fr. 70. 27. Zahrgmg. 1. Sciltzt des Jotaiätb" getliiin WllisdlÄ Mluikrslag. 24. Miq lAO. Stadtverordneten -Verlammlnng. tt(außerordentliche) Sitzung vom Mittwoch, den 2 3. März, nachmittags 3 Uhr. Der Vorsteher Michele» eröffnet die Sitzung nach SM Uhr mit einem Nachruf für den am 19. März plötzlich verstorbenen Stadt- verordneten Dr. Hermes(A. L.). der der Versammlung mit zweijähriger Unterbrechung seit 1873 angehört hat. Stadw. Marggraff(soz.-fortschr.) hat wegen einer Reise um die Welt Urlaub bis Ende dieses Jahres genommen. Für den Empfang des 5. Internationalen Ornithologenkon- gresses in den Festräumen des Rathauses Ende Mai bis Anfang Juni d. I. wird die Summe von 7099 M. bewilligt und die Ein- setzung einer gemischten Deputation beschlossen. Tarauf setzt die Versammlung die Beratung de? Stadthaushaltsetats für 1SJ.0 fort. Ueber die Wteilungen„Park- und Gartenverwaltung" und „Gemeindcfriedhöfe" des Kapitel 8 referiert namens des Etats- ausschusses Stadw. Ewald lSoz.). Stadw. Lvhmann(A. L.) bringt die Absperrung des Memeler Parkes und die Fällung von Bäumen in dem- selben zur Sprache. Man habe den Platz den Anwohnern unter dem Vorgeben geraubt, für den Winter der Schuljugend den Schlittschuhsport zu erleichtern; aber mit der Unentgeltlichkeit sei es nicht weit her gewesen. Dem betr. Eisbahnpächter sei man übermäßig entgegengekommen. Bürgermeister Dr. Reicke bestreitet letzteres; auch seien dort Bäume nicht gefällt worden. Stadtv. Modeler(A. L.) bittet, dem unwürdigen Zustande des Fürst Bülowplatzes im Scheuncnviertel, einem Schmutzfleck schlimmster Art. ein Ende zu machen. Bürgermeister Dr. Reicke: Schon im Augenblick wird an der Regulierung des Platzes gearbeitet, nachdem festgestellt ist, daß er für die Untergrundbahn nicht mehr in Frage kommt. Beide Etats werden genehmigt. Ueber Kapitel 7, Polizei, Gerichte, Standesämter» Militär- Wesen berichtet Stadtm G o l d sch m i d t(91. L.j. Zu den Ausgaben für die Ortspolizei liegt die am 12. März eingebrachte Resolution Dr. Arons u. Gen.(Soz.) vor: .Die Versammlung protestiert gegen tue seitens des Polizeipräsidenten am ö. März veranlaßte Absperrung des Treptower Parks und gegen die Behinderung der Bürgerschaft in der Benutzung der Berliner Straßen, Parks und Plätze." Stadtv. Stadthagen (Svz.j: Auch wenn wir durch das Gesetz gezwungen sind, Kosten zu tragen, über deren Verausgabung uns keine Rechnung gelegt wird, so sollen doch diese Kosten immer Polizeitosten sein. Es kann keine Rede davon sein, daß hier in Berlin die Polizei ein Organ ist, dessen Tätigkeit in Äufrechterhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit besteht; im Gegenteil, in wachsendem Maße hat man sehen müssen, daß die hiesige Polizeiverwaltung Rlihestörungca und Unsicherheit hervorruft und dem Gegenteil dessen zu dienen geeignet ist, wozu eine vernünftige Polizei da sein sollte.'Ich erinnere nur an den Ferrrrprozeß und an die Vorgänge der letzten Zeit, die Folge der g'oßen Erregung» die m i t R e ch t sämtliche vernünftigen Menschen und insbesondere die Berliner gegen die Wahlrechtsschmach erfaßt hat. Da haben gewisse in junkerlichen Kreisen tonangebende Blätter geglaubt, die Polizei aufhetzen zu müssen; Demonstrationen dürften nicfft geduldet werden, es müsse entgegen dem Lereinsgesetz, es müsse mit Waffengewalt vorgegangen werden. Diese Artikel haben die Polizei zu Taten veranlaßt, die in das Recht der einzelnen Bürger und der Stadt Berlin tief eingreifen. Deshalb unser Antrag. Die Berliner Polizei ist einem Fremdkörper überantwortet, der der Stadt gegenüber keine Verantwortung hat und auch glaubt, unverantwortlich handeln zu können gegen die Rechte und das Eigentum der Bürger und der Stadt. kleines feinUeton. Frühe und späte Ostern. In diesem Jahre fällt das Osterfest auf einen sehr ftübzeitige» Termin, auf den 27. März. Es ist dies der früheste Osterlermin seit dem Jahre 1894. in dem das Fest. ebenso wie 1883, scbon aus den 25. März fiel. Das früheste Oster- fest in der neueren Zeil brachten die Jahre t845 und 1859. in denen Oüern schon aus den 23. März fiel. Aber selbst das ist nicht der früheste Ostertermin. Nach den Vor>christen. die da? Konzil von Niraea im Jahre 825 nach Christi Geburt erlassen hat, darf das christliche Osterfest nicht mit dem jüdischen Passah- fest zusammenfalle»; es wurde deshalb auf dem ökumenischen Konzil festgesetzt, daß das Osterfest stets am ersten Sonntag nach dem FlühlingSvollmonde gefeiert werde. Fällt dieser Vollmond selbst auf den Sonntag, so wird Ostern acht Tage später gefeiert. Als Termin des Frühlingsanfangs nahm man einheitlich den 21. März an. Der frühzeitigste Ostenibeginn ist somit der 22. März; denn wenn der FrühlingSoollmond auf de» 21. März fällt, so kann, vorausgesetzt daß das am Sonn- abend ist, das Osterfest am nächsten Tage gefeiert werden. Dieser Fall ereignete sich seit dem Beginn des Ig. Jahrhunderts einmal, und zwar im Jahre 1813. Erst 1979 würde Ostern wiederum auf den 22. März, den frühmöglichen Termin, fallen. Der späteste Oster- termin ist der 25. April; er Hot dann Geltung, wenn der Frühlings- Vollmond an seinem überhaupt späteste» Termin, dem l3. April ist (23 Tage nach dem 21. März) und wenn dieser 18. April auf einen Sonnlag fällt. Denn dann muß das Osterfest acht Tage später, nämlich am 25. April gefeiert werden. Diese» spätesten Ostertermin brachte zuletzt das Jahr 1886; 1943 würde Ostern wieder auf den 25. April fallen. Diese ganze komplizierte Rechnung hat eS trotzdem nicht verhindern können, daß seit dem Konzil von Nicaea schon zweimal die ersten Tage deS christlichen und jüdischen Osterfestes zu'annnengesallen find. Bekanntlich richten sich die Termine zahlreicher beweglicher Feste, wie Pfingsten, Christi Himmelfahrt , Fronleichnam, Fastnacht nach dem Ostertermin, und wegen der dadurch verursachten tiefgehenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten hat das Bestreben, durch internationale Vereinbarung de» Ostertermin festzulegen, neuerdings viel Aussicht aus Verwirk- lichung. Im Juni dieses Jahres soll auf dem zu London statt- findenden internationalen HandelSkanimerkongreß diese Frage er- örtert werden. Die„Arbeitswilligen". Aus dem Generalstreik in Philadelphia bringt die»Franlf. Zeitung" sehr anschanliche Bilder. Die»Arbeits- villigen" werden alio geschildert: Eine Quelle beständiger Belustigung für den Beobachter sind die neuen oder»grünen" Angestellten, wie sie hier genannt werden. Die M o t o r>v a g e n f ü h r e r sind augenscheinlich von dem Ehrgeiz ge- plagt, die Solidität der Bauart der ihnen anvertrauten Wagen an allen möglichen Objekte», Menschen, Automobilen. Lastwagen usw. zu er- proben. Mit besonderem Vergnügen scheinen sie aber gegen eine andere„Enr" zu fahren, und wenn zwei derselben zu gleicher Zeit an einer Kreuzung ankommen, sieht jeder Führer eine Ehre darin, zuerst auf der anderen Straßenseite zu sein. So lommt es, daß cS an den Kreuzungen sehr viel.Kleinholz" gibt. Die K o n d u k- teure bezeigen einen lobenswerten Eifer in der Einziehung der Fahrgelder, nur sind sie außerordentlich vergeßlich. Wie bekannt, erhält hier m Amerika der Passagier keinen Fahrschein. ES bestehr Am 6 März ist der der Stadt gehörige, mit großen Kosten eingerichtete Treptower Park dem Eigentum der Stadt und ihrer Bürger gewaltsam und rechtswidrig entzogen worden. Man weiß nicht, ob man über die Vornahme der Absperrung mehr entrüstet oder heiter gestimmt sein soll. Eine große Anzahl Schutz- leute und Gendarmen haben auf Veranlassung des Berliner Polizeipräsidenten alle Zugänge zu dem Park gesperrt und einen sogar mit Brettern vernagelt. Wir haben solche Vernagelung schon einmal erlebt, als der Amtsvorsteher von Erkner , Herr v. Busse, unter dem Sozialistengesetz eine Versammlung verbot und mit Hilfe eines Gendarmen den Eingang zu dem betreffenden Lokal vernageln ließ. Dem Herrn ist ja durch Gerhart Hauptmann in dem„Biberpelz " ein dauerndes Denkmal gesetzt. Gegen die Gesetzwidrigkeit des Vorgehens des Berliner Polizei- Präsidenten müssen wir entschieden protestieren. Der Polizeipräsident hatte vorher gesetzwidrig eine Ver- sammlung unter freiem Himmel an derselben Stelle nicht ge- nchmigt, und als nun der Spaziergang geplant wurde, ging er auf die Hetzereien der erwähnten Presse ein, die ihn beschwor, um Gotteswillen nicht gegen die Wahlrechtsschmach demonstrieren zu lassen. Er erließ gegen die Ankündigung im„Vorwärts" einen Haufen offiziöser Auslassungen in allen möglichen Zeitungen— ich habe drei davon hier, eine immer scherzhaster als die andere —. Kollegen Borgmanu teilte er mit, er würde den Spazier- gang als genehmigungspflichtige Veranstaltung ansehen und ihr entgegentreten. Eigentümlich: Ein Spaziergang soll eine Versammlung sein! ES wurde nachher versucht, das zu rechtfertigen; gegen harmlose Spaziergänger habe er nichts, aber wenn eine große Menge komme, sei es etwas anderes, dem müsse man entgegentreten, das sei eine Versammlung, nämliche„eine absichtliche Vereinigung mehrerer Menschen an einem gemeinsamen Ort zu gemeinsamen Zwecken"! Dann müßte jede Landpartie, jede Gesellschaftsreise, jedes Kaffee- kränzchen, jedes Hochzeitssest der polizeilichen Genehmigung unter- liegen, auch das Anschauen der Parade müßte dann genehmigt werden(Hetterkeit). Das ist so widersinnig, daß über diese Polizei- liche Auslassung überall die größte Heiterkeit entfesselt wurde. Der Polizeipräsident stützt sich auf frühere Demonstrationen, die auch gesetzwidrig seien, weil er sie nicht genehmigt habe. Ganz der Jargon der„Deutschen Tageszeitung", noch über das Vormärzliche hinaus. Daß Demonstrationen gesetzlich zulässig sind, kann nach dem Gesetz nicht einen Augenblick im Zweifel sein, siehe Kammergerichtserkenntnis vom 5. April 1999. Der Polizei» b e a m t e, der solchen Demonstrationen entgegentritt, hairdelt ge- setzwidrig. Man hat versucht, die Demonstrationen zu Versamm- lungen zu stempeln; aber es sind keine Versammlungen, darüber besteht auch nach der Logik und nach G-ericbtserkenntnissen kein Zweifel mehr. Die Absperrungen, die erfolgten, um alle die- jenigen, welch« etwa für das Reichstagswahlrecht sind, am Spazierengehen am Sonntagnachmittag zu hindern, sind ein rechts- widriger Eingriff in das Recht der Stadt und ihrer Einwohner, wie es die Städteordnnng einwandsfrei feststellt. Die Polizei war verpflichtet, Widerstand gegenüber den Spazierengehenden zu brechen, nicht aber zum Gegenteil. Der Polizeipräsident wußte auch selbst, daß er etwas Rechtswidriges beging, denn er sagt in einer seiner Proklamationen, der Spaziergang sei eine Umgehung dessen, was er nicht haben wollte. Es steH damit ebenso, wie wenn jemand für strafbar erklärt wird, der das Verbot„du s o l l st nicht stehlen" dadurch umgangen hat, daß er nicht gestohlen, sondern sich ehrlich ernährt hat.(Große Heiterkeit.) Durch die Hetze einiger Junkerorgane ist vielleicht die ruhige Ueberlegung dem Polizeipräsidenten verloren gegangen, so daß er nicht gewußt hat, tvas er tat; aber die objektive Rechtswidrigkeit seines Tuns steht fest. Die Polizei ging indessen noch weiter; sie unterband den Verkehr, den sie fördern soll; die Besucher des Parks, die schon vor 12 Uhr mittags da waren, Männer, Frauen und Kinder, die in den Lokalen essend und trinkend sich befanden, wurden durch Schutzleute und Gendarmen aus den Lokalen herausgeholt und das städtische Eigentum aus die scheust- lichste Weise verwüstet. Frauen und Kinder sind mißhandelt, ge- pufft, gestoßen, hinausgezerrt worden. Auch den Gastwirten ist ein ungeheurer Schaden zugefügt worden; einem ist bis in sein« der Einheitstarif— ein Nickel für jede Entfernung— und wenn der Kondukteur einen solchen eingenommen hat, erwartet man, daß er de» Riemen einer Registriervorricbtung zieht, die mit Hellem Glockenton ankündigt, daß die Gesellschaft um fünf Cents reicher ist.„Erwartet man," sagte ich, eigentlich soll eS heißen,»erwartet die Gesellschaft"—- aber ich fürchte, sie erlebt viele Enttäuschungen. Die Kondukteure hoben augenscheinlich erst eine Halste ibrer Pflichten gründlich begriffen, nämlich das Ein- kassieien der Nickel, die andere Hälfte, das Abliefern derselben, haben sie wohl noch nicht heraus. Jedenfalls sind sie außerordentlich ver- geßlich beim Registrieren. Ein Direktor der Gesellschaft, der von einem Zeitungsmann darüber befragt ward, grinste vergnügt und meinte: „Na. was denken Sie, wir sind ja schon froh, wenn wir unsere Wagen wieder kriegen I". Ich muß noch bemerken, daß der Ausdruck»Arbeits» willige", den man diesen Leuten beilegt, entschieden wenig an« gebracht ist. Die neuen Leute sind durchweg Bassermnnnsche Gestalten, die wohl wissen, daß sie von der Gesellschaft nur als Notbehelf gebraucht werden und sofort»fliegen" werden, sowie diese sich mit ihren alten Leuten wieder arrangiert hat. Einer von den neuen Kondukteuren sagte mir denn auch, als er halten ließ, um sich eine Zigarre zu kaufen und anzuzünden(die neuen Leute haben allerlei Privilegien, von denen die alten nichts wußten):»Ach, wissen Sie, warum soll ich das nicht mitnehmen? Man hat mir mein Fahrgeld von New Dock bezahlt, mich eingekleidet, ich bekomme Kost und LogiS sowie drei Dollar per Tag und—«Na. und?* fragte ich.—»Nun. und alle Fahrgelder, die die Gesellschaft nicht— gebraucht 1" erwiderte er mit verschmitzt-vergnügtem Lächeln. Zur Geschichte der Schachmeisterschaft. Die Würde eines Welt- Meisters im Reiche des Schachs existiert erst seit dem Jahre 1866, als Wilhelm Sleinitz ihn sich nach seinem Sieg über Andersen zulegte mit der Erklärung, diesen Titel gegen jeden Spieler ver- leidigen zu wollen. Er hat ihn denn auch fast dreißig Jahre lang innegehabt, und auch der große englische Meister Blackburne, der in den siebziger Jahren zweimal dagegen ankämpfte, vermochte, da er nicht eine einzige Partie Steinitz abgewann, ihn nicht an sich zu reißen. Das gelang, wie Erich Cohn in der Monatschrift „Ost und West' mitteilt, erst dem immer glänzender spielende» Zuckertort, der 1883 in London drei Points mehr als Steinitz und damit den ersten Preis errang. 1886 kam es dann zu dem ersten großen WeltmeisterschaftSmaich zwischen den beiden Meistern. In ihin bezwang der alle Champion seinen Gegner glänzend; er siegte mit zehn Gewinn- gegen fünf Verlustpartien bei fünf Remisspielen. Allmählich aber erwuchs dem Meister, der alle anderen Gegner immer wieder bezwang, ein besonders gefährlicher in Emanuel Lasker , der nach Amerika kam, um dem alternden Weltmeister die Krone zu entreißen; er siegte 1894 über ihn mit zehn Gewinnpartien. Vier wurden remis, und fünf rettete sich Steinitz. Lasker befestigte im Laufe der Jahre dann seine erste Stellung durch seine Siege in den Wcttkämpfen mit Marschall , Tarraich und Janoivski. Der erste aber, der Laskers Siegeslauf, wenn nicht brechen, so doch aufhallen konnte, war Karl Schlechter . Der Match, der mit den, Resultat 5: 5 unentschieden endete, ist noch in aller Schachfreunde Erinnerung. Heber den Siegeslauf der Setzmaschine macht da?»Buchgewerbe" einige interessante Mitteilungen. Seit Erfindung der ersten brauch- Privaträume hinein ein Gendarm gefolgt, um nachzusehen, ob da nickst einer wahlrechtsspazieren geht.(Große Heiterkeit.) Die Schutzleute, deren Erregung wegen ihrer ewigen Dienstbereitschaft man verstehen kann, haben das Publikum mit Ausdrücken wie „Hund e ",„Halunken" usw. belegt. Das ist unerhört und in der Kulturwelt noch nickt dagewesen, daß die Polizei, welche für die Ruhe, Ordnung und Sicherheit Sorge tragen soll, planmäßig gegen Sicherheit und Eigentum tor Bürger vorgeht.(Lebhafts Zustimmung und Unruhe.) Würde diese Polizei vor ein unpartei» isches Schwurgericht gestellt, sie würde zweifellos verurteilt werden. 9toch böser ist man vorgegangen in der Umgegend des Parkes selbst, Die paar Leute, die sie haben wegführen können, die ihrer Ent» rüstung durch Ausdrücke wie„Bluthunde" usw. Ausdruck gegeben haben, sind vor die Gerichte gestellt, und dort hat man �sich die größte Mühe gegeben, den Vorgang in seiner Totalität nicht durch Zeugenaussagen aufklären und darstellen zu lassen. Aber so viel ergibt sich doch auch aus den Zeugenaussagen, daß die Schutzleute ohne jeden Grund mit Pferden in eine durchaus ruhige Menge hineingesprengt und daß Leute dadurch mngeivorfen und von Pfetdehufen getreten wurden, daß auf einer fast menschenleeren Straße ein Wachtmeister hat blank ziehen lassen, daß Leute an? den Häusern herausgeholt worden sind usw. Nicht nur am Schle» fischen Tor sind Brutalitäten der Polizei vorgekommen. Welchev Grad von Feigheit gehört dazu, in voller Bewaffnung gegen Wehr» lose anzureiten, und welcher Grad von Niederträchtigkeit, hineinzureiten, um etwa zu provozieren! Die Stadt Berlin ist ja auch für die angerichteten Schäden verantwortlich auf Grund des Ge« sctzes von 1859, so daß sie zum Protest doppelten Grund hat. Die Polizeiausschreitungen haben aber nicht bloß im Osten, sondern auch anderStvo stattgefunden. Der Polizeipräsident ist bekanntlich von den Sozialdemokraten„versetzt" worden. Während seine Leute in Treptow warteten, waren die Spaziergänger im Tiergarten. Auch hier auf dem Königsplatz usw. wurde auf absolut harmlos dahingehende Spaziergänger eingeritten und losgeschlagen. Polizeibeamte sagten:„Haben wir Euch endlich, Ihr Hunde, jetzt sollt Jhr'S aber kriegen!" Auch ein Offizier leistete sich ähn- liches. Auf wehrlos Daliegende schlugen sie wie die Bandalvn ein» womit ich die Vandalen aber nicht etwa herabsetzen will. Ueber diese Vorgänge haben auch zahlreiche Nichtsozialdemokraten sich ausgelassen. Der Abg. G o t h e i n hat erklärt, daß, wo die Polizei nicht eingriff. alles in größter Ordnung verlief, daß aber daS Verhalten der Polizeibeamten, die in die ruhige Menge hinein auf die Bürgersteige ritten, ganz unqualifizierbar war. Selbst Mecklenburger Freunde hätten ihm erklärt, solche Bru» talitäten seien sogar für Mecklenburg unerhört. Ich verstehe, daß die so hineingefallene Polizei erregt war, aber daS gibt ihr kein Recht dazu, die Bevölkerung Berlins so zu molestieren, wie es hier geschehen ist. Die Attacke am großen Sterin stellt sich als eine ganz sinnlose, direkt die Sicherheit gefährdende, provo» zierende Handlung der Polizei dar, welche Berlin in der Achtung des Auslandes herabsetzen muß; alle französischen Zeitungen sind in ihrem VerdammnngSnrteil über die unfähige Polizei und in der Anerkennung des Verhaltens der Massen einig. Sind wir demgegenüber nicht mit unserer Reso» lution zu zahm gewesen? Sollte nicht die strafrechtliche Ver- folgung der Schuldigen beantragt werden? Aber dazu ist die Versammlung nicht da; die Staatsanwaltschaft aber ist verpflichtet, gegen alle strafbaren Handlungen vorzugehen. Wir haben also die mildeste Form gewählt, und auch ich persönlich bin bei meiner Begründung jeder Schärfe ausgewichen. Wer zu» gegen war, konnte nicht anders als sagen, daß dieses Verhalten der Polizei provokatorisch wirken mußte; und auch wer nicht zugegen war. muß empört sein über die Rechtlosmachung der Bevölkeruing, wie sie hier geschah. Ich bitte Sie, unseren Pro- lest einstimmig zu beschließen. Auch im Reichstag wurde da? Verhalten des Polizeipräsidenten als rechtswidrig allerseits an« erkannt.(Beifall auch auf der Zuhörertribüne.) Es geht ein Antrag Cassel-Frick(Alte unt> Reue Linfe) ein. den Magistrat zu ersuchen, durch geeignete Vorstellungen ber den Staatsbehörden dahin zu wirken, daß öffentliche Versamm« lungen unter freiem Himmel und Aufzüge, von denen baren Setzmasckine, der Linotype, sind jetzt 23 Jahre verflossen; am 1. Januar 1910 betrug die Zahl der überhaupt in Gebrauch befindlichen Setzmaschinen schätzungsweise 21 999. Davon entfällt der Löwenanteil auf die von der Mergenthaler Setzmaschinenfabrik gebaute Linotype, von der zirka 17 999 bisher verkaust wurden, bis zum weitaus größten Teil auch noch in Gebrauch sind. Die in Berlin gebaute Typographmaschine hat eS erst auf ein« Ziffer von 2399 ge» bracht; die Monoline vermutlich erst auf einige Hundert. Di« neuest« Erfindung auf dem Gebiete der Setzmaschinen ist die Monotype, die statt einer ganzen Zeile Einzelbuchstaben setzt und gießt. Es gehören zu einer kompletten Monotype eine Gieß« und eine Setzmaschine, von denen zusammen gegenwärtig 5999 Exemplare im Gebrauch sein dürften. DaS Blatt rechnet auch noch die Summen zusammen, die diese Maschinen gekostet haben und kommt zu dem Schluß, daß heute ein Kapital von rund 599 Millionen Marl in Setzmaschinen festgelegt ist. Humor und Satire. Treptower Vogelli«� Sn Treptow sonnte sich heiter in munteres Starenpaar. Es schwärmten die blauen Reiter; Da sprach der eine Star: „Ei sieh' doch, lieber Gesell«; Dort unten das Gehetz, Welch schöne Paralelle Zum Vogelschutzgesetz. Uns schirmt mit Kind und Kegel Die liebe Polizei, Macht an« uns„freie Bogel" Und die Menschen— vogelfrei l' Notizen. — Vortrage. Der Vortragszyklus: Anleitung zum Betrachten von Kunstwerken, den Prof. P. Schübling in der Zeit vom 39. März bis 23. April von Ö'/a— 71/a Uhr im Schiller-Saal, Charlottenburg , hält, wird durch zahlreiche Lichtbilder erläutert. Abonnementshefte zu 3 M. in beiden Schiller - Theatern. — D i e Zahl der Abstinenten Deutschlands . Der Allgemeine Zentralverband gegen den Alkoholismus hat berechnet, daß die Anzahl der Abstinenten Deutichlands, die Anti-Slkohol- vereinen angehören, im Jahre l909 98 279 Erwachsene und 22 839 Jugendliche betrug. Die Zunahme gegenüber dem Vorjahre macht bei den Erwachsenen 14 179, bei den Jugendlichen etwa ein Drittel aus. Der„Alkoholgegner" teilt dazu mit, daß bei dieser Aufstellung die zahlreichen Vegetariervereine, die Heilsarmee und andere Organisationen nicht berücksichtigt sind; wären sie eS, so würde die Gesamtzahl der Abstinenten Deutschlands mit einer Viertel» Million eher zu niedrig als zu hoch gegriffen sein. — Der Aufzug auf die PeterSkuppel. Zur Feier deS Namenstages des Papstes ist am 19. d. M. ein Aufzug auf die Peterskuppel emgeweiht worden. Der Aufzug ist in dem elliptischen Schacht der von Michel Angelo entworfenen Treppe angebracht und hat so schön Platz, daß man meinen sollte, Michel Angelo hätte mit dieser Einrichtung gerechnet. Die zu überwindende Höhe beträgt 44 Meter.
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