unk Set jetzt den Posten des 3. Vorsitzenden bekleidet, hat dkeWiederaufnahme deS Prozesses unablässig betrieben und sieht seineBemühungen nun endlich erfolgreich.„Eine echte, eine christliche Reaktion."Das Wirten deS blausckwarzcn Blocks, die Seelengemeinschaftder Ultramontanen und Konservativen, erinnert an die Zeit dersiebziger Jahre, wo die ZentrumSführer daran arbeiteten, den kon-fessionellcn Rahmen des Zentrums zu erweitern und eine großechristlich-konservative LolkSpartei zu schaffen. AusAugust Neichens pergerS Tagebuch teilt sein BiographPastor folgende unter dem 25. April 1871 verzeichnete Stelle mit:»Gestern abend mit Windihorst und meinem Bruder sowieHerrn v. Gerlach bei Bindewald tZentruinsabgeordneter). Heutebrachte ich Gerlach in unsere Fraltion, wo eine' Art Fraterni«sierung auf dem allge in einen chri st lichen Bodenstatliand."Gerlach, damals Appellationsgerichtspräsident a. D., ist einerder Renommierprotestanten deS Zentrums; er trat nachher demZentrum, das ihm ein Mandat für den Reichstag wie für den Land-tag verschafft hatte, bei. Zur selben Zeit, wo obiges geschriebenwurde, machte Reichensperger, wie ebenfalls bei seinem Biographenzu lesen ist, auf einem Diner bei dem Chefredakteur der.Kreuz-Zeitung" die Erfahrung, daß in den TngeSfragen.durchwegEinverständnis' zwischen den Konserativen undden Katholiken herrsche.Mallinckrodt, bis zu seinem Tode im Jahre 1874 der un«bestrittene Führer das Zentrums, erzählt, wie wir bei seinem Bio-graphen Psülf lesen, von einem im Februar 1872 zu EhrenWindrhorsts gegebenen Diner, an dem auch konservative Ab-geordnete teilnahmen. Gerlach sprach bei dieser Gelegenheitdem Zentrum seinen Dank für daS bisherige Wirken ausund liest sich über das auS, was jeder konservative Mannmit dem Zentrum gemeinsam habe. Mallinckrodt erwiderte,dast alles, was noch wahrhaft konservativ und echtch r i st g l ä u b i g sei in Deutschland, sich einigen möge mit demZentrum zur geineinsamen rettenden Aufgabe..Zum schnellenSiege, sagte Mallinckrodt, bedürfen auch wir der Allianz und diesekann unS nur eine Partei bieten, die selber auf dem positivenBoden christlicher Offenbarung wurzelt und dieAutorität der christlichen Glaubens» und Sitten-g e s e tz e achtet.'WaS damals die Führer des Zentrums ersehnt und erstrebthaben, ist unterdes herrlich in Erfüllung gegangen. Bei derReichsfinanzreform und der preußischen Wahlreform ist die„heilige Allianz' der Konservativen und Ultramontanen in Wirk-samkeit getreten. Und noch ältere und verwegenere Wünsche derklerikalen Reaktionäre sind verwirklicht worden. Im Jahre 1848gründeten die rheinischen Ultramontanen ein Blatt. DieDeutsche VolkShallc'(im Volksmunde„BolkSfalle" genannt), daS sich mehr und mehr zum Organ der ärgsten Rück-tvärtserei entwickelte. Dieses würdige Blatt schrieb im Mai 1850:„Darum beschwören wir Euch bei dem noch fließenden Bluteeines deutschen Königs, beschwören wir alle, denen eS am Herzenliegt, daß die Religion, die Sitte, die Monarchie,das Recht und die Ordnung erhalten werde: Kraft derKraft entgegenstellen, Gewalt der Gewalt, der Schlange derRevolution mit festem Fuß das giftsprühendeHaupt zu zertreten, in Gottes Namen zu ergreifen daseinzige, was retten kann: daS Schwert der Gerechtig-k e i t, die Rute der Zucht, und unter dem Banner de»Kreuzes das zu erkämpfen, waS ihm nottut: eine gründliche, eine echte, eine christliche Reaktion!'Diesem Wunsch ist das Heil widerfahren, daß er eine doppelteErfüllung erlebt hat. Die fünfziger Jahre brach die Nacht derReaktion über Deutschland herein und sie währte ein volle? Jahr»zehnt. Wenn die Männer der„Volkshalle" noch lebten, würdensie mit Freuden bemerken, daß mit dem Jahre 1310 die„echtechristliche Reaktion' wiederum über Preußen-Deutschland lagert.Ihre Dauer wird allerdings weniger lang sein, denn daS Volk isterwacht und an die Stelle eines mattherzigen Bürgertums istdie Arbeiterklasse, die Sozialdemokratie als Bekämpfet der Re-aktion getreten.Eine Denkschrift über dke Einfnhrscheine.Dem ReilbStag ist eine Denkschrift über das Einfuhrscheiitwesenzugegangen. Eö werden darüber folgende Angaben gemacht:.Der bei den vorjährigen Erörterungen in einem mit großerMehrhett gefaßten Beschluß der Budgelkommission zum Ausdruckgelaugie Wunsch, eine solche Denkschrift ausgearbeitet zu sehen,beruhte auf der Auffassung, daß es zunächst einer erschöpfendenKuftlärung der öffentlichen Meinung bedürfe.Diesem Zwecke soll dadurch entsprochen werden, daß unterVerzicht auf eine bestimmte Stellungnahme zu der Frage, ob undin welcher Beziehung die bestehenden Vorschriften au ändern sind,vornehmlich eine Darlegung aller Verhältniiie, die für die künftigeErörterung der Frage von Wert sein können, in der Denkschriftgegeben wird. Im erste» Abschnitt ist dargelegt, wie fichda» geltende Recht geschichtlich entwickelt hat, welchen An-teil an dieser EntWickelung die politischen Parteien und die ver»fchiedeuen Erwerbskreise in den verschiedenen Teilen dcS Reiche«gehabt haben, welche wirtschaftlichen Erwägungen maßgebend waren.und welche Einiveiidungen gegen de» jetzigen Zustand erhobenfind. Der zweite Abschnitt erörtert de» Einfluß dieses Rechts-zustande« aus die Einnahmen de» Reiches, die PrciSbildmrg imallgemeinen, den Schiffsverkehr in de» östlichen Häfen, die Sieh-Haltung und die Müllerei im besonderen. Im dritten Abschnittwerden endlich die wichtigsten, innerhalb und außerhalb des Reichs-tage« hervorgetreteneu Abänderungsvorschläge gewürdigt. EineReihe von stalistlschen Nachweisungen ist beigesügt.Das Talglicht von Breslau.Ein Bürgermeister nach dem Herzen der Jagow und Genoffenist Herr Dr. Georg Bender in Breslau, der seit einiger Zeilkrampfhaft versucht, de» Beweis zu liefern, daß er wert ist. impreußischen Herrenhause zu sitzen. Als kürzlich unsere Genossen inder Stadtverordnetenversammlung lebhaft Klage darüber führten,baß der Magistrat Sonntag für Sonntag der Polizei diestädtischen Lokale als Kriegslager gegen WohlrechtSkundgebnngenüberlasse, daß man sogar das Rathaus ständig als Polizcibitvakmißbrauchen laste, da erllärte der Oberbürgermeister, der nebenbeiMitglied der Fortschrittlichen BolkpSpartei ist: Diese Klagen berührtenihn gar nicht. Er werde nach wie vor der Polizei die Lokale zurVerfügimg stellen. Und als dann die Stadtverordnetenversammlungeinstimmig(die Konservativ- Klerikalen waren obstruierend fort«gegangen) eine Kuiidgebung gegen die Wahlrechtsvorlage annahn»,ließ das der freistnnigc.Ober' zwar geschehen, schloß sich der Kund-gebung aber nicht an. Den Gipfel erkletterte jedoch Herr Benderin der letzten Stadtverordnetensitzung. Unsere Genoffen erhobenProtest, weil der Oberbürgermeister im Gegensatz zu seiuenKollegen in Berlin. Stettin, Essen, Köln, Frankfurt usw. dieHergabe eines städtischen Platzes für eine gemeinsameKundgebung gegen die Wahlrechtsvorlage verweigert hatte. Darauferhob sich Herr Bender, der FreisinnSmann, der im Herrenhauseden.Radikalen' mimt, und rechtfertigte nicht nur sein parteiische»Verhalten, sondern sang der Polizei geradezu LoveShhmnen! Den-selben Platz, oen er uns für zwei Stunden verweigert, stellte er denKlerikalen beim Katholikentag über zehn Tage zur Verfügung, stellter nach wie vor einem profillüsternen Konsortium zur Veranstaltungvon Vogelwiesen usw. zur Verfügung. WaS tut der fteisinngeKommunalchef? Er erklärt dreist und gottcSfürchtig: die Katholikenhätten auch noch nicht den Verkehr und die Ordnung gestött und auchnoch niemand mit dem Revolver bedrohtll! Den Beweisdafür, daß Wahlrechtsdemonstranten beides oder einS von beidengetan, blieb er natürlich schuldig. Mit dieser Aeußerung übertrifftdieser Freisinnsmann sogar die erzreaktionärsten Jagow-Organe,denn nicht einmal sie haben die Behauptung gewagt, wir hättenirgend jemand mit Revolver bedroht.Ja, ich bin klug und weise,Bin Breslaus größtes Licht lHereingefaNen.Herr Max Giemsa, Mitglied der Zentruinsfraktio» imvreußi-schen Abgeordnetenhause, hat sich aufS neue gerichtlich bescheinigenlasten, daß er seiner Fraktion durchaus würdig ist. Wie wir voreiniger Zeit meldeten, hatte Herr Giemsa in einer Versammlungde» katholischen MännervcreinS zu Kattowitz ausgeplaudert, daßursprünglich drei Dutzend Abgeordnete vom Zentrunrfür die Erbanfall st euer einzutreten entschloffen ge-wesen wären, auS Gründen der Parteidisziplin aberdoch schließlich gegen diese Steuer gestimmt hätten.Diese.Entgleisung' wurde, als sie in den Zeitungen erwähntwurde, von Herrn Giemsa kurzweg bestritten. Er schickte der„Breslauer Zeitung' eine Berichtigung zu, die der RedakteurDr. Oehlke mit dem Zusatz versah:„Wie kann unS der AbgeordneteGiemsa eine Berichtigung zugehen lasten, von der er weiß, daß siewider beffereS Wiffen abgefaßt ist.'Daraufhin warf Giemsa in der.Neißer Zeitung' der„BrcS-lauer Zeitung' freche Verleumdung vor und verklagte Dr. Oehlkeobendrein. Dieser erhob Widerklage, und daS Schöffengericht inKattowitz sprach ihn frei, verurteilte aber den AbgeordnetenGiemsa wegen Beleidigung zu 50 M. Geldstrafe und Tragung derKosten.Giemsa legte dreist und gotteSfürchtig Berufung ein. DieStrafkammer aber kam Montag gleichfalls zu dem Urteil, daßAbg. Giemsa die Aeußerung von den drei Dutzendzur Parteifahne zurückgekehrten ZentrumSabgeordneten in der Tathat fallen lasten, die„Berichtigung' somit wider besseres Wissenerfolgt sei. Dr. Oehlle wurde deshalb von der Anklage der Be-leidigung freigesprochen, und ebenso wurde die Berufung deS Abg.Giemsa verworfen und seine Strafe aufrechterhalten.Zwei prächtige„Stellvertreter'" GotteS.Von dem Kriegsgericht in Potsdam wurden vor kurzem zweiUnteroffiziere, Rdannigel und Schreck, wegen tätlichen Angriffs aufVorgesetzte verurteilt, und zwar der eine zu SV* Jahren Gefängnisund Degradation, der andere zu 6 Monaten 2 Tagen Gefängnisund Degradation. Die Verurteilten hatten im betrunkenem Zustandezwei Offiziere in Zivil tätlich angegriffen. Beide legten Berufungein. TaS Oberkriegsgericht in Potsdam hat jedoch heute das Urteilder ersten Instanz bestätigt und lediglich bei dem einen der Unter-offiziere die Degradation aufgehoben.frankrtid).Die Arbeiterpenfione» beschlösse».PatiS, 22. März. Der Senat nahm heute die Beratung desAlterSversorgungSgeseyeS wieder auf und billigte ins-besondere ein Amendement, das den vor Erreichung deS 50. Lebensjahres naturalisierten fremdländischen Arbeitern dasRecht auf gewisse Wohltaten deS Gesetze» zuspricht. ArbcitSministerB i v i a» i erklärte, die Arbeiter würden ein Recht zu fordern, nichteine Vergünstigung zu erbitten haben usw. Der Senat nahm hier-auf da« Arbeiterversicherungsgesetz im ganzen mit280 gegen S Stimmen an.Der Brunnen wird zugedeckt.Die Deputiertenkammer nahm am Dienstag durchHaiideaufheben fast einstimmig einen Antrag an, wonach der Ee-neraldircktor der Domänen an Stelle der Liquidatorenfür die Ordensgüter treten und deren bisherige Funktionenunter der Kontrolle des Kultus- und des FinanzniinisierS aus-üben soll.Italien.Die italienische Ministerkrise.Ron», 21. März. Daß Eonnino bei dem Votum über die Han-delSmarine unterliegen oder obsiegen würde, war von verschiedenenSeiten und auf Grund verschiedener Erwägungen angenommen undvorausgesagt worden. Daß er aber, ohne ein Votum abzuwarten,zurücktreten würde, die Flucht ergreifen, che er das letzte Pulververschaffen hatte, das hätten wohl seine bittersten Gegner nicht er-wartet. Gewiß lag die Situation so, das Sonnino auf alle Fällenichts gewinnen konnte: sein Sieg in Sachen der SchiffahrtLdienstehätte den Grund aufgehoben, uin dcffentwillen ihn die Giolitiianerbisher geschont hatten. Aber selbst wenn er in der heutigen Sitzungunterlegen wäre, welches Resultat bei einem Präsenzbcstande vonüber 460 Abgeordneten immerhin nicht mit Bestimmtheit voraus-gesehen werden konnte, so hätte sein Fall doch nicht die unklare undundurchsichtige Situation gezeitigt, unter der man heute laboriert.Die Frage der Schiffahrtsdienste ist eine vorwiegend technische.Von allen Abgeordneten dürften nur sehr wenige wirkliche Äom-petenz in der Sache haben. Die sachliche Kritik ist vorwiegend vonder äußersten Linken ausgegangen; Gen. Bonomi und der Repu-blikaner Pantano haben dargelegt, aus welchen Gründen der Eni-Wurf Bettolo ebenfotvenig wie der frühere Entwurf Schanzer dieGewähr bietet, daß der Aufwand von zirka 460 Millionen wirklicheinen entsprechenden Nutzen für das italienische Verkehrswesen zurSee zeitigen würde. Auf der anderen Seite ist der ExministerSck'anzer für die Grundsätze seines Entwurfes eingetreten, der aus-schließlich auf dem System der Subventionen beruhte, während derEntwurf Bettolo, wie wir früher bereits dargelegt haben, auch Kon»struktionsprämicn, Zollcrleichterungen, sowie Prämien für denPersonen, und Frachtgutverkehr vorsieht. Immerhin kann mansagen, daß von dieser Seite, also der der Giolitiianer, keineswegsdie prinzipielle Ablehnung sondern vielmehr die Gefolgschaft fürSchanzer und somit für Giolitti, matzgebend war. Die EinwürfeSchanzers sind ausschließlich technischer Art, ihnen liegt nicht jenesMißtrauen zugrunde, das die Opposition der äußersten Linken be-stimmt, die hinter den Kulissen wirkende Kapitalistengruppcn arg-wöhnt. Verhältnismäßige Kleinigkeiten sind cS, die Schanzcr andem Entwurf Bettolo moniert. Im Laufe seines eigenen Ministe-riumS hat er selbst mindestens ebenso große Wandlungen in derrage durchgemacht, als die vom Projekt Schanzer zum Projektettolo. Der Angriff von seilen der Giolitiianer ist zweifellosnicht prinzipieller Art, sondern ein Ergebnis parlamentarischer Er-wägungen.Wenn die Giolittianer wirklich entschlossen waren, jetzt schonSonnino den Garaus zu machen, was wir durch Sonninos vor-zeitige Demission nicht erfahren konnten, hat sie offenbar dieparlamentarische Konstellation gelockt, die die äußerste Linke unddie Giolittianer in gemeinsamer Opposition vereinte. In dieserKonstellation liegt die Gefahr der Krise.Damit die Krone aus der Demission ohne Votum einen Finger»zeig ablesen könne, mutz sie die Kräfte der Opposition abschätzen,der das Ministerium wich, ans Furcht, ihr zu erliegen. Nach vollen-detem Votum hätte man diese Kräfte zählen können, aberwägen auch nicht: denn wenn sich Giolittianer und äußerste Linkevereinten, so beruht doch ihre Opposition auf ganz vierschiedenetGrundlage. Wieder, wie bei der Situation, die Sonnino ansRuder brachte, ist eS eine nicht homogene Opposition, die das Mini-sterium stürzt. Die heutige Lage unterscheidet sich von der damaligendadurch, daß ein Teil dieser Opposition, die Giolittianer, in derKammer eine Mehrheit hat, während die Sonninianer sie damalsnicht hatten.Die heutige Kammer ist von Giolitti über die Taufe gehaltenworden und ist in ihrer Mehrheit so beschaffen, daß nur Giolitti oderein Mann seines Herzens mit ihr regieren kann. Wir haben diesvon Anfang an gesagt, und jede einzelne Phase des bisherigen par-lamentarischen Lebenö hat diese Annahme bestätigt. EntwederGiolitti, oder solche, die in Giolittianischem Geiste regieren, könnenin dieser Kammer auf Dauer rechnen. Deshalb sollte der Umstand,daß die äußerste Linke zum Sturze beitrug, in keiner Weise auf denVerlauf der Krisis, soweit dieser von den Parteien abhängt, ein»wirken. Besonders den Sozialisten ist eine rein negative Haltungvorgeschrieben, die in dem Satze gipfelt: Fort mit dieser Kammerund mit einem Wahlrecht, das solche Kammern möglich macht. Vondiesem Standpunkt aus hat die Lösung der Krise nur geringesInteresse für die sozialistische Partei und ihre Fraktion.Cncslanck.Ein Dementi.Die Nachricht deS„Daily Ehronicle'. wonach eine Ver-stSndigung zwischen der Regierung und den Iren zustande gekommensei, ist bereits als falsch bezeichnet worden und zwar von einer gutlegitimierten Seite. Der Führer der Iren, Redmond,der am Montag die lange Besprechung mit LloydGeorge hatte, gibt bekannt, daß die Lage sich durch diese Be-sprcchung in keiner Weise verändert habe.Danach wäre eS also noch nichts mit der Besserung der Nie»gierungSsttliation. Indes scheinen die Verhandlungen fortzudauern.Hardie und BarneS über die Lage.London, 21. Februar. Ueber die außerordentlich schwierigeLage, die durch den liberal-imperialistischen Flügel des Kabinettsgeschaffen wurde, sprachen in den letzten Tagen Hardie undBarnes. Beide Redner benutzten oie Gelegenheit, die U n-zuvcrlässigkcit der liberalen Führer in demo-krati schen Fragen nachzutveisen. Hardie sprach in seincmWahlkreise und sagte: Die Lage ist verwickelt, da dieliberale Regierung und die liberale Fraktion nicht einigsind. Die Lords suspendierten den Etat, worauf dieRegierung das Parlament auflöste. Schon die Auflösung warein Fehler, jedoch glaubte man. die Regierung würde nach denWahlen in einen ernsten Kampf gegen die LordS eintreten. Anstatt dessen gibt uns die Regierung Resolutionen gegen das Ober-haus, worauf es abermals zur Parlamentsauflösung kommenwird. Dieses ganze Verfahren ist ein A u s f l u ß der Feig-heit. Die Wählerschaft gab der Regierung das Mandat, denEtat annehmen zu lassen und das Veto der LordS abzuschaffen.Die Regierung ließ dieses Mandat unbeachtet, um jetzt lmederumdasselbe Mandat von neuem zu verlangen. Diese ganze Konfusionzeigt, daß die Liberalen die Befestigimg der Demokratie fürchten.In dieser Furcht sind sich die Liberalen und die Tories gleich.Ich glaube, die Regierung geht absichtlich einem Sturz entgegen.Zum Schluß forderte der Redner die walisischen Bergleuteauf, zwei Arbeiterkandidaten aufzustellen, anstatt— wie früher—einen liberalen und einen Arbeiterkandidaten.Barnes sprach in einer Volksversammlung in Torquay,in der er sagte: Die Arbeiter sind für die vollständige Ab-schaffung des Hauses der Lords. Eine revidierendeKammer mag vielleicht nötig sein, aber ihre Mitglieder solltenanerkannte Autoritäten sein und nicht die Sohne ihrer Väter. DieRegierung besteht auS Parteiführern, die nicht führen sondernhin und her schwanken. Sie ist gegenwärtig für eine VorlegungdeS Etats, ehe noch die Vetoresolutionen im Oberhause erledigtsind. Em derartiges Verfahren muß zu einer schweren Nieder»läge der liberalen Partei führen, da die Iren unter solchen Um-ständen gegen den Etat stimmen werden'). Die Vorlegung deSEtats vor der endgültigen Erledigung der Vetoresoluttonen be-deutet also Parlamentsauflösung und Neuwahlen, die aber imbesten Falle nur eine kleine Mehrheit für die Liberalen bringenkönnten. Es ist indes möglich, daß die Tories mit einer kleinenMehrheit ins neue Parlament einziehen werden. ES ist noch vieleszu retten, wenn die Regierung Mut zeigt und die Finanzen be-nutzt, die Minderheit zum Nachgeben zu zwingen. Anstatt Neu-Wahlen sollte die Regierung zum Referendum greifen und denWählern die einzige Frage vorlegen, ob sie für die Abschaffung desVetorechts der Lords sind.—Die Stimmung in allen progressiven Kreisen ist sehr gedrückt.Asquith und seine liberal-imperialistischen Kollegen haben dieLage verpfuscht und sie ist kaum mehr zu retten.Schweden.Ein Anschlag aufs KoalitionSrecht.Stockholm. 22. März. Der in der Thronrede zur Eröffnungdes Reichstages angekündigte, von der Regierung ausgearbeitete Ge-sctzentwurf betreffend Arbeits Übereinkommen zwischenArbeitgebern und Arbeitern ist heute dem ReickStag vorgelegt worden. Der Gesetzentwurf bestimmt u. a.. daß Kollektiv»Uebereinkommen nicht auf länger als fünf Jahreabgeschlossen werden können. Während des Bestehens emeSsolchen dürfen weder von den Arbeitgebern noch vonden Arbeitern Aussperrungen lind Arbeitsein-st e l l u n g e n oderShmpathiestreikS undShmpathie-anssperrungen vorgenommen werden. Ferner wird die Er-richtung eines Arbeits schiedSgerichtS mit dem Sitz in Stock-Holm vorgeschlagen, das au» drei Juristen und vier mit denArbeitsverhältnissen vertrauten Personen be-stehen soll. Den Arbeltgebern steht daS Recht zu. die Arbeit zuleiten und zu verteilen, sie müssen aber den Arbeitern Freiheit zurTeilnahme an politischen oder kommunalen Wahlen gewähren.Schließlich enthält der Entwurf S t r a f b e st i m in u n g e n fürdie Veranstaltung von Streiks, die das Wohl derStaates gefährden.Namentlich die letzte Bestimmung zeigt die arbeiterfeindlicheTendenz des Eutlvurfs, der auch in seinen anderen Bestimmungenauf Fesselung der Arbeiterschaft abzielt. Die Parität wird aller-ding« äußerlich gewahrt, indem auch die Unternehmerschaft denselbenBestimmungen unterworfen wird. In Wirklichkeit ist die Paritätindes nicht voihanden, da für die Arbeiterschaft daS Recht zurArbeitseinstellung weit höhere Bedeutung hat als für die Unter»nehmer.Kmerlka.Der Arbeiterbond gegen de» Stahltrust.Washiligtv», 22. März. Die Federation of Labor hatdem GeneratstaatSanwalt eine eingehende Denkschrift überreicht zurBegründung der von ihr gegen den S t a h l t r u st erhobenen Be-schlltdigung, daß er das Antttrustgesetz verletze.•) Die Rede wurde vor der Meldung des„Daily Ehronicle"gehalten, wonach die Iren sich mit der Regierung verständigthaben sollen. Red.