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Nr. 80. 27. Zahrgaug. 2. KeilGe des Joriiiirts" Pollioliliitt Donnerstag. 7. April l9l0. Partei- Angelegenheiten. Zernsdorf  . Sonnabend, den 9. April, abends 8 Uhr, findet im Knorrschen Lokale die Mugliederversammlung des Wahlvereins statt. Tagesordnung: 1. Ausnahme neuer Mitglieder. 2. Die diesjährige Maiseier. 3. Bcrschiedencs. Der Vorstand. Pankow  . Heute. Donnerstag, abends 8Vz Uhr, findet bei EbcrS- buch im Kurfürst, Berliner   Str. 192, eine Volksversammlung statt, in der Reichslagsabgeordneter Genosse Stadthagen   über:.Den Kamps der Arbeiter für Freiheit und Recht" referieren wird. Ge- nassen, agitiert für Massenbesuch. Tegel  -Borsigwalde  . Am Sonnabend, den 9. April, abends 7 Uhr, findet von den bekannteil Bezirkslokalen aus eine Handzettelverteilung statt. Die Bezirksleitungen. Bernau  . Die Parteigenossen werden ersucht, sich heute, Donners- tag, abends 8 Uhr. beim Genossen Herrmann, Wallstraße, zu einer wichtigen Parteiarbeit einzufinden. Sonntag nachmittag 1 Uhr Volksversammlung imElysium". Staaken  . Am Sonnabend, den 9. April, abends 6 Uhr, findet eine Handzettelverbreitung statt. Am Sonntag, den 19, April, nach- mittags 2'U Uhr, in GnädigS Gasthof: Oeffentliche Versammlung. Die Genossen werden aufgefordert, für die Versamnilung rege Agitation zu treiben. Der Vorstand. Berliner   JVachricbten. In der Heimstätte Buch hat nach demP a t i e n t e n st r e i k" dank den Erörterungen, die imVorwärts" und in der Stadtverordnetenversammlung an dieses ungetvöhnliche Vorkommnis geknüpft wurden sich manches ««ändert und gebessert. Wir konnten bereits wenige Tage nachher melden, daß der leitende Arzt Dr. Reuter den Ton, in dem er mit Patienten verkehren zu dürfen geglaubt hatteUnter« offizrerston" nannte ihn in der Stadtverordnotenversammlung unser Genosse Dr. Wehl sofort merklich gedämpft und ver- f e t n e r t habe. Nachträglich wird uns noch mitgeteilt, daß er jetzt bei Konirollbesuchen, die er in den Liegehallen macht, auch nicht versäumt, an jedem dritten oder vierten Bett laut und vernehmlich zu grüßen. Das ist nett von ihm netter, als man's verlangen kann. Leider müssen wir aber hinzufügen, daß deshalb in der Heimstätte Buch die Klagen doch noch nicht ganz ver- st u mint sind. Geklagt wird jetzt hauptsächlich über die Ober- schwester, und es scheint fast, daß diese Dame um so un° gemütlicher geworden ist, je mehr der Herr Doktor den Ge- uiütlichen zu machen versucht. , Ein Patient R. hatte sich bei der Oberschwester darüber be- schwert, daß an einem Löffel, den er benutzen sollte, Spuren von Putzpomade und zugleich noch Speisenreste gefunden worden seien. Die Oberschwester bestritt das, und am nächsten Tage wurde dann von Dr. Reuter, dem sie ihr Leid geklagt hatte, der Patient ge- rüffelt, weil er der Oberschwester»or allen Patienten und in ungehörigem Ton feine Beschwerde vor- getragen habe.Das andere wird sich finden", schloß der Herr Doktor,wenn's noch mal vorkommt, schmeiße ich Sie raus." Nebenbei bemerkt: man ersieht aus der Form dieser Drohung, daß Dr. Reuter auch jetzt noch denkräftigen" Ton nicht ganz ab- geschworen hat. An demselhen Tage wurde der Patient R. bei der Mittagstafel dadurch überrascht, daß ihm zum Diner stat-t des bisher gelieferten Malzbieres eine Flasche Selterwasser serviert wurde. Er wunderte sich zwar ein bißchen, doch trank er in Demut, was ihm gespendet worden war. Am nächsten Tage sah er neben seinem Teller statt des gewohnten Malzbieres wiederum eine Flasche Selterwasser stehen. Jetzt be- gann er zu argwöhnen, daß das Selterwasser ein Straftrunk jür ihn sein solle. In der Heimstätte Buch liebt man nämlich die �sinnigen" Strafmittel, z. B. die Nachliegestunde für Patienten, nie in der Liegehalle gegen die Vorschriften verstoßen haben, und so manchmal auch das Seltcoivasser für solche, die einer Ueber- tretung der Hausordnung sich schuldig gemacht haben. R. trank auch am zweiten Tage sein Selterwasser, ohne etwas dawider zu sagen. Als aber am dritten Tage ihm wieder Selterwasser auf- getischt worden war, fragte er am folgenden Morgen den Herrn Dr. Reuter nach dem Warum.Ja, sehen Sic", belehrte ihn freundlich lächelnd der Herr Doktor,das Selterwasser ist Ihren Nerven dienlicher, Sie regen sich zu sehr auf." Nun wußte er's: kein Straftrunk sollte es fein, sondern ein Labsal für auf- geregte Nerven. Aus einer weiteren Unterredung mit Dr. Reuter ersah dann R., daß die Aufgeregtheit seiner Nerven in seiner Be- fchwcrde über den mit Speiscnresten und Putzpomade behafteten Löffel zutage getreten war. D-r. Reuter entließ ihn mit der ernsten Bermahnung, die Oberschwesternicht immer so zu ärgern". Das Beruhigungsmittel wirkte übrigens ganz un- gewöhnlich schnell: schon zum Mittagessen desselben Tages bekam R. wieder sein Malzbier. Uebler als ihm erging'es einem Patienten H der gleichfalls den Zorn der Oberschwester erregt hatte. Im Speisesaal war von Patienten darüber geklagt worden, daß beim Oeffnen der Fenster ein Luftzug entstehe. Die Oberschwester war anderer Meinung und erklärte, sie wolle doch mal sehen, oh es wirklich ziehe. Zu diesem Zweck öffnete sie ein Fenster und stellte sich in der Nähe auf. Patient H., der wohl nicht wußte, daß da experimentiert werden sollte, ging hin und schloß das Fenster, Als die Oberschwester ihn deshalb zur Rede stellte, erwiderte er. es ziehe ihm zu sehr. Sie lügen", sagte die Oberschwester,es zieht nicht."Nein, dann lügen Sie", antwortete H. Das war ungehörig ohne Zweifel. Richtiger wäre es gölvesen, wenn Patient H. sich damit begnügt hätte, die Oberschwester auf das Beleidigende ihrer Aeuße- rung hinzuweisen. Nachdem er sich dazu hatte hinreißen lassen, die ihm zugefügte Beleidigung auf der Stelle durch eine gleiche Beleidigung zu vergelten, fühlte nunmehr die Oberschwester sich gekränkt und lief zu Dr. Reuter, um wieder mal Schutz zu suchen gegenUnbotmäßig- k e i t" des Patienten. Und am anderen Morgen hatte H. seine Entlassung. Dr. Reuter hat in den allerletzten Tagen den Patienten in einer Ansprache den Vorwurf gemacht, es komme ihm so vor, wie wenn von ihrer Seite Schikane geübt werde. Geantwortet hat man ihm nichts, nur mit stiller Heiterkeit wurde über diesen Rüffel quittiert. Uns aber haben Patienten gesagt, sie hätten eher die Empfindung, daß s i e schikaniert werden. Fromme unter sich. Dem gestern von uns mit seinen scharfen Ausdrücken teilweise wiedergegebenen Flugblatt der Liberalen in der ewig unruhigen Gethsemanegemeigde, die bei den letzten Kirchenwahlen gesiegt haben, was auch auf das Konto der bekannten Unterschlagungen des flüchtigen und steckbrieflich verfolgten Expastors Werkenthin gesetzt werden muß, ist auf dem Fuße ein Gegenflugblatt der an- gegriffenen Positiven gefolgt. In diesem zweiten Flugblatt heißt «S u. a.: Wie unwahrhaftig muß der Mann sein, der z. B. schreiben kann, daß wir unseren Vcreinshelfern 49 M. pro Woche bezahlen. Das ist etwa die Summe, welche der Evangelische Verein den. selben Herren geboten hat, um sie uns abspenstig zu machen... Wie unwahrhaftig muß der Mann sein, der ferner behauptet: Man macht Geschäftsleuten Anspielungen auf geschäftliche Nach- teile.. Der Evangelische Verein gibt daher den Positiven Berlind das traurige Schauspiel, daß er dem sattsam bekannten Berliner  Liberalismus in eine bisher unbestritten positive Gemeinde den Einzug verschaffen will... Rief doch einer der Unterzeichner des Flugblattes des Evan- gelischen Vereins in der letzten Versammlung bei dem Hören des Wortes orthodox, das ist rechtgläubig, laut in den Saal: Ochsen!... Auch heute noch sind es persönliche und nicht religiöse Be- weggründe, welche die Herren des Evangelischen Vereins leiten, denn sie schreiben selbst:Wie Sie auch üher religiöse Fragen denken mögen..." Es ist den Herren also der religiöse Stand- Punkt völlig gleichgültig. Nach seinen eigenen Worten ist dem Evangelischen Verein der rechte Glaube ein Joch." Dieses Flugblatt ist vom Wahlausschuß des posi- tivenParochialvereins unterzeichnet, dem neben Gerichts-, Post- und Magistratsbeamten auch nicht wenigeralssieben P o l i z e i b e a m t e, das heißt bloß dem Wahlausschutz, augehören (1 Kriminalwachtmeister, 2 Polizeiwachtmeister, 2 Kriminalschutz- leute, 2 Schutzmänner)! Recht beachtenswert ist auch die Zugehörig- keit eines Sarghändlers! Angesichts der Zusammensetzung des Parochialvereins wäre es interessant, wenn die Liberalen mit ihren Anklagen über k i r ch- lichen Terrorismus gegen Geschäftsleute etwas deutlicher werden wollten._ Preßgasbeleuchtung soll eingerichtet werden auf dem Hafen- platz, der Schöneberger und Köthener Brücke und in der Schöne- berger, Greifswalder und Schickler-Straße. Gegen die Umgehung der Anzeigepslicht bei ansteckenden Krank- heitcn wendet sich ganz energisch der Regierungspräsident von der Schulenburg in Potsdam  . In einer Bekanntmachung führt er aus: Die Aufgabe der Medizinalbeamten, bei der Seuchenbekämpfung den oft dunklen Wegen der Ansteckung nachzugehen, den Zusammen- hang der verschiedenen Fälle zu erforschen und bei Masseneekran- kungen die gemeinsame Ursache zu ermitteln, werde in letzte» Zeit häufig dadurch erschwert, daß der gesetzlichen Anzeigepflicht nicht in richtiger Auffassung und in vollem Maße nachgekommen wird. Die Zahl der Tuberkulose-Todesfälle nach polizeilicher Anzeige bleibe stets erheblich gegenüber der Zahl dieser Sterbefälle nach standesamtlicher Meldung zurück. Im Landespolizeibezirk Potsdam seien im vorigen Jahre Tuberkulose  -Todesfälle polizeilich 1933 gemeldet, standesamtlich dagegen jedoch 2619. Bei anderen über- tragbaren Krankheiten seien gleiche Mängel der Anzeigepflicht wahrgenommen worden. Besonders hieraus entstehen, so bemerkt der Regierungspräsident, Krankheitshäufungen, welche bei Befol- gung der Anzeigepslicht auszubleiben pflegen. Schließlich werden die Aerzte, die Haushaltungsvorstände, die Leichenbeschauer usw. auf die Anzeigepslicht aufmerksam gemacht. Bei Unterlassung der Anzeigen soll fortan mit den strengsten Strafen vorgegangen werden._ Wozu Polizeihunde benutzt werden. Ein Leser schreibt unS: Am Dienstag abend gegen'/z8 Uhr ging ich durch die Oudenarder Straße. Von weitein sehe ich,'wie an der Reinickendorfer Straße zwei Schutzleute sich zwischen einer Schar Kinder bewegten, um diese anscheinend zu zerstreuen. Näher- kommend sehe ich, daß der eine Schutzmann einen Hund an der Kette hatte. Während der Schutzmann ohne Hund in würdiger Form die hin und wieder stehenbleibenden Straßenpassanten zum Weitergehen ausforderte, war der hundeführende Schutzmann jedenfalls durch das Bellen des Polizeihundes nervös geworden. Ich hörte, wie er einen zirka 14 bis jährigen jungen Menschen zum Weitergehen aufforderte, was dieser auch tat. Dem Schutzmann ging es anscheinend nicht schnell genug, er griff nach dem jungen Mann. Der Köter sprang an ihm empor und der Delinquent ent ging nur durch eine Veränderung seiner Körperhaltung dem Gefaßt- werden. Dann aber faßte der Köter doch den jungen Mann und ich sah. daß ihm beide Hosenbeine offenbar durch die Hundebisse zer fetzt wurden. Um sich vor weiterem Schaden seiner Sachen und seines Körpers zu sichern, lief jetzt der junge Mann davon. Darauf ließ der Schutzmann den Hund los, und dieser stürzte hinter dem Ausreißer her, ihn fortwährend an den Kleidungs» stücken packend, so daß, als der junge Mann hinstürzte, diese vollständig zerfetzt waren. Nunmehr nahm der zum Hund ge hörige Schutzmann den offenbarenVerbrecher" fest, um ihn unter lautem Protest der sich mittlerweile ongo sammelten Menschenmenge zur Wache zu führen. Das Publikum war empört über die Handlungsweise des Schutzmanns und gab dieser Empörung lauten Ausdruck. Ist es nicht unerhört, wegen einer solchen Kleinigkeit einen Hund auf ein Kind zu hetzen? So weit sind wir schon, daß neben Pferd, Säbel und Revolver der beißende Hund zum Schutzmann gehört I" Es zeigt sich wieder einmal im vorliegenden Falle, daß mit den Polizeihunden ein arger Mißbrauch getrieben wird. Und da sollen wir Aussicht haben, noch mehr solcher im wahrsten Sinne des Wortes Bluthunde zu bekommen! Eisenbahners Sommerurlaub. Die Eisenbahnwerkstätten arbeiter erhalten seit einer Reihe von Jahren einen kurz bemessenen Sommerurlaub und für die Sommerreise nach außerhalb selbst- verständlich Freifahrt. Ziel und Zeitpunkt der Reise müssen vorher genau bezeichnet werden. Es wird nun darüber geklagt, daß diese Angaben von Jahr zu Jahr für einen früheren Termin eingefordert werden, der beispielsweise in diesem Jahr schon abgelaufen ist. Im März oder noch früher sind aber sehr viele Interessenten noch gar nicht in der Lage, genau anzugeben, wohin und wann sie im Sommer verreisen wollen. Sie verzichten also lieber von vorw herein. Geben sie nämlich eine Zeit an, die nachher infolge irgend welcher Umstände nicht innegehalten werden kann, so fällt die Ver günstigung sür das nächste Jahr überhaupt fort. In Eisenbahner- kreisen kalkuliert man, daß mit dem auffallend frühzeitigen Drängen aus bestimmte Angaben das Sommerreisen überhaupt erschwert werden soll, damit die Eisenbahnverwaltung zu guterletzt sagen kann, es werde von dem Anerbieten so wenig Gebrauch gemacht, daß man die Aufhebung der Freifahrtvergünstigung in die berühmte Erwägung ziehen müsse. Die Aufstellung eines Vertretungs- tableaus für die Beurlaubten kann doch wirklich nicht Monate er- fordern. Es ist also nicht gut einzusehen, weshalb die speziellen Rciscangaben zum Schaden der Urlauber immer frühzeitiger ein- gefordert werden. Betrug beim Viehhandel. Von einem bedenklichen Manöver profitsüchtiger Viehzüchter und Landwirte wurde in einer Ver- sammlung von Fleischermeistern Kenntnis gegeben. Danach herrscht die Unsitte vor, die zur Mast bestimmten weiblichen Schweine vor- her noch belegen zu lassen, damit später beim Verkaufe nach dem Lehendgewich-t die Mutterfrucht mit ins Gewicht fällt. Es ist das keine leere Behauptung, sondern wird bewiesen durch die Fest- stellung der Berliner   Schlachtversicherung vereinigter Vieh- kommissionäre. Diese Versicherung entschädigt Schweinetrachten im Gewichte von acht Pfund an. Im Jahre 1999 wurden für diese Schweinetrachtcn Entschädigungen von nicht weniger als 17S999 Mark gezahlt. In den Jahren 1999 und 1991 bezifferte sich diese Summe auf nur 74 999 M., so daß im Verlauf eines Jahrzehnts eine Steigerung von rund 169 Proz. eingetreten ist. Etwa die Hälfte alles gehandelten Viehes wird durch Zwischenhändler ver- mittelt, so daß sich die Herkunft dieser Tiere schwer feststellen läßt. Zahlreiche Züchter, die sich dieses unlauteren Geschäftskniffes be- dienen, konnten indessen ausfindig gemacht werden und erhielten eine Verwarnung. An und für sich ist der gekennzeichnete Kniff nicht strafbar. Da jedoch das Fleisch belegter Saüen als minder- wertig zu betrachten ist, so muß im Interesse der VollSgesundheit die Machenschaft der Viehzüchter als gewissenlos bezeichnet werden. Anzuerkennen ist auf jeden Fall, daß gewissenhafte Viehzüchter und Landwirte ihre Kollegen davor warnen, sich durch solche be- trügerischen Praktiken einen Vorteil zu verschaffen. Aus der Elendsstatistik. Im Berliner   Asylverein für Obdach- lose nächtigten im Monat März im Männcrashl IS 269 Personen, wovon 6968 badeten, im Frauenasyl 4293 Personen, wovon 1S84 badeten. Arbeitsnachweis wird erbeten für Männer: Wiesen- stratze SS/S3, für Frauen: Kolberger Straße 39. Am 1. April befanden sich im städtischen Familien- ob dach 283 Personen, und zwar 2S Familien mit zusammen 76 Köpfen(darunter 27 Kinder und 17 Säuglinge) und 298 Einzel- Personen. Der Gcsamtbestand betrug am 1. März 39 Personen mehr. Das nächtliche Obdach wurde während des März von 19S764 Männern und 529 Frauen besucht. Der Tag des geringsten Be- suches war der 17. März mit 3222 Personen, der des stärksten Be- suches der 6. März mit 3676 Personen. Gebadet haben in den Brausebädern täglich durchschnittlich 74? Personen. Wannenbäder wurden während des ganzen Monats an 968 Männer und 691 Frauen verabreicht. Ein blutiges Drama hat sich Dienstag in später Abendstunde in der Kolonie Grunewald   abgespielt. Der 26 Jahre alte Schlächter- geselle Karl Michler versuchte seine Braut, die um sechs Jahre jüngere Elfriede Götze, die bei dem Eigentümer R. in der Hubertus- allee 39 in Stellung war, durch mehrere Dolchstiche zu töten. M. hatte vor einer Reihe von Monaten die G. kennen gelernt und mit ihr ein Liebesverhältnis angeknüpft. Er wollte das junge, hübsche Mädchen auch heiraten, doch wollte die G. hiervon nichts wissen. Vor mehreren Tagen brachte der Schlächtergeselle nun in Ersah- rung, daß seine Geliebte mit dem Gedanken umging, sich von ihm loszusagen und einen anderen zu heiraten. Vergeblich versuchte der junge Mensch, die Braut umzustimmen. Auch Drohungen, wonach er die G. und sich selbst umbringen werde, fruchteten nichts. Am Dienstag verschaffte sich M. nach 19 Uhr abends Einlaß in das Haus. Er klingelte an der Wohnungstür. Ahnungslos öffnete ihm das junge Mädchen, das gerade allein zu Hause war, die Tür. Im nächsten Augenblick fiel der Verschmähte mit gezücktem Dolch über die G. her und versetzte ihr mehrere tiefe Stiche in die Brust, in den Rücken und in den Hals. Um Hilfe rufend brach die G. zusammen. Als wenige Minuten später Hausbewohner hinzueilten, war der Täter bereits verschwunden. Die G. lag blutüberströmt vor der Korridortür. Auf Veranlassung eines hinzugerufenen Arztes wurde sie nach dem Krankenhaus Westend   gebracht. Ihr Zustand ist hoffnungslos. M. hält sich wahrscheinlich in Berlin  versteckt. Die hiesige Kriminalpolizei fahndet nach ihm. Beim Besteige» eines ausfahrenden StadtbahnzugeS ist vor- gestern abend der 39jährige Arbeiter Otto Weiland aus der Dänen- straße 8 schwer verunglückt. W., der in einer Fabrik in der Hoch- straße arbeitete, hatte Ueberstunden gemacht und wollte kurz nach 19 Uhr mit einem Nordringzuge vom Bahnhof Gesundbrunnen   nach Hause fahren. Als er auf dem Bahnsteig anlangte, war der Zug gerade im Begriff abzufahren, doch gelang es dem Arbeiter noch, auf das Trittbrett des letzten Wagens aufzuspringen. Er glitt jedoch wieder ab und stürzte mit solcher Wucht auf den Bahnsteig. daß er besinnungslos liegen blieb. Da weiter keine Personen auf dem Bahnsteig anwesend waren, wurde der Unfall erst bemerkt, als ein neuer Zug einfuhr. Der Verunglückte wurde im besinnungs- losen Zustande nach der Unfallstation in der Badstraße gebracht, wo eine schwere Gehirnerschütterung festgestellt wurde, und von dort nach dem Rudolf-Virchow  -Krankenhause übergeführt. Opfer der Straße. Ein entsetzlicher Unglücksfall, bei dem ein Kind den Tod fand, ereignete sich am gestrigen Mittwoch gegen 4 Uhr in der Oranienstraße. An der Ecke der Adalbertstraße lief der Sjährige Eduard Przeweznh, Oranienstr. 38 wohnhaft, vor einen, in voller Fahrt befindlichen Straßenbahnwagen der Linie 18 auf das Gleis, wurde umgestoßen und geriet unter den Schutzrahmen. Mit Hilfe von Passanten wurde der Waggon angehoben und der verunglückte Knabe befreit. Der Tod des Kindes war aber bereits infolge eines erlittenen Schädelbruches und schwerer innerer Ver» letzungen eingetreten. Die kleine Leiche wurde zunächst nach der Rettungswache in der Adalbertstraße und von dort nach dem Schau- hause übergeführt. Beim Verlassen eines fahrenden Straßenbahnwagens schwer zu Schaden gekommen ist der 36 jährige Arbeiter Karl Voß   aus der Sebastianstr. 36. Er hatte zur Nachhoilsefahrt einen Straßenbahn- wagen der Linie 88 benutzt und verließ diesen um V«3 Uhr nach­mittags vor dem Hause Alte Jakobstr. 66 während der Fahrt, ob- wohl ihn der Schaffner davor warnte. B. kam zu Fall und geriet unter einen aus entgegengesetzter Richtung kommenden Geschäfts» wagen der Firma Zivinschki, Holzmarktstr. 2, dessen Räder ihm über das linke Bein hiniveggingen. Der Verunglückte erlitt einen kom- plizierten Bruch des linken Unterschenkels und erhebliche Haut« abschürfungen am Gesicht und an den Händen und wurde nach dem Krankenhaus Bethanien übergeführt. Große Aufregung verursachte ein Unglücksfall, der sich gegen 11 Uhr vormittags in der Hauptstraße in Schöneberg   ereignete. Als an der Ecke der Eisenacher Straße die in der genannten Straße Nr. 66 wohnhafte KaufmannSfrau mit ihrer dreijährigen Tochter, die sie auf dem Arm trug, einen haltenden Straßenbahnwagen der Linie II verließ, wurde sie von einem von dem Kutscher Wilhelm Schmaltz geführten Mehlwagen zu Boden gerissen ünd geriet unter das Gefährt. Während die Mutter mit ungefährlichen Haut« abschürfungen davon kam, erlitt das Kind einen Wirbelbruch und ivurde nach der Dr. Speyerschen Klinik in der Herbertstraße ge- bracht. Zwei gleichartige Unfälle machten am Dienstagabend der Feuerwehr viel Arbeit. Am Nordhafen war abends ein Wagen mitsamt dem Pferde und Kutscher über die hohe Ufermauer hinweg in den dortigen Schiffahrtskanal gestürzt. Dem Kutscher gelang es noch vor Ankunft der Feuerwehr mit Hilfe von Schisfern wieder aufs Trockene zu kommen. Bewohner des Hauses Nordhafen Nr. 8 nahmen sich des Mannes hilfreich an und versorgten ihn mit Wäsche und Kleidern. Schwieriger war die Rettung des Pferdes und die Bergung des zertrümmerten Wagens. Aber schließlich gelang auch dies durch Mithilfe vom Publikum. Am Urbanhafen war ein Pferd über die Ufermauer in einen Kahn gestürzt. Auch hier holte die Feuerwehr den Gaul wieder heraus. Ein ungewöhnlicher Vorgang spielte sich gestern früh gegen 8 Uhr in der Brückenstraße an der Ecke der Köpenicker   Stratze ab. Als um diese Zeit ein mit Leitern Und Brettern liochbeladener Rüstwagen jene Stelle passierte, brach plötzlich ein Hinterrad. Die Ladung stürzte teilweise über die Bordschwelle auf das Trottoir und traf hierbei den gerade vorübergehenden Buchdruckereibesitzer Wilhelm Wildgrube aus der Küstriner Straße 21 zu Wilmcrs- dorf. Der Mann wurde gegen das Schaufenster eines Kinemato- graphentheaters gedrückt und so festgeklemmt, daß er anfangs nicht befreit werden konnte. Dies gelang erst der herbeigerufenen Feuer» wehr, die dann auch noch das Verkehrshindernis beseitigte. Wild- grübe hatte erhebliche Quetschungen und Schnittwunden davon- getragen und mußte sich in ärztliche Behandlung begeben. Der bei ?em Unfall vom Bock geschleuderte Kutscher erlitt nur leichte Ver- letzungen. Infolge des Radbruches trat eine längere Verkehrs- störung ein. Sizilien   und der Aetna  ". Die Verwaltung der Urania  versteht es vortrefflich, aktuelle Ereignisse gleichsam in greifbare Nähe zu rücken. Neuerdings macht der Aetna   auf Sizilien   in un- liebsamer Weise von sich reden, und schon hat Direktor Dr. Schwahn«inen vortrefflichen Portrag ausgearbeitet, den eine