Herabsetzung der Zabl der Jnvalidenrentner gerichteten Maßregelblieb nicht aus. Die Erwerbsunfähigen wurden freilich duUch dieärztliche Untersuchung und Trangsalwrung. zu der sichleider zahlreiche Aerzte gegen hohe Bezahlung hergaben, nicht er--werbSfähig. In einer Reihe von solchen Füllen wurde festgestellt,daß den vergeblich um eine Invalidenrente Äümpsenden der Bescheid, daß ihnen die Rente nicht zugebilligt werden könnte, weilsie noch zu viel verdienen könnten, w e n n sie Arbeit hätten, zuging,als sie eben infolge von Entkräftung verstorbenwaren. Tie Zahl der Jnvalidcnrentnsr wurde durch diese un-soziale, grausame Einengung des Jnvaltditütsbegrisss außerordent-licki herabgedrückt. Im Jahre ISA) wurden nur 1 10 969, im Jahre1907: 112220, im Jahre 1908: 116 802, im Jahre 1309: 11626-1Personen neue Rente bewilligt. Die Motive suchen diese Renten-quetscherei zu rechtfertigen. Ter Entwurf bestrebt sich, sieauch in Zukunft aufrechtzuerhalten. J}ur Rechtfertigung dieses Be--frebens nimmt die Begründung(Seite 893) darauf Bezug, daßie Motive zu dem Gesetzentwurf von 1599 den Begriff der Er-werbsunfähigkei! nicht verbessern,„das Gesetz nicht zu einer Ber-sicherung gegen Berussinvalidität" machen wollte, verschweigtaber unter Brüskierung des Reichstages, daß der Reichstag infeiner Kommission und in seinem Plenum entgegen den Motivendes Regierungsentwurfs nach Ablehnung weitergehender Anträgedie jetzige Fassung wählte, um wenigstens in etwaZ derBerufsinvalidität Rechnung zu tragen.Mit dieser Verherrlichung der Renten-quetscherei ist der Regierung noch nicht Genügegeschehen. Der Entwurf scheidet ausdrücklich dieBeeinträchtigung der Erwerbsföhigkeit aus,die infolge„von Alter" eintritt. Für diese erheblicheVerschlechterung selbst des ersten, 1890 in Kraft getretenen Gesetzesführen die Motive an:„Tie Erfahrungen, die Kommissare desReichsamts des Innern, des Reichsversickierungsamts und derLandesregierungen bei der Bereisung der Bezirke einer Reihe vonVesicherungsanstalten gemacht haben, zeigen, daß manche Fest-pellungsorgane geneigt waren, allein beim Vorliegen eines vor-gerückten Alters die Voraussetzungen für die Invalidenrente alsgegeben anzusehen, ohne zu bedenken, daß nicht das Alter schlecht-hin, sondern nur dir dadurch herbeigeführte Beeinträcbtigung derErwerbsfähigkeit zur Gewährung der Invalidenrente führen durste.Das Alter kann aus der Begriffsbestimmung um so unbedenklicherausscheiden, als auch reine Alterserscheimmgen sich als Krankheitoder als andere Gebrechen darstellen werden."Leistungen.Dia Renten sollen ihre almosenhafte Niedrigkeitbehalten! Und das, wiewohl die Kaufkraft der Rente seit1890 um mindestens 20 Proz. gesunken ist, dir Renten also tat-sächlich niedriger sind als sie im Jahre 1890 waren. Bei denwesentlich durch Belastung der Arbeiter erfolgten Erhöhungen derBeamten gchälter und Beamtenpenfioncn ist der Teuerungteilweise Rechnung getragen. Aber der so dringenden Erhöhungder Arbeiterrenten steht der Entwurf o h n v ein W o r t derBegründung ablehnend gegenüber. Er der-schlechtcrt sogar die Lage der Arbeiter, die ein Recht aufRente erworben haben, nach drei Richtungen:1. Der Anspruch auf Z u r ü ck er st a tt un g ge»leisteter Beiträge im Falle der S e i r a t einer Versicherten, ferner im Falle des Todes des Versickerten(zu-gunsten seines Ehegatten und seiner Kinder) sowie für den Fall derErlangung einer Unfallrente für dauernde Er»werbSunfähigkeit soll ohne irgendeine Entschädigung der-jenigen, die den Anspruch durch Beitragsleistungen erworbenhaben, gestrichen werden. Eine Expropriation der Aermstenohne Entschädigungt2. Tritt in den Verhältnissen des Rentenempfängers eineVeränderung ein, welche ihn nicht mehr als erwerbsunfähig er-scheinen läßt, so konnte ihm bisher die Rente entzogenwerden. Ter Entwurf(§ 1292) verlangt, daß in Zukunft derStenteiientzug eintreten muß. Auch daS ist eine ganz erheblicheVerschlechterung gegenüber dem heutigen Zustand. Renten-quetscherei soll oberste Aufgabe der Versicherungsanstalt und derdielen Tausenden von neuen Beamten werden, die der Entwurfvorsieht. Die Einleitung des Heilverfahrens fürden Empfänger einer Invalidenrente soll nach wie vor von demBelieben der VerficherungSanstalt abhängig gemacht werden, ohnedaß der Rontenempfänger cm Recht auf Einleitung deö Heil-Verfahrens hat.8. Hinterbliebene eines Ausländers, die sich zur Zeitseines Todes nicht gewöhnlich im Inlands aufhalten, sollenkeinerlei Anspruch auf„Fürsorge" haben.fivalsacks Linie.HelfiogforS, 80. März.(Eig. Ber.)Der Schlag, der Finnlands staatsrechtliche Autonomie,seine demokratischen Institutionen, seine Freiheit und Kulturvernichten soll, ist nicht mehr abzuwenden I Es hat also nichtsgeholfen: weder die hundertjährige Verfassung Fmulandö mitihren verbrieften und auch vom Zaren Nikolaus feierlich be-schworen«! Rechten, noch der einmütige, feste Wille desfilmischen Volkes, wie cr zu wiederholten Malen in denLandtagsbeschlüssen sich bekundet hat. noch die Sympathiender europäischen Kulturwelt, noch die Proteste der angesehenstenRechtsgelehrten. Das zarische Manifest vom 27.(14.) Märzverkündet ganz trocken, daß Finnlands staatsrecht-llcher Sonderstellung ein Ende gemacht wirdund daß Finnland fortan eine russischeProvinz mit erweiterter kommunaler Selbst-Verwaltung werden soll!Das zarische Manifest beruft sich auf das Prinzip der„Reichssouveränität", wonach der russischen NegierungSgewaltdas Recht zustehen solle, ihre gesetzgeberische Macht auch überFinnland auszustrecken. Wir wollen hier nicht historischeDokumente aufrollen, die alle insgesamt Finnlands staatS-rechtliche Autonomie bezeugen, sondern auf die einfache Tat-fache hinweisen, daß faktisch im Laufe der 100 Jahre, woFinnland unter russischer Botmäßigkeit gewesen ist, diese Auto-nomie bestanden hat und Finnland, was dessen wirtschaftlicheund politische Enttvickelung. lokale Gesetzgebung, kulturelleTätigkeit usw. anbetrifft, immer selbständig, immer von Rußlandgetrennt gewesen ist. Es wurde ja seinerzeit unterBobrikoffder Versuch gemacht, die Autonomie Finnlands zu zertrümmernund schon damals proklamierte das berüchtigte zarische Mani-fest vom 3. Februar 1899 dieselbe„Rcichssouveränität". Darauffolgten schwere Wirren und jahrelange Kämpfe, bis in denOktobertagen 1905 die russische Staatsmacht kapitulierenmußte und wieder ein Zarenmanifest vom 4. November 1905die„Rückkehr zur gesetzmäßigen Ordnung" in Finnland hochund heilig versprach. Und diese„gesetzmäßige Ordnung" sollnun eben umgestoßen und Finnlands demokratisch-freiheitlicheInstitutionen, die von jeher den russischen reaktionären Macht-habern ein Dorn im Auge gewesen sind, sollen der Erdegleichgemacht werden.Die jesuitischen Phrasen des Manifcsts, daß Finnlandseine lokale Selbstverwaltung nicht verlieren soll und daßnur Fragen der„allgemeinen Gesetzgebung" in den russischenReichsinslitutwncn verhandelt werden sollen, siitd weiter nichtsals freche Lügen. Das ausgearbeitete Ge�'tzesprojckt istweiter nichts als eine genaue Kopie von den Beschlüssen derRussisch-finnländtschen Kommission, deren destimmende Mehr-heil aus Handlangern des Bobrikoffschen Regime bestandund die den Plan zur Aufhebung der Verfassungsrechte Finn-landS ausarbeiten sollte. Es genügt darauf hinzuweisen, daßunter diese„allgemein staatliche Fragen" nicht nur die TeilnahmeFinnlands an den allgemeinen Reichsausgaben, Wehrpflichts-fragen, Eisenbahnwesen, Post und Telegraph, Zolltarif usw.fallen, sondern auch z. B. die Volksaufklärung und deren Be-aufsichtigung, kriminelle Gesetzgebung, Gerichtswesen! Demfinnischen Landtag soll das Recht einer„beratenden Institution"zugestanden werden, ab und zu kann es sogar aufgefordertwerden, ein„Gutachten" auszufertigen, aber die Eni-scheidung liegt einzig und allein in der russischenReichsduma, im russische» Reichsrat und beim Zarenvon Richland. Und wie Hohn klingt die Aufforderung, daßFinnland fortan einen Vertreter in den Reichsrat und vierDeputierte in die Reichsduma entsenden soll, die bei demZerslötungswerke der finnischen Verfassung assistieren sollen.Und damit ja nur die Interessen der russischen Sommer-frischler und Krämer in der Provinz Wiborg nicht übervorteiltwerden, soll noch extra ein Deputierter die russischen Reichs-angehörigen repräsentieren.Das ganze Gesetzesprojekt sieht nach einer Karikaturauf russische Staatsweisheit aus. aber— wie die Verhältnisseletzt liegen-- kann es in Finnland eine traurige historischeRealität werden. Der finnische Landtag wird höchst-wahrscheinlich das Ansinnen, einen Selbstmord zu begehen,einmütig zurückiveisen, die finnischen Volksvertreter werden indem Äerfassimgskamps cm das Volk appellieren und seinevolle Unterstützung finden—, aber gerade der bekundete festeEntschluß des finnischen Volkes wird nur die Maßnahmendes russischen Despotismus beschleunigen. Die Majorität derrussischen Reichsduma— mit den Oktobristen an der Spitze—wird dem Vernichtungskampf Finnlands zujubeln und sichbeeilen, mit ihrer gesetzlichen„Autorität" den VerfassungS-brach zu decken, wie sie schon so oft Stolypins Henkerpolitiksanktioniert hat. Und so bleibt das finnische Volk— vor allemsein klassenbewußtes Proletariat— allein auf dem Kampsplatze,da ja die revolutionäre Bewegung in Rußland noch immerdaniederliegt. Es muß aber den Kampf aufnehmen, wenn esauch die schwersten Opfer und Niederlagen erleiden sollte,denn das heiligste Gut des Volkes— seine demokratischeFreiheit— steht hier auf dem Spiele! Die finnländiicheVerfassung ist kein verrotteter, feudaler„Landesstaat", für deneinst in den Ostseeprovinzen die baltischen Junker ihr Feld-aeschrei erhoben, in Finnland handelt es sich jetzt um keinenSprachenkampf wie in den Provinzen Oesterreichs, sondern esgilt die eroberten demokratischen Institutionen, das allgemeineWahlrecht, das freie Wort und das freie Versammlungsrecht.mit einem Worte— den Fortschritt der Kultur und desSozialismus gegen den Ansturm der russischen Reaktion zuverteidigen!_Em der Partei.Aus verdächtiger Quellestammt vermutlich ein bedruckter Zettel, der jetzt von un-bekannter Seite in Parteigenössischen Kreisen Berlins zu der-breiten versucht wird. Bedruckt ist er mit einer Art Re-s o l u t i o n, die nach scharfer und nicht unzutreffenderKennzeichnung des brutalen Vorgehens der Polizeigegen die WohlrechtSdemonstranten den Parteidorstandersucht, Maßnahmen zu treffe», die eZ der breiten Masse derBevötlerung ermöglichen sollen, ihre Empfindung angesichts dieserErfahrungen— der Zettel charakterisiert die Empfindung in sehrscharfen AuSdritcken— den„unteren Organen der Schutzmannschaft"auszudrücken. Die Beamten hätten nicht nur als Werkzeuge ihrerBorgesetzten in der gekennzeichneten Weise gehaust, sondern auch auseigenem Willen, weshalb sie gesellschaftlich boykottiertwerden sollten. Im zweiten Absatz folgt eine Verwahrung gegendie Angriffe der reaktionären Blätter auf„unsere Führer", denenein Vertrauensvotum ausgestellt wird.Der Text deS Zettels stammt entweder von politischen Wirr-köpfen oder, was uns wahrscheinlicher ist, aus der Feder vonSpitzeln! Jedeiifalls seien unsere Genossen davor ge-warnt, die Zettel weiter zu geben. Nicht nur, weilsie fich wegen der starken Ausdrücke, womit die Yolizeiorganebelegt werden,«ine Anklage Wege» Beleidigung zuziehen könnten,sondern auch, weil jeder Anschein vermieden werden muß, als hättedie Partei mit der Verbreitung dieser Zettel etwas zu tun. Denn dieMöglichkeit liegt nahe, daß die Polizei es gerne sehen würde, wennsolcher Anschein erweckt würde. ES ist deshalb auch zu empfehle»,daß Parteigenoffen, denen diese Zettel übergeben werderr, diePersönlichkeit der Verbreiter und womöglich auch ihrer Hinter-männer festzustellen versuchen und von dem Ergebnis denOrganisationöleitern sofort Mitteilung machen.Ein Zugeständnis.Der„Reichsbote" ereifert sich gegen den Pfarrer Knote ausAugsburg, weil er auf dem kirchlich sozialdemokratischen Kongreßzu Hannover versucht hat, der Sozialdemokratie einigermaßengerecht zu werden. Daß das konservative Organ die Sozialdemo-kraiie aus diesem Anlaß mit einer Flut von Beschimpfungen überschüttet, nimmt nicht wunder. Aber da? Blatt kann bei aller Ge«hässigkeit dock nicht umhin, das folgende, die Erfolge der Sozial-demokrrnie bestätigende Bekenntnis zu machen:„Gewiß, die Losung der sozialdemokratischen Führer heißt: Schutzdein wirtschaftlich Schwachen I Und diese Losung hat auch durchzielbewußte Organisationen auf der einen und tatenlose Gleich-gültigkeit auf der anderen Seite im Laiife der Jahrzehnte manchenpraktischen Erfolg zu verzeichnen gehabt. Die ganze soziale undwirtswafrliche Lage der arbeitenden Klaffen hat sich durch diesozialdemokratische Organisation ganz unzweifelhaft wesentlich ge-hoben."_Gemeiiidcwahlsicgc.In Dom Brandenburg, der Landgemeinde bei Branden«bnrg. die der Sitz der Ritterakadcmie ist, beteiligte sich die Sozial-demokratte zum e r st c n M a l e in der dritten Abteilung an derWahl. Der Erfolg war die Wahl zweier Sozialdemo-k r a t e n. Unsere Genossen hielten die Absicht der Wahlbeteiligungbis zum letzten Momeut geheim, so daß die Bürgerlichen überrumpeltwurden. Sie waren geivöhnt, immer nur ein halbes DutzendBürger bei der Wahl zu sehen.In K l e i n- B a r t« l s e e, einem Vorort von Bromberg,wurde zum ersten Male ein Sozialdemokrat in den Gemeinde-rat gewählt._.Die Maifeierin Dresden wirb durch einen großen Umzug, der von der Polizeigenehmigt worden ist, sowie durch ein Massenmeeting auf einemvon der Stadt zur Verfügung gestellten freien Platz begangenwerden.Ein Jubiläum in der Parteipresse.Am 1. April waren 20 Jahre verflossen» seitdem die ersteStummer deS„Volksblatt für Halle" erschien. UnserParteiorgan an der Saale, das es in diesem Zeitraum von S800 auf42 850 Abonnenten gebracht hat. beging den Tag mit der Heraus-gäbe einer Jubiläumsnummer, die mehrers interessante Rückblickeauf die Geschichte deS Blatts und der Parteibewegung in Halleenthält._Bo» der Wiener Sozialdemokratie.Zwei von den 21 Bezirken Wiens, der 10.(Favoriten'imSüden) und der 16.(Ottakring im Westen) sind die ältesten undstärksten Besten der Wiener Arbeiterbewegung. Sie sind in denVerttetungskörpern. wo es das Wahlsystem nur ermöglicht, sozial-demokraistch vertreten. Favoriten im ReicbZrat durch Viktor Adlerund Jakob Reumann, im Landlag durch August Sigl und Pötzer,im Gemeinderat durch Reumann, Ottakring im Reichsparlamentdurch Schuhmeier und Anton David, im Landrat durch die organi-taloriichen Leiter des Bezirks Sever und Volkert,«nGemeinderat durch Schuhmeier. Beide Bezirke, deren jeder über150 000 Einwohner und großindustriellen, Ottakring auch stark Haus-lndustriellen Charakter hat, besitzen großariige Arbeiterheime, ins-besondere das Oltakringer ist eines der prächligsten Gebäude Wiensund sckiließl seinen größlen Saal ein. Im XVI. Bezirk warenim Jahre 1909 nach den Angaben des BezirtSsekretariatS gewerk-schnttlich organisiert 12 442 Arbeiter, und zwar 933S mäimlickie und3057 weiblickie. Die BildungSvereine zählen 265 Männer und 220 Weib-liche Mitglieder. Tie Jugeiidorgaiiisation hatte 265 Mitglieder, leiderist ein Verlust von 53 gegen 1903 zu verzeichnen. 146 Arbeiterund 65 Arbeiterinnen wirken in den Gesangvereinen. Der durchdie Anzeigepflicht der polnischen Vereine bedingte eigenartige Ausbauder politischen Organisation Wiens als eines Verbandes von—Zeitungsabnehmern, in deren Wochenobolus die Parleisteuer ein-begriffe» ist, äußert sich darin, daß der sozialdemokratische Wahl-verein im Bezirke— 279 Mitglieder, die politische Frauenorgani-sation 116 Mitglieder hat. Dagegen zahlten die Partei-st e u e r durch Bezug deS Wochenblattes, Volkstribüne" 8946 bis8491 Personen, in den 52 Wochen des JahreS 1910 ist ein Aufstiegder politischen Organisation zu bemerken. 449 402 Exemplare der.Volkstribüne" wurden als.Quittung" abgegeben.Die segensreiche EinrichUmg der Arbeitersekretariate ist in Oester-reich noch in den Kinderschuhen. Ottakring bat aber eine Rechts-schütz- und-AuSkuiisiSstelle errichtet, die an 634 Parteien Auskunftgab. Die Gesamtstarke aller sozialdemokratischen Organisationen«mBezirke ist 11 453 männliche, 3734 weibliche, zusammen 15 237 Mit-glieder. Rühmend zu erwähnen ist der Kinderchor der Oltak-ringer Arbeiter mit 75 Schülern und Schülerinnen. Ferner bestehteine Jugendbibliothek von 519 Bänden, sie wird sehr starkbenutzt._Gerichts- Zeitung*WahlrechtSspaziergang und Polizeiantorität.Bei der Wiedergabe der gegen unseren Genoffen Bartham Freitag geführten Verhandlung hat sich in der Zeugen-aussage des Polizeiwachtmeisters Marquardt eine Nullherausgeschlichen. Der Zeuge hat nicht erklärt:„Am GroßenStern seien es schon 5000 bis 6000 gewesen", soudem er hatdie Zahl auf 50000 bis 60000 angegeben.Lauscher tmd Spanner.Als sogenannte„Lauscher und Spanner� wurden diedrei Angeklagten angesehen, die sich gestern vor der zweiten Straf-kammer des Landgerichts III auf die Anklage der Nötigung zu ber-antworten hatten.„Lauscher und Spanner" nennt man in derKriminalistik die dunklen Gestalten, welche im Grunewald, in derJungsernbeide oder an irgend welchen anderen Orten plötzlich aufder Bildfläche erscheinen, wenn sich nächtlicherweile Liebespärchenseitwärts in die Büsche schlagen, um sich an verschwiegener Stelle,wo sie vor Lauschern sicher zu sein vermeinen. Beweise ihrer Zu»neigung zu geben. Auf solche Pärchen haben es die Lauscherund Spanner abgesehen; sie„ertappen" sie. drohen mitdem Gendarmen und schüchtern die aus ihren schönsten Liebes«träumereien Gerissenen so ein, daß diese froh sind, sich mit einerkleineren oder größeren Summe loskaufen zu können. Eine ganzeZeitlang trieben derartige Erpreffer in der Nähe des Bahnhofs Grüne-wald ihr Wesen. Der Boden ist ihnen dort zu heiß geworden, nachdem es gelungen war, durch extra zu diesem Zweck polizeilich be-auftragte angebliche LiebeSpärchen einige dieser Sorte der Bestrafungzuzuführen. Zu den Teilnehmern dieser Genossenschast gehörtenunter anderem der„elektrische Max", die„Tapete",„Schuster-Franz"und andere. Neuerdings sind mehrfach Anzeigen über das gefähr-liche Treiben der_ Lauscher und Spanner aus der Jungsernbeidebei Plötzensee erstattet worden. Die angestellten Nachforschungenhaben zur Festnahme der jetzigen Angeklagteii. Kutscher Karl Rocbow,genannt„Roll-Karl", des Arbeiters Karl Ruthsatz, genannt„Kohlen-Paul" und deS Schuhmachers Gustav Kleiner geführt. Siewurden überführt, in zwei Fällen geineinschaftlich in der angedeutetenWeise von LiebeSpärchen. die in der Jungfernheide im Dunkel derNacht an abgelegenen Plätzchen Küsse tauschten, Gelder eiugeheinistoder einzuheimsen versucht zu haben. Das Gericht verurteilteRochow zu 9 Monaten. Ruthsatz zu 7 Monaten.Kleiner gleichfalls zu 7 Monaten Gefängnis und Anrechnungeines Teils der erlilteuen Untersuchungshaft.Wegen Bcrdreitting unzüchtiger Abbildungenverhandelte gestern die sechste Strafkammer des Landgerichts Iunter Vorsitz deö LandgerichtsdirekiorS G o e b e l gegen den Kauf«mann Josef M a a ß. Der Augeklagte betreibt ein größeres Ge-schüft in Gummiwaren und gewissen„französischen Neuheiten". Inseinen Katalogen bot er u. a. auch pikant und„nur für Herren" be-stimmte Lektüre und Pariser Photos an. Auf Grund eines Inseratsdes Angeklagten ließ sich der Kaplan Bernhard Pottgeneine derartige Preisliste kommen, da er als einer der eifrigstenKämpfer gegen den Schmutz in Wort und Bild aus den ver-steckten Andeutungen in den Inseraten zu der Ueber-zeugung gekommen war. daß eS sich hier um einen Ber-trieb von pornographischen Schriften handelte. Er bestellte nachde», Kataloge eine Kollektion„Pariser Photos", die feine Vermutungauch bestätigten. Die Bilder wurden von dem Kaplan sofort derStaatsanwaltschaft überreicht, die das jetzige Strafverfahrengegen den Angeklagten einleitete.— Die Verhandlung, welche unterAusschluß der Oeffcntlichkeit stattfand, endete mit der Ber-urteilung des Angeklagten. Mit Rücksicht darauf, daß es sichum die allerschlimmslen Erzeugnisse der Schmutzliteratur handelte,hielt eS das Gericht für angebracht, auf eine exemplarische Strafezu erkennen. Das Urteil lautete auf drei Monate Gefängnisund 600 M. Geldstrafe._Der beleidigte Arbeitgeberbund.Vor dem Frankfurter Schöffengericht hatte sich am Freitag derGauleiter des Deutschen TransportarbeiterverbandeS, Lehmann-Frankfurt a. M.. wegen Beleidigung des ehemaligen VorsitzendendeS Südwestdeutschen ArbeitgeberverbandeS für daS Transport-gewerbe, Krayert-Heidelberg, sowie seines Bruders zu verant-Worten. Die Beleidigung soll in einem Flugblatt begangen wordensein, das zur Abwehr einiger Angriffe des ArbeitgeberverbandeSgegen die Transportarbeiter im Juni vergangenen JahreS vomGau 15 des Deutschen TransportarbeiterverbandeS herausgegebenwurde. DaS Gericht verurteilte Lehmann zu einer Geldstrafe von209 M. oder 20 Tagen Haft._Gelsenkirchener Köpcnickiade.Der Urheber der Gelsenkirchener Köpenickiade, eheinaligerStudent Reiland, der bekanntlich eine Zeitlang als„Assessor" aufdem dortigen Bürgermeisteramt tätig war, ist vom GelsenkirchenerSchöffengericht wegen Betruges zu 4 Monaten Gefängnis verurteiltworden.