Einzelbild herunterladen
 
  
satt, denn mir geht'S am schlechtesten von Euch allen", sagte eineö TageS Herrmann. Die Mißhandlungen gingen aber immer weiier. Einige Tage vor dem Selbstmorde wurde er mit der Klopfpeitschen»d dem Lanzenriemen geschlagen, auch mit einemRohrstock traktiert. Mißhandlungen, die sich am Selbstmordtage früh abspielten, schlugen dem Faß den Boden aus. An diesem Tage wurde er nochmals geohrfeigt, mit Lanzenriemen und Klopfpeitsche geschlagen undSchwein" genannt. Bald danack entfernte sich der Gewiß- handelte und beging auf dem Wege nach dem Reitplatz Selbst- m o r d durch Erhangen. Der Rekrut Hoffmann wurde in IS Fällen geichlagen und geohrfeigt. Einige andere wurden ebenfalls in i t Rohrstock. Lanzenriemen und Klopspeitsche ge- schlagen. Mehrfach mußten die Rekruten bis Mitternacht putzen! Auf Befehl des Gefreiten mußten zwei Rekruten nachts 2 Uhr st!) mit geputztem Sattelzeug an das Bett des Angeklagten treten!! In vielen Fällen wurden die Rekruten vom Essen gejagt! Der unglückliche Herrinann wurde eines Tages mit der Klopfpeitsche vom Eßtisch gejagt und in den Stall getrieben!! Tagelang wurde Herrmann vom Angeklagten ain Essen gehindert. Eine ganze Anzahl weiterer Quälereien stehen iutter Anklage, werden aber alle nur als Ungehorsam aufgefaßt! In der Verhandlung wurden die Schindereien einwandfrei festgestellt. Von einigen Zeugen wurde der Ueber- zeuguug Ausdruck gegeben, daß die Mißhandlungen die Veranlassung zum Selftmord wäre n. Während der Ritt m e i st e r früher derselben Ansicht war, erllärte er in der Verhandlung auf Befragen nach einigem Schweigen, daß Herr- mann keine Lust zum Dienst gehabt habe!! Den Gefreiten schilderte er als einen sehrdiensteifrigen" Vor- gesetzten! Der Angeklagte gab zu,einigemal" geschlagen zu haben, erhöbe aber nur die Rekrutenrichtig erziehen" wollen! Nach seiner Meinung habe sich Herrmann aus Furcht bar Strafe das Leben genommen!Ich glaube bestimmt, daß sich Herrwann das Leben genommen hat, weil er täglich geschlagen wordeu ist," erklärte einer der Zeugen! DgS Kriegsgericht verurteilte den Angeklagten zu 4 Monaten Gefängnis! ES hat als erwiesen angenommen, daß die fortgesetzten Mißhandlungen in Herrmann das Motiv zum Selbstmord ge- wescn sind und mit Rücksicht darauf, daß durch die Quälereien weitere derartige Gefahren hätten herbeigeführt werden können, auf obige Strafe erkannt. Beantragt waren 6 Monate Gefängnis I .. Breslauer Richter und Schutzleute. Weil er einen nach Meinung einiger Passanten angetrunkenen Schutzmann, der wild mit dem Säbel um sich gehauen und Vor- übergehende mit«Vagabunden" usw. tituliert hatte, kritisierte, erhielt Genosse Wichard. Schiller als früherer perantwortlicher Redakteur der BreslauerVolkswacht" 3 Monate Gefäng- n i s l Der Staatsanwalt hatte nur 2 Monate beantragt. Ein Stroßendemonstrant wurde am Sonnabend zu IS M. Geldstrafe verurteilt, weil er angeblich mit seinem Rade nicht schnell genug vorwärts gegangen war, als ein Schutzmann das verlaugte. Der Schutzmann hatte den Alann ohne jeden Grund (er konnte im Gedränge mit seinem Rode gar nicht vorwärts) den Rücken mit seinen Fäusten bearbeitet. Herr v. Ger   lach-Berlin   war Zeuge des Vorfalles, teilte seine Wahr  - nehmungen much dem Präsidenten mit, der sie der Staatsanwalt- schaft übergab. Der Staatsanwalt aber, der bekanntlich nur die eine Aufgabe kennt, dieWahrheit zu ermitteln", lud Herrn v. G. nicht als Zeugen, sondern lieh den mißhandelten Arbeiter eiligst verdonnern.. In der Berufungsverhandlung wird er nun gefragt werden, weshalb er diesen der Polizei unangenehmen Zeugen und eine ebensolche Zeugin nicht geladen hat. Aber: Nur ein Barr wartet auf Antwort!_ franhmcb. Das NterSvcrsorgungsgesetz angenommen. Paris  , 31. März.(W. T. B.) Die Deputiertenkam- mer hat allen Artikeln deS AltersverforgungsgescheS in der vom Senat beschlossenen Fassung zugestimmt und darauf mit SM gegen 4 Stimmen das Gesetz im ganzen angenommen. Italien  . DaS neue Kabinett. Ro«, Sl. März. DIe.Agenzia Stefani" veröffentlicht die Liste des neuen Kabinetts, die mit der gestern gemeldeten übereinstimmt. Das Ministerium für Landwirtschaft ubernimmt Raineri. Englancl. Die Beto-Resolntioneu. Lonbap, 31. März. Unterhaus. Premierminister ASquith  kündigte an. er hoffe, daß die allgemeine vorläufige Diskussion der das Vetorecht der LordS betreffenden Resolutionen am 4. April beendet sein werde. Die Regierung werde am S. April einen Borschlag vorlegen, für die Bemessung der Zeit zur Dis- kusfion der Veto-Resolutionen, sowie die Veto-Resolutionen an- genommen seien. werde die Regierung eine Resolution vor- schlagen, welche die auf die Diskussion deS Budgets 1900/1910 zu verwendende Zeit regele. Dann begann die Debatte über das von der Opposition beantragte offizielle Amendement. Rußland. Der Todesstoß gegen Finnlands   Freiheit. Der Zar hat in seinem am Ostersonntag unterzeichneten Manifest den Schlußstein zu dem Werke gelegt, Finnland   im Bunde mit seinen Helfershelfern in eine russische Provinz zu ver- wandeln. Die Vorschläge der russischen Mitglieder der russisch- sinnischen Kommission, die von einem ihrer Autoren durch den Hinweis begründet wurden, die Staaten seien nicht durch Worte, sondern durch Blut und Eisen begründet worden, sollen nun mit geringen Aendcrungen in einem Gesetzentwurf der Duma und dem Reichsrat vorgelegt werden. Bei der ultrareaktionären Zusammensetzung der vom Staatsstreich geborenen Duma ist die Einbringung eines solchen Gesetzentwurfes natürlich die reinste Farce. Ebensowenig Bedeutung hat der Passus des Zaren- manifestes, daß es dem finnischen   Landtag gestattet sei, inner- halb eines Monats ein Gutachten über den Inhalt des Gesetz- entwurfes abzugeben. Diese Aeüßerlichkeiten können niemand über die Tatsachen hinwegtäuschen, daß die Eroberung Finnlands  durch den russischen Gendarmen die völlige Vernichtung der vom Zaren beschworenen Verfassung, die Etablierung der russischen Knutenpolitik in Finnland   schon jetzt beschlossene Sache ist. Für die EntWickelung Rußlands   in den Jahren nach der Niederwerfung der Revolution kommt dieser Gewaltstreich keines- Wegs unerwartet. Auch die Konterrevolution hat ihre innere Logik, die die siegreiche Reaktion zu einer steten Gefahr für den Frieden, für die Kultur macht. Das Volk soll-über die trostlose Lage im Innern durch äußere Erfolge hinweggetäuscht werden. Bei den» völligen Niedergange der äußeren Macht Rußlands   blieb den russischen Expanstonöpglitikern nur Finnland  , um zu den Siegen  " über das eigene Volk einen neuen glorreichen Sieg über da« unter russischer Oberhoheit stehende finnische Volk zu fügen. Daß Nikolaus II.  , unterstützt von den herrschende».Parteien, einen Schritt gewagt hat, bor dem all seine Vorgänger seit Alexander I  .. die gleich ihm die Sonderrechte Finnlands   feierlich beschworen hatten, zurückgeschreckt sind, ist für diekonstitutionelle" Eni- Wickelung des heutigen Rußlands   ebenso charakteristisch, wie die Unverfrorenheit, mit der der Zar internationale Verträge um- stößt und auf die öffentliche Meinung Europas   pfeift. Offiziöse Soldschreiber sind nun eifrig an der Arbeit, um den Rechtsbruch des Zaren durch fadenscheinige juristische Gründe zu rechtfertigen. Aber nach den Darlegungen der finnischen   Mit- glieder der rujsisch-finnischen Kommission, den Erklärungen der Parteien im finnischen   Landtage, den Deklarationen der deutschen  , österreichischen und holländischen Gelehrten und dem internationalen Gutachten über die finnische Frage, die eine Reihe der namhaftesten Völkerrechtslehrer kürzlich in London   fällte, erübrigt es sich, auf die rechtliche Seite der Frage einzugehen. Sie alle stellen fest. daß die Autonomie Finnlands   kein vorübergehendes Privileg, sondern ein gesetzliches Recht sei, und daß die Kompetenz des finnischen   Landtages nur mit seiner Einwilligung geändert werden dürfe. Nur daß hierin nicht der Schwerpunkt der Frage liegt. Obgleich die europäischen   Mächte den finnischen   Ver- fassungskämpfen ein größeres Interesse entgegenbringen als den russischen, weil die Russifizierung und Militarisierung Finnlands  bei seiner strategischen Lage eine Kräfteverschiebung zu- gunsten Rußlands   bedeutet, so ist doch auf eine Unter- ftützung Europas   nicht zu rechnen. Das wissen natürlich auch unsere sinnischen Genössen, denen die Führung im Kampfe gegen den Zarismus zufällt. Sie begrüßen mit Genugtuung das Ein- treten der europäischen   Gelehrtenwelt für die Rechte Finnlands  , das dem Zarismus die Möglichkeit raubt, seinen Gewaltakt durch quasi wissenschaftliche und historische Gründe zu rechtfertigen und ihn zwingt, seine Blut- und Eisenpolitik offen vor aller Welt zu proklamieren. Aber im übrigen sehen sie ihr Heil nicht in ver- gilbten Akten und papierenen Verträgen, sonder» appellieren an das sinnische Proletariat, sein Recht im hartnäckigen Kampfe zu behaupten. Ranada. Auf dem Wege zum Imperialismus. Ottawa  » 31. März. Finanzminister Fielding erklärte im Hause der Geineinen, ein Ergebnis deS Zollabkommens mit den Vereinigten Staaten   sei die Anerkennung des Rechts der englischen Kolonien, s ich Vorzugszölle einzuräumen. Kaiwda habe es abgelehnt, den Vereinigten Staaten für die ganze Reihe der im Zollvertrag mit Frankreich   ent- holtenen Artikel ermäßigte Zollsätze einzuräumen, und sich das Recht vorbehalten� Gegenseitigkeitsverträge mit anderen Ländern ohne Be- rückstchtigung der amerikanischen   Zollgesetze abzuschließen. Präsident Taft habe den dringenden Wunsch ausgedrückt. Verhandlungen zum Zwecke weiterer gegenseitiger Handels- abmochungen zu eröffnen und versprochen, dem Kongreß diese Politik zu empfehlen. In der Tat ist die Anerkennung der Vorzugszölle ein sehr wichtiger Erfolg nicht nur Kanadas  , sondern der englischen imperialistischen Politik. Beruht doch der Plan ChamberlainS auf der Möglichkeit, England und feine Kolonien dadurch zu eineni riesigen einheitlichen Wirtschaftsgebiet zusammenzufassen, daß daL britisch«-Weltreich sich gegen das Auülaud mit einer Schutzzollmauer umgibt, während innerhalb des Reiches die einzelnen Teile stark ermäßigte Zollsätze genießen. Die Anerkennung der Vorzugstarife durch Amerika   wird den englischen Imperialisten als wichtiges Ar- gument gegen die Einwände der Freihändler dienen. Em der parte!* Parteiliteratur. Im Verlag von J. H. W. Dietz Nachf. in Stuttgart   ist soeben erschienen: Theorien über de» Mehrwert. Aus dem nachgelaffeuen ManuskriptZur Kritik der politischen Oekonomie" von Karl Marx  . Herausgegeben von Karl Kautsty. Band III (Schlußband). Der dritte Band enthält: Von Ricardo zur Vulgär- ö k o n o m i e. XVI und 602 Seiten. Preis broschiert 7,50 ge- bunden in Leinen 8 M., in Halbfranzband 9 M. Bereits erschienen sind: Erster Band. Die Anfänge der Theorie vom Mehrwert bis Adam Smith  . Zweite Auflage. XX und 430 Seiten. Preis broschiert 5,50, in Leinen gebunden 6 M.. in Halbfranzband 7 M. Zweiter Band. Erster Teil. David Ricardo  . Zweite Auflage. XU und 344 Seiten. Preis broschiert 4,S0 M.. in Leinen gebunden 5 M in Halbfranzband 6 M. Zweiter Band. Zweiter Teil. David Ricardo  . Zweite Auflage. VI und 884 Seiten. Preis broschiert 5 M., in Leinen gebunden S,S0 M., in Halbfranzband 6,S0 M. Im Verlage der Buchhandlung Vorwärts, Berlin  , erschien: Die Wahlrechtsvorlage. Verhandlungen deS preußi» schen Abgeordnetenhauses nachdem amtlichen Steno- g r a m m der Sitzungen vom 10. bis 12. Februar 1910. Heraus- gegeben von der Landesko in Mission der preußischen Sozialdemokratie. Preis 60 Pf. Die Broschüre, die u.a. auch diegroßzügige" Rede deS preußi­schen Ministerpräsidenten von Bethmann Hollweg   und seine Be- gründung der Wahlrechtsmißgeburt enthält, dürfte unseren Genossen im Kampfe für das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahl- recht gute Dienste leisten. Führer durch das preußische Einkommensteuergesetz. Von Arbeiter- sekretär Rudols W i s s e l l. Zweite ergänzte Auflage. Preis 30 Pf. Biblische Geschichten. Von Max Maurenbrecher  . Heft 6: Die Propheten. Skizze der Entwickelung der israelitischen  Religion. Jedes Heft ist für sich abgeschlossen und kostet 1 M, Volks- ausgäbe 40 Pf. Im Verlag von B i r k u. C o., G. m. b. H.. München  , er- schien: Handbuch der sozialdemokratische» Parteitage 18681909. Von Wilh. Schröder. Heft 7 und 8. Es werden darin behandelt: GewerkichaflsbewegungGleichheit"(Frauenzeitschrist) Handels- Hilfsarbeiter Hausindustrie Impfzwang Inserate guter- nationale Beziehungen der Partei Jugendbewegung Kalender Karlelle Kausmannsgerichte Kinderschutz Kohlennot Kolonialpolitik Kommunalpolitik Kompromisse mit bürgcr- lichen Parteien Kontrollschutzmarke Krankenversicherung Landarbeiterfrage._ Ein sozialdemokratischer Standesbeamter. Di« Regierung der Pfalz   hatte, wie toir seinerzeit meldeten. die Anstellung eines dritten Adjunkten als Standesbeamten in Kaiserslautern   nicht genehmigt unter der Begründung, daß hierfür kein Bedürfnis vorliege. Auf die Beschwerde de» Stadtrates an das S t a a t s m i n i st e r i u m ist nunmehr der Beschluß der Regierung verworfen und Genosse Schmaller nls Standesbeamter bestätigt worden. Personalien. Für dleFrSnkischeTag«Spost"tnNürn- b e r g wird zum 1. Juli ein Chefredakteur gesucht. Genosse Kurt Et s n e r legt die Chefredaktion am I. Juli nieder. Unsere Tote«. In München   ist Genosse Karl Götzenberg er im Mer von S4 Jahren auS dem Leben geschieden. Er gehörte der Partei seit ihrem Besteben an. Unter dem Ausnahmegesetz sowohl als später hat er stets in den vordersten Reihen der Partei gekämpft und iyr manchen wertvollen Dienst geleistet. Der Klassenstaat wertete einmal diese seinemnstürzlerische Tätigkeit" mit sechs Mo­naten Gefängnis, die Götzenberger in Laufen verbüßen mußte. Er war einer der Gründer des alten Maurerbundes, als dessen Kassierer er mit der Polizei manchils Tänzchen zu bestehen hatte. Nach der Umwandlung der Lokalorganisation in eine Zahlstelle des Zentral- Verbandes der Maurer Deutschlands   übernahm er den Borsitz der Zahlstelle, bis er als Baukontrolleur Anstellung fand. In Götzen- berger verliert die Arbeiterbewegung einen selbstlosen, wackeren Streiter- polizeiliches, gerichtliches ulv» Eine Freisprechung. DaSHamburger Echo" hatte seinerzeit ein Urteil deS Oberkriegsgerichts deS IX. Armeekorps einEntsetzen er« regendes" genannt. Darauf wurde Genosse K ö p k e wegen Bei e i d i g u n g des O b e r kr i e g s g eri ch t s angellagt. Das kritisierte Urleil hatte folgende Geschichte: Am 20. Januar 1909 wurde der Husar Henke vom Kriegsgericht der 36. Division wegen Simulation und wissentlich falscher Anschuldigung in Verbindung mit verleumderischer Beleidigung Vorgesetzter zu vier Monaten Ge- fängnis verurteilt- Das Gericht hatte ihn schuldig erachtet, Geistes- krankheit simuliert und Umeroffiziere fälschlich der Mißhandlung Untergeb»ner beschuldigt zu haben. Gegen dieses Urteil legte der Kriegsherr Berufung ein. weil ihm die Strafe nicht hoch genug er- schien. Das Oberkriegsgericht des IX. Armeekorps hob das Urteil in der Tat auf und erkannte entgegen dem auf zehn Monate lautenden Antrage des Anklagevertreters auf drei Jahre sechs Monate Gefängnis, die später in der Revisionsinstanz aus drei Jahre herabgesetzt wurden. Am 3V. März wurde die Anklage gegen den Genossen Köpke vor dem Landgericht in Hamburg   verhandelt. Gonosse Köpke erklärte, datz er gegen die Stichmarke kein Bedenken gehabt habe, er habe es subjektiv als Entsetze» erregend empfunden, daß ein nach dem Sachverstäiidigeugutachten des Professors Dr. Buchholz geistig minderwertiger Mensch zu einer so schweren Strafe verurteilt worden sei, nachdem die erste Instanz eine Ge- sängniöstrafc von vier Monaten für eine ausreichende Sühne er- achter hatte. Das Urteil des Obcrkriegsgerichls einschließlich der Sachverständigengmachken deS Professors Dr. Buchholz und dreier anderer ärztlicher Sachverständiger wurde verlesen. Nach dieser Verlesung erklärte der Staatsanwalt Dr. Schön, daß er die Anklage nicht aufrecht zu erhalten vermöge, da er eine strafbare Beleidigung weder in dem durchaus ob- jektiv gehalteneu Bericht noch in der Ueberschrift zu erblicken vermöge, er beantragte daher Freisprechung. Nach ganz kurzer Beratung erkannte das Gericht ans Freisprechung und dem Antrage des Verteidigers gemäß Uebernahme sämtlicher Kosten, einschließlich der notwendigen Auslagen deS Angeklagten, auf die Staatskasse. Ao�iales. Betrügerische Lieferungen seitens Innungen. Der Armenrat in Nürnberg   hatte die gesamte Brot« lieferung für städtische Anstalien der Nürnberger Bäckermeister» Innung übertragen. In letzter Zeir mußten wiederholt einzelnen Meistern' die Lieferungen öntzogen werden, weil die Herren U N- aenießbar es Brot ablieferten. Nachdem das beirügerische Treiben dann von anderen Meistern der Innung fortgesetzt worden war, beschloß nun der Armenrat, alle J'nnungS- meiste» von den städtischen Lieferungen auS- zuschließe» und gegen einen, der sich nicht damit begnügt hatte, minderwertige Ware zu liesern, sondern die Stadt auch noch im Gewicht betrogen,(bei 1 Kilo« gramm Brot gleich 130 Gramm Mindergewicht l!) Strafautrag wegen Betruges zu stellen. Bezeichnenderweise gaben die Bäcker- nieffter nur an die Armen anstatt minderwerügcS Brot, während die Lieferungen für andere Institute der Stadt nicht zu beanstanden waren. Jetzt klagen die Freunde der unreellen Jimungsbrüder'ber Unfreundlichkeit der Stadt gegenüber dem-- Mittelstand Unentgeltliche Beerdigung in der Schweiz  . Im Kanton Thurgau   kostete im Jahre 1909 die unentgeltliche' Beerdigung insgesamt 68 270 Fr., wovon 31 377 Fr. der Staat und 36 898 Fr. die Gemeinden trugen. Da der Kanton Thurgau   zirka 120 000 Einwohner zählt, so belastet diese ichätzenswerte soziale Ein- richtung jeden im Durchschnitt- mit nur rund 50 Cts. Wie groß ist aber die Erleichterung, die die uneutgeliliche Beerdigung bei einem Todesfälle in einer Arbeiterfamilie gewährt. Typhus der Tunnelarveitcr. In Goppenstei» an» südlichen Teil des LötschbergtunnelS(Kanton Bern  ) herrscht unter der zahlreichen Arbeiterschaft, die mit ihren Angehörigen«ine Kolonie von zirka 2000 Personen zäblt, der Typhus, der durch schlechtes Wasser wie durch die elenden UmerkmiflSverhält- niffe der Arbeiterbevölkennig verursacht sein soll. Die Tunnel» Unternehmung soll zur Erstellung von Baracken angehalten werden. Klus der frauenbewegung. Sozialdemokratische FrauenklubS in Holland  . Leeuwarden  , 26. März 1910. Im Lokale der Arbeiter» genossenschaftExcelsior" z» Leeuwarden   wurde am Sonnabend vor dem Parteitage der S. D. A. P. die zweite I a h r e§ v e r- s a m m l u n g des Verbandes Sozialdemokratischer FrauenklubS ab- gehalten. Die Vorsitzende Frau Wibaut-Amsterdam teilte mit, daß neun KlubS vertreten seien; zwei andere, die sich ebenfalls demnächst dem Verbände anschließen wollen, hätten gleichfalls Delegierte gesandt. AuS finanzieller Schwäche konnten sieben weitere Klubs sich nicht vertreten lassen. Zwei Klubs gingen aus Mangel an leitenden Kräften verloren, wie sich überhaupt der Mangel an Rednerinnen und organisatorischen Kräften fühl- bar macht. DaS OrganDe Proletarische Vrouw" machte ans- gezeichnete Propaganda; eS zählt 1648 Abonnenten und hat eine Auflage von 3200 Exemplaren. Leider kümmerten sich selbst voran- stehende Parteigenossen nur sehr wenig um die Arbeit der Klubs. Der sozialdcmolratische Abgeordnete zur Zweiten Kammer, Genosse DuhS. habe sich selbst in der Kammer dahin ausgesprochen, daß er die Frau in den Haushalt zurückwünsche, waS in direktem Wider- spruch mit dem sozialdemokraliichen Prinzip stehe. Auch die Rc- daktion deS ParteiorgansHet Volk" zeige ganz verkehrte Begriffe über das Bestreben deS FrauenklubS. Eine Vertretung auf den Parteitagen wünschen die Klubs ans organisatorischen Gründen, um in enger Fühlung mit der Partei zu bleiben und unter deren Kontrolle ihre spezielle Aufgabe zu erfüllen. Ein Resultat des Wirkens der Franenklubs sei, daß in dem E»t- wurf zur Aenderung der Verfassung mit Bezug auf daS allgemeine Wahlrecht die Forderung des allgemeinen Fraiienwahlrechts, das in dem ursprünglichen Entwurse fehlte, nachträglich aufgenommen worden ist. Auch sei dem Kampfprogramm der Partei die Forde- rung der MutterschastSversichcrung infolge dieses Wirkens hinzu- gefügt. Genossin Fräulein H. Ankersmit referierte überdie Arbeit der Frau in der internationalen Bewegung" und Genossin Frau Wibaut übersozialistische Erziehung". Alle Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt und zum Schlüsse spornte die Vorsitzende die Frauen an, ihre besondere Aufmerksamkeit zu widmen demallgemeineu Frauenwahlrecht.