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Wahlrechtsreform gu beanstanden und das Kollegium auf den aussichtslosen Weg einer Klage im Verwaltungsstreiwerfahren zu verweisen, ist auf das lebhafteste zu bedauern. Dieser Eni- fchlufe scheint allerdings stark unter dem Einflußgottgewollter Abhängigkeiten" zu stehen, unter denen unsere Selbstverwaltung sehr zu ihrem Schaden leidet. Die Antragsteller verzichten aber auf die ihnen zustehenden Rechtsmittel, weil sie 2. in dieser Frage von den zuständigen Körperschaften unter dem jetzigen Regiment in Preußen einodjektives Urteil nicht erwarten; 8. cS eine Verschwendung städtischer Mittel wäre, darum fruchtlose Prozesse mit der Regierung zu führen, und 8. weil, ungeachtet der Beanstandung, die Tatsache bestehen bleibt, daß das Solinger Stadtverordnetenkollegium iu seiner großen Mehrheit gegen die Wahlrechtsvorlage der Regierung und für das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahl- recht votiert hat." Ein bürgerlicher Stadtverordneter trat diesen Ausführungen des Genossen Schaal vollkommen bei, ebenso der Erklärung. Den Oberbürgermeister schmerzte die Redewendung von dengott  » gewollten Abhängigkeiten", und so erklärte er, sich davon freizu» wissen, wobei er freilich nicht auf seine Stellungnahme in dieser Sache zum Beweis berufen konnte! Eine Wahlrechtskundgebung im Kreise Bonn  -Land. Eine Demonstration gegen das Zentrum im allgemeinen und dem Abgeordneten des Kreises, Dr. Spahn, im besonderen fand am letzten Sonntag in Pützchen bei Bonn   statt. Der sehr geräumige Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Mindestens 4Si) Per- sonen waren anwesend, trotz eindringlicher Warnung Vor dem Versammlungsbesuch von der Kanzel herab! Der Referent, Genosse Sollmer-Köln, der in l�stündiger Rede die Schandtaten des Zentrums geihelte, erntete stürmischen minutenlangen Beifall. Wie selbst ländliche Wähler in dieser Zentrumsdomäne gegen die Zentrumspartei   aufgebracht sind, be» wiesen die stürmischen Zustimmungsrufe während des Vortrages, wenn der Redner die Schandtaten des Zentrums ins rechte Licht setzte, und der nicht endenwollende, immer wieder von neuem beginnende Beifall am Schlüsse des Vortrages. Die Protcstreso» lütion fand einstimmige Annahme. Mit sehr großer Befriedigung nahm man die einstimmige Annahme des zweiten Absatzes der Resolution auf, der sich gegen den Zentrumspräsidenten j)eS Ab- geordnetenhauseS im allgemeinen und gegen den Vizepräsidenten deS Reichstages, Dr. Spahn,dem Abgeordneten des Kreises", im besonderen richtete, und folgenden Wortlaut hatte: Hieran anschließend sprechen die Versammelten ihre Eni- rüstung über die schäbige Art aus. mit der die wahren Ver» teidigcr der Volksfreiheiten und Volksrechte namentlich durch den Zentrumspräsidenten im Abgeordnetenhause behandelt werden. Diese Art findet nur noch in der Art deS Benehmens des Reichs» tagSvizeprafidenten Dr. Spahn, der ebenfalls dem Zentrum entnommen ist, ihr Gegenstück. Beide sind einander würdig." Ein Hoch auf das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht fand begeisterte Aufnahme. 20 Aufnahmen in die Or- ganisation, eine Reihe Abonnenten für dieRheinische Zeitung  " waren als Gewinn zu verzeichnen. Die Versammelten begaben sich hierauf nach Beuel   vor die bürgermeisterliche Villa, um für das allgemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht zu demon» prierm. IflO Wochen Gefängnis hat die Justiz in Halle bis jetzt über Wahlrechtskämpfer verhängt! Am Mittwoch wurde gegen 23 Demonstranten verhandelt, von denen nicht einer freigesprochen wurde. Man gedenkt alsoganze Arbeit" zu machen. Unter den Ange- klagten vom Mittwoch befanden sich mehrere durchausgut- gesinnte" Handwerksmeister und Kriegervereinler. die in der Anklagebank ihr herbes Schicksal, als Wahlrechtsdemonstranten verurteilt zu werden, bejammerten! Die Polizei hatte sie im blinden Wüten gepackt und die Justiz mochte ihr natürlich nicht Unrecht geben.. Es war diesmal der Verteidigung möglich, durch Zeugen- aussagen ein einwandfreies und ziemlich um- fassendes Bild der blutigen Vorgänge am 13. Februar zu entrollen. Zwar wurden diese Zeugen nicht vereidigt, aber ihre Aussagen hatten doch die nötige Wirkung. Festgestellt wurde, wie nachher Genosse Dr. Liebknecht im Plaidoyer hervorhob, daß die Polizei erst eingriff, als die Menge der Demonstranten sich bereits friedlich zerstreute. Alle diese Zeugen bezeichneten das Vor- gehen der Polizei als ein rücksichtsloses und rohes. Es sei wahllos auf Greise, Frauen und Kinder eingeschlagen worden. Berittene jagten im Galopp die Fußsteige entlang und der- höhnten noch die Niedergerittenen. Später rühmten sich die Polizisten in verschiedenen Kneipen ihrer blutigen Taten! Sehr auffallend war wieder die fast wörtliche Uebereinstimmung der PolizistenauP sagen. Der Staatsanwalt Schulze lobte dieRuhe" der Polizei. Weun er draußen gewesen wäre, hätte er viel eher einhauen laffen als der kommandoführende Polizeiinsprktor. Land- gerichtsdirektor Schubert erklärte, die Verteidigung habe die allgemeinen Vorgänge nur deshalb zur Spradje gebracht, uni in der Presse darüber berichten lassen zu können. Die geringste Strafe beträgt 80 Mk. Geldstrafe. Alle übrigen Angeklagten erhielten für die Delikte Widerstand. Beamtenbeleidigung, Auflauf, grober Unfug usw. Ge- fängniSstrafen von zwei bis fünf Wochen. Insgesamt ist am Mittwoch auf 63 Wochen Gefängnis er- kannt worden, zusammen mit den Strafen vom Sonnabend vorher 100 Wochen. Unter den Verurteilten befindet sich Genosse Redakteur Kaszarek, der zwei Wochen Ge» fangniö erhielt. Protest gegen die Wahlrechtsjustiz. Halle. 21. März.(Eig. Ver.) Hier protestierte die Arbeiterschaft am Mittwochabend in einer imposanten, von nahezu 3000 Personen besuchten Ver- sammlung gegen die Wahlrechtsjustiz, die Strafen über Strafen gegen Wahlrcchtskämpfer verhängt. Anstelle des Genossen Liebknecht  , der bis in die Nacht hinein durch die Verhandlungen gegen die Demonsttanten in Anspruch genommen war, referierte Genosse H e n n i g, dessen scharfe Kritik der Art. wie der Klassenstaat die arbeitende Bevölke- rung niederhält, großen Beifall fand. Die bürgerliche Scharf- macherpresse konstatiert voll Wut, daß von einem Ab- flauen der Bewegung nicht die Rede sein könne. Die Polizei hatte die üblichen umfassenden Bor- bereitungen getroffen, fand jedoch infolge der meisterhaften Ruhe der Versammlungsteilnehmer nichts zu tun. Aufreizung gegen die Polizei." Wer reizt die Bevölkerung gegen die Polizei auf? Warum kst besonders in neuester Zeit die Bevölkerung Berlins   von so «ußerordentlicher Erregung gegen die Polizei ergriffe» worden? Die Gerichte sprechen es jetzt Tag für Tag aus, daß der Ruf »Bluthunde!" ganz besonders geeignet fei, gegen die Polizei auf- zureizen. In diesen Tagen und Wochen haben sie ja alle Hände voll zu tun mrt der Aburteilung von Wahlrechtsdemo n- stranten oder solchen, die ihnen dafür gelten. Mit rücksichts- loser Härte mchtctn sie da über jeden, der den RufBluthunde!" ausgestoßen habew soll. Es ist in der Tat auffallend, daß jetzt so viele sich zu diesem Ruf hinreißen laGen, Aber den Gerichten passiert dabei eine kleine Verwechselung: sie vertausche» die Ursache mit der Wirkung. Nicht esst der RufBluthunde" bewirkt die Erbitte- rung gegen die Pcdizei, sondern diese schon bestehende und auch immer wachsende Etrbitterung ist eS, die bei rasch erregten Per- sonen sich in dem SkufBluthunde!" Luft zu machen sucht. Wir hörten ihn zum erstl:>imal nach jenem WahlrechtSsonntag von 1908, wo die Polizeisäbel sich in dem Blut von Einwohnern Berlins  färbten, und seitdem haben wir ihn öfter und immer öfter zu hören bekommen. Gestern wurde bor dem Amtsgericht Berlin- Mitte von einem Schutzmanu. der gegen einen vermeintlichen Wahlrechts- demonstranteu und!vluthuad"-Rufer als Zeuge austrat, unter seinem Eid die Aussage gemacht, daß er selber an dem Tage der polizeilichen Belagerung des Treptower Parkes zeitweise innerhalb einer einzigen Minute au Sümal den RufBluthunde!" gehört habe. Und an diesen Salven vonBluthurid"-Nufen soll sogar ein Mann sich beteiligt haben, der bisher so wenig von Erbitterung gegen die Polizei erfüllt gewesen war, daß er mit Schutzleuten freundschaftlich verkehrtp und mit manchen geradezu auf Du und Du stand. Ein Zuschneidezr Jahnke war eS. der auf die Anklage, die Polizei durch de» Ruf:Pfui! Bluthunde!" beleidigt zu haben, sich zu verantöwtten hatte. Am 6. März war er schon morgens um 1�9 Uhr noch vor Beginn der Umzingelung des Treptower Parkes nach dem benachbarten Laubenland hinaus- gefahren. Für den erw-rrteten Wahlrechtsspaziergang, gegen den bald nachher die Polizei ssn Stärke von 1S00 Mann aufmarschierte, interessierte er sich nicht. Er ging zu einem Gastwirt Zeidler und half ihm den ganzen Taitz über bei der Bedienung seiner Gäste. Hundemüde machte er sich, so führte der Angeklagte aus, abends auf den Heimweg und voar froh, nach Hause gehen zu dürfen Kurz bevor er seine Wohmung erreichie, wurde er gegen 7 Uhr abends in der Schlesischen Straße an der Ecke der Falckenstein- straße, wo ringsum der RufBluthundel" erschallte, von einem Schutzmann festgenommen.Ich werde," beteuerte er vor Gericht, mich doch hüten, mitzurufun, wo ich Bekannte und Freunde unter den Schutzleuten habe." Die Beweiserhebung fiel zuungunsten JahnkeS aus. Gegen ihn bekundete der Schutzmann Winterfeld, daß in einem Augenblick, wo die Polizei wieder mal vorging, um die Menge zurückzudrängen, er genau gesehen und gehört habe, wie Jahnke. seitwärts von ihm in einer Entfernung von S 4 Schritt stehend, den Mund bewegt und an den Rufen:Pfui! Blut- Hunde!" sich beteiligt habe. Auf Befragen gab er an, daß er, wie schon erwähnt, zu dieser Zeit in einer Minute vielleicht S0mal habeBluthundel" rufen hören. Aber dessen ungeachtet schien eS ihmvöllig ausgeschlossen", daß er bezüglich JahnkeS sich geirrt habe. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosen. feld, stellte fest, daß Zeuge in seiner polizeilichen Vernehmung angegeben hatte, hinter Jahnke gestanden zu haben. Da habe er doch wohl nicht sehen können, daß Jahnkeden Mund bewegte". Daraufhin verbesserte sich der Zeuge. Jahnke habe sich gerade um- gedreht. Auf die Vorhaltung, daß sogar- Schutzleute des Reviers dem Schutzmann Winterfeld nach JahnkeS Festnahme gesagt haben sollen, I. sei ihnen bekannt, der mache so etwas nicht, antwortete Winterfetd, davon wisse er nichts. Auch das hatte er nicht gehört, daß schon auf der Straße Schutzleute erstaunt zu I. sagten:Na, Franz, warum haben sie denn Dich festgenommen?"Es wurde ja soviel geschrien." sagte der Zeuge,da könnte ich das überhört haben." Aber den Ruf:Pfui! Bluthunde!" aus JahnkeS Mund meinte er ganz genau gehört zu haben. Dem Angeklagten wurde auch durch den Zeugen Gast Wirt Zeidler bestätigt, daß Jahnke ein nüchterner und sehr ruhiger Mann sei, dem man jedes Wort auS dem Munde rauSziehen" müsse, wenn er etwas sagen solle. Am 0. März habe er bei Zeidler, wo er den ganzen Tag arbeitete, auch die dort einkehrenden Schutzleute zu bedienen gehabt. Mit Schutzleuten stehe er überhaupt auf bestem Fuße. Doch daS half alles nicht. Der Amtsanwalt war bereit. dem Angeklagten zu glauben, daß er sonst ein ruhiger Mann sei und keinen Haß gegen Schutzleute empfinde. Aber an jenem Abend habe er gegen sie den Ruf:Bluthunde!" ausgestoßen, der überaus aufreizend sei und daher mit 1 Woche Gefängnis bestraft werden müsse. Der Verteidiger führte aus, daß Jahnke. selbst wenn er wirklich mitgerufen hätte, unmöglich so hart bestraft werden könne. Er sei schlimmstenfalls angesteckt worden von der allgemeinen Erregung, die durch Polizeiattackeu.hervorgerufen worden war. DaS Urteil lautete auf Gefängnisstrafe von 1 Woche. Die Begründung sagte, daS fei auch milde, viel milder als die Strafen, die in den letzten Tagen aus gleichem Anlaß verhängt worden seien. Genau nach der Schablone, die wir aus den letzten Tagen nun schon zur Genüge kennen, wurde weiter ausgeführt, der Ruf: Bluthundel" fei geeignet. Erregung zu bewirken. Da müsse den Schutzleuten Schutz gewährt werden, zumal im Hinblick auf die Schwere ihres Dienstes. Wer reizt die Bevölkerung gegen die Polizei auf? Wer es genau wissen will, der frage Herrn Jahnke, der bisher mit Schutz. leuten auf Du und Du stand. Schwerlich wird fein gutes Ein. vernehmen mit der Polizei, daS am Abend des 6. März in die Brüche gegangen war, durch diese Gerichtsverhandlung wieder- hergestellt worden fein. Und schwerlich wird die Erbitterung, die infolge der sich immer wiederholenden Polizeiattacken sich der Bevölkerung Berlins   bemächtigt hat, durch solche Urteile beschwich. tigt werden. In einem zweiten Fall handelte eS sich um einen Arbeiter Burgwardt. Dieser hatte am 6. März die Kaiser-Wilhelm- Straße passieren wollen, war aber durch die absperrenden Schutz. leute zurückgewiesen worden. Er wandte sich an einen Polizei- leutnant, der ihm die Erlaubnis gab. die Straße zu passieren. Als B. dann die Schutzleute passierte, die ihm vorher den Durch- gang verweigert hatten, machte er den Beamten mit der Hand ein« lange Nase". DaS Gericht erblickte hierin eine Beleidigung und erkannte auf 30 Mark Geldstrafe. politilcbe(leberlickt. Berlin  , den 24. März 1910 Die gottgessebene Abhängigkeit der preußischen Regierung von den Konservativen. Herr v. Bethmann Hollweg.   der kuriose Philosoph der gottgegebenen Abhängigkeiten" hat bekanntlich im Abgeordneteichause bestritten, daß die preußische Re- gierung eineParteiregieruug" sei: eine Ableugnung, die von den Konservativen mit ostentativem Beifall aufgenommen wurde. DaSVerl  . Tagebl." bringt zu diesen Kanzlerworten einige Illustrationen, die, wenn sie auch nichts NeueS be- künden, doch der Erkenntnisfähigkeit des großen Philosophen, der zurzeit angeblich die Geschicke Deutschlands   leitet, ein recht miserables Zeugnis ausstellen. In Kraupischken(Regierungsbezirk Gumbinnen  ) hat der Gemeindevorsteher folgende amtliche Bekanntmachung er- lassen: Bekanntmachung. Am Freitag, den 4. März, vormittags 10 Uhr: Versammlung des konservativen Vereinß im Hotel Meher-Kraupischken. Bericht des RcichStagSabgeordneten Grafen Kanitz und des Landtagsabgeordneten Gottschalk. Vorträge über die politische Lage. ES werden alle reichstreu denkenden Männer gebeten, dieser Versammlung beizuwohnen. Der Gemeindevorsteher im Auftrage des Herrn Amtsvorstehers, Kraupischken." Fast noch interessanter als diese kleine Idylle auS den Gefilden Ostpreußens   ist folgendes Bild aus derselben Gegend. In einer Versammlung desNationallibcralen Vereins für den Kreis Rastenburg  " verlas der nationalliberale Partei- sekretär Dr. Kipper eine mit Rückantwort an den L a n d rat v. Tyscka in Lotzen adressierte(gedruckte) Postkarte, durch die die Kreisinsassen aufgefordert werden, ihr Einver- ständnis damit zu erklären, daß ihr Name unter ein konser- vatives Flugblatt gegen die Nationalliberalen gesetzt werde. Nach Art tüchtiger Geschäftsleute hieß es:Eine Nicht» an t wort gelte als Zu st immun g". Auf diese Weise kamen denn auch 85 Unterschriften von national- liberalen Wählern unter das gegen die Nationalliberalen gerichtete Flugblatt. Im Wahlkreis Friedland-Gerdauen- Rastenburg, auch in der Gegend von Kraupischken, zirkulierte. wie Herr Kipper gleichfalls weiter mitteilte, ein mit der gedruckten UnterschriftDer Land rat" versehenes Zir­kular, in dem zum Abonnement auf die konservativ-agrayische Ostpr. Ztg." aufgefordert wurde. Herr v. Bethmann Hollweg   muß sich jedenfalls schon sehr tief in die gottgegebenen Abhängigkeiten vergraben haben. wenn er in solchen Beispielen nichts findet, das auf eine Pavteiregierung" hinweist._ Altenburger LandtagSwahlen. Im Herzogtum Sachfen-Altenburg finden am 14. Aprik Land- tagSwahlen statt. Der Landtag wird auf drei Jahre gewählt. Er besteht aus 32 Abgeordneten, von denen IS auf das Land entfallen. Das Wahlrecht ist neben dein preußischen DreiNassenwahlrecht und dem Wahl, recht' für den Schwarzburg  -Sondershausener Landtag wohl daS elendeste im Deutschen Reiche."Es ist ein Vierklassen- Wahlrecht, an eine halbjährig« Anwesenheit am Orte und Erfüllung der Steuerpflicht geknüpft. Die Steuerzahler find in drei Klassen eingeteilt, denen noch als vierte eine Klosse der Höchstbesteuerten aufgepfropft worden ist. Diese auserlesene Gesellschaft wählt für sich allein 9 Abgeordnete. Von den übrigen drei Klassen entfallen auf die erste Klasse 7. aus die anderen beiden Klassen je 8 Abgeordnete. Die Wahlbewegung ist im vollen Gange. Der Kampf gestaltet flch inimer mehr niehr zu einem Kampfe um die Vernichtung der agranschen Majorität im Landtag, die nur dann gebrochen werden kann, wenn eS den Sozialdemokraten oder den Liberalen oder beiden zusammen gelingt, die acht Mandate der dritten Abteilung, von denen unsere Partei drei als sicheren Besitzstand in Händen hat, zu erobern. So konzentriert sich der eigentliche Kampf auf die Mandate der dritten Abteilung, von denen der Bund der Landwirte vier in Händen hat. DaS fünfte strittige Mandat ist ein für die Stadt Altenburg   neu- geschaffener Landtagssitz, um den sich neben dem sozialdemokratische« Kandidaten ein fortschrittlicher Arbeiterkandidat bewirbt. Von unserer Seite sind als Kandidaten aufgestellt: In der Stadt Altenburg  : Verbandsvorsitzender Metzfchke und Gewerkschafts- beamter Wunderlich. Im Wahlkreis der Städte des OsikreiseS (Schmölln  . Ronneburg  . Gößnitz  , Meuselwitz  , Lucka  ): Redakteur Dickreiter in Alienburg. Im Wahlkreis der Städte deS West» kreise«(Kahla  . Eisenberg  . Roda, Orlamünde  ): Kaufmann Böhme in Eisenberg  . In den ländlichen Wahlkreisen kandidieren die Genoffcn Lagerhalter Pietzsch-Meuselwitz  , Gewcrkschaftsbeamter Rößler-Altenburg  , Geschäftsführer JunghanS-HermSdorf und Tabak» fabrikant Schulze-Löbschütz. Sehr behindert wird die Wahlagitation durch den Mangel an Lokale. Die Wirte auf dem Lande, die auSnahmS- los unter dem Terrorismus des Bundes der Landwitte zu leiden haben, geben uns ihre Säle zu Versammlungen nicht her. Nicht einmal die Liberalen bekommen Säle aus dem Lande. Auch die StaatSregierung macht im Saalboykott. Sie hat eine Ver- fügung erlassen, nach der eS den Gemeindebehörden untersagt ist. ihre Genehmigung dazu zu erteilen, daß in den Gemeindegasthöfen. die Eigentum der Gemeinden sind, sozialdeniokraiische Versamm- lungen abgehalten werden. So arbeiten der Bund der Landlvirte und dieunparteiische" StaatSregierung Hand in Hand. Ob mit Erfolg, das wird der 14. April ja lehren. Nachwahl zum württembergischeu Landtag. Im Wahlkreis LudwigSburg-Stadt fand an, Mittwoch die durch den Tod des volksparteilichen Abg, Schnaidt notwendig ge- wordene Nachwahl statt, für die sich Volkspartei und Nationalliberale auf eine gemeinsame Kandidatur geeinigt hatten. Sie hatten den Gemeinderat Hoffmeister aufgestellt, der angeblich parteilos ist. in Wirklichkeit bisher ober immer den Nationalliberalen zugezählt wurde. Hoffmeister erhielt 1774 Stimmen, während der sozial- demokratische Gegenkandidat Pflüger 932 Stimmen erhielt. Hoffmeister ist somit gewählt. ES ist der Sozialdemokratie aber gelungen, ihre Stimmenzahl seit Ende 1906 um 273 zu steigern, während die bürgerlichen Stimmen nur uin 70 zunahmen. Der moralische Erfolg der Sozialdemokratie ist beachtenswert, da LudwigSbuig da« schwäbische Potsdam ist und eine für die Sozialdemokrati« sehr ungünstig zusammengesetzte Bevölkerung hat. Die Reaktion im Hamburger Parlameut. Die Konzentration aller reaktionären Elemente in der Hom­burger Bürgerschaft dokumenliette sich Mittwochabend bei der Wahl deS Vorstandes. Zum ersten Male beanspruchten die Sozialdemokraten eiiicn Sitz im Vorstände und schlugen für den einen Schriftführerposten unseren Genossen Stengele vor. Bevor aber der Seniorenkonvent sich vereinigte, um den Wahlaufsatz zu machen, hielten Vertreter der drei alten Fraktionen(des Wahlranbblvcks) eine Zusainmenkunst ab, in der sie beschlossen, keinen Sozialdemokraten zuzulassen, wohl aber einen Schriftführerposten den vereinigten Liberalen zuzu- billigen. Als nun der Seniorenkonvent zusanimenttat, war die Sache schon gemacht, und dem sozialdemokratischen Senior wurde erklärt, man könne keinen Sozialdemokraten in den Borstaild aufnehmet!, weil ja die Sozialdemokraten sich geflissentlich von allen Re- präsentationSpflichten drückten. Do Hainburg   der Form noch eine Republik   ist, die Herren aber nur Repräsentationen bei Fürsten  - empfängen und deigleichen gemeint haben können, so stellten sie sich selbst al« höchst sonderbare Republikaner   hin. Dagegen hat die Sozialdemokratie bei den Wahlen zum Bürger« auSschuß einen kleinen Erfolg errungen. Dieser ständige Ausschuß ist eine Art konzentriertes Parlament, daS recht wichtige Funltwneo