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Nr. 63. d

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Berliner Volksblatt.

Grip

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Beuth- Straße 2.

Sonntag, den 15. März 1891.

Expedition: Beuth- Straße 3.

Die Nihiliffenprozente. Jahre 1886 verbreitete fich unter der revolutionären Jugend aus früher erwähnten Gründen noch nicht enthüllt werden

unverkennbar eine tiefe moralische Entmuthigung. Aber dürfen. Jedenfalls hat sich seit 1889 eine Strömung

Es war im Dezember 1883. Gerade ein Jahr war schon im März 1887 ergriff die Polizei wieder eine bemerkbar gemacht, die ein nachdrucksvolleres terroristisches bergangen, seit Schelioboff und Sophie Perowskaja den Schaar von jungen Leuten beiderlei Geschlechts am Vor- Vorgehen verlangt und eine immer eifrigere Beschäftigung Tod am Strange erlitten, seit Alexander Michailoff in abende des Tages, an welchem sie ein Attentat gegen den mit chemischen Experimenten hervorruft. So denkt man Schlüsselburg , dem Sack von Stein, eingeferfert wurde. Kaiser geplant hatten. Die Regierung hatte jeßt nicht mehr einst im gegebenen Augenblick, wo sich ein Kampf mit Die übrigen Mitglieder des Exekutivkomitee's der Narod - mit einer zentralisirten Organisation zu thun, mit einem bewaffneter Hand entspinnen wird, uns mit explosiven naja Wolja hatten das Machtbereich des russischen Kaiser - mächtigen Erefutivkomitee, mit einer Hand voll Menschen, Stoffen und Maschinen ausrüsten zu können. In Zürich thums verlassen. Die Organisation der Partei hatte einen deren Vernichtung genügte, um den Vormarsch der Revo- wurde ein russischer Student bei einem derartigen Experi harten Stoß bekommen; indeß die Regierung hatte vor lutionsarmee zu hemmen; sie stand jetzt einzelnen kleinen ment tödtlich verletzt. Mehrere russische Flüchtlinge sind ihren entschlossenen Feinden, vor denen die Polizeischaaren Gruppen von Parteigenossen gegenüber, die beseelt waren gegenwärtig in Paris in Haft, da man ihnen ähnliche nicht einmal das Leben des Kaisers hüten konnten, allzu- von der Liebe zum Volke, durchglüht von Haß gegen die Experimente zur Last legt; man versichert, der Eine lange schon gezittert, als daß sie sich jetzt in Sicherheit Tyrannei. Möglicherweise konnten diese Gruppen isolirt von ihnen trüge Narben, die von einer Explosion her­hätte wiegen können. Offiziöse Unterhandlungen wurden sein, aber woher wußte die Polizei, ob sie nicht durch rühren müßten. Sie haben es geleugnet, und wir haben von mehr oder weniger zweifelhaften Zwischenträgern ge- eine lockere Organisation verbunden waren? Ob es zwei feinen Grund, an ihrer Aufrichtigkeit zu zweifeln; denn führt, um den neuen Kaiser vor einer unmittelbaren Ge- oder drei oder ob es nicht hunderte waren? Jeder ener- wären sie Anhänger der sozialistischen Revolution, ihre An­fahr zu bewahren; bald vermeinte die Regierung ihres gische Mensch konnte der Mittelpunkt einer derartigen klagebank wäre zum Tribunal geworden, sie hätten mit Triumphes gewiß zu sein: einem geriebenen Polizisten, Gruppe werden und wie oft wurde er es! Jeder neue Stolz ihre Pläne eingestanden und nimmermehr die Ini­Sudjetin, gelang es, die Beihilfe eines Mitgliedes des Anlaß zu bald lokaler, bald allgemeiner Unzufriedenheit tiative zu ihren Unternehmungen gegen einen agent pro­neuen Exekutivfomitee's zu erkaufen, und Degajeff lieferte ließ deren neue erstehen. Jeder neue Aft der Barbarei, vocateur von sich abgewiesen. Indeß selbst wenn man ihm die gefährlichsten Parteigenossen, einen nach dem mochte er in Petersburg , in Warschau , in Sibirien be- annimmt, daß sie sich eines Attentatsplanes nicht schuldig andern, aus. gangen sein, rief neuen Haß und neue Attentatspläne gemacht haben, und man muß ja davon überzeugt sein,

-

Von Stund an schien der Sieg außer Zweifel, die hervor. Das Leben Alexanders schwebte in fortwährender so standen sie doch unbewußt unter der Einwirkung einer Gefahr verschwunden. Da, gerade in diesem Momente, Gefahr. Der Mangel einer Organisation machte zwar allgemeinen Ideenströmung. Seit ihrer Festnahme scheinen im Dezember 1883, fiel jener geriebene Polizist unter den diese terroristischen Pläne meist unausführbar, doch sie die Anzeichen einer revolutionären Bewegung in Rußland Dolchstichen der Revolutionäre und der, welcher ihn zuerst wiederholten sich, sie mehrten sich und bis zu dieser und Befürchtungen einer drohenden Gefahr auf Seiten durchbohrte, war Degajeff, der allmälig zu der Ueber- Stunde mehren sie sich dank dem Drange der Verhält- der Regierung beständig häufiger zu werden und an Be­zeugung gekommen war, daß in dem Kampfe der Nihilisten nisse, bis einst der Bar erkennen wird, daß es nur ein deutsamkeit zu gewinnen. In Paris ein ergrautes Haupt mit der allmächtigen Regierung des Kaiserthums Mittel giebt, die Gefährdung seiner Person zu mindern: der Geheimpolizei erschlagen! In Petersburg ein junges sein Leben in geringerer Gefahr schwebe, wenn er den den liberalen und sozialistischen Elementen wenigstens einige Mädchen zum Tode verurtheilt, ohne daß die Revolutionären feinen Verrath eingestände und sich durch Hoffnung auf bessere Zustände zu machen. Richter versuchen, auch nur ihre Strafe zu mildern! Dort eine hervorragende That ihre Gnade zu erwirken Die Geheimhaltung der Untersuchungen der Gerichte scheint ein anderes junges Mädchen an der Spige einer versuchte, als wenn er unter der Bedeckung aller Mächte läßt oft geaug zweifelhaft erschetnen, ob ein Attentats großen Verschwörung zu stehen, in die ein zur heiligen des Kaiserreichs bliebe. Das war ein handgreiflicher versuch vorliegt; aber diese selbe Geheimhaltung ruft Synode gehöriges Haus hineinverwickelt ist. Hier wird Beweis, daß der neuliche Sieg der Regierung zweifelhaft vielleicht ebenso oft bei ganz gleichgiltigen Vorfällen den ein junger Mensch an der Grenze arretirt und geheimniß­genug war, trotz der schweren Verluste auf Seiten der Verdacht hervor, es sei ein Attentat geschehen: Gar voll nach Petersburg transportirt! In Konstantinopel Revolutionäre. Mancher lebt noch jetzt der Ueberzeugung, daß der Un- entreißt man einen Ingenieur, russischen Ex- Offizier, den Seitdem schallten oft genug aus den Kreisen der glücksfall, bei Borki" nicht ein bloßer Unglücksfall war Händen der türkischen Polizei, transportirt ihn ebenso ge­offiziellen russischen Welt Siegesrufe, doch die Ereignisse und daß die Rettung der kaiserlichen Familie vielleicht heimnißvoll nach Rußland , auf die Gefahr hin, diplomatische lehrten eben so oft, wenn auch nicht so schlagend, wie im nicht der einzige Zufall war, der dabei mitspielte. Die zahl Schwierigkeiten hervorzurufen. In Warschau spannt man Falle Degajeff, daß die Gelegenheit zum Jubel mehr oder reichen Verhaftungen von Offizieren, besonders von der junge Leute auf die Folter, um sie zu Denunziationen zu weniger schlecht gewählt war. Die Verhaftung eines der Artillerie und der Marine, riefen trotz aller Maßnahmen zwingen. Im Augenblick, wo ich diesen Brief schließen thatkräftigsten und intelligentesten Männer der Partei, der Regierung, um die wahre Bedeutung dieser Vorgänge will, wird mir die Nachricht gebracht, daß in Odessa und Hermann Lopatin's, des Uebersetzers und Freundes von zu verschleiern, in Petersburg , in Warschau , im südlichen Riga Verhaftungen auf Grund einer Verschwörung" vor­Karl Mary, die im Oftober 1884 stattfand, und die Rußland den festen Glauben hervor, daß es sich um mehrere genommen worden sind. Wahrhaftig, wenn das Beweise Maffenverhaftungen, die auf jene erste folgten, waren ein lokale Verschwörungen gegen das Leben des Baren han- dafür sind, daß die russischen Revolutionäre dezimirt, ent­neuer, schrecklicher Schlag, der gegen die Revolutionäre delte. Die Erbitterung, welche 1889 durch die schreck- artet, ausgerottet sind und daß die kaiserliche Regierung geführt wurde. Die Verluste an Kämpfern waren an sich lichen Nachrichten aus Jakutsk und Kara bei der leicht die ganze Gefahr beschworen hat, dann möchte ich doch nicht so gefährlich, wie das Mißtrauen, das in die Partei empfänglichen Jugend entzündet wurde, mußte den Anstoß wissen, woher man handgreifliche Beweise für das Gegen­eindrang seit der Entdeckung der Verrätherei Degajeff's zu immer neuen Attentatsplänen, zu immer neuen Vertheil bekommen könnte! und seit den Verhaftungen Lopatin's und Insanoff's. Im fuchen revolutionärer Gruppenbildung geben, deren Zwecke Semen Petro

Feuilleton.

Nachdruck verboten.]

N

Die Falkner von St. Vigil.

( 12

Roman aus der Zeit der bayerischen Herrschaft in Tirol von Robert Sa, weichel.

Er seufzte und sie fuhr fort, indem sie seine freie Hand mit ihren beiden ergriff und ihm in die Augen schaute:

tleine Weile Geduld."

brechen."

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wurde im

so lang' kann's zu nichts führen, mit Deinem Vater zu in der Dunkelheit am Fenster saß, denn Lichugierde ihre Sommer nicht angezündet, unterwühlte die alle Schäze Er lenkte das Gespräch auf Anderes. Beide waren Ueberzeugung. Aber sie wäre jezt nichte ja vor Scham jedoch mit dem Vorschlage, den er gemacht hatte, innerlich der Welt in den Garten gegangen; sie n getroffen hätte. noch zu beschäftigt, als daß die Unterhaltung nicht ins Stocken in die Erde sinken müssen, wenn seit roth wurde, als gerathen wäre. Noch saßen sie eine Weile stumm neben einander; dann stand Lechner auf und Lisei gab ihm das

Geleit bis an die vordere Hausecke.

Fühlte sie doch, wie sie in der Duhen vorüberglitt. Ein jetzt etwas Dunkles an dem Fenst hörte deutlich den Weg Gespenst war es nicht, denu hören war, hätte sie vor knirschen und als nichts mehre Bitten ihm so gar nichts Unmuth fast geweint, daß

Beschlaf's Dir," lautete sein letztes Wort, indem er ihr die Hand bot und sie erwiderte mit vollem Blicke: Was ich in Treuen thun kann, darin werd' ich Dir galten.

Viertes Kapitel.

E3

immer zu Willen sein, das weißt Du, Wolf. Behüt' Dich Nein, sie galten voros nichts und er war absichtlich " Du bist doch ein so guter, geduldiger Mensch, und Gott!" an dem Hause vorübedegangen, um es ihr zu zeigen. Er jetzt soll's auch bei Dir heißen: Biegen oder brechen!" fand sich auch am genden Abend wieder an dem Garten­Kann denn Eine, die keine gute Tochter ist, eine gute Frau Die Sonne war hinter der Pfeilerspitze verschwunden, zaune ein; aber Glück war ihm nicht günstiger und sein? Ich bitt' Dich recht sehr, hab' doch nur noch eine verblaßt waren die Köpfe und Zacken des zerklüfteten Hoch- ebenso unhold chienen ihm die Sterne des nächsten. nie geschehen, daß er einem Mädchen umsonst gebirges und mit grauen Faßen kam die Nacht leise war ihm nogegangen wäre, und er wurde zornig auf Stasi, Leg's Dir nur erst alles ordentlich zurecht, was ich ge- Schleiern stand ein Bursche an dem Gartenzaun, auf den daß sie zu narren wagte, zorniger auf sich selbst, daß durch das Thal geschritten. In ihrem nachtdunkelen zu Gefallen segangen wäre, und er wurde zornig auf Stasi, sagt hab'," versetzte er, ihre Hand druckend, später reden er sich mit beiden Armen gelehnt hatte. Rosen und Nelken er sichhiren, wenn sie darum wüßte, daß er Abend für Abend on ihr narren ließ. Wie würde die schöne Afra wir dann wohl noch weiter darüber. Ich dräng' Dich jetzt und Geisblatt dufteten, und er mußte ein großer Blumen- triu bem jungen Dinge sich äffen ließ, er, der Ambros freund sein, daß ihn der Wohlgeruch so lange festhielt. poffner! Es überlief ihn siedend heiß. Aber jetzt sollte die Sie schüttelte den Kopf und nach einer Weile Denn er war und blieb allein. Nach einer Weile öffnete Sache ein Ende haben, gelobte er sich zähneknirschend, als ſagte sie: er das Stacket und setzte sich auf das Bänklein unter der er am Freitag wieder vergebens gewartet hatte, und Ich bin gar nicht damider, daß Du mit dem Vater Geisblatt, wo Staft gestern gesessen hatte. sprichst und ihm alles ordentlich vorstellſt. Aber ich bitt' Stafi war überzeugt, daß Niemand in dem Gehen langsam an dem Häuschen der Wittwe vorüber gehend, Dich herzlich, brich's nicht gleich mit ihm entzwei. Ich hab' auf sie wartete. Sie konnte doch nicht wissen, der sang er laut: Dich gar so lieb, Wolf, und ich ertrüg's nicht, wenn Ihr Bursche der Ansicht war, ein Nein auf den Lippen de ber hatte Zwei auseinander fämet." bedeute ein Ja in ihrem Herzen. Den ganzen Ta " Sei nur still," tröstete er sie. So lang' Du sie sich gesagt, daß er nicht kommen würde. arum sollte nicht annimmst, was ich Dir vorgeschlagen habe, er denn auch kommen? Als es dann Abend wurde und fiel

nicht."

Mädchen

# 2

Wann kommst Du aber wieder, Herzallerliebster meint, Und brichst die rothen Rosen " nd trinkst den fühlen Wein?