wieder vor der Strafkammer in Duisburg gegen zwei Polizei-beamte verhandelt, die ohne irgendwelchen Schein von Recht einenBürger in seiner Wohnung aufgesucht und ihn dort derart mit derWaffe verhauen haben, daß der Mann vier Wochen im Krankenhausezubringen mußte!Die beiden Polizeibeamten Kröppen und N o l t i n g ausMsum, dem—„berühmten- Jnspektionsbezirke Hamborn zu-gehörend, befanden sich eines TageS in einer Kneipe, als dorterzählt wurde, ein gewisser Schmicdemeistcr Diergard— der«ster einen über den Durst trinkt— sei wieder betrunkenund schlage in seiner Wohnung alles entzwei. In Wirklichkeit hatteder schon ältere ivtann aber nur eine häusliche Szene gehabt, weilihm angeblich seine Frau 5 M. weggenommen hatte. Bei dem nichtgerade sanften Nachsuchen in einem Schranke waren eine Kaffee-kanne und ein Topf mit Gebäck in Scherben gegangen. Das waralles. Das ging aber die Polizeibeamten nichts an. Trotzdemgingen beide auf Grund des Wirtshausgesprächs nach der Wohnungdes Diergard. der sich längst wieder beruhigt hatte und in derWohnung eines Mitbewohners seines Hauses war, als die Polizei-beamten Einlaß verlangten. Kaum hatte Diergard geöffnet, so er-hielt er von den behelmten Ordnungshütern Faust schlüge insGesicht! Dann wurde er von den beiden Polizisten in seineKüche gedrängt, und nun ging es mit dem Säbel drauf.Alles das geschah ohne irgendwelche vorherige Auseinander-setzung, ohne irgendwelchen Streit. Dann, als der Mann in derKüche der Hiebe genug erhalten hatte, nötigten ihn die beidenPolizeibeamten, sich ins Bette zu legen. Diergard kam dem auchnach. Kaum aber lag der Mann zu Bett, dann wurde er a u f öneue verprügelt, so daß er laut schrie:.Wenn Ihrnoch nicht aushören wollt, so schlagt mich nurgleich tot".Pier Wochen mußte daS Opfer polizeilicher Brutalität imKrankenhause liegen, llnd für dieses jeden Schein eines Rechtesentbehrende Verfahren, für diese viehische Roheit in der Polizei-uniform beantragte der Staatsanwalt, der selbst zugeben mußte,daß die Rohlinge sich nicht als Polizeibeamte qualifizierten, je—einen Monat Gefönguis!Und das Gericht erkannte demgemäß.O, Preußen, du herrlicher KulturstaatiHeranzüchtung neuer Marinesachverständiger.Der natioualliberale Abgeordnete Dr. Görcke(Oberlehrer inBrandenburg) und der Zentrumsabgeordnete Nacken(Kaufmann inEichweiler) erhielten, wie die»Köln. Ztg." meldet, vom Reichs-marineamt Einladungen, als Gäste der Reichsmarine im Herbsteine Reise nach Kiautschou zur Kenntnisnahme der dortigen Wer-hältniffe zu unternehmen. Auf der Rückreise sollen die Betriebe inPort Arthur, Hongkong und Batavia besichtigt werden. Den beidenHerren wird ein Marineattachö zugeteilt werden.Voraussichtlich werden sich die beiden Herren auf ihrer Spritz-fahrt— vorausgesetzt, daß sie nicht durch die Seekrankheit zu hartmitgenommen werden— durch die Unterweisung ihres Marine-attackös zu gründlichen Marinesachverständigen entwickeln, die nach-her im Reichstag stets alle Marineforderungen für ganz berechtigtund durchaus nötig finden._Konservative und Nationalliberale.Einen weiteren Vorstoß ins Herz des Industriegebiets machtenMontagabend die Konservativen. In Essen hielten sie eine Ber-fammluna ab, in de» vier Stunden lang die Abgeordneten Strosser,Meher-Tsisit und Diederich Hahn über die Politik der Konservativenredeten. In scharfer Weise wurden die Nationalliberalen her-genommen wegen ihres Verhaltens zur Finanzrefvrm und zurWahlrechisfrage. Diederich Hahn kündigte an. daß im Industrie-gebiet möglichst diel konservalive Vereine gegründet werden sollen,um den Linksabmarsch der Nationalliberalen zu hemmen und dieserund jeder weiteren Demokratisierung der politischen EinrichtungenPreußenS entgegenzuwirken._Die Frankfurter Genoffei: gegen de« Etat.Frankfurt a. M., 22. März.(Privatdepefche des„Vorwärts-.)Bei der in der heutigen Stadtverordnetensitzung erfolgten Schluß-a b st i m m u n g zum Etat lehnte die sozialdemo-kratische Fraktion— im Gegensatz zum Vorjahre— denEtat ab. In der Begründung wurde mit ausgeführt, daß bei derSteuerregelung nach dem Grundsatz: Schonung nach oben und Bc-lastung nach unten verfahren und der sozialdemokratische Antrag aufAbschaffung der Gebühren abgelehnt worden sei. ES wurde femerauch auf daS Verhallen des Magistrats in der preußischen Wahl-rechtsfrage und die Begründung der Interpellation über daS Wer-halten der Polizei bei den Straßendemonstrationen hingewiesen.Lehrcrmangel im Osten.Die Regierung in Posen hat wiederum eine Anzahl Lehrerstellenfür die Regierungsbezirke Posen und Blomberg ausgeschrieben,darunter fünfzehn katholisch? und zwei evangelische Stellen. Trotzall der Liebesmüh, die die Regierung für ihr« GermanisierungSzweckeaufwendet, wollen die Lehrer nickt anbeißen.Die heilige Disziplin.Vor dem Oberkriegsgericht des vierten Armeekorps hatte sich derBerliner Rechtskonsulent Coslowski. der in der Reserve steht, wegenUngehorsams, Beleidigung und AchtungSverletznng zu verantworten.Coslowski wurde im August v. I. zn einer Reserveiibung eingezogen. Gelegentlich einer Stiefelrevision warf der UnteroffizierB r e h m e r sämtliche Gegenstände, die auf einem Tisch standen,herunter.. Nachdem der Unteroffizier die Stube verlassen hatte,äußerte der Angeklagte anderen Kameraden gegenüber, er werdenach seiner Entlassung dem„Vorwärts- von der sonderbarenBehandlung, der die Reservisten ausgesetzt sind. Mitteilung machen.An einem Manövertage suchte der Angeklagte längere Zeit nachseinem Ouartier. Unterwegs begegnete er dem UnterosfizierBrehnier. Auf die Frage nach dem Ouartier, herrschte ihn derBorgesetzte an, er möge erst die Knochen zusammennehmen, wenn ermit ihm spreche. Dies gab dem Angeklagten Veranlassung, demUnteroffizier folgendes zu antworten:„Wie können Sie einem der-heirateren Manne so etwas zumuten, Sie dummes Luder! Siebaben wohl noch keine Backpfeife von einem echten Berliner be-kommen? Ich werde Sie in den Druck bringen, daß Sie nichtwiffen sollen, wo Sie hingehören. Wundern Sie sich nicht, wenneinmal von„oben- etwa? herunterkommt I-Jn der Verhandlung wurde festgestellt, daß die eigenartigeHaltung des Unteroffiziers dem Angeklagten gegenüber daraufzurückzuführen sei, daß der Unteroffizier„die Berliner gefressenhabe-, ivie er sich einmal beim Kaffee auszudrücken beliebte. Auchder VerhandluugSIeiter meinte, man finde eL häufig, daß dieBerliner beim Militär nicht sehr beliebt sind.Der Angeklagte wurde zu einer Gesamtstrafe von einem JahrGefängnis verurteilt._Oeltevreick(lngarn.Wahlrechtsdemonstrationen und Polizeiattacke«.Budapest, 21. März. Die Sozialisten hielten heute abendmehrere große Volksversammlungen für daSallge-meine Wahlrecht ab. Daran schlössen sich Straßen-demonstraiionen, gegen die die Polizei mit blanker Waffevorging. 28 Personen wurden verletzt, 12 verhaftet.!Der Parlameutsskaudal.Budapest, 22. März. Der Reichstag ist hellte mit einer Thronrede geschlossen worden.Der Regierung muffen die Gewalttätigkeiten gegen dieMinister sehr gelegen kommen. Mit der Entrüstung, die die Vor-fälle hervorrufen und die von der Regierungspresse natürlich tüchtiggeschürt wird, wird sie bei den Neuwahlen politische Geschäfte machen.Zugleich gibt ihr ein schnell eingeleitetes Strafverfahren gegendie Verüber der Geivalttätigkeiten die Möglichkeit, mehrere oppo-silionelle Politiker während der Wahlkampagne unschädlich zu machen.Die Beschuldigten sollen nämlich schleunigst verhaftet werden.Die Immunität der Abgeordneten erlischt mit der Auflösung undsteht dem Verfahren also nichts>nehr im Wege. Die Anklage sollaufs ganze gehen, sie wird auf Gewalttätigkeit gegenStaatsbehörden und schwere Körperverletzunglauten.— Die Wunden der Minister sind leichter Natur. Der Kaiserhat sein Beileid ausgesprochen und eine Bürgerversammlung sollihnen in den nächsten Tagen einen Fackelzug bringen.Zur Hofrichter-Affäre.Wegen einer konfiszierten Broschüre über den FallH o f r i ch t e r hatte sich am Montag der Genosse Max Winter,Redakteur der„Wiener Arbeiterzeitung", vor dem Gerichtin Wien zu verantworten. Er wurde wegen Veröffentlichung vonTatsachen aus einer schwebenden gerichtlichen Untersuchung zu2vllKtonen Geld st rase verurteilt.england.Die Aktion gegen daS Oberhaus.London, 22. März. Die Resolutionen in Sachen derO b e r h a u S f r a g e, die Ministerpräsident A s q u i t h imUnterhause einbringen wird, haben folgenden Wortlaut:1. Es ist rätlich, daß das Oberhaus durch Gesetz für un-fähig erklärt wird, das Budget abzulehnen odermit Zusätzen zu versehen, doch darf eine solche Ve-schränkrag der Rechte des Oberhauses nicht zum Vorwande dafürgenommen werden, nun auch die bestehenden Rechte oder PrivilegiendeS Unterhauses zu vermindern oder zu beschränken.2. Es ist ratlich, die Befugnisse des Oberhausesbezüglich anderer Vorlagen so zu beschränken,daß jede Vorlage auch ohne Zustimmung der LordSGesetz wird, die in drei aufeinander folgendenSessionen im Unterhause angenommen und dem Ober-Hause wenigstens einen Monat vor SessionSschluh zugesandt wordenist, unter der Voraussetzung, daß sie die königliche Sanktionierungerhalten hat und daß zwischen dem Tage ihrer ersten Einbringung imUnterhause und dem Tage ihrer dritten Annahme in diesem Hauselvenigstens zwei Jahre verstrichen sind.3. ES ist rätlich, die Dauer eines Parlaments auf fünfJahre zu beschränken.Gleichzeitig mit dieser Nachricht kommt eine Meldung deS„Daily Chronicle-, wonach eine Vereinbarungzwischen der Regierung und den irischen Partei-f ü h r e r n zustande gekommen ist. Der Schatzkanzler LloydGeorge und der erste liberale Einpeitscher halten danach nachtseine zweistündige Besprechung mit den NanonallstenR e d m o n d und D i l l o n, die dazu führte, daß für die Dauerdes Parlaments ein völliges Zusammengehen der Irenund Liberalen verabredet wurde.Damit wäre die Annahme deS Budgets im Unterhause gesichert.Die Stellung des Kabinetts hätte sich demnach sehr gefestigt.Wahrscheinlich ist die Hilfe der Iren durch feste Versprechungen fürden Kampf gegen das Oberhaus, der den Iren wegen HomeruleSvor allen, am Herzen liegt, erlangt worden.Uebrigens hat die Regierung ihre FinänzpoMik bereits auf dieEventualität ihres Sturzes eingerichtet. Unser Londoner Korrespon-den! schrieb uns darüber vor diesen letzten Meldungen:Dem Drucke ihrer Partei nachgebend, hat die Regierungbeschlossen, die StaatSfinanzen nach altem englischen Gebrauchzur Waffe im Kampfe um die Oberherrschaft des Unterhauses zumachen.Die Nichterledigung des alten Etats hat bereits zu einerMindereinnahme von rund 25 Millionen Pfund Sterling(500 Millionen Mark) geführt. Die Regierung will und kann dieEinkommensteuerpflichtigen zur Zahlung nicht zwingen. Sie mutzsich deshalb zur Deckung der notwendigen Ausgaben mit kurz-fristigen Anleihen begnügen, für die selbstrsdend Zinsen gezahltwerden müssen, also das Defizit noch vergrößern.Dann hat die Regierung— entgegen dem in den letzten fünf-zehn Jahren herrschenden Gebrauch— beschloffen, die Geldbowilli»gung für den Staatsdienst(einschließlich der Alterspensionen) nurbis Mitte Ria» zu verlangen, anstatt auf fünf Monate, wie diesseit dem Jahre 1896 geschehen war. Es ist klar, daß, je kürzerdie Fristen sind, für die die nötigen Gelder bewilligt werden,desto öfter muß die Regierung sich an das Unterhaus um Lupplx(Geldmittels wenden, und je öfter dies geschieht, desto abhängigerwird die Regierung vom Parlament. Der Parlamentarismusgeivinnt dadurch an Macht.Die Maßregel der Regierung hat indes noch eine andere Be-deutung. Am 29. März kommen die Resolutionen über das V e t oder Lords zur Beratung. Das Unterhaus wird sie selbst-redend annehmen. Dann werden sie nach dem Oberhaus geschickt,wo ihr Schicksal um Mitte Mai entschieden sein muß. Werdendie Resolutionen von den Lords verworfen, so tritt die Re-gierung zurück, wenn sie vom König keine Garan-tien erhalten kaum Der Rücktritt der Regierung bedeutetaber nicht immer eine Parlamentsauflösung; denn die Oppositionkönnte ans Ruder kommen, wenn sie numerisch stark ist und aufeine Mehrheit rechnen kann. Diese Eventualität wird jetzt vonden Liberalen in Rechnung gezogen. Die Regierung sagt sich:Wenn wir die Geldmittel für den Staatsdienst bis zum Herbstschaffen, so geben wir der Opposition die Möglichkeit, an unsereStelle zu treten, wenn wir demissionieren. Sind aber Geldmittelnur bis Mitte Mai vorhanden, so kann die Opposition die Regie.rung nicht übernehmen, ohne sofort das Unterhaus um Lupptyersuchen zu müssen. Und für eine sofortige Erfüllung der Wünscheeiner konservativen Regierung gibt es im Unterhause keine Mehr-heit. Die Konservativen werden also um die Mitte Mai nicht im-stände sein, die Regierung zu übernehmen, dafür aber werden dieLiberalen ein Pressionsmittel gegen LordS jntdKrone besitzen.fitinland.Zur politische» Lage.Aus HelnugforS wird uns geschrieben: Die finnische Volks-Vertretung, die am 1. März zusammengetreten ist, erhofft vonihrer parlamentarischen Tätigkeit keine ersprießlichen Resultate;denn es ist wirklich Sisyphusarbeit, die hier geleistet wird.Man kann ja im finnischen Landtag mit ernster Mühe dieweitgehendsten Gesetzesprojekte ausarbeiten, man kann dieglücklichste Lösung für manch verwickelte sozialpolitischeFrage des Landes finden, aber was hilft das alles,wenn die Beschlüsse des Landtages keine gesetzliche Kraft er-langen können! Dazu bedarf es der Sanktion des russischenKaisers und diese wird jetzt allen mehr oder minder wichtigenBeschlüssen des sinnischen Landtags hartnäckig verweigert. Sowandern alle hier durchberatenen Reformprojekte(wie zum Bei-spiel da? Arbeiterjchutzgesetz, das kommunale Wahlgesetz usw.). inden Papierkorb deS russischen Ministerrats, denn, wenn Rußland'selbst keine„Reformen" durchführen kann, warum sollte man esdenn dem finnischen Landtag erlauben? Und bei der jetzigenLage, wo noch immer die Reaktion in Rußland triumphiert, istweder das finnische Volk, noch die finnische Volksvertretung im-stände, die verlangten Reformen der russischen Regierung ablzutrotzen. Denn auch das Budgetrecht des finnischen Landtagsist äußerst beschränkt und über die Staatsfonds kann der russisch»finnische Senat nach seinem Ermessen verfügen. So kann maffwohl verstehen, daß im jetzigen Moment weite Volksschichten voittiefgehender Erbitterung ergriffen sind...Vorläufig ist hier noch alles still und sowohl die russische Re»gierung als das finnische Volk stehen Gewehr bei Fuß. DepGouverneur Sehn hat einsehen müssen, daß mit den abgesandtenKosakenregimentern allein sich nichts anfangen läßt und daß da�finnische Proletariat es den russischen Machthabern überläßt, zu»erst die Schietzwaffen loszudrücken. Wie jeder russische Staatslmann hat dann auch Seyn mit der Verstärkung der Spionageangefangen, aber auch für die russischen agents provocsteursist Finnland kein ergiebiges Terrain. Nun will man die wichtigstenPosten der Administration und Polizei mit cchtrujsischen Lcuteisbesetzen. Die Meergreise des russisch-finnischen Senats sitzenganz ratlos da: Finnland läßt sich nicht wie eine russischeProvinz verwalten, von den wirtschaftlichen und rechtlichenVerhältnissen Finnlands haben die meisten ausgediente�Generäle nur eine blaffe Ahnung und am liebsten möchteilsie nach Rußland zurück, wo man lvenigstens in seine inAmte stehlen kann. So vergingen mehrere Monate auf der Suchenach finnischen Senatskandidaten, bis man zwei altfinnischeStreber, Sarinkoski und Rainesalo auftrieb, die sich bereit er-,klärten, die Leitung einzelner Ressorts zu übernehmen. Unter-dessen dauern in Petersburg die Beratungen über den reaktionärenFeldzug gegen Finnlands Rechte fort: man erwartet hier, daßStolypin mit einer neuen Militärvorlage kommt und daß dam;die Existenzfrage der finnischen Konstitution zur Entscheidungkommt. Jedenfalls werden die nächsten Wochen uns darüber Auf»klärung bringen.Grieckenland.Die Bauernbewegnug.Athen, 22. März. Aus Larissa wird gemeldet, daß diegestern in Thessalien abgehaltenen Versammlungen ohne Ruhe?it'.örungen verlaufen seien. In der Nähe von Pharsala sindeinige Strohmietcn in Brand gesteckt worden. Truppenverstärkungensind dorthin abgegangen. Der Zugverkehr erleidet leine Unter-brechungen._Athen, 21. März. Die Deputiertenkammer verhandelteheute über die Interpellationen betreffend die Ereignisse inThessalien. Ministerpräsident Dragumis setzte die Umstände aus-!einander, durch die die Truppen veranlaßt wurden, gegen die auf-rührerischen Bauern von ihren Waffen Gebrauch zu machen.!Rallis und Theotokis billigten die Haltung der Re«g i e r u n g. DraguimS erklärte im weiteren Verlauf der Sitzung,daß die Regierung entschlossen sei, gegen die Urheber derUnruhen, wer sie auch seien, mit Strenge bor»zugehen.(Beifall.) Die Kammer ging alsdann zur Tages-ordnung über.Klmmka.Korruption.Pittsburg, 22. März. Die Großjury hat gegen fünfzig teilsgegenwärtig im Amte befindliche, teils ehemalige Mitgliederoes Magistrats Anklage wegen Bestechlichkeit er»hoben._Mus der frauenbewegung*Die Frauen in der Berliner Industrie.Der weitaus größte Teil der in der Berliner Industrie beschäftigten Frauen entfällt auf die Bekleidungsindustrie, aber auchim Holz-, Bietall-, Transport- und Buchbindergewerbe ist die weib-liche Arbeitskraft stark vertreten. Von den im Jahre 1909 in derBerliner Metallindustrie beschäftigten rund 25 000 Arbeiterinnen ge«hörten 4222 dem Deutschen Metallarbeiterverbande an, für welcheder Verband an Arbeitslosenunterstützung 5470 M. und anKrankenunterstützung 15 839 M. verausgabte. Im Transportarbeiter«verbände find von den Tausenden von Hilfsarbeitcrinnen deS zu-ständigen Gewerbes 1490 organisiert; davon entfallen allein auf dieZeitungsträgerinnen 880 Mitglieder. An Krankenunterstützung zahlteder Verband an seine weiblichen Mitglieder im vierten Quartal deSvorigen Jahres 651,80 M. Der Wochenlohn betrug bei den in derMineralwasserbranche tätigen Arbeiterinnen 12. 13 und 15 M. Auchin der Buch- und Papierindustrie stellen die Frauen ein sehr großesKontingent. Von den in der Buchbinderbrauche tätigen 7000 weib-lichen Personen waren am Schlüsse des vergangenen Jahres 5833organisiert, 3337 davon im Deutschen Buchbindervcrband. An Arbeits«losemmterstützung zahlte der Verband an seine weiblichen Mitglieder18 822 M.. an Krankeiiuntcrstüyung 11 1g7M. In der Holzindustrie ist dieZahl der Frauen nicht so groß, immerhin sind auch hier mehrereTausende, im Holzarbeitcrverband 252. Nach einer statistischen Auf-»ahme über die hier gezahlten Löhne— vom Verband im letztenHerbst veranstaltet,— die sich auf 982 Frauen in 630 Betriebenerstreckte, wurde in den Pianofabriken ein Durchschnittsivochenlohnvon 13,32 M. gezahlt, in den Kammfabriken 12,24 M., in denTischlereien 14,84 M. und in den Bürstenmachereien 14,97 M.Obwohl die Organisationen im letzten Jahre ihren weiblichen Mit-gliederbestand wesentlich erhöht haben, sind die Frauen im Vor-hältnis zu der Anzahl der beschäftigten Personen immer noch sehrscklecht organisiert. Die Aufwendungen für Krankheit und Arbeits-lostgkeit dagegen beanspruchen erhebliche Summen. Auf dem Gebieteder gewerkschaftlichen Frauenorganisation harrt den Zentralverbändennoch eine enorme Arbeit._Der erste weibliche sozialdemokratische Stadtverordnetein Schweden.jBei de» Stadtverordnetenwahlen im 4. und 5. Wahlkreise Stock-Holms, die in der vorigen Woche stattfanden, hat die Sozialdemokratie49 376 Slimmen erhalten. Gewählt sind in diesen beiden Kreisen4 Sozialdemokraten, 4 Freisinnige und 10 Konservative. Unter denSozialdemokraten ist eine Genossin. Fräulein GertrudM a n s s o n, die erste Frau, die in Schweden für das Amt einesStadtverordneten gewählt ivordcn ist. Es war den bürgerlichen Parteiennun, nachdem die Frauen in Schweden für die Stadtverordneten-Wahlen neben dem aktiven auch das passive Wahlrecht erhalten hatten,möglich, Frauen in das Stadtparlament hineinzubringen, und esfehlte ihnen auch nicht an solchen Frauen, die das Amt mindestensso gut ausüben könnten wie die männlichen Vertreter dieser Parteien.Aber die bürgerlichen Herren haben ans ihren Kandidatenlisten denpaar weiblichen Namen so niedrige Plätze angewiesen, daß, soweitbiö jetzt die Wahlergebnisse vorliegen, von ihren Damen nicht eineeinzige gewühlt ist.Unsere Parteigenossin Gertrud Mansson ist schon seit Jahrenals Vorstandsmitglied in der Armenpflege sowie in anderenstädtischen Ehrenämtern tätig, hat sich einen Schatz von praktischerErfahrung und theorettscher Bildung erworben und sich durch ihrestille, emsige Arbeit im Dienste der Partei und des Gemeinwesensallgemeine Allerkennung verschafft. Sie wird lvahrscheinlich, bis in,nächsten Jahre die andere Hälfte der hundert StadtverordnetenStockholms neugewählt wird, die einzige Frau bleiben, die in derHauptstadt dieses Amt bekleidet.Im ganzen sind, soweit die Ergebnisse der Wahlen bis jetztvorliegen, 12 Sozialdemokraten, statt bisher 2, gewählt, ferner10 Liberale und 20 Konservative.