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TS ist also ganz zweifellos, Herr von Jagow legt in völliger Unkenntnis der Beratung des Re i ch S v erein s- g e s e tz e S den Z 7 ganz unrichtig ans. Hoffentlich wendet sich der Vorstand des Demokratischen Verbandes an das Oberverwaltungs- gericht. Will dieses nicht die klare Auffasiung des Reichstags und der Regierung dementieren, muß sie Herrn von JagowS Jnter- pretation als verfehlt bezeichnen und solcher Nasenstüber kann den« weichen Gemüt des Berliner Polizeipräsidenten nicht schaden. Der Kampf gegen das Oberhaus. Das englische Unterhaus hat Montag nachts mit 357 gegen 251 Stimmen den Antrag des Ministerpräsidenten Asqnith angenommen und sich als Komitee zur Beratung der Resolutionen konstituiert. Die Resolutionen erklären, daß das Unterhaus allein das Recht hat, in finanziellen Fragen eine Entscheidung zu treffen. Was eine finanzielle Frage, also ein Bestandteil des Budgets sei, das solle in Zukunst der Sprecher entscheiden. Ausserdem soll dem Oberhaus das absolute Veto genommen werden. Wenn daS Unterhaus einem Gesetz dreimal seine Zu- stimmung gegeben, so tritt es in Kraft, auch wenn das Oberhaus seine Annabme verweigert. Nur muß die erste Beratung des Gesetzes im Unterhaus mindestens zwei Jahre vor Schluß der Legislaturperiode be- gönnen haben. Die Legislaturperiode selbst soll in Zukunft nicht niehr sieben, sondern fünf Jahre dauern. Die Komiteeberatuna der Resolutionen w-ird etwa bis Mitte April währen. Am 18. April soll die Beratung des letzten Budgets beginnen und bis Ende des Monats ab- geschlossen werden. Das Oberhaus wird die Vetoresolutionen erst nach Pfingsten in Beratung ziehen und sie sicherlich vcr- werfen. Damit wird die chronische Krise wieder akut werden und neuerlich der Appell an das Land erfolgen. Die Neuwahlen werden wahrscheinlich im Juni erssolgen. Trug schon die Debatte über die Selbstreform im Ober- Hause einen unwirklichen, akademischen Charakter, f,o war das nicht minder der Fall bei dem Redekampfe im plnterhause. Die Argumente waren dieselben, die man vor vier Monaten gehört hat, nur daß das Volk jetzt den liberale» Bebeuerungen mit größerer Skepsis gegenübersteht. Die EinleÄungsrede des Premierministers war stilistisch, wie immer, muster- gültig und gut durchdacht. ein Genuß für den Aesthetiker, der an solcher geistigen Gymnastik Ge° fallen findet. Sie war wie die wunderbare Technik eines Paderewski auf einer tonlosen Klaviatu«: Die mächtigen Akkorde fehlten. Die Tasten bewegen sich. aber daS siegesfrohe Kainpflied, das sie im Herzen deS Volkes anschlagen sollen, blieb auS. Die englischen Liberalen haben, um mit Shakespeare zu reden, die Flut verpaßt. Sie wollen eine Revolutiom vom Armstuhl aus machen, eine Revolution ohne NevolufJ'onäre. Sie glauben, daß sie mit ihren lauten Trompeten die Mauern Von Jericho umblasen können. Einige Linksliberale denken allerdings noch daran, eine wirkliche Volksbewegung ins Leben zu rufen, um den großen Reden im Parlament einen realen Inhalt zu geben, sie finden aber bei der großen Mehrheit ihrer Parteigenossen, deren ganzes Sinnen und Trachten auf die Vorbereitungen zu einer neuen Parlamentswahl gerichtet ist, taube Ohren. Die Liberalen fürchten sich vor einer mächtigen Volksbewegung; das ist deS Pudels Kern. Sie hriben Angst, daß sie die Geister, die sie heraufbeschwören würden. nicht mehr loS werden, daß sie nach dem konstitutionellen A auch daS sozialpolitische B sagen müssen. Sie setzen ihre Hoffnung auf Neuwahlen, die doch nicht viel' an dem Kräfteverhältnis ändern können. Hätte die Regierung Mut, so brauchte sie nicht zur Auflösung zu schreiten, es würde sich die Majorität von 120 Mann als genügend starke Waffe erweisen, um den Widerstand der Lords gegen die Forderungen der Demokratie zu brechen. Sie brauchte nur ds?m Führer der Jrländer die Sicherheit geben, daß er nicht mit leeren Händen vor seine Landsleute treten werde; sie brauchte nur. anstatt Vorbereitungen für Neuwahlen zu treffen, ihvc Lloyd George und Churchill ins Land zu schicken, um dhe Bestrebungen der Demokratie, die jetzt Gefahr laufen, durch das ultrarespektable Gebaren der Regierungsmänner erstickt zu werden, wach und lebendig zu halten, und die Krone würde sich wohl hüten, dem von einer mächtigen Volkse bewegung unterstiitzten Premierminister die Ausübung ihres Prärogativs, von dem jetzt alles abhängt, abzuschlagen. Man kann keine Omelette machen, ohne Eier zu zer- brechen. DaS sollten die englischen Liberalen von ihren Vor- fahren gelernt haben. Das Studium des Präzedenzfalles vom Jahre 1832 sollte ihnen den Wegweiser in einer Lage ab- geben, in der sie anscheinend kopflos und auf das gute Glück vertrauend in die Zukunft steuern. Die politische Lage Eng- lands zur Zeit der Reform bill ist in vielen Punkten mit der bestehenden identisch. Die Reformbill des Jahres 1831 wurde in den Commons bei der zweiten Lesung mit nur einer Stimme Majorität angenommen. Es folgte eine allgemeine Parlamentswahl, ans der die Freunds der Resormbill als Sieger hervorgingen. Die Bill wurde das zweite Mal mit einer Mehrheit von 136 Stimmen an- genommen. Ein paar Tage später verwarfen sie.. die Lords mit einer Majorität von 41 Stimmen. DaS Parlament vertagte sich bis zum 6. November. Dann brachte Lord John Russell die Vorlage wieder ein. Sie wurde wiederum mit einer Mehrheit von 162 Stimmen angenommen. m Januar deS folgenden Jahres gaben ihr die Lords den odesstoß. Hier gewinnt die politische Lage eine große Aehntichkeit nut der jetzigen; denn auch damals standen die Minister vor der Alternative, entweder abzudanken oder die Erlaubnis des Königs zu erlangen, eine genügende An- zahl Lords zu ernennen, um die Reformbill im Oberhause durchzudrücken. Wilhelm IV. wollte von dieser Maßregel aber nichts hören. DaS Ministerium dankte ab. Der Herzog von Wellington wurde darauf mit der Bildung eines Kabinetts beauftragt, brachte eS aber nicht zustande, und so war denn der König genötigt, den Earl G r e y wieder zurück- zuberufen. Dann folgte die historische Szene zwischen dem König und dem Premiermiriistcr. der vom Lord Kanzler Brougham begleitet war. Der König erlaubte, daß das Ministeriuin so­viel PeerS ernenne, als nötig seien, um die Resormbill durch das Oberhaus zu bugsieren. Dann fragte er die noch zögernden Minister:Wünschen Sie sonst noch etwas?" Sire," sagte darauf Lord Brougham ,ich habe noch ein Ansuchen vorzubringen."Was," rief Wilhelm ans, habe ich denn noch nicht genug zugestanden?"Ja," erwiderte der Kanzler, dem wohl daS Goethesche Wort einfallen mochte,»ich wünsche keine neuen Zugeständnisse von Ihrer Majestät, sondern ersuche nur, unS das Versprechen, das Sie uns gemacht, schriftlich zu geben." Der König zögerte einen Augenblick; dann nahm er ein kleines Stück Papier und schrieb die folgende Erklärung, die er Lord Brougham Ubergab. Sie lautete:Der König gibt dem Earl Grey und seinem Kanzler Lord Brougham die Er- laubnis, eine solche Anzahl Peers zu ernennen, als genügt, um die Annahme der Resormbill zu sichern; in erster Hinsicht sollen bei der Ernennung die ältesten Söhne der Peers in Betracht kommen. Wilhelm Ii. " Bekanntlich brauchte die Ernennung der Peers gar nicht stattzufinden; die bloße An- drohung der Radikalkur genügte, uni den Lords das Rückgrat zu brechen. Was steht der Wiederholung dieser Ereignisse im Wege? Das englische Volk ist heute demokratischer gesinnt, politisch gebildeter und sähiger als seine Vorfahren vom Jahre 1832 und wartet nur auf die ehrliche und zielbewußte Führung. um die Oligarchie, die in diesem entscheidenden Moment der Geschichte Englands wieder kühn ihr Haupt er­hebt. zu Boden zu strecken. Wird sich der englische Liberalismus noch aufraffen können, um die Fehler der letzten Wochen wieder gut zu machen und seine Reden im Parlament in Taten umzuwandeln? Dazu ist kaum noch Hoffnung vor­handen. Augenblicklich hat er den Blick auf die Neuivahlen gerichtet, als wenn ihm die helfen könnten, als wenn die Politik der Parlameiitsauflösung Gladstone und Rosebery ge- Holsen hätte. Die liberale Partei ist wie Hans im Glück, der ja auch seine harten Taler für etwas hergab, deren Wert sehr problematisch war, bis er am Ende wie ein armer Bettler dastand._ politische Clcbcrficbt. Berlin , den 5, April 1910 Wer fälscht? DieKölnische VolkS-Zeitung' hat die Stirn, dem .Vorwärts"«ine Fälschung vorzuwerfen. DerVorwärts" habe sich zu Unrecht auf ein Zitat derKöln . Volks-Ztg." berufen, aus dem er die Geneigtheit des Zentrums, in der Frage der Steuer- drittelung den Freikonservativen und Nationalliberalen Konzcssionen zu machen, abgeleitet habe. Das fei demVorwärts" nur dadurch möglich gewesen, daß er von dem Zitat aus derKöln . Volks-Ztg." »ur die Stelle wiedergegeben habe, in der die Bereitwilligkeit des Zentrums ausgesprochen werde, den Nationalliberalen.noch etwas entgegenzukommen". Diesem PassuS aber habe sich unmittelbar eine Stelle angeschloffen, in der die nationalliberale Forderung der Drittelung in den Gemeinden für unannehmbar erklärt werde. DieKöln . BolkS-Zeitung" sollte bei ihren Beschuldigungen gegen den.Vorwärts" etwas weniger Eifer und etwa? mehr Gcwiffenhaftigkeit an den Tag legen! Für den.Vorwärts" lag uichl die geringste Beranlaffung vor, auch diese letztere Stelle zu zitieren, weil eS ihm in dem fraglichen Artikel ja gar nicht ein- gefallen war. dem Zentrum die Absicht zu unterschiebe», evenl in eine Drittelung nach Gemeinden zu willigen I Daß das Zentrum die nationalliberale Forderungin ihrem vollen ll m- fange' erfülle, hatte derVorwärts" vielmehr ausdrücklich für ausgeschlossen" erklärt I Was derVorwärts" für nlcht unmöglich erklärte, war ledig- lich ein Eingehen des Zentrums auf die neuerlichen L e r- Mittelungsvorschläge des biederen WahlrechtSmaklerS F r e i h e r r n v. Zedlitz, die auf eine Vergrößerung der Drittelungsbezirke auf 1020 000 Einwohner hinausliefen I Und gegen diese Vermutung beweist auch der von demVorwärts" nicht zitierte Satz der«Köln . Volks-Ztg." nicht das geringste! DieKöln . Volks-Ztg." ist allerdings so unvorsichtig, auch daS folgende zu erklären: Aus der Begründung aber, mit der wir die Drittelung in den Gemeinden verwarfen, hätte derVorwärts" entnehmen können und annehmen müssen, daß wir jeden anderen Vorschlag, der dasselbe bezweckt wie die Drittelung durch die anz« Geinernde, mithin eine sichere plutokratische Wir- u n g haben würde, unbedingt ablehnen werden.' Wenn dieKöln . VolkS-Ztg." etwa behaupten wollte, daß das die Auffassung de» Zentrums sei, so würde s i« daS begehen, was sie zu Unrecht dem.Vorwärts' vorwirft: eine Fälsch ungl Denn wie wir gestern bereits nach der. R h e t n.- W e st f. g t g.' mitteilen konnten, war ja da» Zentrum tatsächlich bereit, auf Konzessionen in der Drittelungsfrage einzugehen, wie sie Herr V. Zedlitz vorschlägt I Nicht an dem prinzipiellen Widerstand de» gentrums scheiterte nach der.Rhein. -Wests. Ztg.' daS Kompromiß, sondern an den weitergehenden Forderungen der Nationalliberalenl Daß die Mitteilungen der.Rhein.-Westf. Ztg." aber der Wahrheit entsprechen, beweisen ga die Erklärungen der Konservativen in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 16. März 1 Denn die Konservativen dürften sicherlich den Nationalliberalen nicht Konzessionen in der PrittelungSfrage angeboten haben, ohne sich vorher der qventuellen Zustimmung deS Zentrums versichert zu haben. Gegen das Abiturientenprivileg. Wie dieMärkische V o l k S z t g.' mitteilt, nahm«ine am 30r März abgehaltene stark besuchte Vertrauensinännerversammlung der ZentrumSpartei des KreiseS Aachen -Land gegen die Be- vorzugung der Abiturienten Stellung. Dieses Privileg wurde mit AinSnahme eine» Redners von allen Vertrauensleuten in der schärfsten Wejse als eine ganz unbegründete Bevorzugung der akademisch Gebildelen vor dem Mittelstand und der Arbeiterklaffc verurteilt. Seine Aufrechterhaltung könne nur zu einer un- liebftamen Verstimmung weiter Kreise beitragen. Da» Zentrum hätte also alle Ursache, nunmehr auf B e- s e i t i g u n g deS AbiturientenprivilegS hi»zuarb«iten. das die ZentrumSfraktion bei der dritten Lesung angenommen hat, obwoftl sie sich vorher in entschiedener Weise gegen die Bevor- zugung einzelner Berufe und Stände ausgesprochen hatte! Fiskalische Renommisterei. Die Lrbeiterfürsorge der preußischen Berg« verw altung' lautet die Stichmark« eines Waschzettels, der zur« zeit durch dieordnungsfreundliche' Preffe geht. In dieser Neklam>enotiz werden die Aufwendungen aufgezählt, die die Berg- Verwaltung für die Arbeiterfürsorge mache. Wenn man die Summen etwa» näher ansieht, findet man, daß die gepriesene Arbeiter- sürsorg« gm» guten Teil sehr zweiselhaster Natur ist. Wenn zum Beispiel darauf hingewiesen wird, daß für die Ansiedelung der Arbeiter in der Nähe der Werl « Bau- Prämien und unverzinsliche Baudarlehen in emer Höhe von einer halben Million geleistet worden seien, so daß die Summe der bis- her für Hausdarlehne zur Verfügung gestellten Mittel auf mehr als sieben Millionen Mark angewachsen sei, so ist dabei zu beriicsi'ichtigen, daß die S e ß h a ft m a ch u n g der Ar- bester selbst von einsichtigen bürgerlichen Sozial« politilern stets als ein Mittel zur Knebelung der Arbeit« bezeichnet worden ist. Statt Mietöwohnungm her­zustellen und diese den Arbeitern zu einem mäßigen Preise zur Ver- fügung zu stellen, sucht man die Arbester an die Scholle zu fesseln und dadurch dem Arbeitgeber Staat aus Gnade und Ungnade auszuliefern! Wenn weiterhin mit einem Zuschuß von 166 000 M. renommiert wird, den die Arbeiter der Oberharzer Werke für den Groß- einkauf von Brolkorn erhalten hätten, so sollte man doch auch nicht unberücksichtigt lassen, daß der Staat durch seine Brotwucherpolitik die Getreidcpreise selbst erst so gewaltig in die Höhe getrieben hat! Außerdem sind bekanntlich die Löhne gerade der Oberharzer Berg- leute so niedrige, daß diese Subvention von 46,20 M. pro Kopf im Grunde nichts darstellt, als einen minimalen Zuschuß zu den unzulänglichen Löhnenl Wenn schließlich noch ein Wesen davon gemacht wird, daß für Fortgewährnng des Lohnes während des Urlaubs der Arbeiter 93 090 M. ausgegeben seien, so ist dazu nur zu bemerken, daß auch jeder halbwegs anständig« Privatbetrieb heutzutage seinen Arbeitern Ferienurlaub gewährt. Und zwar selbstverständlich unter Fortzahlung des Lohnes. Eine Erhöhung der Löhne der StaatSarbeiter wäre also entschieden verdienstlicher als eine.Fürsorge' der charalteri- sierten Art l_ Gegen das Wettrüste«. Einer der größten Schiffsbauunternehmer Englands, Sir Christopher Furneß. zugleich ein einflußreiches Mitglied der liberalen Partei, macht in einem, Briefe an die.Times' neuerlich den Vorschlag, dem Wettrüsten zwischen Deutschland und England ei» Ende zu machen. Der Vorschlag stimmt ganz mit dem unserer ReichStagSsiaktion überein. England müsse, so führt der Brief- s-breiber au«, dos Seebeuterecht abschaffen und so die Ursache für das deutsche Flottenprogramm entfernen, was dem Wett­streit im Kriegsbau beseitigen würde, der beide Völker zu erschöpfen droht. Die Initiative müffe diesmal von Deutschland kommen, der Reichskanzler solle England sondieren. Sir Edward Grey würde ein Anerbieten zur Einschränkung der Rüstungen nicht ablehnen können. Ganz abgesehen von dem Steuerdruck könne das Weltrüsten schon deswegen nicht streng genug verurteilt werden, weil der dadurch hervorgerufene feindselige Geist ein mächtiges Hindernis für Handel und Geschäft mit einem großen Lande sei, mit dem England berufen sei. noch ausgedehntere Geschäflsbeziehungm zu pflegen als bisher. Dieser Vorschlag verdient die ernste Beachtung unseres Auswärtigen Amtes und unsere Fraktion wird sicher nicht »nterlaflen, bei nächster Gelegenbeit Herrn v. Bethmann Hollweg im Reichstag zu frage», ob er diese Gelegenheit, uiisere Beziehungen zu England zu verbeffern und dem Rüstungswahnsnm Einhalt zu tun, benützt hat._ Jagow in Bremen . Die imposante WahlrechtSdemonstralion der Bremer Arbeiter­schaft am vergangene» Sonntag hat der bremische» Polizei an- scheinend die bisher bewahrte Besonnenheit geraubt. Der stell- vertretende Polizeisenator D r a y e r eröffnete am Dienstag dem Vorsitzenden deS sozialdemokratischen Vereins. daß er den Demonstrationszug vom Sonntag für einen Umzug halte. Wenn künftig sich wieder solche Demonstrationen abspielten, werde die Polizei mit aller RücksichtS- losigkeit vorgehen. Das werde auch am Mitt- woch, den 6. April geschehen, falls eS auS Anlaß der geplanten Wahlrechtsversammlung, in der Genossin Luxemburg spricht, zu Demonstrationen kommen sollte. Eine solche Drohung wagt die Bremer Polizei auszusprechen, trotzdem selbst die bürgerliche Preffe daS musterhafte Verhalten der Demonstranten nur zu loben vermochte. Die bremische Arbeiter,- schaft wird sich selbstverständlich auch durch solche Drohung nicht im geringsten abhalten lassen, den WahlrechtSkampf in der ihr geeignet erscheinenden Weise fortzuführen. Lebensmittelwncher. Seit einigen Tagen sind die städtischen Abgaben(Oktrois) auf Lebensmittel, die bisher in manchen deutschen Gegenden noch immer erhoben wurde, gefallen. Trotzdem wehren sich meist die Händler, die Preise für diese Lebensmittel herabzusetzen. AuS einigen Orten, so au« Freiburg i. Br. sowie auS Mannheim und H e i d e l- b e r g wird zwar gemeldet, daß der Brotpreis mit dem 1. April herabgesetzt wurde. Die Fleischer dagegen wollen auch in diesen Orten de» Preis mit der Begründung halten, daß sie, wäre daS Oktroi nicht aufgehoben worden, mit dem 1. April eine Vertenerung hätten eintreten lassen. Au« Bayern und Schlesien wird gleichfalls gemeldet, daß trotz der Aufhebung des Oktrois die Preise nicht herabgesetzt worden sind. DaS hat in einzelnen Ortschaften dazu ge- führt, daß die Konsumenten mit dem Boykott jener Händler drohen, die aus der Beseitigung einer drückenden indirekten Steuer Extraprofite herausschlagen möchten. Das Ende eines königlichen Distriktskommissars. Vor einer Woche berichteten wir über eine Gerichtsverhandlung in Polen , in der erwähnt wurde, daß der königliche Distrikts- kommisiar Rittmeister a. D. von Keller aus Moschin der wiederholten Bestechlichkeit zugänglich war. Wie diePos. Neuesten Nachr." melden, ist dieser edle Kulturkämpfer gegen Polen seitdem spurlos verfchiounden. Alle Nachforschungen waren bisher vergeblich. Sein Dienstpferd hat er kurz vor seinem Weggange an die Gutsverwaltung Rogalin verkauft. Regiernngöschutz vor der Erhöhung direkter Tteuer». Einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung hat das Ministerium für Ell'-Lothringen vorgenommen, indem es dem Be- schluß de» GemcinderateS der Stadt Geb Weiler auf gänzliche Abschaffung deS Oktrois die auf Grund der Gemcindeordnung er» forderliche Genehmigung verweigerte. Der Beschluß wurde am 10. März gesaßt, am 31. März aber, als tags darauf der Beschluß in Kraft treten sollte, bekam die Gemeinde erst auf telephonische Suirage beim Ministerium den Bescheid, dessen schriftliche Be- gründung, falls eine solche überhaupt erfolgt, noch aussteht. In de» Nachbarstädten Thann und A l t ki r ch sind die dort ebenfalls gefaßten gleichlautenden Beschlüsse voin Bezirkspräsidenten genehmigt worden, so daß dort die ganze Oktroieinrichtung mit dem 1. April dieses Jahres aufgehört hat._ Absolution oder gewerkschaftliche Organisation. Wir haben dieser Tage auf daS Geschreibsel derWest- deutschen Arbeiter-Zeitung' hingewiesen, die in ihrer stammen Osterbeilage den Arbeitern, wenn sie de» Leben» Last gar zu hart drückt, nicht den Kampf gegen ihre Unterdrücker, sondem den Gang zum Beichtvater empfiehlt als ob die Ab­solution die Organisation ersetzen könnte! ES gibt jedoch unter den christlichen Arbeitern auch solche, die in weniger andächtigen Stunden in der Lage find, die Gründe ihres Elends und die Mittel zu seiner AbHilst zu erkennen. So schrieb vor kurzem da« BerbandSblatt der christlichen Holz- «rbeiter in einer Auseinandersetzung mit den katholischen Fach- abteilern, daß diejenigen auf dem Holzwege seien, dieLustschlösser bauen auf einer nie dagewesenen Macht der Kirche', d. h. die Lösung der sozialen Frage allein von der Kirche erwarten. DaS Blatt führte dazu auS: Die Kirch» verfügt in unserem Vaterlands weder über die Anhängerschaft der gesamten Bevölkerung,«och bestimmt ste die