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Zeitung*, veröffentlicht eine Ministerialverordnung detreffend die Aushebung der Ein- und Durchfuhrverbote für bestimmte Waarcn aus Teuschland, Frankreich  , Belgien  , den Nieder- landen und Rumänien   sowie die Beschränkung dieser Ver- böte gegenüber Rußland. Tie Neuwahlen in Frankreich   sollen nach Zeitungs- Meldungen aus Paris   am 20. August stattfinden. Von der Homerule-Berathung. Bei der fort- gesetzten Berathung des dritten Paragraphen der Homerule- Bill stellte Tomlinson ein Amendement, durch welches die Rechte von Personen, die in Irland   nicht domizilirt sind, der irischen Legislatur entzogen werden sollten. DaS Amen- dement wurde nach längerer Debatte mit LSI gegen 214 Stimmen verworfen. Nach mehrstündiger Debatte wurde mit 291 gegen 25S Stimmen das von Gerald Balfour   eingebrachte Amende- ment abgelehnt, nach welchem die Ernennung von Richtern und Bchördern von den Befugnissen der irischen Legislatur ausgeschlossen werden sollte. Die Regierung hatte das Amendement bekämpft. Die Ausfichten des allgemeinen Wahlrechts in Norwegen  . Aus Christiania   wird telegraphirt: Der Bericht des Konstitutions-Ausschusses enthält zur Stimmrechtsfrage folgende Hauplvorschläge: Die Liberalen des Äusschnsses stiinmen pri;ipiell für allgemeines Stimm- recht, eventuell für sämmlliche Vermittelungsvorschläge. Drei Mitglieder sind für sofortige Gewährung des allgemeinen Stimmrechts an Frauen, Engelhardt und Michelsen sind dafür. daß den Frauen das Stimmrecht nach den jetzt für Männer gellenden Bestimmungen gewährt wird. Die Mitglieder der Rechten und Fretheim stimmen gegen jede Erweiterung des Stimmrechts." Präfident Cleveland   hatte nach einer Meldung aus Washington gestern einem Berichterstatter gegenüber geäußert, er werde den Kongreß zu einer außerordentlichen Sitzung nicht vor dem 1. September, aber auch nicht nach dem 15. Septeniber einberufen. Die Hauptaufgabe des Kongresses werde es sein, eine geordnete Finanzlage zu schassen. Un- nöthiger Beunruhigung brauche man sich nicht hmzugebcn, da man in die großen Hilfsquellen des Landes unbegrenztes Vertrauen setzen dürfe. VsrketnsÄrirlrkett. Seinen 7S. Geburtötag feierte am 31. Mai der Dort- wunder Reichstags- Kandidat unserer Partei, Genosse T ö l ck e. Die Dortmunder   Arbeiter ließen den Tag nicht vorübergehen, ohne dem verdienten Vorkämpfer ihre Sympathien zu bezeugen. Eine noch größere Freude werden sie unserem greisen Genossen dadurch bereiten, daß sie alle Kraft daran setzen, damit er aus der Reichstagswahl am 15. Juni als Sieger hervorgeht. Von der Agitation. Am Sonntag verbreiteten etwa Sl) Parteigenossen aus Heidelberg   und den umliegenden Orten im ganzen Wahlkreise Heidelberg  -Eberbach  -Mosbach  25 000 Wohlflugblätter. Die Organisation dieser Arbeit war, wie die Mannheimer  Volksstimme" mittheilt, so eingerichtet, daß wobl kaum ein Ort des Kreises vergessen wurde. Wenn man bedenkt, daß der Wahlkreis volle 105 Ortschaften umsaßt und einen Größen-Durchmesser von ca. 12 Stunden hat. so kann man sich eine Vorstellung von der Riesenleistung unserer Genossen machen. Ihre Ausnahme war in fast allen Orten«ine sympathische. In vielen Orten meldeten sich Genossen zur Unterstützung und auch mehrere Lokale für Versammlungen wurden gewonnen. Bei den Stadtverordnetenwahlen in Freiburg   i. B.. wo wir bei der vorletzten Wahl 170 und die Gegner(Ultra- montane und Liberale) zusamnien 1600 Stimmen bekomnien hatten, errangen wir diesmal eine Stimmenzahl von 600, wäh- rend die Gegner nur 1100 bekamen. Ein Erfolg, der erhoffen läßt, daß bei der nächsten Wahl die Sozialdemokratie ins Rath- Haus einzieht. » Neber die Wirksamkeit der RegenSburger Sozial­demokraten muß das ultramontaneRegensburger Morgenblatt" mit Schmerz berichten:Leider finden sie überall Unzufriedene, die sich ihnen anschließen und der 15, Juni wird in der schwarzen Provinz" unserer Oberpsalz eine Sprache sprechen, welche Viele in Erstaunen setzen wird." * führt. Außer seinem täglichen Gang nach dem Pensionat Champuis, einem der vornehmsten der Stadt, in dem er den deutschen   Sprach- und Literatur- Unterricht ertheilt, und seinen Streisercien durch das Thal und längs den Ufern des Sees, sitzt er beständig an seinem Schreibtisch. Seine Wirthsleute haben eine stille Verehrung für den ernsten jungen Mann mit den schönen traurigen Zügen, in denen eine schicksalsschwere Vergangenheit geschrieben steht, und die doch wieder so gütig zu lächeln, so viel menschliche Theil- nähme auszudrücken vermögen. Es ist unser Freund Kurt Oettinger, der hier ein stilles Asyl nach dem Sturm, der seine Jugend verwüstet. gefunden hat. Nach zweijähriger Hast ans dem Gc- fängniß entlassen, hatte er vergeblich gesucht, sich im Vater- lande zu halten. An die Griindung einer Existenz oder auch nur an eine bescheidene Unterkunst war nicht zu denken. Eine Stelle als Hauslehrer mußte.er aufgeben, weil die Regierung fand, daßseine Vergangenheit keine Garantie für seine Moralität böte". So hatte er den Wanderstab ergriffen und dem Vaterlande den Rücken gekehrt, um in freierer Lust für die Verwirklichung seiner Ideen zu arbeiten. Eben kehrte er aus der Pension Champuis zurück, in welcher Wohnung zu nehmen er trotz der inständigsten Bitten des Jnstitutsvorstehers entschieden abgelehnt hatte. Er wollte sich nicht in das Joch eines Jnstitutslehrers spannen. Er wollte seine Zeit unbehindert den großen Arbeiten widmen, die er sich vorgesetzt. Das Unterrichten war ihm nur Mittel, nicht Lebenszweck. Die Luft in der Stube war trotz der milden Witterung dumpf und kalt. Er versuchte, sich ein Feuer im Kamin an- zuzünden, kam aber damit nicht gut zu stände. Das Holz mochte nicht ganz trocken sein. Es knallte und schwelte, und der Rauch schlug in die Stube. Als echter Philosoph zur Resignation geneigt, in kleinen wie in großen Dingen, gab er den Versuch, es sich behaglicher zu machen, auf, öffnete Thür und Fenster, um den Qualm sich verziehen*u lassen. und setzte sich, um einen Brief zu lesen, den er bei seiner Rückkehr vorgefunden hatte. Derselbe war von fernem Ver- leger, der ihm über sein erstes größeres sozialwiffenschast- liches Werk Komplimente machte.(Forts, folgt.) Zu den bayerischen LandtagSwahle« schreibt die Münchener Post": Wie wir erfahren, wird mit Ausnahme Münchens   die Wahlkreiseintheilung dieselbe bleiben wie bei der letzten Wahl. In München   mußte angeblich eine kleine Verschiebung stattfinden, damit die 5 liberalen Sitze von München   I. die so wie so schon bedenklich wackeln, besser ge- schützt sein sollen. München   II ist bekanntlich schon als sozial- demokratisch festgelegt, darum wurden die der Stadt einverleibten Arbeiterquartiere, Schwabing  , Neuhausen   und Bogenhausen   dem Wahlkreis München   II zugetheilt. Der Wahlkreis München I soll dadurch entlastet werden bezw. der rechtlich zustehenden sozialdemokratischen Wählerschaft entledigt und die liberale Sache gesichert werden. In allbekannt schlauer Weise blieb die Zahl der zu wählenden Abgeordneten so bestehen wie früher. München I   wählt 5. München   II mit seiner Masse Stimmen 1 Abgeordneten. Als Resultat erwartet man in Regierungs- kreisen 5 liberale und 1 sozialdemokratischen Abgeordneten. München   III kann dann 3 Ultramontane wählen. Od die Rech- nung stimmen wird? * V Todtenliste der Partei� In Fechenheim  . Kreis Hanau  , erschoß sich an der Friedhofsmauer der seit Jahren kranke Maurer Johannes Craß, um seinen unheilbaren Leiden ein Ziel zu setzen. Er war Mitglied des Gewerbegerichts. Wir verlieren in' ihm einen unerschrockenen, pflichteifrigen Partei- genossen. Ehre seinem Andenken! »» Polizeiliches, Gerichtliches«. Mit Freisprechung endete in Stettin   das hochnoth- peinliche Gerichtsverfahren, das gegen 11 Genossen wegen Ver- breitung von Druckschriften eingeleitet worden war. Im vorigen Jahre hatten Genoffen aus dem Randow-Greifenhagener Wahl­kreise eine Agitationstour in die Umgegend unternommen; sie hatten die mitgenommenen Schriften vorsichtigerweise nicht öffentlich, sondern nur in den Wohnungen vertheilt. Trotzdem sollte jeder dafür 50 M. und noch einige Mark Kosten berappen. Das Schöffengericht erkannte natürlich auf Freisprechung und legte auch die Kosten der Vcrlhcidigung der Staatskasse zur Last. Die Keichstagsmahlen. An die Parteigenossen! Auf der ganzen Linie ist der Wahlkampf entbrannt und jeder Parteigenosse fragt sich wohl: Wie kann ich als einzelne Person der Partei nützlich sein und namentlich die Genoffen auf dem Lande unterstützen? Wir möchten durch diese Zeilen einen Fingerzeig geben, wie nian durch ein kleines Opfer manchmal viel mit zum Siege beitragen kann. Wir meinen nämlich, es müßte sich ieder Genosse ernstlich fragen, ob er vielleicht in irgend einem Wahlkreis und namentlich in ländlichen Gebieten Freunde, Verwandte oder Bekannte hat. Man schreibe umgehend ein paarZeilen an diese, worin man sieaufdenErnst und die Wichtigkeit der bevorstehenden Reichslagswahl aufmerksam macht und womöglich den Kandidaten des betreffenden Wahl- kreises nennt. Wir wissen aus Erfahrung, daß, wo vordem uns die Herzen und Thüren verschloffen waren, nach einem solchen Brief die Landarbeiter etwas aufgerüttelt wurden und uns in den meisten Fällen Herzen und Thüren geöffnet sind, was die weitere Agitation wesentlich erleichtert. Ihr, Genossen, sagt wohl, zu diesem Zwecke tragen wir ja Flugblätter hinaus und halten Versammlungen ab. Aber von den Flugblättern werden nur die wenigsten aufmerksam gelesen und die Versammlungen werden nur von einem kleinen Prozentsatz der Landarbeiter besucht, denn die Leute haben zu wenig Zeit. Man muß nicht glauben, daß der Landarbeiter unser Gegner ist. Nein, er glaubt nur, daß der Stimmzettel doch nichts nützt; er sagt, die Großen und Reichen machen doch, was sie wollen. Deshalb, Parteigenossen, muß es Eure Aufgabe sein, Euren Freunden. Verwandten und Bekannten brieflich begreiflich zu machen, daß in dem Stimmzettel eine Macht liegt; wenn Flugblätter nicht gelesen, Versammlungen nicht besucht werden, Briefe iverden aber auf jeden Fall gelesen, und wir haben Beispiele, wo solche Briefe schon fast Wunder bewirkt haben. So gering dieses Kampfmittel auch scheinen mag, in diesem Wahlkampf müssen alle ehrlichen Mittel versucht werden, um die Gleichgiltigen aus ihrer Lethargie aufzurütteln. Wir schließen mit dem Rufe: Auf, ans Briefe- schreiben! Laßt die Reichspost unsere Flugblattverbreiterin sein. Nachtrag zur Liste der sozialdemokratischen Kandi- daturen. Durch Vertrauensmänner- Beschluß ist im 18. hannöverschen Wahlkreise(Stade  -Blumenthal  ) an Stelle des inzwischen zurückgetretenen früheren Kandidaten der Partei- genösse Alwin K e r r l aus Bremen   als Kandidat für den Reichstag aufgestellt worden. In L ü b e n- B u n z l a u(4. Lieg- nitzer) kandidirl an Stelle Geiser's-Brcslau Stolpe- Grünberg. In Landeshut  - Jauer kandidirt Keller- Görlitz. In Breslau   fand am 4. Juni eine imposante Massen- Versammlung statt,»n der der Kandidat für Breslau-West, Ge- nosse Schoenlank reserirte. Die zwei Hauplführer des Breslauer Freisinns, die bereits in der Tutzauer'schen Bersamm- lung gesprochen hatten und ausdrücklich zu der Versammlung am 4. Juni eingeladen worden waren, wurden in der Debatte von Schoenlank so gründlich abgeführt, daß sie für diese Wahl« bewegung wenigstens ihre nutzlosen Redeübungen in unseren Versammlungen unterlassen werden. Außer einer allgemeinen Resolution wurde, wie dieVolksmacht" mittheilt, folgende von Frauen eingebrachte Resolution angenommen: Die anwesenden Frauen und Mädchen erklären sich mit dem Referenten einverstanden und geloben, nicht eher zu ruhen, bis auch die Frauen politische Rechte, wie das allgemeine Wahl- recht, erreicht haben. Sie versprechen mit Muth und Opfer­freudigkeit die Männer beim Wahlkampf zu unterstützen und Un- ausgeklärte anzufeuern, nur einem Sozialdemokraten am 15. Juni ihre Stimme zu geben." Am 5. Juni sprach Schoenlank imFeldschlößchen" in dem bis auf den letzten Winkel gefüllten Saale, hunderte mußten umkehren. Die Stimmung in Breslau  -Ost und Breslau-West ist vortrefflich. Die AgitationStonr, die Genosse Bebel nach Mittel- und Süddeutschland   unternahm, wurde Montag Abend beendet und kehrte derselbe gestern nach hier zurück. Morgen geht Bebel nach dem Norden und zwar nach Bremen  . Hamburg  (zwei Versammlungen), Lübeck  . Kiel  , Elmshorn   und Neuniünster. Sämmlliche Versammlungen, in denen bisher Bebel sprach, waren überfüllt und mußten vielfach Hunderte und selbst Tausende wegen Mangels an Platz wieder um- kehren. Versammlungen fanden nacheinander statt in Leipzig  , Eßlingen  , Cannstadt  . Stuttgart  , Pforzheim  , Karlsruhe  . Mann- heim. Mülhausen   i. Elf. und in Kassel  . In den meisten der erwähnten Orte standen der Partei die größten der vorhandenen Lokale zur Verfügung, nur in Mül- hausen im Elsaß   und in Kassel   mußte man sich mit kleinen Lokalen begnügen. In Stuttgart   trat ein nationalliberaler Rechts- anwalt, in Mülhausen   i. Elf. ein Ultraniontaner als Gegner auf was unseren Genossen ein besonderes Vergnügen bereitete. An der entsprechenden Abfertigung fehlte es natürlich nicht. Einen«igenthüuilichen Verlauf nahm die Agitation in Straß- bürg In Elsaß-Lothringen   besitzt die Polizei, aus grund alter französischer Gesetzesbestimmungen, die man sorgfältig konservirt und die man mit einer Rücksichtslosigkeit und Auslegungsfähigkeit handhabt, wie ähnliches unter der französischen   Herrschaft unerhört war, einen nahezu unumschränkten Einfluß. Infolge dessen war in ganz Straßdurg und der nächsten Umgebung kein Lokal für eine Versammlung zu haben. Aber die Slraßburger Genossen revanchirten sich. Als am Freitag Mittag Bebel in Straßburg  ' eintraf, waren Tau- sende unserer Genossen und Anhänger auf und vor dem Bahn« hos versammelt, die Bebel mit demonstrativen Hochrufen enrpfiiigen und ihn in die Stadt begleiteten. Aber es sollte noch besser kommen. Die Genossen hatten in einem Vororte von Straßburg  eine Scheune gemiethet, in der Sonntag Nachmittag eine Ver- sammlung stattfinden sollte. Die Polizei verbot diese Versammlung ausbaupolizeilichen" Gründen. Das Verbot wurde Freilag Abend im Versammlungslokal unserer Genoffen, in dem auch Bebel an- wesend war, bekannt und nun kam man überein, zur selben Stunde, in der die'Versammlung hatte stattfinden sollen, einen Ausflug zu veranstalten und zwar nach demselben Lokal, in der die Ver- sammlung sein sollte, und das mit einem großen Wirthsgarten verbunden war. Der Ausflug wurde in der Presse bekannt ge- macht mit der Anzeige, daß Bebel anwesend sein werde. Dieses hatte die entsprechende Wirkung. Sonntag Nachmittag fand eine kleine Völkerwanderung nach dem sogenannten Hämmerle's Garten statt. Die Massen, die auf mindestens 20 000 Köpfe, Männer und Frauen, geschätzt iverden mußten, fanden nur zum kleinsten Theile im Lokale Platz, dafür ivurde aber um so lebhafter demonstrirt, wo immer Bebel sich blicken ließ. Polizei und Militär war in Menge aufgeboten, um Ordnung zu halten, es gab aber keine Gelegenheit zum einschreiten. Auch soll anerkannt werden, daß die Polizei sich taktvoll verhielt und den sehr lauten Demonstrationen, die sich später auf der Straße»ach der Stadt und im Bahnhof von Neuhof  , als Bebel nach Offcnburg ab- reiste, immer wiederholten, kein Hinderniß in den Weg legte. Dagegen wird die Polizeiverwaltung von Straßburg   und weiter hinauf die Regierung am 15. Juni die Entdeckung machen, daß sie mit ihren Verboten und Maßregelungen einen schweren politischen Fehler beging. Die Erregung in der Be­völkerung ist eine sehr große und die Opposition gegen den polizeilichen Druck und das harte Regiment ist eine allgemeine. Auch verdient hervorgehoben zu werden, daß der sozialdemokratische Geist unter der Studentenschaft Straßburgs einen guten Boden gefunden hat und Studenten in größerer Zahl bei den Demonstrationen betheiligt waren. An einem Abend kam es sogar in einer Restauration Straßburgs zwischen einer Anzahl Studenten, die Bebel hochleben ließen, und den an- wesenden Feldwebeln und Zahlmeistern zu einem Konflikt, der mit Thätlichkeiten endete. Die Reichslande werden bei den diesmaligen Wahlen über- raschende Resultate liefern. Unsere Genossen sind mit einer Energie und Rührigkeit, welche die höchste Anerkennung ver- dient, überall an der Arbeit; ihr Eingreifen hat in den Reichs- landen ein politisches Leben erzenst, das bisher ganz unbekannt war und das auch die Gegner zwingt, in den Kamps einzutreten. Der Hauptkampf ist zwischen Sozialdemokratie und Ultramonta- nismus entbrannt, das Protestlerthum tritt mehr und mehr in Passivität. Der Ultramontanismus sucht unsere Partei hauvt- sächlich auf religiösem Gebiete zu bekämpfen, muß aber dabei die unliebsame Entdeckung machen, daß die dadurch hervorgerufenen Diskussionen nur der Religion schaden, die öffent- liche Diskussionen über ihre Dogmen und Glaubenssätze nicht vertragen kann. Im Reichsland stehen daher die Sachen so, daß mit jedem von der Sozialdemokratie gewonnenen Anhänger der Katholizisnms nicht nur eins seiner Schafe verliert, sondern auch einen neuen Gegner gewinnt. Die Sozialdemokratie ist auch m den Reichslanden der Sauerteig, der die alten Parteien zersetzt, aber es auch bewerkstelligen wird, daß Pfaffenthum und Bourgeoisie mehr und mehr der Regierung in die Arme getrieben werden, womit einmal wieder die Theorie von der einen reaktionären Masse" eine neue Bestätigung erhält. In den Reichslanden wie im übrigen Süddeutschland   machen ferner unsere Genossen die auch anderwärts vielfach bestätigte Erfahrung, daß das Landvolk der sozialdemokratischen Agitation auffallend günstig gestimmt ist. Die Slimmenzahl der Partei aus dem Lande dürfte sich erheblich vermehren, alles in allem be« trachtet kann die Partei dem 15. Juni gutes Muthes entgegensehen. Nicht programmmäßig verliefen auch die Versammlungen in Kassel  . Hier sollten letzten Montag Abend 2 Versammlungen stattfinden, eine um S Uhr, hauptsächlich für die Parteigenossen, eine andere um S Uhr als allgemeine Versammlung. Während Bebel in der ersten sprach und diese sich über 8 Uhr ausdehnte, begann einst- weilen Genosse P f a n n k u ch in der zweiten zu sprechen. Er kam aber nicht weit. Die Volizei erklärte, sobald sie aus der ersten Versammlung eingetroffen war, daß das zum Erdrücken gefüllte Lokal mehr Menschen enthalte als die baupolizeilichen Bestimmungen zuließen und verlangte die Reduzirung der Theil- nehmerzahl. Dies stellte sich als unmöglich heraus. Auf die trage des Vorsitzenden: ob die Anwesenden lieber auf die ganze ersammlung verzichten als sich dem Verlangen der Polizei fügen wollten, antworteten diese mit einem donnernden: Ja. Damit war das Schicksal der Versammlung be- siegelt. Der Kommissar erhob sich und erklärte dieselbe für aufgelöst, worauf dieselbe nunmehr mit frenetischen Hochs auf die Partei, auf Bebel und Pfannkuch antwortete und alsdann unter den Klängen der Marseillaise   den Saal räumte. Im Garten, in dem noch Hunderte vergeblich auf Einlaß ge- wartet, setzten sich die Demonstrationen noch eine Zeit lang fort. Alle waren darüber einig, daß die Auflösung besser als die schönste Rede gewirkt und so ging man schließlich hochbesriedigt auseinander. Die Kasseler Genossen hoffen am 15. Juni den Wahlkreis für die Partei zu erobern. Di«Frankfurter Zeitung  " berichtet von einer Versammlung in Baden- Baden  , in der Bebel gesprochen habe und welche durch die Nationalliberalen gesprengt worden sein soll. An dieser Nachricht ist kein wahres Wort, Bebel war nicht in Baden-Baden  , hatte auch nicht die Absicht dorthin zu gehen. In Speyer   und Wiirzbnrg sprach Liebknecht   am 3. und 4. d. M. in wahren Massenversammlungen unter lebhaftestem Beifall. Die Aussichten der Kandidaten für Speyer  - Ludwigs- Hafen und den Würzburger Kreis, E h r h a r t und Fülle, sind die denkbar günstigsten. In Negenborn(Braunschweig  ) wurde die von sozial- demokratischer Seite einberufene Wählerversammlung zweimal von der Kreisdirektion verboten. Die zum dritten Male ein- berufene Versammlung konnte endlich abgehalten werden. Auf einem freien Platze außerhalb des Dorfes hatten sich ca. 500 Per- sonen aus Stadtoldendorf  , Negenborn, Vorwohle  , Braak und Deensen   eingefunden, die den Ausführungendes Genossen Steg- mann aus Braunschweig   über die bevorstehende Reichstags- wähl wiederholt ihre Zustimmung bekundeten. Ein starkes Ge- witter machte der Versammlung ein etwas vorzeitiges Ende. Unter Donner und Blitz stimmte die Versammlung der Aus- forderung des Referenten am Schlüsse seiner Rede zu, am 15. Juni nur dem sozialdemokratischen Kandidaten ihre Stimme zu geben. Ans den Reichslanden. Die erste Wahlversammlung, die der sozialdemokratische Kandidat für Mülhausen  , Genosse Bueb, dort abhielt, wurde von dem überwachenden Beamten auf- gelöst. DieStraßburger Bürgerzeitung", das Organ des frei- sinnigen Bürgerthums, schreibt dazu:Bueb ist der ver­botenste und a u f g e l ö st e st e Mann in ganz Elsaß- Lothringen  . Wollte er eine Liste seiner verbotenen Versammlungen geben, das würde eine Leporello-Liste werden mit dem Refrain: Ader in Mülhausen   1003". Unter diesen Umständen wird es für Herrn Bueb das beste sein, sich aus Elsaß-Lothringen   zu ent- fernen nach Berlin   in die Leipzigerstraße. Dort kann er sprechen, wie ihm der Schnabel gewachsen ohne Erlaubniß des hohen Bezirkspräsidiums und ohne das Stirnrunzeln des ge- strengen Polizeikommissars fürchten zu müsse». Wir haben Grund zu der Annahme, daß. falls Herr Bueb Reichslags-Abgeordneter werden sollte, gewisse Amtsstellen in Elsaß- Lothringen   manch' harte Nuß knacken müssen, welche sie seit Jahren Herrn Bueb zu knacken gaben."