|t. 82. 27. Iahtgavz.1. KeilGt bw Jotrttls" Kerlim Polbblitt.Hbcfcordnetenbaus»42. Sitzung. Freitag, den 8. April ISIO.vormittags 11 Uhr.Am Ministertisch: v. Breitenbach.Präsident v. KrSchcr teilt mit, bah der Kriegsminister die M-geordneten zur Besichtigung der Einrichtungen des Luftschiffer-batoillons und dessen lenkbarer Luftschiffe in Tegel zu Donnerstag,den 14. April, eingeladen habe. Damit recht viele Abgeordnete andem Besuch teilnehmen könnten, werde er vorschlagen, die Sitzungan diesem Tage ausfallen zu laffen.(Bravo I)Die zweite Lesung des Etats der Bauverwaltung wir fort«gesetzt.Abg. Fürbringer(natl.) tritt für besieren Dünenschutz und füreine Verbesserung der Fahrstraßen in der Nordsee ein. Rednerführt des weiteren Beschwerde über zu hohe Tarife auf dem Dort-mund-Ems-Kanal.Minister v. Breitrnbach erwidert, daß diese Tarife zurzeit nochnicht ermäßigt werden könnten, da der Staat noch immer einenZuschuß leisten müffe.Abg. Hammer(k.): Herr v. Bülow-Homburg hat gestern Berlinmit vollen Händen überschüttet, aber er bat als geschickter Taktikerdie praktischen Schwierigkeiten der Ausführung seiner Pläne gar nichtberührt. Die Ausführung des mit dem ersten Preis bedachten Planesvon Jansen würde, ganz abgesehen von den vorgesehenen Bahnen, einehalbe Milliarde kosten. Die Belastung mit Steuern in den Vororte»ist aber schon eine sehr große. Der größte Fehler der Vorort-Bau-ordnung ist, daß man die Kellerwohnungen gestattet hat. Wie stelltsich Herr v. Bülow die Verteilung der Lasten vor? Die Gemeinden gegenihren Willen zu zwingen, halten wir mit der Selbstverwaltung nichtfür vereinbar. Aufgabe der Regierung ist eS. nicht solchen Projekten nachzugeben, sondern dahin zu wirken, daß die Bevölkerungnickt noch mehr nach den Großstädten hinzieht. Mit der Politik derStädte kann man nickt immer einverstanden sein, da sie häufig auchsozialdemokratische Mehrheiten im Stadwarlament haben.(Lachenbei den Sozialdemokraten.) Ich erinnere Sie an die Erfahrungen,die Bürgermeister Düllo in Offenbach gemacht hat. Redner wendetsich des weiteren gegen die Beteiligung von Beamten an Beamten-tonsumvereincn und wünscht Maßnahmen gegen die FeuerSgefahr inWarenhäusern dadurch, daß nur immer eine bestimmte Höchstzahlvon Personen in die Warenhäuser gelasien werden.Abg. Frhr. v. Zedlitz(fk.) bringt Beschwerden der Anlieger desNordost, eekanalS und Beamtenwünsche vor.Miltister v. Breitenbach erwidert dem Abg. Hammer, daß gegendie FeuerSgefahr in den Warenhäusern genügend geschehen sei.Abg. v. Stockhausrn(k.) wünscht, daß bei Vorberawng einesWasserstraßengeseyes auch Sachverständige aus der Landwirtschafthinzugezogen werden.Hierauf wird ein Schlußantrag angenommen.Abg. Borgmann(Soz): Ich stelle fest, daß ich durch denSchluß der Debatte verhindert worden bin, derdurchaus schiefen Darstelluug des Herrn Abg.Hammer über die sozialdemokratische Gemeinde-Politik in Offenbach entgegenzutreten.Nach unwesentlicher Spezialdebatte werden die Ausgaben undein Teil der Einnahmen bewilligt.Eine Petition betreffend Lösung de?' Oderproblems durch Stau-seen beantragt die Kommission durch die ablehnende Erklärung derRegierung für erledigt zu erklären.Abg. v. Strosser(k.) betont die Notwendigkeit der Schaffung vonStaubecken in Schlesien zur Verhütung von Hochwassern.Abg. Wagner(fk.) befürwortet die Lösung des Oderproblemsdurch Schaffung von Stauseen.Ein RegicrongSkommiffar erklärt, der Wasserstraßenbeirat habedie Lösung des Oderproblems durch Stauseen für ungeeigneterklärt.Abg. Dr. Hager(Z.) beantragt Ueberweisung der Petition aneine Kommission von 14 Mitgliedern.Abg. Lippmann(fortschr. Vp.) wünscht, daß die Kommissionschnell arbeiten möge, da die Frage dringend der Lösung bedürfe.Der Antrag Hager wird angenommen.«Hieraus vertagt das HauS die Weiterberatung des Etats aufSonnabend ll Udr. Außerdem kleinere Vorlagen und zweite LesungdeS Eisenbahnetals.Schluß 4'/« Uhr.Kleines feuilleron.Der unechte BelaSquez. Di« Freude der Engländer über dieTatsache, daß sie einen Vertreter deS offiziellen Deutschlands miteinem Werke ihres fast unbekannten Landsmannes Lucas herein»gelegt,«st gerächt worden. Die sogenannte Rokeby-VenuS, die dieNationalgalerie in London als das Werk des großen VelaSquezfür 900 000 M. kaufte, soll nach den Angaben des Herrn JameSGreig in der„Morning Post" gar nicht von VelaSquez herrühren.Dieser Herr hat 12 Zoll unter dem linken Fuße der VenuS dieZeichen„J. B. D. M.", die er für die Initialen des Schwieger-fohneS des großen MalerS, des Juan Baptista del Mazo, hält. Alsdas Bild vor vier Jahren gekauft werden sollte, erhoben sich mancheStimmen, die gegen die gewaltige Ausgabe protestierten. Dannbegannen Leute an der Echtheit des VelaSquez zu zweifeln. SirWilliam B. Richmond äußerte sich noch kürzlich in einem Vortrag,den er vor Studenten der Royal Academy hielt, in bezug auf diedem VelaSquez zugeschriebene Venus, daß er zwei Farbstoffe nennenkönne, die für das Bild gebraucht worden seien und die zur ZeitVelaSquez' noch nicht bekannt geivesen. Er schrieb auch:„Nachmeiner Ansicht wurde das Bild etwa vor loO Jahren von einemfranzösischen Künstler gemalt. Die Franzosen waren sehr geschicktin dieser Art Arbeit und schufen in jener Periode eine Menge davon.E» ist wohlbekannt, daß VelaSquez eine Skizze von ähnlichem Cha-rakter wie die in Frage kommende Venus verfertigte, und es ist,?laube ich, sehr gut möglich, daß einer der französischen Farben-ünstler diese Skizze fand und sie vollendete. Es ist daher wahr-scheinlich, daß noch etwas von dem Werke des spanischen Künstlersdarunter ist." Der Direktor der Nationalgalerie tröstet sich mitden Worten:„Der Wert des Bildes liegt in ihm selbst, nicht in demNamen." Das ist ohne Zweifel richtig. Aber die 900 000 M.?wird sich der Steuerzahler fragen. ES scheint, als ob sich dasSchicksal gegen die Autoritäten verschworen hat. Der berühmteAdmiral Pulido Pareja, der dem englischen Staatssäckel ein schwere»Geld gekostet hat. soll auch nicht von VelaSquez sein. Ein Gesetz,das die Herabwürdigung öffentlicher Autoritäten streng bestraft,wird immer notwendiger.Ein Kometenzusamvieustvß vor acht Jahrhunderten. Es ist nunschon oft genug, sollte man meinen, darauf hingewiesenworden, daß ein Zusammenstoß der Erde mit dem Schweifeines Kometen, wenn er im Laufe dieses Frühjahrs erfolgensollte, nicht das erste Ereignis dieser Art wäre, das unserPlanet seit Menschengedenken durchzumachen hätte. Professor Krebsaus Kiel hat jetzt in der Frankfurter Wochenschrist.Umschau' einenlehrreichen Aufsatz über frühere Durchgänge der Erde durch Kometen-schweife veröffentlicht. Er erinnert daran, daß, so lange e» eineastronomische Wissenschast im höheren Sinne gibt, nur ein einzige»derartiges Ereignis stattgefunden hat und mit vollkommener Sicher-heit festgestellt worden ist. Dies geschah am 26. Juni de» JahresISIS. Damals trat nicht das geringste von den Wundern ein,Hus der Partei*Zur Maifeier.Der Stadtmagistrat Hof hat dem Gesuch deS M a i f e st-k o m i t e e s, den H a l l p l a tz sür eine Versammlung unter freiemHimmel am 1. Mai zu überlassen, zugestimmt, dagegen dieweitere Bitte, bei schlechtem Wetter die alte Einsteighalle zurVersammlung zur Verfügung zu stellen, abge-lehnt unter Berufung auf die Feuergefährlichkeit.Parteiliteratur.Soeben erschien im Verlag der Hamburger Buchdruckerci«ndBerlagsanstalt Auer u. Co., Hamburg:Hamburg und sein Proletariat im achtzehnten Jahrhundert. BonDr. H. L a u f e n b u r g. Eine wirtschaftliche B o r st u d i e zurGeschichte der modernen Arbeiterbewegung im niederelbischen Städte-gebiet. 125 S. Preis 80 Pf.Der Inhalt ist in folgende Abschnitte gegliedert:I. Hamburg. 1. Die Verkehrsrevolution im Zeitalter der Ent-deckungen; 2. Die Verfassung von 1712 und die Anfänge Altonas;3. Hamburgs Handel im achlzehnten Jahrhundert; 4. Die Hamburg-Altonaer Manufakturen. II. Das Hamburger Proletariat. 1. WachsendeProletarisierung der Einwohnerschaft; 2. Die soziale Lage des Pro-letariatS; S. Die Gruppen des Proletariats; 4. Die letzten Zunft-kämpfe.Im Vorwort sagt der Verfasser u. a.tDie vorliegende kleine Schrift entsiand im Hinblick aus einegrößere Arbeit, welche die wirtschaftlichen mrd politischen Verhält-nisse Hamburg? aus der ersten Hälfte des vorigen JahrhnnderlSzum Ausgangspunkt nimmt, Berhällnisse, die sich nur als Resultatund in Verbindung mit der vorhergehenden Entwickelung begreifenund darstellen lassen.Dem Inhalte nach würde die Schrift vielleicht richtiger denUntertitel tragen: Ein Beilrag zur Kulturgeschichte des achtzehntenJahrhunderts. Sie läßt jedoch auf jeder Seite die Spuren ihresUrsprungs und die Merkmale einer lediglich vorbereitenden Arbeiterkennen; über manches, das eigentlich breilerer Ausführung bedurfthätte, geht sie kurz und andeutungsweise hinweg. Ich habe dahergeglaubt, den Zweck der Selbstorientierung, der sich von Anbeginnmit der Abfassung verband, auch in der Ueberschrift zum Ausdruckbringen zu sollen._Ein Kölner Parteiveteran.Jn Köln-Ehrenfeld vollendete am 7. April Genosse FranzRohr sein 70. Lebensjahr. Die.Rhein. Ztg.' schildert den Lebens-gang des FubilarS folgendermaßen:... Sern Vater, ei» Tabakspinner, war ein eifriger Demokrat, derin seinem Wohnort Trier im Sturmjahre 1848 Barrikaden bauen half.Der achtjährige Franz nahm an dieser Arbeit schon tättgen Anteil.Von 1854 bis 1857 erlernte er in Trier da» Schreinerhandwerk undarbeitete dann noch dort bis 1853. Nach beendigter Lehrzeit trat erdem katholischen Gefellenverein bei, dessen Präses der Kaplan.spätere Generalpräses und Domkapitular Schäffer, war, der Rohrwiederholt ermahnte, politisch nicht in die Fußstapfen des Vaters zutreten. Von 1858 an bereiste Franz Rohr als HandwerksburscheSüddeutschland, 1860 kam er nach Köln und arbeitete längere Zeitbei der Firma Pallenberg. Er wurde Soldat, und kaumwar er entlassen, mußte er als Reservist den bunten Rockgleich wieder anziehen zum Kriege gegen Dänemark. Ein Jahrdarauf heiratete er jene tapfere Frau, die ihm mehr als dreiJahrzehnte lang in Freud und Leid eine treue Lebensgefährtingewesen ist, bis sie 1897 die Augen schloß Zweimal noch, sowohl1866 wie 1870. wurde Franz Rohr zum Kriege eingezogen.Namentlich die Einberusiing zum französischen Kriege fügte ihmschweren materiellen Schaden zu. Er war daran gewesen, sichselbständig zu machen und hatte schon die notwendigsten Mittel da-für ausgebracht, da brach der Krieg au», unser Rohr mußte aber-malS weg. und während der vielen Monate seiner Abwesenheitwurden daheim die Spargroschen notgedrungen aufgezehrt. Mit derSelbständigkeit war es vorbei. Von 1863 bis 1895 arbeitete Rohr,mit der Unterbrechung durch den Feldzug, bei der Firma Prem, vonda ab bis 1907 in der Ehrenfelder Waggonfabrik.Im Jahre 1871 wurde Franz Rohr für den Sozialismusgewonnen, und bis zum heutigen Tage ist er ein tapferer und opfer-freudiger Mitkämpfer in der sozialdemokratischen Armee gewesen.die man jetzt teils hofft, teils befürchtet, sondern manmerkte gar nichts Besondere«. Dreizehn Jahre darauf, also1832 ging wieder einmal eine Panik durch die Menichenwell,und zwar glaubte man damals auch, daß ein Komet eine Massen-Vergiftung über die Erde bringen würde. ES braucht nicht gesagt zuwerden, daß auch nicht ein einziges Wesen den Gifttod aus diesemWege gefunden hat. Dann wurde ferner für den 28. oder 29. Juni186l ein Kometenzusammenstoß berechnet, und diesmal hatten sichdie Astronomen geirrt. Professor Krebs aber hat eine SriSgrabungin den alten Ueberlieferungen der Himmelskunde vorgenommenund dadurch festgestellt, daß im Jahre 1106, als der Kaiser Heinrich IV.aus der Höhe seine« Unglücks da« 50. Jahr seiner Regierung hätteseiern sollen, ein Kometenzusammenstoß stattgefunden hat. Diese ge-schichtliche Tatsache verdient heute um so mehr Berücksichtigung,als eS schon damals der Hallcyscke Komet war. der sich m seinerWeise mit der Erde befähle. Ein Chronist auS dem sechzehntenJahrhundert ConraduS LytosthcneS, hat in einem allerdings etwasfragwürdigen Latein eine Beschreibung dieses Naturvorganges gegeben und durch einige sonderbare Abbildungen zu veranschaulichengesucht. Am 5. Februar deS Jahres 1106 wurde zum ersten Malebei lichtem Tage ein Komet gesehen, der angeblich eine Elle vonder Sonne entfernt war. Am S. Februar wurde aus Italien diehöchst merkwürdige Beobachtung gemeldet, daß Sterne am Tage«-Himmel erschienen,.bald als flögen sie miteinander um die Welte,bald als fielen sie zur Erde herab'. Das können selbst-verständlich keine Sterne gewesen sein, sondern wenn die Räch-richt überhaupt als zuverlässig zu betrachten ist, nurKometenteile, die sich bei der Reibung mit der Lust-hülle der Erde ablösten. Die damalige Erscheinung deS HallehschenKometen ist eines der wichtigsten Fakta der Geschichte der Astronomiegeworden, weil danach tm Jahre l680 Newton zu allererst eine Be«rechnnng der Bahn«ineS wiederkehrenden Kometen versuchte undgleichzeitig den Astronomen Halley, nach dem der Komet dannspäter benannt worden ist, dazu veranlaßte. diese Arbeit gründlicherfortzusetzen. UebrigenS blieb der Komet tm Jahr 1106 mehr alszwer Wochen lang in erstaunlichein Glanz am Himmel sichtbar,woraus zu schließen ist, daß auch er durch die Begegnung mit derErde keinen erheblichen Schaden gelitten hatte.Eine«e« Slleltnng de» Worte»„Berlin" findet sich in den.Mitteilungen de» Fischereivereins für die Provinz Branden-bürg'. Berlin verdankt seine Entstehung bekanntlich seinerLage an der engsten Stelle de» Spreetals, wo sichverhältnismäßig leicht ein Uebergang vom Teltow nachdem Barnim herstellen ließ. Solche Uebergänge stellteman in alten Zeiten häufig nicht durch Brücken her, sonderndurch breite Dämme, die den Fluß überquerten und als Furt,nebenbei auch noch als Fisch- und Mühlenwehr dienten; zum Bei»spiel diente in dieier Weife ftüher der Mühlendamm. Solche Wehr-bmiten hießen nach den dabei verwendeten Baumstämmen(wendisch.bar') auch.Bare'. Fähre, Wuhre, und Burg und StadtanlageVon 1878 bis 1891, also während der ganzen Dauer deS Ausnahmegesetzes, war er in Ehrenfeld Vertrauensmann unsererPartei. Er hat auf diesem exponierten Posten vieles erduldenmüssen, manchen Strauß mit der Polizei auSgefochten, manchmalin Hangen und Bangen geschwebt, ob ein Koup glücken werdeoder nicht, und niemals hat unser Genosse den Mut verloren,keine Unbilden haben seine Kampfeslust zu lähmen und seineBegeisterung für die sozialistischen Ideen zu lähmen vermocht.Manchmal ist er mit hinüber gefahren über die belgische Grenze,um den verbotenen„Sozialdemokrat' zu schmuggeln; wiederholtist auch Haussuchung bei ihm gehalten worden, und einmal, imJahre 1834, wurde er gelegentlich eines Spazierganges der Partei-genossen zur Mülheimcr Heide als einer der.Anführer' mit nochzwei Dutzend anderen Genossen festgenommen und vier Tage langin Gewahrsam gehalten. Franz Rohr hat in annähernd vier Jahr-zehnten sür die Arbcilerbewegung sehr viel getan und auch viel gc-litten. Männer wie ihm schuldet die jüngere Generation Dank undVerehrung, und wenn wir heute dem Alten gratulieren und ihmGesundheit noch auf viele Jahre hinaus wünschen, verbunden mitdem Wunsche nach halbwegs erträglichen materiellen Verhältnissen,so wissen wir uns darin eins mit den gesamten Parteigenossen, undvor allem mit oll denen, die den alten Rohr persönlich kennen unddaher hochschätzen.MandatSniederlegung. DaS.Gothaer Volksblatt' brachte unterm2. April folgende Meldung:Unseren Lesern zur Nachricht, daß Genosse I o o S nach zwanzig-jähriger Tätigkeit aus Gesundheitsrücksichten Ende Mai diesesJahres aus der Redaktion des„Volksblatt' aus-scheidet. Auch hat er sein LandtagSmandat nieder»gelegt, so daß eine Neuwahl im 10. Wahlbezirk(Gräfenroda,Gera, Crawinkel, Gossel usw.) stattfinden muß.Jubiläum deS„Naprzod".Das Krakauer Tageblatt der polnischen Sozial«demokratie, der.Naprzod'(Vorwärts) feiert fein zehn-jähriges Bestehen als Tageblatt. Das will bei den großenSchwierigkeiten, die sich einer sozialistischen Zeitung in Oesterreichentgegenstellen— nichts ist in Oesterreich schwerer zu erlangen alseine Druckereikonzesston— und schon gar bei der Eittwickelung derpolnischen Partei schon etwas heißen. Der„Naprzod' ist auch vonden den Schlachtschitzen stet» mttertanen Behörden weidlich verfolgtworden. Ader selbst die 345 Konfiskationen des erstenJahrzehnts konnten das Blatt nicht umbringen. 58 Schwur»g e r l ch t« p r o z e f f e hat das Blatt in dieser Zeit überstanden,davon kommen vierzig allein auf die Gewaltherrschast, die derseincrzeitige KorpSkommandant Galgotzy in der FestungSstadtPrzemysi aufgerichtet hatte. Die leitenden Redakteure deS.Naprzod'sind die Genossen DaSzynSki und Hacker.Ruq der frauenbeivegung.Mangel an Arbeitcrinnenschutz.Gewerbeinspektoren haben des öfteren der Ueberzeugnng denFabrikanten dahin Ausdruck gegeben, die weibliche Arbeitskrast seider männlichen darum vorzuziehen, weil die Frau sich williger aus-beuten lasse. Vor allem— das ist längst bekannt— sind dieFrauen, besonders die jungen Mädchen, äußerst schwer für dieOrganisation zu gewinnen. Die Gründe hierfür sind mannig»facher Art; sie wurzeln hauptsächlich in der Erziehung des weib-lichen Geschlechts. Di« Frau mühte nicht nur ihrer körperlitlKNKonstitution wegen in erster Linie geschützt werden, sie, als Trägerindes künftigen Geschlechts, sollte auch der Kinder wegen vor gesund-heitsschadigenden Einflüssen möglichst bewahrt bleiben. Obwohlda die gesetzlichen Bestimmungen durchaus mangelhaft und unge»nügend sind, werden sie in der Praxis doch noch in der gröblichstenWeise mißachtet und übertreten. Ueberall versucht das llntcr-nehmerwm im Interesse des ProfttS die Gesetze zu umgehen unddie Arbeiterin, die ihre Rechte zu tvenig kennt, läßt sich daS allesruhig gefallen. Täglich wird so die an der deutschen Frau viel-gerühmte Demut und Gefügigkeit für die Arbeiterin zu schlimmenFallstricken, in die sie nicht nur selbst hineingeraten, sondern auchdie männliche Arbeiterschaft mit hineinziehen. Dabei muß betontwerden, daß leider auch viele Männer die vielgepriesenen„Frauen-lügenden" besitzen. ES gibt noch viele große Betriebe, in denenweder männliche noch weibliche organisierte Arbeiter zu finden sind.Dafür mangelt eS dort dann auch nicht an Mißständen. Bei derFirma Grimm. Berliner Satinieranftalt, z. B. sind in einem mäßigbenannten sich dann nach dem kennzeichnenden Wehrbau, dem.Bär'.„to dem Berlin'(d. h.„am Bärlein') wäre demgemäß eine Ver-kleineningsform. die auf einen zweiten, kleineren Dammbau hin»deuten würde. Zu dieser Auslegung würde auch die dialektischeAussprache deS Wortes Berlin stimmen, die im VollSmund der um-liegenden Gegenden wie.Barlin' klingt.Mustk.AuS den Niederlanden bekommen wir neuerdings mancherleiZuzug von Komponisten und Spielern. Mit„holländischen'Konzerten würde ein Referent gar viel zu tun haben; und einenkünstigen Musikhistoriker inag es locken, zwischen der Hochblüte der„komrapunktischen' Musik in den Niederlanden zur Zeit deS ausgehenden Mittelalter« und dem jetzigen Eifer derer mit und ohne„van' Uebergänge zu finden.Sehr langsam aber doch einigermaßen sicher erfährt und erlebtunser Musikpublikum, daß eS anch vor Bach wertvolle Musik gab,deren Zugänglichkeit besonders davon abhängt, daß wir die Maß-stäbe mcht einzig bei unseren Generationen suchen. Die Musik»lehrer sehen ein, daß dem im Unterricht unentbehrlichen Bach einSludium seiner Vorgänger vorangehen soll; und sie bereichern dieMnnlliteratur mit zweckmäßigen NenauSgaben. Die Konzertgcberwagen freilich nicht viel. Oeffentlich können sie ernstere Bestrebungennicht breit genug entfalten. In engeren Kreisen hingegen hatBerthold Knetsch mit seinem„Oolloxium mnsivum. Ver»einigung der Freunde aller Kammermusik'(daS jetzt allmittwochS imCharlottenburger Studentenheim, Schillersir. 5, spielt) einen Lieb»haberkreis geschaffen, der vielleicht noch einmal eine größere historischeRolle spielen wird.Eine altfranzöfische Suite an» der Mitte des 17. Jahrhunderts,eine von jenen Aneinanderreihungen von Tanzstücken, wie sieMeister Bach auS Altväterhänden übernommen, eine Komposition de»I. Ch. de ChambonniöreS, hielten Lilly Kamele undJacqueS van Lier ans dem Klavier und dem Violoncello inihrem gemeinsamen Konzert vom Dienstag. Der eben Genannte istder Violoncellist de»„Holändischen TrioS". Seit mehrerenWintern erfreut diese kleine Gesellschaft mit ihren regel»mäßigen Konzerten die sachlicher uiteressierten Nusikhörcr.Der Violinist I. M. van Veen war lang ihr Erster.Als wir am Donnerstag da» sechste und letzte ihrer die?»jährigen Konzerte besuchten, saßen am Geigenpult Prof. HenriPetri und am Klavier Prof. Jame« Kwast— beide ebenfallsNiederländer und längst mit Recht berühmte Jnstrumentalisten. DieDreie begannen mit einer Feinschmeckern: der zweiten Bearbeitung de»H-cinr-TrioS, das der jugendliche BrahmS mit mancherlei An»stößigem komponiert und der herangereifte BrahmS Anno 1891 zueiner Ausgeglichenheit erhoben hat. die den hier etwas reichere»Innerlichkeiten gut zur Geltung verHilst..Ausgeglichen' ist auch das Spiel all derer, die wir im vorigengenannt haben; meisterlich gediegen/ unmeistrrlich korrekt, künstlerischwirkungsvoll. tz,