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schwerenden Kl. zu sage», warum einzelne Passanten durchgehen durften und er nicht. Kl. sei freizusprechen. DaS Publikum sei durch Kl. nicht beunruhigt worden, Unfug liegt also nicht 1or. Auch Auflauf sei nicht erregt worden, da ja das Publikum >hnedieS umherstmid. Das Urteil lautete: weder grober Unfug noch Auflauferrcguug liege vor, wohl aber Nichtbefolgung einer polizei­lichen Aufforderung. Ueber den Nörgler, der es als lästig empfunden batte, dah die Polizei in der Tatnicht zn« Brr- gütigen der Einwohner" da ist, wurde eine Geldstrafe von 16 Mark verhängt. Man sieht, die Polizei versteht es, sichFreunde" zu erwerben und die Gerichte Helsen   ihr dabei. Diese neuesten Fälle sind nicht mal die einzigen des gestrigen Tages. Gestern wurden auszer den angesührten Fällen noch aus Anlasi der Vorgänge vom(3. März verurteilt: ein Gürtler T r e c z i n s l i zu 1<> Tagen Gefängnis (wegen Versuchs der Gesangenenbesreiung und Widerstandes gegen die Staatsgewalt), ferner ein Arbeiter Born zu 4 Tage» Haft, ein Schlosser O b d a m zu 10 M. Geldstrafe, während ein Reisender Dobrin freigesprochen wurde. ?ur Lage in lliazedonien. Konstantinopcl, Ende März. tEig. Ber.) Die ntazcdomsche Frage verschärft sich wieder. Außer d'en Leuten, die der Sache wirklich ergeben und aufrichtig überzeugt sind, daß die Volksinteressen die Mederherstellung der ehemaligen Tätigkeit verlangen,arbeiten" in Maze- dornen und außerhalb seiner Grenzen auch Personen, welche in« revolutionären Getümmel ihre Zwecke, die mit den Jnter- essen der mazedonischen Bulgaren   nichts gemein haben, zu verwirklichen hoffen. So geht das Gerücht, Ende März werde in der bulgarischen Stadt Küstendil   der Komgretz der bulgaro  - mazedonischen Banden führer statt- finden, um die Frage zu erörtern, ob es nicht zweckmäßig wäre, die Tätigkeit der Banden wieder aufzunehmen. Zieht man die Persönlichkeiten der Teilnehmer in Betracht, so er- kennt man. daß die Frage im positiven Sinne entschieden werdeil wird. Ueber diese Frage habe ich neulich mit einem Mitglied der bulgarischen diploinatischen Mission in Konstantinopel   ge- sprachen. Die Gerückste über den Kongreß hat der bulgarische Diplomat als absurd charakterisiert.Diejenigen," sagte er, die solche Gerüchte verbreiten, solleil an sich nur eine Frage stellen: warum kommt der bulgarische König nach der Haupt- stadt der Türkei  , wenn er gleichseitig in Bulgarien   einem Kongreß gegen die Türkei   zu veranstalten erlaubt." Troß dieser kategorischen Widerlegung gibt es Kreise, die die Gerüchte nicht für Unsinn halten. Und die Türken, die der Ruhe so bedürftig sind, werden immer nervöser und verfallen auf den unglückseligen Gedanken, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. In Saloniki, zum Beispiel, sagte mir ein sehr gebildeter und überzeugter Anhänger des neuen Regimes, wenn die Bulgaren   ihr Unwesen wieder aufnehmen, so würden die Türken dasselbe m Bulgarien   tun. Türkische Banden in Bulgarien I Es klingt vielleicht ein wenig sonder- bar. aber unmöglich ist es nicht. Augenblicklich ist die Lage in Mazedonien   sehr verwirrt. Aber der Umstand, daß die Gefahr noch keine bestimmten Formen angenommen hat, beweist noch nicht, daß überhaupt keine Gefahr existiert. Und die allgemeine Nervosität zeigt nur, daß die Atmosphäre mit Elektrizität geschwängert ist. ,.Das einzige, was man jetzt mit einer gewissen Wahr- scheinlichkeit sagen kann, ist, daß die bulgarisch  -mazedonische Bewegung nach der Konstitution einen ganz anderen Cha- rakter haben wird als die vor der Konstitution. Demi die Bevölkerung Mazedoniens  , die durch die chronischen Unordnungen und Wirren gänzlich ruiniert worden ist, greift jetzt nach der Konstitution als dem einzigen Mittel, das ihre Lage verbessern kann. Es ist zwar wahr. daß man unter dem neuen Regime nicht alles erreicht hat. tvas man erwartete. Aber auch das Wenige, was man bis- lang bekommen hat, wird von der Bevölkerung höher geschätzt als die Versprechungen der nationalen Parteien. Daher muß die erneuerte Bewegung, da sie keine Popularität ge- meßt und keine Unterstützung der Volksmassen haben wird, andere Wege suchen. Der andere Faktor, der die Physiognomie der mazedo- nischen Bewegung und vielleicht auch der ganzen mazedo- Nischen Frage zu ändern berufen ist. ist die neue Gruppierung der politischen Parteien und die Veränderungen, die an ihren Programmen und ihrer Taktik stattgefunden haben. Diese Frage verdient sehr ernste Aufmerksamkeit, weil es von ihr obhängt, ob auf dem Balkan   Ruhe sein wird oder nicht. politische(Übersicht. Berlin  , den 31. März 1910. Die Ehrengabe an die Berliner   Schutzmannschaft. ES war vorauszusehen, daß die schöne Anregung des preußischen Geheimrats und LandeSdirektors v. Manteuffel, die Berliner   Schutzmannschast für ihre unsinnigen Attacken auf friedliche Wahlrechtsdemonstranten durch ein Ehrengeschenk zu delohnen, bei den industriellen Scharfmachern und der von diesen ausgehaltenen Presse auf wohlwollendes Entgegen- kommen stoßen würde. Nur eins haben die Herren Industrie- bannte gegen den Vorschlag einzuwenden. Nämlich, daß sie selbst aus eigener Tasche zu der sogenannten Ehrengabe beitragen sollen. Sie folgern einfach: wir sind eigentlich der Staat: was demnach in unserem Interesse geschieht, das geschieht zugleich im Staatsinteresse; folglich hat auch der Staat oder die Kommune die Mittel für die Ehrengabe auf- zubringen. Man erhöhe einfach die Polizistengehälter, und die Schutzmannschaft wird nochpflichtgetreuer" auf- treten als bisher. So lasten sich beispielsweise dieBerliner Neuesten Nachr." aus Polizeikreisen schreiben: Man steht soeben im Begriff, zu einer Ehrengabe für die Berliner   Schutzmannschaft zu sammeln. Man will ihr damit gleichsam die Anerkennung für den aufopfernden Dienst aus« drücken, den sie namentlich in den letzten vier Jahren versehen mußte. Gerade bei der vorjährigen Gehaltsaufbesserung haben die unteren Beamten der Schutzmannschast nicht sonderlich abgeschnitten, und eine geldliche Beihilfe wird ihnen nicht unerwünscht kommen. Es fragt sich aber, da man doch einmal dem Gedanken, für die Berliner   Schutzmannschaft etwas besonderes zu tun, näher tritt, ob es sich nicht empfehlen dürfte, diese Ehrengabe ihr in Form einer allgemeinen Rang- «rhöhung zu verleihen. ES ist kein bloßer Zufall, daß gerade hie Zahl der vakanten Stellen in der Berliner   Schutzmannschast eine besonders hohe ist. und baß zahlreiche Probisten die Stellung bei der Schutzmannschast nur als DnrchgangSposten benutzen. Daran mag einmal die notorische Schwere des Der- liner Polizeidienstes schuld sein, ganz besonders bildet aber der i Grund hierfür die äußerlich wenig gehobene Stellung b'> Schutzmannes. Während die gleichzeitig mit ihm von der Truppe ausscheidenden Kameraden, die zu anderen Behörden übertreten, bald den Rang von Subalternbeamten erreichen, hleibt er als Schutzmann und Wachtmeister immer Unterbeamter. Das schreckt staglos eine große Anzahl von Beamten vor längerem Bleiben in der Polizeitruppe zurück. Würde man dagegen den in die Berliner   Schutzmannschaft eintretenden Beamten gleich oder nach abgelegter Probezeit Rang und Gehalt der Polizeiwachtmeister verleihen und sie dann zu Polizeiobcrwachtmeistent mit dem Range als Subalternbeamten aufrücken lassen, so würde man nicht nur einem langgehegten Wunsche der Polizeiunterbeamten entsprechen, sondern auch eine erheblichere Beständigkeit innerhalb der Polizeitruppe erzielen. An letzterer kann aber nur allen be- teiligten Kreisen, namentlich aber dem Publikum, gelegen sein, und sicher wäre ein solches Geschenk für die Schutzmannschaft im wahrsten Sinne des Wortes eine Ehrengabe. Der russische Offiziosns über den Wahlrechtskampf in Preußen. Der Berliner   Korrespondent des Organs StolypinS, derRossija" zu Petersburg  , verbreitet sich in einem ziemlich gut orientierten Artikel über den WahlrechtSkampf der So» zialdemokratie in Preußen.Es ist schwer" schreibt ersich in allem zurechtzufinden, was in diesen Wochen in Deutschland   vor- geht. Eines ist klar, alle diese Massenversammlungen, Umzüge, Straßendemonstrationen legen Zeugnis ab bon einer solchen Volks st inimung, bei der eine Explosion nicht mehr fern ist und durch einen zufälligen Funken her- vorgerufen werden kann. Und nach den mehr als einmal gemeldeten blutigen Znsammenstößen zu urteilen, kann man befürchten, daß die Nervosität oder der übermäßige Eifer der Polizei zum Teil dieser Funke sein könnte.... Im allgemeinen gewinnt man den Eindruck, daß die Demonstrationen ruhig und würdig verliefen, wo sich die Polizei Zurückhaltung auferlegte." Zn einer Schilderung der Demonstrationen im ganzen Staate übergehend, bemerkt der Korrespondent voll Besorgnis:In der Tat nehmen diese Demonstrationen und Maffeimmzlige an Umfang und Zahl immer mehr zu. Jeder Tag bringt Nachrichten über Dutzende von ihnen, und man staunt nur, woher alle diese Taufende, Zehn« tausende. Hunderttausende von Menschen kommen. 3000, 2000, 1000 kleinere Zahlen findet man nicht auch wenn nur von kleinen Städten oder gar Städtchen die Rede ist." Und melancholisch bemerkt der Korrespondent zum Schluß:Offenbar ist in dem so gut fundierten Deutschland   irgendetwas nicht in O r d n u n g." Diese Würdigung erhält dadurch besonders Bedeutung, daß sie in einem russisch-osfiziösen, erzreaktionären Blatt erscheint._ Demokratische WahlrechtSdemoustration in Berlin  . Der Berliner   Verband der Demokratischen Vereinigung hat beim Magistrat von Berlin   die Freigabe des HumboldthaineS zu einer P e r s a rn in l u n g unter freiem Himmel beantragt. Die Versammlung soll sich mit der Wahlreform beschäftigen. Die Entscheidung des Magistrats ist noch niwt gefällt, ebenso wenig ist bekannt, ob die Polizei versuchen wird, dieser Demonstration Schwierigleiten zu bereiten. Die Militärbehörde und der Kampf des Volkes um Freiheit und Recht. Km Mittwochabend fand im größten Lokale Hamburgs  , in Sagebiels Etablissement, eine von 10000 Personen besuchte Volks- Versammlung statt, deren Tagesordnung lautete:»Der Kainpf des Volkes um Freiheit und Recht", Die Militärbehörde hatte zu dieser Versammlung eine Riesenreklame gemacht, indem sie am ersten Ostertage daS Ansinnen an die Verwaltung deS Lokals stellte, dieangekündigte sozialdemokratische Volks- Versammlung durch Entziehung deS SanleS zu verhindern". Die Verwaltung, die erst vor wenigen Monaten Frieden mit der Ham- burger Sozialdemokratie geschlossen hat und jetzt ihre Räume jeder Partei zur Verfügung stellt, bot dem Militärterror die Spitze, worauf über das Lokal der Milltärboykott verhängt wurde. Der Referent Reichstagsabgeordneter Ledebour   nahm diesen Versuch der Militärbehörde, die staatsbürgerlichen Rechte durch Drangsalierung von Lokalinhabern zu eskamotieren, sarkastisch unter die Lupe und schilderte ihn als einen Ansfluß des in Preußen- Deutschland   herrschenden Bevormundungsgeistes, gegen den energisch sich aufzulehnen Pflicht aller freiheitlich gesinnten Männer und Frauen sein müssei Der Redner erntete donnernden Beifall. Die verpuffteOrdnungS"-Aktton der Militärbehörde hat fich wieder einmal als die Kraft erwiesen, die das Böse wollte, aber daS Gute schaffte. In der Versammlung waren sicher viele Personen, die die terroristische Maßnahme in diese Versammlung getrieben hatte und die nun von der verpönten Frucht genossen haben, die nach weiterem Genuß reizt. Nur ein einziges Hamburger Blatt, dieNeue Hamb. Zeitung", schlägt gegen den Militärterror einige energische Töne an. indem eS u. a. schreibt:Wir wissen, daß die(Militär-) Behörde damit einer ministeriellen Vorschrift Folge leiste« und deshalb also auf höhere Weisung gehandelt hat. Dieses Beispiel zeigt uns aber, wohin eS führt, wenn fich die Militärbehörde als politische Ober- aufsichtS» und Ma ß r eg e lu n g Sste lle für Wirte und Saalbesitzer aufspielt." Weiter bezeichnet diese» freisinnige Organ das Vorgehen der Militärbehörde als eine wirtschaftliche Vergewaltigung. Ein Mitstrebender JagowS. Der Ruhm des Herrn v. I a g o w läßt seinen Kollegen in Breslau   nicht schlafen. Der dortige Polizeipräsident war. wie unS von dort geschrieben wird, während der Berliner  Straßendemonstrationen in Berlin   Gast des Herrn von Jagow. Und wie dieser sich räuspert und wie er spuckt, das hat er ihm treulich abgeguckt. Zunächst bewies er das durch die Art. wie er plötzlich nach Jagowschem Muster Versammlungen unter freiem Himmel vor» bot. Dann durch die Art der Absperrungen der Stadt während der Demonstrationen. Den Gipfel des Jagowschen Ruhmes aber erblickte Herr v. Oppen in der schneidigen Art, mit der Herr V. Jagow in demVorwärtS"-Redak. teur denVeranstalter" deS Wahlrechtsspazierganges erblickte. DaS war doch eiwaS l Ganz Europa   hat zwar darüber gelacht aber es war doch etwas I Und so setzte sich denn auch Herr v. Oppen hin und diktierte seinem Sekretär eine Anzeige gegen den Parlcisekretär Neukirch und den Redakteur Löbe von der Volksmacht" in die Feder. Eine Anzeige wegen nichtgenehmigler Veranstaltung eines Umzuges I Diese beiden Genossen sind natürlich ebens oioenig wie derVorwärts" und Genosse Ernst in Berlin   Veranstalter eines Umzuges schon weil der Unizug gar nicht stattgefunden hat, sondern bis heute nur in der Phantasie der Polizei besteht. Die beiden Genossen haben lediglich das Verbrechen begangen, einen P o l i z e i k o m m i s s a r Schmidt, der einige Hundert VersaminlnngS- besuch« partout nicht in ihre Wohnungen hineinlassen wollte, der gerade die Straßen, in welchen die Leute nachweislich wohnten, absperren und gegen alle nach Hause Gehende blank ziehen ließ, zur Rede zu stellen. Weil man nach dem Einspruch dieser beide» Stadtberordneten da? Publikum in Ruhe lasten mußte, macht die Polizei flugs aus diesen in zerstreuten Gruppen heim- kehrenden Leuten einenUmzug" und auS den zwei Mahnern, die das Publikum gegen dieSchntz"leute in Schutz zu nehmen sich erdreisteten, zweiVeranstalter" deS Umzuges! Was soll nun Europa   tun? Und wird sichs Herr v. Jagow ruhig gefallen lassen, daß ihm hier sein strebsamer Kollege die Butter vom Brote nimmt? Wird er dies Heldenstück nicht zu über- trumpfen riskieren?_ Nationalliberale Erkenntnis. In einem Artikel über den jüngst in Berlin   abgehaltenen .Kulturtag" warnt dieKölnische Zeitung  " den Liberalismus davor, sich mit derartigen gegen die katholische Kirche gerichteten Bestrebungen zu identifizieren, da sonst daS Zentrum darin den will- kommenen Anlaß erblicken werde, über Kulmrkämpferei zu schreien- Weiter heißt es: Der UltramontaniSmuS aber ist eine um so gefährlichere politische Macht, weil er es meisterlich verstanden hat, einen tadel- los arbeitenden kirchlichen Apparat seinen Zwecken dienstbar zu machen; er widersetzt sich jedem Kultursortschritt, weil er davon eine Schwächung seines Einflüsse» auf die Massen fürchtet. Dieser UltramontaniSmuS muß vor allem a u f P o l i t i s ch e m und wirtschaftlichem Wege niedergekämpft werden, und die Stelle, wo er sterblich ist, ist die A r b e i t e r w ä h l e r s ch a f t des Zentrums. Sie muß über die politischen und Wirtschaft- licken Pläne des Zentrums aufgeklärt werden." Die Nationalliberalen haben in dieser Beziehung doch etwas gelernt, indem sie das Törichte ihrer Kulturkämpferei in den siebziger Jahren eingesehen haben. Auch haben sie mit Recht erkannt, daß die Bekämpfung des UltramomaniSmus vor asten Dingen auf politi- schein Gebiete, d. h. dadurch zu erfolgen hat, daß man dem Zentrum Abbruch tut. Leider aber folgt dieser Erkenntnis nicht die Ausführpng, wie der Wahlkampf in Mülheim-Wippersürlh-Gum- merSbach gezeigt hat, indem dort die Nationolliberälen in der Stich- ivahl, wo das Zentrum geworfen werden konnte, schmählich der- sagten. Und wenn weiter das nationalliberale Blatt bemerkt,� daß es vor allen Dingen darauf ankomme, die katholische Arbeiterwähler- schaft aufzuklären, dann sollte es den Nationalliberalen empfehlen, der Sozialdemokratie freien Spielraum zu lasse», denn diese ist zur Aufklärung der katholischen Arbeiter durch ihre politische und gewerk- schaftliche Tätigkeit jedenfalls eher berufen als nationalliberale Kommerzieuräte und Professoren. Wahlrechtskampf in Anhalt. Im Herzogtum Ankialt, wo ein kompliziertes Wahlunrecht die Arbeiterschaft und das Bürgertum entrechtet, leitet die Sozialdemo« kratie in Verbindung mit der Demolratischen Bereinigung einen Wahlrechtsfeldzug ein, der am Sonntag nut großen Versammlungen unter freiem Himmel zu Dessau   und Bernburg   einsetzen soll. Auch die neue Fortschriftliche Bolkspartei ist durch die Demokratische Vereinigung   zur Teilnahme an der Kundgebung aufgefordert worden, ist aber sofortschrittlich" gewesen, abzulehnen, weil sie durch die Kritik an den Blockheldentaten und ähnlichem zu sehr 6t» leidigt worden seil_ Tagungen des Bundes der Industrielle». Der Bund der Industriellen hält in den nächsten Tagen in Berlin   verschiedene Sitzungen ab, i» denen er unter anderm Stellung nehmen wird zu den neuen Geietzesvorlagen im Reichstag. Am 4. April wird nach der Entgegennahme des Geschäftsberichts für das verflossene Jahr Fabrikbesitzer Luboldt-Gera über die neue Reichs- verficherungSordnung referieren. Reichstagsabgeordneter Slresemann spricht über: Die gegenwärtigen Aufgaben der Handelspolitik und die Znsammensetznng des wirtschaftlichen Ausschusses und Syndikus Dr. Schneider-Berliu über das Arbeitskammergesetz und die Novelle zur Gewerbeordnung. Einen weiteren Punkt der Tagesordnung bilden die Anregungen des Vereins deutscher Arbeitgeberverbände, betreffend StreikentschädigungSgesellschaft und Arbeitsnachweis. Im Anschluß hieran findet dann am b. April im ReichStagsgebäude   eine Besprechung mit Reichstagsabgeordneten und RegierungSvertretern über das Heimarbeitergesetz statt. Am 18. April wird eine außer- ordentliche Generalversammlung des Bundes der Industriellen m Berlin   folgen._ Tuberknlinimpfung. DieAllgem. Fleischerztg." fordert aus Anlaß der Tatsache, daß ein großer Teil der auS Dänemark   eingeführten Rinder in den schleswig  -holsteinischen Ouarantäneanstalten von den Tierärzten für tuberkulös erklärt worden ist, eine erneute wisienschastliche Prüfung, ob die Reaktion auf die Tuberknlinimpfung überhaupt ein zuver- lässiges Mittel zur Feststellung der Tuberkulose ist. Solange wie die Tuberkulinimpfung besteht, ist sie von den Sachverständigen an» gefochten worden als ein Experiment von höchst zweifelhaftem Werte. Dafür spricht mit größter Beweiskraft die Tatsache, daß Rinder, die auf die Impfung reagierten, nach der Schlachtung sich als gesund ergaben und umgekehrt. DaS gleiche ergeben die ungeheuren Schwankungen in der Zahl der auf Jmpsimg tuberkulös befundenen Rinder. Nun findet urplötzlich eine ganz ungeheuer vermehrte Fest- stellung von Tuberkulose   bei den geimpften Rindern statt. Ja. wie geht das zu? Hat sich das importierte Material über Nacht so verschlechtert? Viel näher liegt doch der Gedanke, daß dieses Ergebnis auf die Art der Impfung selbst zurück» zuführen ist. WaS soll man aber von einer Methode halten, die in der Hand deS einen Beamten dieses Resultat hat. von einem anderen angewandt, zu dem entgegengesetzten Resultat führt? Gewiß, der beamtete Tierarzt konnte nicht anders nach den nun einmal geltenden Bestimmungen, als die auf die Impfung reagierenden Tiere zurück- weifen. Aber daS Vorkommnis der so plötzlich vermehrten Reaktion muß die alten Zweifel an dem Wert der Tuberkulinimpfung nur um so mehr verschärfen. Bei den großen wirtschaftlichen Werten, die hier in Frage stehen und der Wichtigkeit der Sache für die Fleischveisorgung ist deshalb�dringend notwendig, daß sofort eine erneute gründliche Prüfung der Tuberkulinimpfung veranlaßt wird. In den Tod getrieben! (Das Martyrium eines Rekruten.) Erst vor kurzem fanden 200 Soldatenmißhandlungen, die beim Ulanenregiment Nr. l? in Oschatz   vorgekommen waren, ihre Sühne, und jetzt waren schon wieder Mißhandlungen und Schikanen bei demselben Regiment Gegenstand einer umfangreichen Verhandlung vor dem Kriegsgericht in Dresden  . Diese Mißhandlungen m'w. haben aber ein junges, blühendes Menscheulebeu zur Ber- zweiflung und in den Tod getrieben! Am 22. Februar d. IS. wurde im Oschatz  « Stadtpark der Rekrut Herrmann erhängt aufgefunden. Die sofort angestellten Erörterungen über die Ursache zum Selbstmord ergaben, daß schwere Mißhandlungen voran gegang e n waren. Als der Schinder wurde derGefreiteTreutzfche von der 4. Eskadron deS genannten Regiments in Hast genommen und hatte sich jetzt wegen Ungehorsams, ivodurch ein erheblicher Nachteil, nämlich der Selbstmord eines Soldaten, herbeigeführt worden ist und wegen Anmaßung von Befehls« befugnissen zu verantworten. Da der Angeklagte die Miß- Handlungen nicht als Vorgesetzter begangen hat, war zur Straf- Verfolgung wegen einfacher Körperverletzung Strafantrag der Rekruten notwendig. Diese lehnten es aber aus Furcht vor dm alten Leuten" ab, Strafantrag zu stellen» weshalb die Miß- Handlungen uligesühut bleiben!! Wie der Angeklagte die Rekruten geschunden, gequält und schikaniert hat,«gibt sich auS folgendem: Der Rekrut Herr« mann wurde bei zirka 20 verschiedenen Gelegenheiten geschlagen und geohrseigt.»Ich Hab'» bald