichen dauernden Störung wurden die Wagen der Linien 6, 9, 83, 87, 88, fich zahlreich daran beteiligen. Genesenden, Chronischkranken und Tuberkulösen aufgenommen werden. 91 bis zum Spittelmarkt zurüdgenommen und über den Wolfenmarkt, Karlshorst  . Parteigenoffen! Dienstag, den 22. März, abends Für die Beratung der Grundfäße, nach denen die Statistik auf- Stralauer Straße, Brückenstraße abgelenkt. Die zweite Verkehrs­8% Uhr, im Restaurant zum Fürstenbad, Mitgliederversammlung. genommen werden soll, wurde eine Kommission aus den Herren störung wurde in der Richardstraße in Nixdorf durch einen Last­Der Vorstand. Geheimrat Dr. Straßmann, Geheimrat Dr. Landau und Dr. Wehl wagen der Firma Reinhold Neumann in Rigdorf hervorgerufen, dem Treptow  - Baumschulenweg. Dienstag, den 22. März, abends gewählt. Dabei wurde darauf hingewiesen, daß diese Statistik durch auf dem Straßenbahngleis ein Rad abgelaufen war. Das Hindernis 8 Uhr, findet eine außerordentliche Generalversammlung des den Bau des neuen Tuberkulosekrankenhauses nicht etwa veranlaßt wurde durch einen Rettungswagen der Straßenbahn beseitigt. Wahlvereins im Lolal von Speer, Baumschulenstr. 78, statt. Tages- worden ist und diesen vom Magistrat bereits beschlossenen Bau nicht während der 20 Minuten dauernden Störung wurden die ordnung: 1. Wahl des ersten Vorfizenden. 2. Die Jagow. aufhalten wird. Linien 22, 27 und 46 durch die Thüringer   und Bergstraße um­Interpellation in der Gemeindevertretung. Das Verhalten der In der Säuglingsfürsorgestelle I, Blumenstraße 78, findet im geleitet. bürgerlichen Barteien vor und nach der Gemeindewahl. Referent: Monat April je einmal wöchentlich Unterricht in Säuglingspflege Gemeindevertreter A. Gerisch. 3. Berichterstattung von der mit praktischen Uebungen statt. Meldungen hierzu schriftlich oder Streisgeneralversammlung. 4. Berichterstattung von der General- mündlich im Bureau des Kinderhauses, Blumenstraße 78, vorn versammlung Groß Berlin. 5. Verschiedenes.- Mitgliedsbuch links park., wochentäglich von 2-4 hr. legitimiert. Der Vorstand.

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Der verkannte Sittlichkeitsattentäter. Wie leicht man heute in schweren Verdacht geraten fann, zeigt ein Vorfall, der uns vom Gesundbrunnen   gemeldet wird. Der 61 Jahre alte Rentenempfänger Friedrich N., Gottschedstraße 11 wohnhaft, hatte sich, da er ein Holz­Berlin im Märzschnee. Eine eigenartige Ueberraschung ist bein trägt und häufig auf der Straße ermüdet, auf dem Brunnen­Rummelsburg. Heute Sonntag, nachmittags 5 Uhr, findet eine gestern morgen der hiesigen Einwohnerschaft zu teil geworden. In plaß auf eine Bank niedergefeßt. Kleine Stinder spielten um den Uraniaborstellung statt. Zur Aufführung gelangt: Im Firnenglanz der vergangenen Nacht war ein starker Schneefall eingetreten, der alten Mann herum. Als ein kleines Mädchen dem St. auf den Schoß des Ober- Engadin  . Billetts find noch beim Genoffen John, Karls- bis zum Vormittag andauerte und die Dächer mit einer weißen fletterte und ihm von N. die Backe gestreichelt wurde, traten horster Straße 1 und in der Vorwärts"-Spedition, Alt- Borhagen 56, Dede verfah. Dagegen blieb der Schnee auf den Straßen nicht Bassanten hinzu und bezichtigten den Greis des Sittlichkeitsvers aum Preise von 65 Pf. inklusive Garderobe zu haben. liegen. In vielen Lokalen, in denen bereits in den Vorgärten der brechens. Es war ein Glück, daß durch die anderen Kinder bestätigt Das Komitee. Restaurationsbetrieb eröffnet worden war, mußten Stühle und Tische werden konnte, daß sich St. nichts hatte zuschulden kommen lassen. Es blieb ihm allerdings nicht erspart, den Weg zur Polizei anzus Marienfelde  . Am Dienstag abend 7 Uhr: Flugblattverbreitung infolge des Winterwetters wieder zurückgezogen werden. und Extrazahlabend bei Berger, Berliner Straße 114. Am Mittwoch, treten. Da nichts Belastendes gegen ihn ermittelt werden konnte, Die nächste Sigung der Stadtverordnetenversammlung so wurde er wieder auf freien Fuß gefeßt. Leider häufen sich in den 23. d. M., von 3 bis 6 Uhr, findet die Wahl der dritten Klasse findet nächsten Mittwoch statt. In dieser Sigung wird der letzter Beit die Mitteilungen, daß völlig unschuldige Personen in der statt. Barteigenoffen, die mit Marienfelder   Wählern zusammen- städtische Etat weiter beraten. Beim Polizeietat werden die leichtfertigsten Weise derartiger Bergehen beschuldigt werden, wodurch arbeiten, werden ersucht dieselben an ihre Pflicht zu erinnern. Beuthen  . Heute Sonntag, findet um 5 Uhr bei Lindemann Vorgänge am 6. März und die Schließung des Treptower viel Aufregung und Unglück angerichtet wird. ( Dorfaue) eine öffentliche Wählerversammlung statt. Tagesordnung: Parkes durch Herrn v. Jagow besprochen werden. Welche Aufgaben haben die Vertreter der Sozialdemokratie im Gemeindeparlament zu erfüllen. Ref.: Genoffe Groger- Nirdorf. Das Wahlkomitee.

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Die Leute des Herrn v. Jagow haben am späten Nachmittag Die polizeiliche Ungnade, die auf allen Einrichtungen und Be­und Ahend des 18. März in der Gegend des Landsberger Tores in der unerhörtesten Weise das Publikum belästigt. In Ergänzung unserer gestrigen Mitteilungen werden uns noch eine Anzahl Fälle mitgeteilt, aus denen hervorgeht, in welcher Weise die Polizei ihre Aufgabe, die Berliner   Bürger zu schüßen" auffaßt.

Teltow  . Am Dienstag, den 22. d. Mts., abends 82 Uhr, findet im Lotale des Genoffen W. Bonow die regelmäßige Mitglieder versammlung des Wahlvereins statt. Tagesordnung: Vortrag des Genoffen Kurt Heinig  . Auch haben Gäste daselbst Zutritt. Der Vorstand. Ein beffer gekleideter Mann trat am 18. März gegen 8% Uhr Weißensee. Die zum Dienstag, den 22. März cr., anberaumte aus einem Lotale in der Landsbergerstraße auf die Straße in einem Mitgliederversammlung fällt besonderer Umstände wegen aus. Augenblid, da Attade auf Menschen gemacht wurde. Ohne viel Die Bezirksleitung. Federlesens wurde er sistiert und nach der Wache in der Landsberger­Bankow. Am kommenden Dienstag, den 22. d. M., abends straße, Ede Friedenstraße gebracht. Auf dem Flur, der zur Bache 8 Uhr, findet bei Großfurt, Berliner   Str. 27, eine außer führte, wurde der Siftierte von einem Schutzmann mit der Faust ordentliche Generalversammlung statt. Tagesordnung: ins Gesicht gehauen, wobei ihm einige Zähne ausgeschlagen wurden. 1. Bericht von der Verbands- Generalversammlung. 2. Wahl der Außerdem wurde dem Manne der Kragenfchoner sowie der Rod beiden Bezirksleiter fowie eines Delegierten zur Kreis- General- zerrissen. versammlung. 3. Vereinsangelegenheiten. 4. Verschiedenes. Mit­Die Bezirksleitung. gliedsbuch legitimiert.

Berliner   Nachrichten.

Die Polizei gegen die Freie Boltsbühne. strebungen der Berliner   Arbeiterschaft lastet, wird auch der Freien Boltsbühne in empfindlicher Weise fühlbar gemacht. Seit ihrem Be­stehen hat die Freie Volfsbühne als gefchloffener Verein das selbst­verständliche Recht für sich in Anspruch genommen, ihre Veranstal tungen auf die Nachmittage der arbeitsfreien Tage einschließlich des Bußtags und des Karfreitags   zu legen, und niemals ist fie darin durch polizeilichen Einspruch gestört worden. Neuerdings ist das anders geworden. Aus einer Polizeiverordnung vom Jahre 1903 leitet die Behörde jetzt für sich das Recht ab, die bolts­bildenden Bestrebungen der Freien Voltsbühne an den fo genannten berbotenen Lagen" zu unterbinden, und ihr einziger Schmerz scheint der zu sein, daß nicht alle Sonn- und Feiertage des Jahres solche Tage sind, die die verbotenen heißen, weil an ihnen der Polizei alles erlaubt ist. Noch am letzten Bußtag hat wenigstens das Schöneberger Polizeipräsidium die Einsicht gehabt, die Auf­Ein anderer, ein Arbeiter hatte an dem Abend seine in der Höchste- führung der Freien Volksbühne   im Neuen Schauspielhause nicht zu Diesmal aber ist stören, während in Berlin   alles verboten war. straße wohnende Braut besucht. Gegen 1/410 Uhr war er im Begriff, für ganz Groß- Berlin ein einheitliches Vorgehen" erzielt nach Haufe zu gehen, da gewahrte er im Hausflur einen Schuß worden, und nicht die Direktion des Thalia- Theaters, mann, der ihm ohne weiteres einen Stoß gab, daß er hin- sondern auch die des Neuen Schauspielhauses ist polizei­ftürate. Darauf zog der Beamte seinen Säbel und schlug lich gehindert worden, ihren Verpflichtungen gegenüber der Freien auf den am Boden Liegenden in Der unmenschlichsten Voltsbühne am Karfreitag nachzukommen? Was hat nun die Weise ein, so daß der in dieser Weise Wißhandelte eine tiefe, finger­lange Wunde auf dem Rücken davontrug und auf der Unfallstation verbunden werden mußte. Auch der Ueberzieher des Mannes ist von Schuyleuten vollständig zerrissen worden.

Polizei davon, wenn sie ein paar tausend Mitgliedern der Freien Boltsbühne ihr lange erwartetes Feiertagsvergnügen verdirbt und auch von den Gegnern der Arbeiterbewegung anerkannt werden muß, einem Verein, deffen hervorragende fulturelle Gemeinnüßigkeit doch um erhebliche Summen schädigt? Und was sollen nun die Arbeiter mit ihrer freien Zeit anfangen? Spazierengehen dürfen sie nicht, das Theater wird auch geschlossen, so bleibt nur der Weg der gotte gewollten Abhängigkeit offen: von der Kirche nach dem Wirtshaus. So ists in den ostelbischen Gutsbezirken überall, warum sollte es in Berlin   anders sein?

Die Freie Voltsbühne hat ihre für den Karfreitag geplanten Aufführungen notgedrungen auf später verschieben müffen. Den Mit­gliedern, deren Vorstellung durch das Polizeiverbot ausfällt, wird am 16. Mai( Bunbury" im Neuen Schauspielhause) und am 5. Juni ( Der Dorftyrann" im Thalia- Theater) Erfaß geboten werden. Die Zeitung der Freien Boltsbühne ist sich dessen bewußt, daß sie mit dieser Verschiebung den betroffenen Mitgliedern keine Freude bereitet; diese werden sich jedoch an anderer Stelle dafür bedanken müssen.

Warnung vor Auswanderung nach Australien  . Vor Jahresfrist rührte ein Agent in Deutschland   und vor allem in Berlin   die Werbetrommel und bestimmte zahlreiche Personen zur Auswanderung nach Australien  . Es wurden die glänzendsten Versprechungen gemacht und den Leuten vorgeredet, mit der Zeit Die Erbitterung der Berliner   Bevölkerung gegen die Polizei ist Grundbesiker zu werden, da die australische Regierung den Kolo­nisten sehr entgegenfäme und das Land so gut wie verschente. Wir in fortwährendem Wachsen begriffen. Und da wundert sich die warnten fchon damals, den Lockrufen zu folgen. Da aber in Berlin  , Polizei noch, daß das Publikum ihr in bestimmten Fällen etwaige vor allem bei den Tischlern, große Arbeitslosigkeit herrschte, ento Hilfeleistung versagt? Wir wundern uns schon lange nicht mehr. schlossen sich viele Personen, auch verheiratete, mit Weib und Kind Eine traurige Aufklärung hat das Verschwinden der elf zur Auswanderung. In der Samariterkirche wurde sogar für eine Anzahl Familien ein Abschiedsgottesdienst eingerichtet. Nun Jahre alten Schülerin Elfriede Bischoff gefunden. Das Mädchen fommen aber fortgefekt Nachrichten von den nach Australien   Aus- hatte sich in der Schule einen Tabel ihres Lehrers zugezogen gewanderten, die sehr betrübender Natur sind. Wahrhafte Ber- und fürchtete, von ihrer Pflegemutter, Frau Noad, bei der sie in zweiflungsschreie sind es, die in den Briefen ausgestoßen werden. der Chausseestraße 124 wohnte, dafür bestraft zu werden. Aus Alle Ausgewanderten sind aufs schmählichste enttäuscht worden. Furcht tehrte es nicht mehr nach Hause zurück. Am Sonntag, den Die größten Entbehrungen sind ihnen auferlegt worden; unter 27. Februar, fand man am Charlottenburger Ufer an der Dove­freiem Himmel oder in Zelten mußte tampiert werden. Fieber und brüde die Schulmappe der Vermißten. Erst gestern wurde ihre Ueberanstrengungen haben zahlreiche Leute krank gemacht, andere Leiche an der Caprivibrüde aus der Spree   gelandet und nach dem Im Thalia- Theater wurde am Freitagabend eine dreiaftige find gestorben. In einem aus Brisbane  ( Ostküste von Auftra- Schauhaus auf Westend   gebracht. lien) datierter Brief, den ein aus Berlin   Ausgewanderter an seine Ein großer Schwindler, der schon oft die Behörden beschäftigt Operette Die Dorftomteffe" aufgeführt, die insofern ein ge­Eltern schreibt, heißt es unter anderem: Wir haben in den paar hat, macht wieder einmal von sich reden. Ein Kaufmann Müller wisses Interesse bot, als sie zeigte, daß auf dem Gebiete der Musik Wochen schon sehr viel durchmachen müssen. Wir schreiben Euch gründete vor einigen Jahren in der Holzmarktstraße 50d ein auch die Frau etwas leisten kann. War die Schöpfung auch keine hiermit die volle Wahrheit. Wenn wir mit nach Rodhampton ge= Berliner Betriebsbureau", nannte sich Generalpächter, General- erstklassige, die die Komponistin Frau Danziger zustande ge­gangen wären, in den Busch, dann hättet Ihr nie die richtige Wahr- direktor usw. und schwindelte Frauen, denen er Stellung in bracht hat, so war sie auch nicht minderwertiger wie viele Arbeiten heit von uns zu hören bekommen, da dort die Briefe alle unter Theatergarderoben, feinen Restaurants usw. versprach, unter allen ihrer männlichen Kollegen. Die Operette bürgt eine Reihe ganz netter Zensur stehen. Wir sind alle sehr enttäuscht worden durch diesen möglichen Vorspiegelungen Bürgschaften ab. Jut November 1908 Bartien; nicht gering war der Tanz vertreten. Einige wirkungs­Beriot, der Seelenberfäufer, Agent durch und durch. Die meisten verhaftet, wurde er wegen eines Beinleidens zunächst in der Cha- volle Schlager hat Alfred Schönfeld verfaßt, von denen das paren gezwungen, dem Manne zu folgen, da sie alle mittellos sind rité behandelt. Als er dann nach dem Unterfugungsgefängnis! Zerzett: Die netten Kleinen Frauen" und Die holden Gletscher