Einzelbild herunterladen
 

hat; unter anderem BefÄItefjt et selbständig über gewisse Geld­bewilligungen, ferner in KonzesfionSfragen(Straßenbahn) und in persönlichen Angelegenheiten(Pensionen usw�). Bisher Halle unsere Frattion nur einen Vertreter in dieser Körperschaft, den Genossen Stötten , der auch fernerhin darin bleibt. Jetzt ist noch ein zweiter Sozialdemokrat, Genosse Zafske, hineingewähll worden. Portoreform. Der Haupteinwand der Regierungen gegenüber allen Wünschen auf Portoermägigung ist bekanntlich immer der bei der..gegen» wärtigen ungünstigen Finanzlage" unmmöglich zu ertragende und sicher zu erwartende EinnahmeauSfall. Wie verkehrt solche Gin- Wendungen sind, dafür liefert Arved Jürgensohn in einem Werk über..Weltportoreform"(Verlag Liebheit u. Thießen,(5,50 M.) interessante Beispiele. Einige davon mögen hier Raum finden: Postmeister Stephan lehnte beharrlich die Heraufsetzung de? einfachen Briefgewichts von 15 auf 20 Gramm ab, weil.deswegen kein einziger Brief mehr geschrieben würde", also ein reiner AuS- fall von 4 5 Millionen Mark entstände, während in Wirklichkeit diese lSOV eingetretene Reform sofort eine Mehremmchme von 12 Millionen Mark brachte. In Neu-Seeland wurde am 1. Ro- vember 1906 das inländische einfache Briefgewicht von ih Unze auf 4 Unzen erhöht und der auf mehr als 25 436 Pfund Sterling berechnete Ausfall betrug schon im ersten Jahre nur 10SS Pfund Sterling. Ein umgekehrtes Beispiel: Der Preis der Ortspostkarte wurde 1906 in Deutschland von 2 Pf. auf 5 Pf. erhöht, was 12 Millionen Mark mehr einbringen sollte. Ihr Verbrauch ging aber um Z5Proz. zurück und ergab nur 4 5 Millionen Mark. Ebenso erg«b die Heraufsetzung der Zeitungsbeilagegebühr von Vi auf% Pf. binnen IM Jahren eine Verkehrsabnahme um 30 Prvz. Die deutsche Fahrkartensteuer brachte statt der berechneten 46 Millionen Mark im zweiten Jahre nur 19�, im dritten Jahre gar nur 17 Mil­lionen Mark Mehreinnahme, dank Abwanderung in die unteren Klassen und relativem Rückgang des Verkehrs. Die Stempelsteuer für Automobile bringt auch jetzt erst 1% Millionen Mark statt des bereits für sofort berechneten Betrages von 3 Millionen Mark. Der Berliner Bezirk(mit 3 Millionen Einwohnern) verein- nahmte an Porto usw. über 103 Millionen Mark, d. h. zirka 3000 M. auf jeden Beamten, die acht Bezirke Bromberg , Danzig , Frankfurt a. O., Gumbinnen , Königsberg , Köslin , Posen, Stettin (mit SV* Millionen Einwohnern) zusammen nur 44 Millionen Mark, d. h. etwa 1000 M. auf jeden Beamten. Von der Gesamt» einnähme der Reichspost(557 Millionen Mark 1907) entfielen allein auf die 38 Großstädte 257 Millionen Mark~ 46 Proz. Wenn im Jnlande, unter Außerachtlassung de? Rentavilitäts. Prinzips, die Großstädte, also Handel und Industrie, die Gebühren aufbringen, von deren Ertrag die Gesamtorganisation auch für die übrigen unrentablen Landesteile aufrechterhalten wird, dann ist doch gewiß zu verlangen, daß auch im Auslandsverkehr, zu- guusteu von Handel und Industrie, der Gesichtspunkt der Ren- tabilität an zweite Stelle gerückt wird. Sind Gewerkschaftsversammlungen politische Versammlungen? Der Bevollmächtigte der Zahlstelle Gräfinan-Angstedt deS Textilarbeiterverbandes und zwei noch nicht 17 Jahre alte Mitglieder hatten Strafmandat erhalten, und zwar letztere, weil sie an einerpolitischen" Mitgliederversammlung teilgenommen haben sollen, der Bevollmächtigte, weil er deren Anwesenheit ge. duldet und somit gegen die ߧ 17 und 18 des ReichsvereinsgesetzeS verstoßen habe. In der hiergegen vor dem Schöffengericht in Stadt ilm eingelegten Berufung wurden sämtliche drei Angeklagte von der Beschuldigung, das Äereinsgesetz übertreten zu haben, frei- gesprochen. Das Gericht betonte, daß auf Grund de» Statuts des Deutschen Textilarbeiterverbandes von einer politischen Organisa. tivn keine Rede sein könne. Auch könne nicht bewiesen werden, daß der Verband eine politische Tätigkeit entfaltet habe. Nach dieser Be gründung des Freispruchs stellte sich das Gericht sonderbarerweise auf den Standpunkt, daß die beiden jugendlichen Angeklagten zwar in bezug auf das Vereinsgesetz freigesprochen Jeien, aber trotzdem bestraft werden müßten, weil sie eine Landratsamtsverordnung vom L7. November 1893 ubertreten hätten, nach der Personen unter 37 Jahren nach 0 Uhr abends Gast- und Schankwirtschaften nur in Begleitung erwachsener Angehöriger besuchen dürfen. Der eine Angeklagte erhielt deshalb 1 M.. der zweites Angeklagte 2 M Geld- strafe. Selbstverständlich sind diese Strafen unhaltbar. Wenn das NeichSvereinSgesetz den jugendlichen Arbeitern die Teilnahme an geschlossenen Gewerkschaftsversammlungen gestattet, können diese reichsgesetzlichen Bestimmungen nicht durch Landratsamtsverord- nungen illusorisch gemacht werden. In diesem Sinne wird sicher quch die Berufungsinstanz entscheiden müssen. Wieder ein prächtigerStellvertreter"! Im Herbst vorigen Jahres wurde dem kaum LOjähriaen Unteroffizier Heß von, 102. Jnfanterie-Regiment in Fitiau eine Korporalschaft übertrogen: er begann sofort mit allerlei Ge- meinheiten gegen seine Untergebenen. Aus dem Wege vom Schieß- stand ließ er die Soldaten zehn Minuten lang Laufschritt machen, daß diese erschöpft, außer Atem und in Schweiß gebadet waren! Bei derselben Gelegenheit mußten sich die Soldaten an a ch t b i S z e h n m a l in den mit Pfützen be« deckten und aufgeweichten Boden werfen und da- zwischen immer wieder Laufschritt machenl Dann sollten die Soldaten singen(!). wozu sie infolge ihrer Atem- losigkeit nicht imstande waren. In der Jnstriiktionsstunde hat dieser Patron einen Untergebenen ins Geiicht gespuckt! Außerdem borgte er die Soldaten an und brachte sie durch allerlei Manipulationen um ihr Geld. Das Dresdener Kriegsgericht verurteilte den Unteroffizier wegen vorschriftswidriger Behandlung, Beleidigung, Unterschlagung usw. mit Rücksicht aus die an den Tag gelegte Schamlosigkeit zu drei Monaten Gefängnis nnd Degradation. _ franhreidk. Reform der Wahlkreiseinteilung. Paris , 24. März. In der Deputiertenkantmer wurde die Gesetzesvorlage angenommen, nach welcher, e n t» sprechend den Aenderungen in der Bevölke. rungSzisser, einige Wahlkreise abgändert und sechs neue Deputiertensitze geschaffen werden. So in Frankreich in Deutschland wird das Unrecht der veralteten Wahlkreiseinteilung im Reich wie in Preußen sorgsam bewahrt zu Nutz und Frommen der Junker und deS Zentrums. Italien . Eine Komiptionsassäre in der italienischen Kammer. Rom , 21. März. AlS in der Sitzung vom vorigen Sonnabend die Kammer die Wahl des Fürsten Ruspoli in Belletri in nament­licher Abstimmung konvalidiert hatte, nachdem das UntersuchungS- komitee der Wahlprüfungskommission zu dem Schluß gelangt war. daß bei dieser Wahl weitgehende Bestechungen vorgekommen waren. rief Genosse M o r g a r i:Hoch die Millionen, hoch die Korruption!" Der Abgeordnete Aprile, gegen den sich Morgari zu richten schien, fragte, ob dieser Ausruf ihm gelte, worauf Morgari antwortete, zu dem konstitutionellen Teil der Kammer gewendet:Er gilt Euch allen!" Im Anschluß an diese Szene gab der Abgeordnete Aprile in der Sonntagsitzung die Erklärung ab. daß er mit Bestimmtheit wüßte, daß«m Sonn- abend ein Abgeordneter gegen die Konvalidierung deS Fürsten RuSpolt gestimmt hätte, nachdem er vorher von diesem Geld verlangt und nickt erhalten hätte! Natürlich machte diese Anklage den allertiefsten Eindruck, nnd die Kammer, vor allem die Abgeordneten, die gegen RuSpoli gestimmt hatte», forderten laut und dringend die Namensnennung. Der Abgeord» nete Aprile erklärte, daß der Schuldige nicht der äußersten Linken angehöre. Schließlich einigt« man sich dahin, daßj �be, Name dem Kammerpräsidenten mitgeteilt würde. Der alte Marcora, der an Taktlosigkeiten schon Unglaubliches geleistet hat, nahm diesen Beschluß mit den Worten auf:Ich werde den Namen mit dem größten Vergnügen hören," was den Ausbruch anhaltender Heiterkeit veranlaßte. Auch ohne die offizielle Namensnennung zlauit man allgemein, den würdigen Abgeordneten in einem Per- treter eines Wahlkreises der römischen Provinz zu erkennen; die geforderte Summe soll 3000 Lire betragen haben. Cnglanct. Die Lage. ZumDementiRedmonds erklärtD a l y E h r o n i e l e". daß zwar noch kein definitives Abkommen mit der Regierung ge- troffen fei, daß man diesem Ziele aber einen erheblichen Schritt > näher gekommen sei, so daß ein Abschluß zu erwarten sei. Liberal-konscrvative Koalition. kkin. London , 21. März 1910. Der Wahlkampf in Mid- Glamorgan(Wales! scheint einen jener Punkte zu bezeichnen, an denen man die Eni Wickelung der Parteien verfolgen tonn. Wie schon berichtet, kandidiert für den durch die Beförde- rur.z des liberalen Vertreters zum Präsidenten des Ehescheidungs- gerichtShofes freigewordenen Parlamentssitz der Genosse Vernon ö a r t S h o r n, der Beamter der Föderation der südwalisischen Bergarbeiter und der bekannteste unter den Parteigenossen seiner Heimat ist. Mehrere Male vorher ließ sich der Genosse Hartshorn bestimmen, von seiner Kandidatur zurückzutreten; diesmal aber gab es kein Zurück. Die Zentralleitung der liberalen Partei in London gob gleich bei dem ersten Ansturm der Arbeiterpartei, die diesen Wahlkreis für sich beanspruchte, nach und riet den Liberalen Mid- GlamorganS, sich in das unvermeidliche zu schicken. Diese aber konnten nicht einsehen, weshalb ein Wahlkreis, der ununterbrochen während 80 Jahre der liberalen Partei gehört hat, für nichts an die Arbeiterpartei ausgeliefert werden sollte. Besonders aber ärgerte sie, daß der Kandidat, für den sie Entsagung üben sollten, ein ausgesprochener Sozialist ist, der für die religiösen Streite- reien und die Tändeleien mit Home Rule für Wales , die den Inhalt des walisischen Liberalismus ausmachen, nicht viel Verständnis hat. Um dem unter den walisischen Bergarbeitern sehr beliebten Vernon Hartshorn entgegentreten zu können, versuchten nun die lokalen liberalen Größen einen sehr links stehenden Gegenkandi- baten aufzutreiben. Sie wandten sich an verschiedene bekannte Links- liberale unter anderen auch an den Präsidenten der Budget- Liga und an den Nationalökonomen Chiozza Aloneh hatten aber keinen Erfolg; alle schlugen ab. Schließlich ist eS ihnen gelungen, einen im öffentlichen Leben unbekannten Kandidaten aufzutreiben. DaS merkwürdigste ist nun, daß die Konservativen, die zuerst auch einen Kandidaten aufstellen wollten, nun davon ab- sehen und den Liberalen ihre Unterstützung gegen oen Sozialisten versprochen haben. Wir haben es also hier zum ersten Male in England mit einer offenen Koalition der bürgerlichen Parteien gegen den Sozialismus zu tun. Das Beispiel Mid-GlamorganS dürfte in Zukunft für viele Wahlkreise, wo die Parteiverhältnisse ähnlich liegen, das heißt wo eine gut organisierte Arbeiterschaft, die bisher den Kandidaten des liberalen BürgertumS unterstützt hat, sich dem Sozialismus zuwendet, vorbildlich sein. KbcMnien. Eine Palastrevolution. AdiiS Abeba, 24. März.Kaiser Menelik liegt in den letzten Zügen. Kaiserin Taitu ist abgesetzt und gezwungen worden, das kaiserliche Palais zu ver- lassen. Alle Häuptlinge haben dem neuen NeguS den Eid der Treue geleistet. Alles ist ruhig. Die Häuptlinge der Schoastämme, die mit der Regierung un- zufrieden sind, haben sich zusammeugetan und beschlossen, die Kaiserin von jeder Einmischung in die Staats- geschäfte auszuschließen. Sie beschlossen, datz alle Per- änderungen in den Kommandostellen, die auf Verfügung der Kaiserin in den Provinzen stattfanden, für ungültig erklärt und die früheren Inhaber in ihre rechtmäßigen Kommandostellen wieder eingesetzt werden sollen. Die Stadt ist ruhig, die Sicherheit der Europaer für den Augenblick nicht in Frage gestellt. Indien . Religiöse Unruhen. London » 24. März. AuS Peschawar wird gemeldet: Infolge deS Zusammentreffens eines großen religiösen HindufcsteS mit der mohammedanischen Feier zum Gedächtnis an den Tod des Pro- phetcn kam e» am Montagabend zu einem Zusammenstoß zwischen Hindus und Mohammedanern. Die Ruhe- störungen erneuerten sich gestern. Drei Mohammedaner und zwei Hindus wurden getötet und vierzig Personen verwundet. Ztvei Hindus sind ihren Wunden seither erlegen. ES kam auch zu Plünderungen. Die Truppen halten jetzt die Stadt besetzt und die Ordnung scheint wieder hergestellt. Zahlreiche Verhaftungen wurde» vorgenommen._____ Soziales* Zur Anwendung des ß 616 des Bürgerlichen Gesetzbuches . Das Hutgeschäft von Walter Huth hatte zum 1. Januar eine Blumenbinderin, Fräulein St., die auch als Verkäuferin tätig sein mußte, engagiert. Am 15. wurde ihr zu Ultimo Januar ge- kündigt. Sri. St. erkrankte nun am 16. Januar und blieb auch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ermchrbsbehindert. Vom Kaufmannsgericht ans Gewerbegericht verwiesen, klagt« dort am Dienstag Frl. St. auf Zahlung des ihr vorenthaltenen Lohnes von 27 M., der ihr noch nach Abrechnung des erhaltenen Kranken- geldes zustand. Die beklagte Firma wendete ein. daß diese Krank- beitsdauer nach einer nur 14tagigen Beschäftigung keine ver- hältniSmäßig unerhebliche fei. Da« Gericht unter Vorsitz deS MagistratSassessorS Dr. Leh- man» verurteilte die Beklagte zur Zahlung de« Lohnes im vollen geforderten Betrage mit Rücksicht darauf, daß die Tätigkeit der Klägerin auch eine kaufmännische loar und Handlungsgehilfinnen ohne Rücksicht auf die bisherige Dauer deS Arbeitsverhältnisses Anspruch auf den vollen Lohn ohne Anrechnung der von der Krankenkasse erhaltenen Unterstützungsbeträge haben. Zur Berechnung des JahreSarbeitövcrdienfteS. Der Arbeiter H. erlitt am 14. Juli 1908 im Betriebe eines Tiefbauunternehmers einen Unfall, an dessen Folgen er am 17. Juli verstarb. Die Tiefbau-Berufsgenossenschaft setzte für die Witwe und ihre beiden unter 1b Jahre altem Kinder die Hinter. bliebenenrente nach einem JahrrSverdienst von 972,56 M. fest. �u diesem JahreSarbeitSverdienst kam die Genossenschaft, indem sie der Berechnung als betriebsüblich nur 250 Arbeitstage im Jahre zugrunde legte. Der Verunglückte war nicht ein volles Jahr in dem Betriebe beschäftigt, wie auch ein anderer Arbeiter, der ein volles Jahr in dem Betriebe beschäftigt war, nicht nach- gelviesen werden konnte. Gegen die Festsetzung deS JahresarbeitS- Verdienstes wurde vom Arbeitersekreiariat Berlin Berufung ein- gelegt. ES wurde geltend gemacht, daß, wenn ein Arbeiter in einem ähnlichen Betriebe nicht zu ermitteln ist, nach 8 10 Abs. III des GewerbeunfallversicherungSgesetzeS der durchschnittliche TageS- »ertziemst des Verletzten mit 300 multipliziert werden muß. und dieser dann so ermittelte JahrrSverdienst der Berechnung der Rente zugrunde zu legen ist. DaS Schiedsgericht für Arbeiter- Versicherung für den Regierungsbezirk Potsdam holte dann von einer anderen Firma Auskunst ein, die aber ergab, daß ein cihn- sicher Arbeiter, der ein volles Jahr in dem angefragten Betriebe gearbeitet, nicht vorhanden war. Das Schiedsgericht wies darauf die Berufung zurück und erklärte, daß der durchschnittliche TageS- verdienst deS Verstorbenen im Betrage von 3,89 M. mit Recht von der Genossenschaft nur mit 250 als der betrtebSüblichen Zahl der Arbeitstags in dem unfallbringenden Betriebe multipliziert worden sei. Gegen diese Entscheidung wurde Rekurs beim ReichSversiche- rungsamt eingelegt. Dasselbe folgte dann auch den Gründen der Re- kursschrift, hob die Entscheidung des Schiedsgerichts auf und ver- wies die Sache zur nochmaligen Festsetzung an die Berufsgenossen- schaft zurück. Die Berufsgenossenschaft hat daraufhin-der Witwe nunmehr mitgeteilt, daß der Rentenberechnung ein Jahresarbeitsverdienst von 1140 Mk. zugrunde gelegt wird. Die zu zahlende Rente ist nunmehr pro Monat um 8,25 M. höher als die Genossenschaft erst festgesetzt hatte. Bekanntlich entspricht der Jahresarbeitsverdienst im Sinne des Unfallversicherungsgesetzes fast durchweg nicht dem wirklichen Jahresarbeitsverdienst des Verunglückten. Die umfangreiche, aber inhaltlich für den Arbeiter hohle Reichsversicherungsordnung will an diesem Unrecht festhalten._ Seltsame Entlaflungsgründe. Ms Rechtfertigung einer Entlassung unter Ausschluß der vereinbarten Kündigungsfrist werden zuweilen seitens der Arbeit- geber die wunderlichsten Entlassungsgründe ins Treffen geführt, und auch hier wird, wie sich in den Verhandlungen des Berliner Kaufmannsgerichts zeigt, der selige Ben Akiba nicht selten Lügen gestraft. So klagte dieser Tage vor der 1. Kammer die 15jährige Verkäuferin Betty Z. gegen den Manufakturwarcnhiindler G.M. Cohn auf Zahlung von 15 M. Restgehalt, weil sie sich zu Unrecht sofort entlassen fühlte. Die von der noch sehr jugendlichen Vertreterin des beklagten Chefs vorgebrachten beiden Entlassungsgründe er- regten gleichermaßen das Kopfschüitcln der Beisitzer und deS Vorsitzenden. Das junge Mädchen erklärte, sie hätte die Klägerin engagiert, sie mußte sie aber aus folgenden Gründen wieder ent- lassen: Betty Z. hätte erstenssolche furchtbar verfrorenen Finger" gehabt. Das sei zwar sehr bedauerlich, aber eine solche Angestellte könne man doch nicht gebrauchen. Sodann sei Fräu- lein Z. Jüdin, was man nicht gewußt habe. Der Chef sei nämlich ein sehr frommer Jude und könne nicht mit ansehen, daß ein Gleich. gläubiger am Freitagabend und Sabbat arbeite. Damit aber die geschäftliche Arbeit nicht darunter leide, habe er nur christliches Personal. Würde die Klägerin als einzige Jüdin rituell gefeiert haben, so hätte es zu MißHelligkeiten unter dem Personal geführt. Dar einzige Ausweg aus diesem Dilemma blieb die sofortige Ent- lassung. Der Vorsitzende des KaufmannSgerichtS fetzte der Vertreterin deS Beklagten auseinander, daß diese Begründung beim Richter- kollcgium wohl kaum auf Verständnis stoßen dürfte, denn sie sei mit dem Gesetz nicht im Einklang zu bringen. Die Finger werde sich das junge Mädchen wohl nicht absichtlich verfroren haben, und noch weniger sei ihr Religionsbekenntnis ein EntlassungSgrund. Der Beklagte hätte ja, wenn er Wert darauf legte, vor dem Engagement die Klägerin fragen können, welchen Glaubens sie fei. Nach dieser Rechestbelehrung zahlte die Vertreterin des Be- klagten, um einer Verurteilung vorzubeugen, die geforderten 15 M. Ueberstunden. Eine Lohnentschädigung von 54 M. und 12 M. für Ueber. stunden und ScmntagSarbcit klagte gestern der Packer Sch. gegen die Firma Wolfs Söhne beim Gewerbegericht ein. Er ist entlassen worden, weil er sich während der Kündigungsfrist ge» weigert hatte, Ueberstunden zu leisten. Der Beklagte terief sich darauf, daß dem Kläger beim Engagement gesagt worden ist, daß er während der Saison Ueberstunden leisten müsse. Darauf stritten sich die Parteien über die Dauer der Saison. Die Beklagte meinte, daß-dieselbe von August bis März dauere. Sie mußte sich von den beisitzenden Arbeitgebern dahin belehren lassen, daß bei einer solchen Zeitdauer von einer Saison nicht mehr gesprochen werden kann. Da die Beklagte die Ueberstunden nicht bezahlte, erachtete das Ge» werbegericht die Weigerung des Klägers für berechtigt und die Entlassung für ungesetzlich. Es verurteilte die Bc. klagte zur Zahlung einer Entschädigung von 4 0,50 M. Die Mehrforderung wurde abgewiesen. Denn die Entschädigung könne mir für den Rest der Kündigungsfrist und nicht für zwei volle Wochen zugesprochen werden. Ferner führte das Gericht in sehr anfechtbarer Weise auS: da der Anspruch auf Ver» gütung der Ueberstunden nicht sofort am nächsten LohnzahlungStage Reitend gemacht war. sei das Einverständnis des Klägers mit der NichtVergütung anzunehmen gewesen. Em der frauenben'egung. Eine wichtige Frage für proletarische Mütter. Wer die Jugend hat, hat die Zukunft!" An dieses Wort sollen die proletarischen Mütter sich vor allem jetzt erinnern, wo die Entlassung der Kinder ans der Schule erfolgt. Will die Ar- beiterfchaft die Wucht ihrer Sturmkolounen stärken, so muß sie immer an der Arbeit sein, um fortwährend neue Kämpfer zu ge» Winnen. Dabei kann sie sich nicht nur auf die Evtoachsenen be- schränken. Diese, vielfach in altüberliefertem Au schauungskreiS aufgewachsen, sind schwer oder gar nicht neuen Ideen zugänglich. Es kann niemand seine ihm in einem halben Menschenafter an­erzogene Uebcrzeugung so leicht über Bord werfen. Deshalb muß jede Klasse, die für ihre Interessen kämpft, ihre tägliche Werbe- arbeit auch auf den jungen Nachwuchs lenken. Die bürgerlichen Parteien haben das längst erkamtt. Nicht genug, daß der Staat die Jugen-d in den Volksschulen für die bürgerlichen Parteianschau- ungen drillt, diese Parteien haben es immer verstanden, dadurch die schulentlassene Jugend in großen Scharen hinter ihre Fahnen zu bringen. Dem konnte das Proletariat lange Jahre hindurch Mi? wenig entgegensetzen. Es mußte erst für seinen Klassenkampf freie Bahn schaffen, die Massen der Erwachsenen organisieren, den Feinden ein« geschulte, allzeit kampfbereite Armee entgegenstellen. Heute. wo die Partei eine Dreimillionenarmee mustert, findet sie Zeit und hat sie die pädagogischen Kräfte, um ruhige Erziehungsarbeit zu leisten. Eine Erziehungsarbeit, deren gute Früchte in der Zukunft reifen. Der Nürnberger Parteitag beschloß, daß im ganzen Reiche Jugeildausschüsse gegründet werden sollten, um die arbeitende Jugend zu sammeln und im Geiste einer freien Weltanschauung zu erziehen. Die Ausschüsse sind auch an der Arbeit, die heran- wachsende Jugend zu bilden, zu schulen, sie den christlichen Jugend- vereinen zu entreißen. Es wurden Jugendorganisationen ge» bildet, in- verschiedenen Städten zudem Jugendheime gegründet, in denen der Lehrling, der jugendliche Arbeiter, die junge Arbeiterin, ein Heim und eine Bildungsstätte finden. Zur Besorgnis und zum Schrecken der Gegner wächst und blüht die junge Garde kräftig heran; sie blüht trotz der Anstren- gungcn der Feinde. Die Polizei arbeitete vergeblich mit aller» band Schikanen, um die Organisationen anfzulösen, die Geistlich­keit mit allen nur zu wohlbekannten Mitteln bei der Jugend und den Eltern, um den klerikalen Einfluß auf das Volk auftechtzu» erhalten. Die Mütter müssen deshalb die Kinder den Veranstaltungen unserer Jugendbewegung zuführen; besonders die Kinder, die jetzt mit Ostern die Schule verlasse». Sie wurden durch die Schule in vielen Punkten mit bösen, volksfeindlichen Anschauungen verbildet. Je schneller diese Vorurteile weichen, um so schneller wird aus dem Nachwuchs ein freies, starkes Geschleckt, aus dem vor allem starke Kämpfer für»ufere Partei hervorgehen. Frauen und Mütter! Erfüllt deshalb Euro Parteipflicht und führt die Kinder unserer Jugendbewegung zu! Versamuiluiigen Veranstaltungen. Lervand der Hausangestellten. Sonntag, den 27. März lt. Oster, feiertag), in denJndustrie-Festsälen". Beuthstr. 20 j(großer Saal):.Frühlingsfest". Lichtbildervortrag(Wilhelm Busch .Julchen"). Anfang 6 Uhr. Anfang des Vortrages Ä8 Uhr.