Gcwerkrcbaftliche«. 150000 JVIttgUcder im fabnharbcitcmrband I Nun kann auch der Fabrikarbeiterverband nach dem Zurückgehen der industriellen Kise von einer flotten organisatorischen Vorwärts- bewegung berichten. Die beiden ersten Monate dieses Jahres brachten dem Verbände einen Zuwachs von rund S000 Mitgliederu der Monat März allein dieselbe Zahl. Am Schluß des ersten Jahr- fünft seit Gründung des Verbandes waren erst wenig über SvlX) Mitglieder gewonnen, am Schlüsse des zweiten waren es schon fast 25 000. am Schlüsse des dritten mehr als 50 000 und heute, kurz vor Slbichluß des vierten Jahrfünfts zählt die Organisation 150 000 Kämpfer und Kämpferinnen. Doch ein großes, unbcackertes Feld bietet sich dem Verbände noch zu organisatorischer Auflockerung Waren doch nach der letzten Volkszählung in Ziegeleien, Zement«, Gips- und Kalkfabriken 28Z 500 Hilfsarbeiter beschäftigt; in der chemischen Industrie, einschließlich der Seifen- und Oelfabriken 102 022, in Papierfabriken 80 874, in Zuckerfabriken 20 000 und in Gummi- und Linoleumfabriken 23 210 Arbeiter beschäftigt. Das sind rund 000 000 Arbeiter in den Industriezweigen, aus denen sich die Mitglieder des Verbandes hauptsächlich rekru- tieren. Die reguläre Auflage des Verbandsorgans beträgt nur 150 000 Exemplare. Diese Zahl deckt sich mit der Zahl der Mitglieder, da der Verband„och die„Gleichheit" an die weiblichen Mitglieder und das polnische und italienische Ge> werkschaftSblatt an männliche Mitglieder abgibt, insgesamt 7000 Exemplare. AuS Anlaß dieser nun erreichten hohen Mitgliederzahl erscheint„Der Proletarier" in doppelter Auflage als AgitationS- nummer ausgestattet. Möge sie gute Wirkung haben und die meist unter besonders schlechten Arbeitsverhältnisien ausgebeuteten Fabrik- arbeiter in noch größerer Anzahl unter die Fahne der Organisation rufen, um die Mitgliederzahl von 200000 baldigst voll zu machen. LerUn uncl Qm gegen ck. Das ReichSamt des Innern vpd der Kampf im Baugewerbe. Wie das„Berliner Tageblatt" erfährt, hat der Staats- sekretär des Reichsamts des Innern für Freitag eine Konferenz von Vertretern der Arbeitgeber und der Arbeiter zusammen- berufen, in der versucht werden soll, eine Einigung der streitenden Parteien herbeizuführen. Man hofft bestimmt, daß diese Einigungsbestrebungen wenigstens für Berlin von Er- folg begleitet sein werden._ Achtung, Schuhmacher! In der Schuhfabrik von Spiegel, Greifswalder Straße 224, sind wegen Lohnabzüge Differenzen ent- standen. Wir ersuchen dieses zu beachten. Schuhmachcrverband. Ortsvertvaltung Berlin . Achtung, Maler! lieber die Firma A. H. D i r k s e n- Hannover welche im Neubau des königlichen Polizei- Präsidiums in Charlottenburg , Sophie-Charlotte-Platz, die Malerarbeiten ausführt, ist wegen Nichtbezahlung der tarifmäßigen Löhne seitens des Ortstarifamtes für das Maler- gewerbe zu Berlin die Sperre verhängt worden. Da die Firma D i r k s e n auch außerhalb Berlins gegenwärtig größere Arbeiten ausführt, wird die arbeiterfreundliche Presse um Abdruck dieser Bekanntmachung gebeten. Kruse, Obmann der Arbeitgeberbeisitzer. Klotz, Obmann der Arbeitnehmerbeisitzer. Achtung, Metallarbeiter! Der Streik bei B e l t e r u. S ch n e e- vogel in Reinickendorf -West ist durch Verhandlungen beigelegt. Tie Sperre ist hiermit aufgehoben. Deutscher Metallarbeiterverband. Ortsvertvaltung Berlin . Oeutkcbeo Reich. Lohnbewegungen im Töpfergewerbe. Die Streiks in 2 i e g n i tz und Hof dauern unverändert Wetter. Streikbrecher sind so gut wie gar nicht vorhanden. In elfterem Orte sind erneute Verhandlungen eingeleitet worden. In Forst, Nürnberg und teilweise auch in Guben sind die Töpfer aus- gesperrt worden. Jedoch sind in allen drei Orten durch die Or- ganisationen neue Verhandlungen angebahnt worden.— In München wurde ein neuer Ofensetztarif vereinbart. Die Mord- löhne wurden um 5 bis 10 Proz. erhöht, die Stundenlöhne die früher 45 bis 75 Pf. betrugen, auf 00 bis 80 Pf. normiert. Die tägliche Arbeitszeit wurde auf 8% Stunden festgesetzt. Eine Lohnbewegung der Rostock er Ofensetzer brachte eine Reihe von Aufschlägen der Mkorbpositionen, sowie 2 Pf. Aufschlag pro Stunde bei Lohnarbeit. — In Magdeburg brachten Tarif- Verhandlungen Erhöhungen des Akkordtarifes um 5 bis 7 Proz., sowie Verbesserungen einer Reihe von Nebenpositionen. Die Stundenlöhne wurden in der Weise verbessert, daß für die Dauer des Tarifes innerhalb drei Jahren eine progressive Aufbesserung von 10 Pf. eintritt.— In N e u st a d t, Oppeln und B r i e g in Oberschlesien wurden verbesserte Lohntarife geschaffen. In erfterem Orte betragen die erreichten Lohnerhöhungen 5 bis 8 Proz., in Oppeln 3 bis 25 Proz. und in Brieg 8 bis 12 Proz. 150 Schlepper vom Delbrückschacht in M a k 0 s ch a u sind in den Ausstand getreten. Bei der gestrigen Frühschicht fehlten 200 Mann, und die Arbeitswilligen wurden an der Aufnahme der Arbeit gehindert. Der Grund zu dem Ausstand ist Unzufriedenheit mit den neuen Arbeitsbedingungen, durch die sich die Bergleute benachteiligt fühlen. Die Maler von Hoyerswerda stehen in einer Lohn. bewegung . Es werden von feiten der Meister überall Arbeiter gesucht. Zuzug ist fernzuhalten. 130 Transportarbeiter sind in Wilhelmshaven zwecks Lohnerhöhung in den Ausstand getreten. Mehrere Firmen haben bereits betvilligt. Einem Unternehmer ist bereits Militär zur Verfügung gestellt worden. Der Arbeitgeberverband, dem die Fuhrherren angehören, droht mit einer Aussperrung der noch Arbeitenden, falls nicht sofort die Arbeit wieder aufgenommen wird._ August Scherls Tariftreue. August Scherl hat vor Jahren auch den Verlag von Ernst Keil in Leipzig sGartenlaube) übernommen. Als nun die Leipziger Buch- und Steindruckerei-HilfSarbeiter und Arbeiterinnen im Herbst ISOO in einer Tarifbewegung standen, schlössen sie am 22. November 1900 vor dem Abschluß des für ganz Leipzig geltenden, am 1. Januar 1907 in Kraft tretenden Tarifvertrages, einen Sondervertrag mit der Firma August Scherl (Ernst Keil Nachfolger in Leipzig ) ab, der bis um zwei Mark höhere Lohnsätze vorsah alS der allgemeine Tarif. In diesem war aber unter anderem auch bestimmt, daß be- siehende bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen nicht verschlechtert werden dürfen. Als aber iin Februar 1903 zwischen dem Hilfs- arbeiterverbande und der Firma August Scherl einige Meinungs- Verschiedenheiten ausbrachen, setzte die Firma August Scherl am Ib. Februar den Sondervertrog, also bis bestehenden besseren Lohn- und Arbeitsbedingungen einfach außer Kraft. Sie fühlte sich dazu berechtigt auf Grund einer Erklärung(I) eines Schiedsgerichts- Vertreters der Prinzipale(!), daß mit dem 1. Januar 1907 der Sondervertrag außer Kraft getreten sei; außerdem berief sie sich darauf, daß der(inzwischen verstorbene) Oberfaktor Müller, der den Sondervertrag mit dem Hilfsarbeiterverbande unterzeichnet hatte, « zum Abschluß des Vertrags nicht bevollmächtigt gewesen sei. Trotzdem hat aber der Sondervertrag 1>/« Jahre lang im Betriebe von Aug. Scherl in Leipzig Geltung gehabt. Das durch den Tarifvertrag vom 1. Januar 1907 geschaffene Tarifschiedsgericht ist nun Scherl zu Hilfe gekommen. Es entschied zwar. daß der Abschluß des Tarifvertrages durch den Oberfaktor Müller nach z 54 des H. G. B. rechtsgültig erfolgt sei, auch, daß trotz des allgemeinen Leipziger Tarifs die Sonderabmachungen Geltung hätten, aber da der Hilfsarbeiterverband erst im März 1910 das Schiedsgericht angerufen habe— das nach Behauptungen des Verbandes aus mehreren Gründen nicht früher angerufen werden konnte— sei dies zweijährige Schweigen als Zustimmung zur Außerkraftsetzung des Sondervertrages vom 23. November 1900 zu deuten. Auf diese Weise— die Entscheidung des Schiedsgerichts fiel durch die Stimme des Vorsitzendel»— ist Scherl formell ins Rechl gesetzt worden, wo er materiell vollständig im Unrecht ist. Die Firma Scherl hat in Leipzig durch die Aufhebung des Sonder- Vertrages nach den Berechnungen des HilfSarbeitcrvcrbandes in den beiden Jahren etwa 4—5000 M.„gespart". Dieses neueste..System Scherl" erweist sich also ebenso profitabel wie die übrigen Scherlschen „Systeme" I_ Lohnbewegungen in den Leipziger Lederwarenfabriken. Die Arbeiter der Weltfirma MoritzMädler in Leipzig . Lindenau , Lederwarenfabrik, stehen in einer Lohnbewegung. Nach jahrelangen Bemühungen ist es endlich gelungen, die Organi- sation in diesem Betriebe zu befestigen. Nur einige— die alten Jubilare— stehen ihrer Berufsorganisation noch fern. In den letzten Tagen haben wiederholt Verhandlungen mit Herrn M ä d I e r stattgefunden, die zu einem befriedigenden Resultate noch nicht geführt haben. Eine gutbesuchte Betriebsversammlung nahm eine Resolution an, in der der Erwartung Ausdruck gegeben wird, daß Herr Mädler die Forderungen der Arbeiter, insbesondere in bezug auf die Verkürzung der Arbeitszeit, Erhöhung der Akkord- löhne und Bildung eines Arbeiterausschusses berücksichtigen möge. Die endgültige Entscheidung behalten sich die Arbeiter noch vor. In der Lederwarenindustrie Leipzigs stehen sämtliche Ar- beiter der Firmen Bleich, beide K l e e in a n ns, I. C. Richter, Regenhagen, Saxonia und Winter st ein im Ausstand. Die Arbeitgeber suchen unter Versprechungen hoher Stundenlöhne Arbeiter in allen Großstädten. Bei dein Stand der Organisation unter den Reiseartikelsattlern und Portefeuillern dürften diese Anstrengungen vergeblich sein. Da auch die Geschirrsattler und Treibriemenarbciter in der Lohnbewegung stehen, so ist aller Zuzug von Sattlern und Portefeuillern von Leipzig streng fernzuhalten. Die Gelben werden rebellisch. Die Protektoren der gelben Arbeitervereine in Augsburg erleben an ihren Gründungen keine rechte Freude. Die zuneh- wende Teuerung der Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände, die uiNvürdige Behandlung der Arbeiter in den Fabriken und die fort- währenden Lohnabzüge rufen von Tag zu Tag größere Unzufrieden- heit unter den gelben Mitgliedern hervor und kein Beschwichtigungs- versuch will mehr verfangen. Besonders heftig macht sich die Erregung unter den Textil- arbeitern geltend, die man ebenfalls zum größten Teile in die gelben Vereine gepreßt hat. In der Weberei Rosenau, einer Abteilung der" Mechanischen Baumwollspinnerei und-Weberei Augsburg ist es bereits zu einer Arbeitsniederlegung der Gelben gekommen. Infolge einpfindlicher Abzüge, die den Leuten gemacht worden sind, stellten sie einmütig die Arbeit ein, und erst nach einigen Stunden, als die Direktion die Erfüllung der Wünsche in Aussicht gestellt hatte, ließen sie ihre Maschinen wieder anlaufen. In einer am Montagabend stattgefundenen, vom Deutschen Textil- arbeiterverband einberufenen Versammlung konnte nur ein Teil der Erschienenen Platz finden und fanden die Ausführungen der Redner vom Textilarbeiterverband stürmischen Beifall. Die Ar- beiter Augsburgs haben eben die gelben Vertröstungen gründlich satt bekommen._ Bestrafter Unternehwerübermut. Die interessante Massenklage der 310 Arbeiter und Arbeiterinnen der Wolfram-Lampen-Aktiengesellschaft in Lech- Hausen kam nunmehr vor dem Gewerbegericht in Lechhausen zur Entscheidung. Die Arbeiter und Arbeiterinnen dieser Fabrik klagten auf Zahlung einer Entschädigung in der Gesainthöhe von 0210 M.. weil die Firma infolge eine« in einer Abteilung ausgebrochenen Streiks die Arbeitszeit im gesamten Betriebe ganz erheblich verkürzt hatte, ohne den davon betroffenen Arbeitern vorher Mitteilung da- von zu machen oder sie für den Lohnausfall zu entschädigen. Die Klage hatte schon einmal das Gewerbegericht Lechhausen beschäftigt. ES wurde damals festgestellt, daß der Streik der Arbeiter in der einen Abteilung durch die Firma selbst verschuldet worden war, ein Streik auch kein Elementarereignis ist, wie es im§ 15 des B.G.-B. vorgesehen. In Anerkennung dieser Feststellung verurteilte daS Gericht denn auch die beklagte Firma zur Zahlung von 6210 M. Entschädigung einschließlich 4 Proz. Verzugszinsen ab 1. Januar 1910 an die 310 Kläger. Die Einrede der beklagten Firma wurde als nicht stichhaltig zurückgewiesen. Die Vertretung der Kläger hatte der Arbeitersekretär Genosse Karl Schmidt in Augsburg über- nommen._ Bustand* In Marseille droht die Gefahr eines Generalstreiks. Die eingeschriebenen Seeleute forderten die Arbeiter der Ver- bandsorganisationen, so die Stauer, Dockarbeiter und Fuhrleute auf, sie zu unterstützen. Das Syndikat der eingeschriebnen Seeleute billigt die Be- wegung in Marseille und erklärt, gegebenenfalls mit allen ein- geschriebenen Seeleuten solidarisch vorzugehen. Ein Teil der Mannschaft des Pakotbootes„Meise " verließ in dem Augenblick, als das Schiff nach Tunis in See gehen sollte, den Dienst. Vier Matrosen wurden verhaftet und ins Gefängnis gebracht. In der Geschäftswelt herrscht große Besorgnis, daß der Aus- stand der Mannschaften der Handelsmarine längere Zeit dauern und ähnliche schlimme Folgen haben könnte, wie der Ausstand vor einigen Jahren. Auf den Hafenkais liegen bereits massenhaft Waren angehäuft, darunter viele, die infolge des Regenwetters zu ver�dvrben drohen. Im Hauptpost- gebäude sind alle Räume mit Briefsäcken angefüllt, die nicht befördert werden können. Die Porgänge auf dem Post- Kämpfer„Moise", die zur Verhaftung von vier Matrosen führten, waren veranlaßt durch den von der Compagnie transatlantique auf Drängen des Untverstaatssekretärs Cheron unternommenen Ver- such, den Dampfer mit neu angeworbenem Personal abfahren zu lassen. Um Mannschaft und Passagiere vor jeder Be- helligung durch die Ausständigen zu schützen, hatte Cheron an- geordnet, daß alle verfügbaren Polizeibeamten im Hafen bereit gehalten würden. Als um 1 Uhr nachts die Anker gelichtet wurden, erklärte die Mannschaft, daß sie sich den Ausständigen anschließe. Als Cheron drohte, die Leute sofort verhaften zu lassen, taten sie zunächst, als ob sie gehorchten, dann aber erklärte der Kapitän, die Mannschaft würde keine Arbeir anrühren. Da daS Erlöschen der Kesselfeuer befürchtet wurde und die Passagiere angesichts der Haltung der Mannschaften große Furcht äußerten, wurde der Abgang des Dampfers auf Befehl Cherons in- hibiert und das Marineministerium telegraphisch um Bereitstellung von Matrosen der Kriegsmarine ersucht. Aus Dünkirchen wird gemeldet, daß die dortigen Seeleute sich vorbereiten, aus Solidarität mit ihren Marseille ! Kameraden den Ausstand zu proklamieren. In Algier hat die Marseiller Streikbewegung große Auf« regung verursacht. Alle Körperschaften wandten sich an die Re» gierung mit der Bitte um energische Matznahmen zur Bekämpfung der für Algier so verhängnisvollen Folgen des Ausstandes. Sechs Torpedobootszerstörer sind von Toulon nach Marseille abgegangen, wo sie wahrscheinlich zur Aufrechterhaltung des Postdicnstes zwischen Frankreich und Algier Verwendung finden werden. Eine Anzahl Marinesoldaten sind nach Marseille beordert worden, um die Besatzung der Postdampfer, falls es nötig ist, noch im Augenblick der Abfahrt zu vervollständigen. Marseille , 0. April. Der Torpedobootszerstörer„Orislamme" ist heute mittag mit den Postsachen in See gegangen. Maurerstreik in Mailand . Rom , 4. April. (Eig. Ber.) Am 4. April sind die Maurer Mailands in den Ausstand getreten, da die Unternehmer die Be- willigung ihrer Lohnforderung abgelehnt haben. Die Zahl der Streikenden beträgt ungefähr 15 000. Englische Gewerkschaftskongresse. Während der Osterfeiertage hielten zwei englische GeWerk- schaftsverbände, die Föderation der Po st ange st eilten und der Handlungsgehilfenverband, ihre Jahres- kongresse ab. Beide Kongresse zeigten einen erfreulichen Fort- schritt in der EntWickelung dieser Arbeiterkategorien, deren An- gehörige sich»n manchen Ländern vielfach noch für„besser als Arbeiter" halten, zum Bewußtsein ihrer proletarischen Klassen- Zugehörigkeit. Der Kongreß der Postangestellten tagte in Bradford und sah etwa 50 Delegierte, die 0875 Mitglieder vertraten, zusainmen. Eine lange Diskussion wurde über eine Resolution geführt, die die völlige politische Gleichberechtigung der Postangestellten mit ihren Klassengenossen im Dienst des Privatkapitals und das Recht der Gewerkschaft, als selbständige Rechtsperson ihre einzelnen Mitglieder den vorgesetzten Behörden gegenüber zu vertreten, forderte. Die reaktionären Bestrebungen der jetzigen sogenannten liberalen Regierung, die noch vor einem Monat einen Post- angestellten aus dem Dienst entließ, weil er in einer Versammlung zur Gründung eines sozialistischen Vereins als Vorsitzender fungiert hatte, wurde von zahlreichen Delegierten scharf kritisiert. Schließlich wurde die Resolution einstimmig angenommen. Kurz darauf erschien der Postminister Samuel im Saale. Er hielt eine große Rede, in der er versprach, die in der Resolution nieder- gelegten Wünsche zu berücksichtigen. Er sei, so führte er aus, von der Notwendigkeit der gewerkschaftlichen Organisation auch für die Staatsange st eilten f e st ü b e r z e u g t. Es sei Zeit, daß der kollektive Arbeitskontrakt an die Stelle des individuellen Kontraktes trete. Das Bestehen von Gewerkschaften erleichtere die Arbeit der Ver- w a l t u n g und ermögliche es, viele Reibungen und Konflikte zu vermeiden, deswegen sei er für die völlige Anerkennung der Gewerkschaftsorganisation durch die Verwaltung. Diese schönen Worte hielten indessen die Postangestellten nicht davon ab, weiter an dem Ausbau ihrer Kampfesorganisation zu arbeiten. Sie nahmen eine Resolution an zugunsten der Ver- schmelzung der vier bestehenden Verbände der Angestellten und Arbeiter im Postdienst zu einer großen Organisation, die dann über 50 000 Mitglieder zählen würde. Nach längerer Tis- kussion wurde auch zum ersten Male ein Antrag angenommen, der die Exekutive der Föderation beauftragt, einen Bericht über die Tätigkeit der Arbeiterpartei zu redigieren, damit der nächste Kongreß über den Anschluß an die Arbeiterpartei beschließen könne. Ein Antrag, den„Fonds für die parlamenta- rische Vertretung", der zurzeit 40 000 M. enthält, dem Urteile der Lordskainmer in der O s b 0 r n e- Angelegenheit gemäß auf- z u l ö s e n, wurde unter großer Begeisterung der Delegierten zurückgezogen. Der Kongreß des HandlungSgehilfenverbandeS, der der Ar« beiterpartei angeschlossen ist, beschloß ebenfalls, den Verbands- fonds für die parlamentarische Vertretung aufrechtzuerhalten. Im übrigen erledigte er fast nur Berufs- und Organisations- angelegenheiten. In das Programm der Verbandsforderungen wurden jedoch auch die politischen Forderungen der Arbeiterpartei in bezug auf das Wahlrecht, die Arbeiterversicherung usw. auf- genommen._ Englischer Streikbrecher-Export. England scheint sich mehr und mehr zum Streikbrecher-Erport- land zu entwickeln. Man erinnert sich noch der Hafenarbeiterstreiks in Antwerpen , Hamburg und Göteborg , die man mit Hilfe von aus England importierter Streikbrecher niederzuwerfen versuchte, wobei die Unternehmer stets auf die Unwissenheit englischer Arbeiter in internationalen Angelegenheiten spekulierten. Jetzt werden die Kohlenreviere von Northumberland und Durham , wo die Bergarbeiter sich noch immer im Streik befinden, von Agenten der kanadischen Kohlen- und Eisengesellschaft in Nova Scotia überflutet, um für ihre kanadischen Werke Streikbrecher zu werben. Wie verlautet, sind bereits mehrere tausend englische Bergarbeiter in ihrer Unkenntnis der Sachlage nach Kanada abgegangen Jetzt hat die Bergarbeiterorganisation von Northumberland eine Warnung erlassen. Letzte Nachrichten und Depelchen. Lucgers Nachfolger! Wuu, 6. April. (W. T. B.) Der christlich-soziale Bürgerklub hat in seiner heutigen Sitzung mit allen gegen vier Stimmen Bize- bürgermeisier Dr. Neumayer als Kandidaten für die am 22. April stattfindende Bürgermeistcrwahl aufgestellt. Drei Arbeiter ertrunken. Stettin , 6. April. (W. T. B.) Auf dem Dammschen See er- eignete sich ein schwerer Bootsunfall. Drei städtische Bau» arbeiter begaben sich nachts 12 Uhr in einem Boot über den See nach dem Dorfe L ü b z i n, uin dort am Nachmittag an einer Kontrollversammlung teilzunehmen. Mitten auf dem See kenterte das Boot und alle drei Arbeiter ertranken. Von den Leichen ist bis, her noch keine geborgen._ Eine schwere Explosion. Epinal , 6. April. (B. H. ) Eine Kiste, worin sich S p r e n g- k ö r p e r befanden, explodierte auf dem Speicher eines hiesigen Ge- treidehändlers. wobei zwei Knaben im Alter von 14 und 10 Jahren tödlich verletzt wurden. Beide starben kurz darauf unter furcht- baren Schmerzen._ Neue Zusammenstöße in Albanien . Konstantinopel , 6. April. (W. T. B.) Heute bei der Pforte aus dem Aufstandsgebiet in Albanien eingelaufene Nachrichten lassen die Lage ernst erscheinen. Zwischen den Truppen und den Aufttändischen haben überaus heftige Zusammenstöße statt- gefunden. Es verlautet, daß sich die Aufständischen im Besitz mehrerer Geschütze befinden. Morgen werden von hier mehrere Truppentransporte nach dem Aufjtandsgebiete abgehen. «erantw. flichßröB-mh, Berlin . Inseratenteil veranttv.: Th.Ulockc,'Berlin . Druck u. Verlag l Vorwärts Buchdr. u. BirlagSanftaV Gaul Singer Lc Co., Berlin LW. HierzuZBeilage««.llntcrhaltungsbl.
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