5t. 71. 27. Jahrgang.1. Kcilqe des Jotiuäito" Iniinn Inlbiilntt.Mag. 25. Märi 1910.SoÄsIiitliche Kongrdle in Condon.London, 22. März.Während der Ostertage halten die SozialdemokratischePartei iS. D. P.) und die Unabhängige Arbeiter-Partei sJndependent Labour Party— I. L. P.> ihre Jahres-kongresse in London ab.Die Delegierten der S. D. P. tagen am 25., 26. und 27. inCanning Town<Ost-London) und haben sich mit folgenden Re-solutionen zu beschäftigen:Haltung bei de» Wahlen und zur Arbeiter-Partei. Die Mitglieder der S. D. P. dürfen nur für sozialistischeKandidaten stimmen. sOrganisation von Ardwick.)— Um dasgrößte Hindernis im Wege sozialistischer Erfolge zu beseitigen,sollen die Mitglieder der S. D. P. für die Niederlage der Liberalenwirken. lZweigverein von Camberwell, London- Süd.)— DieSektionen oder Zweigvercine der S. D. P. haben das Recht, gegenalle nickt sozialdemokratische» Kandidaten aktiv zu wirken. IGlaSgow.)� Der Ziveigverein von Hackney lLondon-Ost) verlangt Schonungfür die Arbeilerkandidoten.— Innerhalb der nächsten 12 Monatedarf sich kein Sozialdemokrat der Arbeiterpartei anschließen. sWest-Salford.)— Der Zweigverein von Batteriea(London- Südwest) ver-langt die Streichung der Worte:.innerhalb der nächsten 12 Monate",also: überhaupt kein Anichluß.— Mitglieder der S. D. P., diezugleich Mitglieder der Arbeitersrakiion sind, sollen aus der S. D. P.austreten oder sollen aus der S. D. P. ausgeschlossen werden.(Zweigverein von Swindon.)— Eine ähnliche Resolution liegt vomZiveigverein von Nordivest-Ham vor.— Die Sozialdemokraten vonBiciningham wünschen die Ergreifung von Matzregeln, umKollisionen zwischen den Kandidaten der S. D. P. und der Arbeiterpartei zu vermeiden.— Mehrere Resolutionen verlangen die Ein-berut'ung eines autzerordentlichen Kongresses vor' allgemeinenParlamentswablen, um die Wahltaktik der Partei festzustellen.Politische Organisation. Zu diesem Punkte liegenfolgende Resolution vor: Für die Befreiung der Arbeiterklasse isteS absolut nötig, alle Personen zu organisieren, die den Sozialismusfördern wollen. Der Parteivorsland wird deshalb ausgefordert,einen Sammelpunkt für alle Sozialisten zu schaffen und fürdie Herstellung freundschaftlicher Beziehungen zur organisiertenArbeiterklasse.(Zweigverein von Hackney.)— In einemAmendement zu dieser Resolution verlangt der Zweigvereinvon Coventry,.einen Sammelpunkt kür diejenigen Personenzu schaffen, die den Kkaffenkampf als Grundlage ihrer Anschauunghaben."— Die jüdischen Genossen von Wbitechapel(London-Ost)verlangen: Da der Sozialismus nur verwirklicht werden kann durchdas Zusammenwirken der organisierten Arbeiter mit den Sozialisten,so fordert der Kongreß den Parteivorstand auf, einen Plan auszu-arbeiten, um die Geiverkschaften und andere wirtschaftliche Organi«sationen, die den Sozialismus zur Grundlage ihrer Forderungenmachen, zum Anschluß an die S. D. P. zu veranlassen.—Wirtschaftliche Organisation. Der Zweigvereinvon Südwesi-Ham verlangt von allen Mitgliedern der S. D. P.,sich ihren Gewerkschaften anzuschließen und dort für den Sozia-liSmuS und für die Klaffenorganisation zu agitieren.— Der Zweig-verein von Hovan: Es soll den Mitgliedern der S. D. P. gestatietfein, flir die Prinzipien des industriellen Unionismus(Syndikalismus)zu wirken. Hierzu liegt ein Amendement von Leeds vor:.Boraus-gesetzt, daß sie auch die politischen Methoden anerkennen". DieOrganisation von Lehton(London-Nordost) wünscht, daß in derAgitation betont werde, die ökonomische Organisation der Arbeiter-llasse sei im letzten Grunde die einzige Waffe deS Proletariats.Militarismus, Landesverteidigung und äußerePolitik. Zu diesem Punkte verlangt Hackney eine Diskussionüber Sozialismus und äußer« Politik. Derselbe Zweigverein willdie Regierung aufgefordert wisien, eine britisck-deursche Ententeherzustellen. Die Genoffen von Whitechapel wünschen, daß dieFührer der S. D. P. von ihrer deutschfeindlichenAgitation ablassem Mehrere Resolutionen sind für dieAbschaffung der st ehenden Armee und für die Ein-fübrung einer Miliz, die einzig und allein dem bürgerlichenRechte unterworfen sein soll. Der Zweigverein von Glasgow ist fürdie Abschaffung der geheimen Diplomatie.Bildungswesen. Mehrere Resolutionen find für die Er-richtung von sozialistischen Sonntagsschulen, von jugendlichen Bil-dungsvereinen und von ökonomischen und historischen Unterrichts-kursen, ebenso über die Ausarbeitung eines Planes über dieSchaffung einessoziali st ischenTageblatteS. schließ-lich für daS Studium einer internationalen Sprache.Innere Fragen. Der Wahlkampf in Northampton, woQueich und G rib b le im Januar 1910 kandidierten, ist Gegen-stand mehrerer Resolutionen, da diesen beiden Kandidaten vor-geworfen wird, sie hätten auf ein Entgegenkommen von den Liberalengerechnet und sich bereit erklärt, der.Llrbeiterfraktion beizutreten.Dann wollen die Sozialdemokraten VW Nordwestham dem sozio-föeines fcuillcton.Musik.R obinS Ende, Mittwochs von der.KomischenOper' anscheinend als Uraufführung gebracht, läßt auf den Wegenzur Vermehrung deS geringen Bestandes an komischen Opern inDeutschland einigermaßen weiterschreiten. Der Text erhebt sich überverrufenes Niveau zu einer hübschen Bernünfligkeit mit leidlichenVerien und mit emer wirklich wirksamen Situationskomik, ohnefreilich über eine solche hinaus zu irgend welchen Bertiefungen vor-zudringen. König Karl II. von England war in eine Modistin ver-liebt und kommt nun in das Hans des Pächters, der sie geheiratethat— eines schrecklich eifersüchtigen, aber vor dem Hängen sichgruselig fürchtenden Mannes. Üm das Weibchen beobachten zulassen, hatte der Pächter Robinson den fallstaffartigen Mann derObrigkeit in einen Schrank versteckt; ober nachdem der Dicke entwischt,muß die Päckterin den mit ihr duettierenden König gerade dorthinein verstecken. So findet ihn Robin, und so wird ihm die Er-nennung deS Pächters zum Herzog abgepreßt. In der neuen Würdeblamiert sich Robin vor seinem Personal durch verrückten Hochmut.Nun rächt sich der König, indem er den Pächter verhaste», zumHängen verurteilen, aber nur mit verbundenen Augen zurückführenläßt, damit ihm schließlich trotzdem der HerzogSmantel umgehängtwerde.Textverfaffer ist Maximilian M o r i S, der Regiffeur derM»S durch naturalistische Ausstattung wohlbekannten.Komischen Oper".So konnte denn auch die Musik just dieser Bühne aus den Leib ge-schrieben werden. Der Komvonist E d u a r d K ü n n e k e ist einblutjunger Mann, der aber mir seiner neuen Leistung eine tüchtigeProbe von guter Schulung abgelegt hat. ES erinnert dabei manchesan den jungen oder nicht jungen Siegfried Wagner: so vor allemder frische natürliche Zug. der durch Text und Komposition geht; soaber auch der Mangel an irgend etwas Größerem.Am verdienstvollsten scheint uns der kräftige Schnellschritt desDialoges zu sein. In gut dramatischer Weise folgen Schlag aufScklag die Rede und die Gegenrede; und allmählich steigt dieserLauf zu naturgemäßen Duetten oder dergleichen an. Die lyrischenPartien, die da inzwischen natürlich unentbehrlich sind, stehen ziemlichweit zurück; sie kommen über Sentimentales von Epigonenromantiknicht hinaus, zeichnen sich aber durch gute Sangborkeit aus. Eineandere Frage ist freilich, ob es jemals der Musik möglich sein wird,das, waS uns als.schmachtend" erscheint, gänzlich zu vermeiden,so lange eine musikalische Darlegung von Wärme erfordert ist.Km freilich sind die diesmaligen Wendungen etwas gar inhaltslos.listischen Arbeiterabgeordneten William Thorne den Prozeßmachen, weil er gleichzeitig Mitglied der S. D. P. und der Arbeiter-frattion ist.Schließlich wird sich der Kongreß mit�kinanzfragen beschäftigen.Die Unabhängige Arbeiterpartei hält ihren 18. JahreSkongrcßam 23. und 28. MlS. in Farrmgdon Hall, im Mittelpunkt Londonsab. Der Bericht des Patteivorstandes gibt über den Stand derPartei genaue Auskunft. Im Laufe des Berichtsjahres gab derPartcivorstand auS der Zentralkasie 3193 Pfd. Sterl. für Wahlzweckeaus; 35()<) Pfd. Sterl. siir die Errichtung einer Parteidruckerei inManchester; 799 Pfd. Sterl. für Propaganda; das Berichtsjahrschließt niit einem Ueberschutz von 2399 Pfd. Sterl. ab. An Partei«beitrügen erhielt die Zentralkasse 11 699 Pfd. Sterl.Der Parteiverlag ivar recht tätig. Abgesehen von Flugblätternwurden 19 neue Bro'chüren herausgegeben, 3 neue Bücher(KcirHardieS.Jndia", Bernsteins.Borausjetzungen", Macdonalds.Sozialismus und Regierung") und 4 Neuauflagen. Der.LabourLeader" hat jetzt eine Auflage von 59 999 Exemplaren; die„SocialistReview"(Monatsschrift) deckt die Kasten. Der GeschästSumsatz beträgt259 Pfd. Sterl. wöchentlich oder 13 999 Pfd. Sterl. jährlich.Die Partei zählt jetzt 842 Zweigvereme: in Schottland 138,in Northum berland und Durham 73, in Uorkshire83, in M i t t e 1 e n g 1 a n d 113, in Ostengland 29, in Londonund Umgebung 96, im Südweste» 41, in SüdwaleS 93, inNordwales 54, in Lancashire 91, in Irland 15.Die Partei war bei den Hauptwahlen an 15 Wahlen beteiligt,davon waren 6 siegreich. Der Parteivorstand wollte sich auch mitColne Valley, wo Grayson kandidierte, in Verbindung setzen, aberdie lokale Organisation ignorierte den Annäherungsversuch.Der Vorstand lenkt die Aufmerksamkeit der Parteigenoffen aufden kommenden Internationalen Kongreß in Kopenhagen undempfiehlt eine stärkere Beschickung als in früheren Jahren.Die Parlamenlsfraktion der Partei erstaltet sodann Bericht überihre Arbeiten, in dem es heißt: In allen sozialpolitischen Fragensprachen unsere Abgeordneten und wirkten in den Kommissionen.Ebenso brachten sie bei Debatten über äußere Politik und überArmee und Flotte den Standpunkt der internationale» Solidaritätder Arbeiter zum Ausdruck. Es wurden mehrere kleine Reformenerzielt. Erfreulich sei, daß infolge des Trade-Boards-Gesetzes(derEinsetznng von Lohnämtern in eiiitgen Zweigen der Heimarbeit) dieZahl der gewerkschaftlich organisierten Arbeiterinneu erheblich zu-genommen hat. Es gibt gegenwärtig 219 909 organisierte weiblicheArbeiter im Vereinigten Königreich.—An erregten Diskussionen wird eS auf dem Kongreß nichtfehlen, da in manchen Parleikreisen die starke Identifizierung derI. L. P. mit der Labour Party und ihrer freundlichen Haltung zurliberalen Regierung eine gewisse Unzufriedenheit erregt hat. MancheUnzufriedene mit lebhaftem Temperament, wie z. B. Grayson,werden dieser Unzufriedenheit Ausdruck geben. Der Kongreß wirdzeigen, wie die Partei über die Sache denkt. Er wird auch dieAufgabe haben, die Taktik für die bevorstehenden Parlamentswahlensestzulegen.An eine Einigung der beiden sozialistischen Parteien ist nicht zudenken. Ihre taktischen und zum Teil auch ihre theoretischen Auf-faffungen gehen weit auseinander.Hus der Partei.Schlesien marschiert.Noch nie hatte unsere Partei in Schlesien so schöne Erfolgeaufzuweisen wie bei den diesjährigen Gemeindevertreter«wählen. Nicht nur, daß wir fast überall unseren alten Besitz-stand trotz aller Hindernisse behauptet, wir haben ihn in vielenOrten erweitert, haben selbst da festen Fuß gefaßt, wo dies nochvor zwei Jahren rein unmöglich schien, und haben, die Haupt-fache, überall schöne Stimmenzunahme zu verzeichnen. Sogar inOberschlesien, woran niemand zu denken wagte, ist eSunseren Genossen(in Tillowitz, 5treis Falkenbcrg) gelungen.zum ersten Male die rote Flagge zu hissen und den Schwarzendrei Mandate abzunehmen. Ferner ziehen wir zum ersten Malein Dorfparlamente ein, die bis vor kurzem noch uneinnehmbareHochburgen der finstersten Reaktion schienen. Dabei siegten wirüber alle Parteien. Wir jagten sowohl dem Zentrum als auchden„Liberalen"(die bekannte schlesische Sorte a la Mugdan-Kopsch)und den Konservativen Terrain ab, und zwar ebenso in den In-dustriezentren als auch in rein ländlichen Gegenden. In zweiOrten hat unsere Partei bereits die Mehrzahl aller Vertretersitzeinne: In K l.- L e u b u s ch bei Brieg und E i s d o r f bei Striegau.Zum ersten Male ziehen rote Vertreter ein in die Dorf-Parlamente von R o s e n t h a l bei Breslau, Deutsch-Lissa,Jakobsdorf bei Liegnitz, S t r a u s i tz bei Hirschberg, P e i st e r-witz bei Ohlau(zwei Mandate), Ober- Salzbrunn(KreisWaldenburg), Baum garten bei Ohlau, Rauschwalde beiGörlitz. Leuthen(Sieg in der zweiten Klaffe!), Ger lach S-Dagegen ist daS Eigenartigste und jedenfalls unserer.KomischenOper" Angepaßtcste der Chor, der mit dem übergeschnapplen Pächterzusammen Rede und Gegenrede singt, mit mannigfaltiger Zerlegungder Chormassen in einzelne Gruppen. Zwar geschieht auch hier,wie überhaupt in dem ganzen kurzen Siück, eigentlich nicht viel;und doch bat man immer den Eindruck eines kräftigen dramatischenAtems. Geringer hinwieder erscheint uns das zuerst als Zwischen-spiel zwischen den beiden Akte» beabsichtigte und dann alsOuvertüre verwendete Intermezzo. Es erhebt sich nicht über denAusweis der Fähigkeit, nach verschiedenen Seiten hin musikalischeKunst leisten zu können, zumal mit Trompctenfanfaren und dergl.Daß die Regie sich auf ihrem allereigensten Boden glücklichbewährte und auch lebhaften äußeren Erfolg erzielte, läßt sichdenken. Doch auch sämtliche einzelnen Darsteller und Helfer lvirkteitGuteS; und selbst an den in Gesang und Intelligenz leistnngS-fähigen Tenören fehlt eS nicht. Die weibliche Rolle lag in denHänden von Sophie David. Man lernt an ihr eine lebhafte,vielleicht allzu lebbafte Schauspielerin und eine sehr geschickteSängerin kennen. Ihre Stimme ist jedoch durch eine Schärfe ge-trübt, deren Ueberwindung wohl jeden GesangStechniker interessierenwürde.Wenigsten? hoffen wir. daß jetzt ein Wetteifer entfacht sei, umunS endlich den langersehnten Vorrat an heiteren deutschen Opernzu geben, obgleich das Vorbild, daS auch diesmal gewaltet hat—Nicolais.Lustige Weiber von Windsor"— nicht sobald erreichtwerden dürfte. ez.Humor und Satire.Einstund jetzt.„O welche»ust, Soldat zu ftw l'—gewiß doch, zugegeben;jedoch der Polizist alleinweiß, was es heißt, zu leben.In alter Zeit, das mag ja fein,da hatten'S die Soldatennoch gut, man räumte ihnen eindas Recht zu allen Taten.Da war es Lust, Soldat zu fein,indes es heut' genant ist:man schränkt ja das Gemetzel einauf das, was an die Wand pißt.Da lob' ich mir in uns'rer Zeitdie Polizistenfreuden lIhr Militäranwärter seidwahrhastig zu beneide» ldarf bei Jauer, Bohrauseifersdorf(drei Mandate),Pfaffendorf bei Liegnitz, Klein-Krauschen, Raußebei Neamartt, H u s s i n e tz bei Strehlen(zwei Mandate), S t a n o-witz lawei Mandate fast einstimmig). Oltaschin bei Breslau.Unsere Partei gewann ferner Mandare rn H a r t a u ve> Waiden«bürg in der 2. und 3. Klasse, Sandberg bei Altwaffer, Weiß«Wasser, Rietschen, Leschwitz, Altwasser, Groß-Krauschen, Laos-witz(in beiden Orten sieben neue Mandate!), Konradstal beiWaldenburg uird Groß-Rosen bei Striegau. In dem historischenWeberdorfe Langenbielau erhielten unsere Vertreter dies-mal 1392 Stimmen, gegen nur 573 Stimmen der letzten Wahl!Die Gegner erhielten dort nur noch 299 Stimmen! In mehrerenOrten gingen Protest wählen vor sich: Da unsere Genoss--.»keine Hausbesitzerkandidaten aufbringen konnten, stellten sie Un-ansässige auf, nur um die Stimmen zu zählen, erhielten auchhier und da die Mehrheit. Die Mandate wurden jedoch dank derfamosen Landgemeindeordnung für ungültig erklärt und diegegnerischen Kandidaten als gewählt proklamiert, obwohl für sielächerlich wenig Stimmen abgegeben worden waren.Die L a n d r ä t e und A m t s v o r st e h e r haben sich bei diesenWahlen von ihrer allerschlimmsten Seite gezeigt. Die Wahlzeitwurde in die für Arbeiter ungünstigste Tageszeit gelegt(früh 9,19, 11 oder nachmittags 3 und 4 Uhr!), einzig in der Absicht, dieArbeiter von der Wahl fernzuhalten, d. h. also, ihnen ein gesetz-Ii ches Recht hinterlistig zu rauben! Das hat dieErbitterung der Einwohner gefördert und durch vollzähliges An-treten haben meist die Arbeiter, schwere Opfer bringend, einenStrich durch die Rechnung gemacht. Auch schon vor der Wahlhatte man alles getan, um die rote Welle zurückzudämmen: DieWühlerlisten waren erbärmlich mangelhaft, in vielen Orten wußteder Gemeindevorsteher überhaupt nichts von einer Wählerliste,legte sie mithin auch nicht öffentlich aus, in anderen Ortenwiederum gestattete man den Arbeitern nicht, Einsicht in die Listezu nehmen, oder man verlegte die„Amtsstunden", und vor allembetrieb man gewissenlosen Unfug mit den Stimmen der Forensen.Soweit unsere Genossen mit Forensenstimmen antraten, erklärteman sie für— ungültig, kamen aber die Gegner damit an, nahmman sie als gültig an. Ja, in einem Orte verübte man geradezugalizische Manöver, um uns um unseren Sieg zu be-trügen. Aber es war alles umsonst: Das Volk steht auf, und selbstin den finstersten Winkeln, da wo der Landrat despotisch herrscht,wird eS hell._Der Parteilag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Hollands,Amsterdam, 24. März 1919.Der diesjährige sechzehnte Parteitag der Sozialdemo-'kratischcn Arbeiterpartei findet zu Ostern in Leeuwardenstatt und dauert wieder drei Tage. Zur Tagesordnungliegen 91 Anträge vor, deren vornehmste auf folgendeAngelegenheiten Bezug haben: Das der marxisttschenMinderheit auf dem Deventer außerordentlichen Parteitage zuge»standene„Wochenblatt"; die Gründung einer wissenschaftlichenPartcischrift, eventuell neben der bestehenden„Nieuwe Tyd"; dieUnterrichtsfrage; die Wahlrechtsfrage; die Vertretung der sozial»demokratischen Frauenklubs auf den Parteitagen der Sozialdemo-kratischen Arbeiterpartei; die Kolportagcfreiheit in den öffentlichenVersammlungen der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei; Achtuhr-Ladenschluß; Altersversorgung; Zusammensetzung des Partei-Vorstandes; Jugendorganisation; Militarismus; Land den Land-arbeitern; die Haltung der Partei bei Stichwahlen; Bildungsarbeit;Mitwirkung der Arbeiterorganisationen in der Verwaltung derBetriebe; eine Resolution, die sich gegen die Publikation einesArtikels des Parteipropagandisten Leeuwenberg in dem bürgerlichenBlatte„de Beweeging", wendet, worin er für einen„demokratischenBlock" eintritt.Dem Jahresbericht des Parteisekretärs derSozialdemokratischen Arbeiterpartei, den er dem Partestage vor«legen wird, entnehmen wir folgendes:Die Zahl der Parteiabteilungen stieg von 194 auf 295, dieMitgliederzahl von 8779 auf 9594. Infolge des Deventer Beschlusses verlor die Partei zwei Abteilungen und 493 Mitgliederaus zusammen 49 Abteilungen.— Bei den im letzten Sommerstattgefundenen Kammerwahlen unterstützte die Partei in denStichwahlen 6 Freisinns-Dcmokraten. 13 UnioNs-Liberalen. ZweiKammersitze gingen der Partei verloren, zwei wurden gewonnen.Bei den Gemeinderatswahlen gewann die Partei 21 neue Sitze.Ueber die Wahlrechtsaktion hielt der Parteivorstand mit dem Aus-schütz der Gewerkschaftszentralc eine Besprechung, deren Resultatwar, daß die Partei der Unterstützung und kräftigen MitwirkungdeS Verbandes der Gewerkschaften sicher ist, falls die Beschlüsse derPartei mit einem vom Parteivorstand dem Parteitage vorzu-legenden Antrag übereinstimmen.— Der Parteivorstand ernannteeine Kommission zur Besprechung der ganzen Materie der sozialenVersicherung, mit Ausnahme der Arbeltslosenversicherung.Ueber daS Verhältnis der Sozialdemokratischen Arbeiter«Partei zur Sozialdemokratischen Partei(der neuen Partei)Ihr seid nickt auf den Mann beschränkt,schont nicht Geschlecht noch Alter.Den Säbel raus und eingesprengtals rechte HutzerspalterlUnd Kind und Weib und Mann und GreiZwird ohne Wahl vernwbelt—das ist doch noch die Lands lnechtSweis',nach der ihr Helden säbelt lFranz.Notizen.— Einfach auSjeschlossenl Herr v. Hülsen war alSderzeittger Berliner kgl. Bühnengewaltiger im Testament der ver»storbenen Münchener Schauspielerin Klara Ziegler zusammen mitden, Münchener Generalintendanten und dem Präsidenten der deutschenBühnengenossenschaft zum Verwalter der Ziegler-Sliftung eingesetztworden. Da die Schauspieler es sich neuerdings herausnehmen.Herrn Hülsen, den Diktator des direktoriale» BübnenvereinS, nichtmehr bloß zu beweihräuchern, lehnte es seine Junkerlichkeit ab,gemeinschaftlich mit dem jetzigen Präsidenten der Genossen«schaft einer Körperschaft anzugehören. Das Auftreten deSjetzigen Leiter? der Schauspielerorganisation. deS Herrn Nissen,der MamieSmut bewiesen hat, paßt Herrn Hülsen nicht.WaS hätte die honette Sippe für ein Jndianergeheul an«gestimmt von Pietätlosigkeit, von Anmaßung und sonst was, wennsich ein simpler Mitbürger dergleichen herausgenommen hätte. HerrHülsen ist zufälliger Jnbaber eines Amtes, zu dem man keine Be«fähignna zu haben braucht. Frau Ziealer war sehr schlecht beraten,als ste den erwählten Vertrauensmann einer Künstlerorganisationmit Hosbeamten, die mit der Bübneitkunst keinerlei innere Gemein»schast haben, zusammeiikoppeln wollte.— Ein Rektor, der nicht zu Hof ging. AuS demLeben deS jüngst in Berlin verstorbenen hervorragenden Erforschersromanischer Sprachen, Adolf Tobler. wird in der„Franks. Ztg."'eine charakteristischer Vorfall berichtet. Tobler war Schweizer vonGeburt und halte sich, trotz seiner langjährigen Tätigkeit inBerlin, nicht ganz die borussische Kultur anzueignen verstanden,weswegen er denn auch nicht wie seine servilen Kollegen.geheimerMegierungSrat" wurde. Als Tobler das Rektorat der BerlinerUniversität verwaltete, wurde er natürlich zu Hof geladen. Er ver»zichlete indes darauf hinzugehen, weil er die von oben her dekretierteHofmode der EskarpinS nicht mitmachen wollte. Tobler wird dereinzige Universitätsrektor geblieben fein, der die Maskerade abzu»lehnen Manns genug war.