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gelegt habe. Die Vorstandsmitglieder deS Kali- syndikats marschieren hier als Negierungsvertreter auf, verwenden ihre Kennwisse als Borstandsmitaliedcr gegen die Kommission, aber das Material, auf das sie sich stützen, wird der Kommission vorenthalten. Die Abgg. Erzberger, Graf Oppersdorf. Herold, Heim.Gothein usw. fchllesien sich diesen Ausführungen an. nur soll vorläufig die Vertraulichkeit bestehen bleiben, bis man sich ein Urteil über daS Material gebildet hat. Endlich kapituliert die Regierung und erklärt, sie werde nach Möglichkeit das Material beschaffen und vorlegen, wenn es vertraulich behandelt werde. DaS Zentrum erklärte nun gegen den sozialdemokratischen An» trag zu stimmen, erstens weil dasselbe schon einmal beschlossen, und zweitens weil die Regierung die Erfüllung jetzt zugesagt habe. Der Antrag wurde hierauf abgelehnt. Müllcr-Fulda findet, dag die Kaligewinnung heute noch nicht unrentabel und hilfsbedürftig sei. Die Zahlung von Ausbeuten sei mit Absicht unterblieben. Die Gewerkschaft Hugo zum Beispiel hat pro Kuxe   75 M. eingezahlt' heute gilt die Kuxe 4SOO, M.(an dieser Gewerkschaft ist Reichstags- abgeordneter v. Dannenbrog beteiligt), daher ist eine Schutz- bedürftigkeit nicht vorhanden. Ei» gesetzliches Einschreiten ist nur geboten, um eine Begünstigung des Auslandes zu verhüten. Am besten wäre ein Ausfuhrzoll. Die Regierung wünscht kein Produktions-, sondern eher ein Handelsmonopol. Ein Zwangs» syndikat hat grosze Nachteile für die Jnlandkonsumenten, daher wäre vielleicht auch ein Auslandssyndikat genügend. Anderenfalls eine gesetz- liche Koiitingenticrung der Produktion. Bei allgemeiner Konkurrenz ist auf die Dauer ein Zusammenbruch unvermeidlich. Die ungeheuren Profite, die das Syudikal nahm, sind schuld an den Schwierigkeilen. Es ist richtig, daß die Bodenschätze eigentlich dem ganzen Volle ge> hören und dah im Interesse des Volkes einer Verschleuderung vor- gebeugt werden muh. Eine Zwangsregelung des Jnlandabsatzes ist im Interesse der Konsumenten zu vermeiden. Zu weit gehende Reglementierung der Industrie ebenfalls. Daher wäre eine Kontingentierung der Produktion mit Maximal- preisen für das Inland die beste Lösung. Zur Schadloshaltung des Reiches für die auszuübende Kontrolle könnte eine niätzige Förderabgabe erhoben werden. Hierauf tritt Vertagung auf Donnerstag vormittag 10 Uhr ein. Aus der Strafjustizkommission. Die Strafjustizkommission beriet gestern über§ 26 der Straf- prozehordnung. Nach diesem Paragraphen sind, dem geltenden Recht entsprechend, Entscheidungen, die im Laufe einer mündlichen Ver- Handlung erforderlich werden, nach Anhörung der Beteiligten (also Slaatsanwaltichaft, Angeklagter, unter Umständen auch Zeugen) zu erlassen. Die Kommission stimmte diesem Vorschlage zu. Eine längere Debatte rief die ebenfalls dem geltende» Recht entsprechende Vorschrift wach:Vor anderen Entscheidungen ist die Staarsanwalt- schaft zur Erklärung aufzufordern, wenn durch die Verzögerung kein Nachteil entsteht-. Abg. Gröber beantragte, auch Anhörung der übrigen Beteiligten, insbesondere also des Angeklagten, vor- zuschreiben und ferner den Untersuchungsrichter und den Amtsrichter von der Anhörungspflicht zu befreien. Abg. Ghstling wünschte ebenfalls wenigstens Gleichstellung des Angeklagten mit dem Verteidiger. Abg. Stadthagen  erklärte, das richtigste sei. die völlig überflüssige, lediglich der Verschleppung dienende Vorschrift, die eine Herabsetzung deS Richters gegenüber der Staatsanwaltschaft involviert, zu streichen. In der Praxis werde sie ja auch meist nicht beachtet. Darauf stellte der Abg. Spahn den Antrag auf Streichung dieses Satzes. Die Vorschrift sei entbehrlich. Für die Akte, wo eine Anhörung der Anklagebehörde erforderlich sei, könne man dies ja ausdrücklich hervorheben. Eine Reihe Regierungskommissare, der Staatssekretär sowie der Abg. Heinze traten dement- gegen und mit Wärme für die Vorlage ein. Der Satz 2 wurde schließlich dem Antrag Spahn entsprechend mit 15 gegen 16 Summen g e st r i ch e n. Damit ist ein kleiner Anfang zu BeseUigung der die richterliche Tätigkeit intellektuell und moralisch deprimierenden Stellung der Staatsanwaltschaft gemacht. Aus der Wahlprüfungskommission. Die Kommission lehnte am Mittwoch mit fünf gegen fünf Stimmen den Antrag des Referenten ab, die Wahl deS Abg. Boltz- Saarbrücken für ungültig zu erklären. Nach dem Antrag des nationalliberalen Korreferenten sollen weitere Beweis- erhebungen stattfinden. Wenn eS nun nicht gelingt, diese Beweisausnahme zu beschleunigen und allem Anscheine nach wird das schwer halten, dann wird die Entscheidung über die Wahl deS Herrn Boltz im nächsten Winter fallen, vielleicht auch kurz, ehe der Reichstag selber geschlossen wird. Der Abgeordnete hat dann die ganze Legislaturperiode im Reichstag gesessen und hat bei allen Gesetzen mitgestimmt, obwohl er nicht zu Recht gewählt war. Stellenvermittelungsgesetzkommission. Die ReichStagskommissiou. der der Gesetzentwurf über die Stellenvermittelung überwiesen ist, setzte am Mittwoch ihre Beratung fort. Unsere Parteigenossen beantragten folgende»§ 4a: Die Stellenvermittelungen dürfen Dienstbücher(Gesinde- bücherl, Arbeitsbücher. Zeugnisse, Arbeitspapiere und sonstige Gegenstände, die aus Anlaß der Stellenvermittelung in ihren Be- sitz gelangt sind, gegen den Willen des Eigentümers nicht zurück- bekalten, insbesondere an solchen Gegenständen ein Zurück- bebaltungS- oder Pfandrecht nicht ausüben.- Unter sehr nichtigen Einwänden erklärten sich sämtliche bürgerlichen Parteien gegen diesen Antrag. Man er- Härte in Anlehnung an eine Erklärung der Regierung, daß dieser Schutz in den Verordumige» der Landesregierungen enthalten sein müsse. Der so wichtige Schutz der Stellungsuchenden wurde hierauf gegen die Stimmen unserer Genossen abgelehnt. § 6 setzt fest, unter welchen Umständen die Konzession dem Stellenvcrmittler entzogen werden kann. Sie soll ent« zogen werden, wenn sich die Unzuverlässigkeit deS Vermittlers in bezug auf feinen Gewerbebetrieb ergibt, oder auch die persönlichen Verhältnisse dieselbe Folgerung zulassen. Die letztere Bemerkung ist auf Antrag Bnrckyardt(wirtschaftliche Bg.) hinzugesügt. Ferner wurde solgeuder Antrag Burckhardt angenommen:Die Unzuverlässigkeit ist stets anzunehmen. wenn der Stellenvermittler wiederholt bestraft ist. weil er die fest- gesetzte Gebührentaxe überschritten, oder sich außer den taxmätzigen Gebühren Vergiiluugen anderer Art von Arbeitnehmern oder Arbeit- gebern hat gewähren oder versprechen lassen, oder weil er dem Verbote der ߧ 6 und 9 Abi. 1 Ziffer 4 zuwider gehandelt hat. Der Träger des öffentlichen Arbeitsnachweises ist berechtigt, selb- ständig Antrag auf Entziebung der Erlaubnis zu stellen.- Die folgenden Paragraphen gelangten ohne wesentliche Aende- rung zur Annahme. Eine längere Debatte entstand nur bei ß 12, der bestimmt, daß die Landeszentralbehörde das Recht hat, auch auf andere Stellenvermittelungen, die nicht ge- werbSmäßig betrieben werden, durch Verordnung die An- Wendung des Gesetzes zu verfüge i». Unsere Genossen beantragen, daß diese Bestimmung nicht gegen die geloerk- schaftlichen Arbeitsnachweise gerichtet werden darf. Der Arbeitsnachweis der Gewerkschaften muß gegen die behördliche Bevormundung sichergestellt werden. Der Antrag wird von allen bürgerlichen Parteien be- kämpft, weil man sonst auch den Unternehmern die gleiche Stellung für ihre Arbeitsnachweise garantieren muß. Genosse Schmidt hielt dem Zentrum vor, daß eS durch seine Stellungnahme auch die Einrichtungen der christlichen Gewerkschaften in Gefahr bringe. Hierauf erklärten die Herren vom Zenttum, daß das nicht ihre Absicht wäre, daß sie aber nicht für den sozialdemokratischen Antrag stimmen würden. Sie stimmten auch für die Ablehnung. Die erste Lesung der Vorlage ist hiermit beendet. Das freie Wahlrecht ist das Zeichen... Nach dem Umschwung, den der Polizeipräsident unseren Wahlrechtskundgebungen gegenüber vollzogen hat, mutet es sonder- bar an, wenn man sieht, daß die Gerichte sich noch Tag für Tag mit der Aburteilung von Teilnehmern an früheren, von der Polizei für unstatthaft gehaltenen Demonstrationen zu beschäftigen haben. Die Empfindung eines so widerspruchsvollen Zustandes ist um so lebhafter, wenn es sich bei der gerichtlichen Verfolgung von Temonstranlen um so unbedeutende Dinge handelt, daß sie nur der kleinlichste Polizeigeist überhaupt als Straftaten auf- fassen kann. Einen Fall dieser Art hatte gestern wieder das Schöffengericht Verlin Mitle zu verhandeln. Der Arbeiter Engler war angeklagt wegen groben Unfugs und Ucbertretung der Strahcnpolizciveroidiiuug durch Nichibefolgung der Aufforderung eines Beamten, ruhig zu sein und weiter zu gehen. Nach Schluß einer Wahlrechtsbcrsanimlung, die am 13. Februar in den Sophiensälen stattfand, sollen dieStraftaten" begangen sein. Nach den Zeugenaussagen des PolizeileutnantS Arndt und deS Kriminalschutzmanns Brohin hat sich die in Rede stehende An- gelegenheit so abgespielt: Nachdem die Versammlungsbesucher das Lokal verlassen hatten, stimmte ein Teil von ihnen den Vers: Das freie Wahlrecht ist das Zeichen, in dem wir siegen...- an. Polizeileutnant Arndt forderte die Menge wiederholt auf, ruhig zu sein und nicht stehen zu bleiben. Trotz seiner Aufforderung, sagte der Polizeileutnant, sei fürchterlich! Wetter gesungen worden; auch sei ihm aus der Menge zugerufen worden:Maul halten!",Schnauze halten!" Dann habe er zu dem Kriminal- schutzmann Brahm gesagt:Jetzt wollen wir die Hauptschreier herausgreifen und sistieren.- Dann habe Brahm den Angeklagten und noch einen anderen festgenommen und diese als Hauptschreier bezeichnet. Als Zeuge konnte der Kriminalsihutzmann Brahm zwar nicht behaupten, daß der Angeklagte geschrien habe, sondern er beschuldigte ihn nur, lauter gesungen zu haben als die anderen. Man habe das Singen des Angeklagten straßenweit hören können,- meinte der Kriminalschutzmann. Demgegenüber behauptete der Angeklagte, er sei von dem Polizeileutnant so weit entfernt gewesen, daß er dessen Aufforde- rung nicht hören konnte. Auch habe er nicht lauter gesungen als die anderen. Aber der Zeuge Brahm, der sich bei der Sistierung des Angeklagten erst als Kriminalschutzmann zu erkennen gab, habe vorher kräftig mitgesungen, ja er habe sogar angefangen zu singen. Kriminalschuyman» Brahm bezeichnete es als völlig ausgeschlossen, daß er sich an dem Gesang beteiligt oder gar den- selben angefangen haben solle. Weiteres konnte auch in diesem Punkte nicht festgestellt werden. Im übrigen wurden die An- gaben des Augeklagte» durch einen dritten Zeugen, der in seiner Nähe war, bestätigt. Der Staatsanwalt beantragte, den Angeklagten zu der schon im Strafbefehl festgesetzten Haftstrafe von 19 Tagen zu verurteilen. Die Nichtbefolgung der polizeilichen Anordnung sagte der Staatsanwalt. ebenso das überlaute Brüllen hätte anreizend auf die Menge wirken können und müsse deshalb nicht zu leicht bestraft werden. Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld, der den Angeklagten ver- teidigte, machte geltend: Es sei nicht erwiesen, daß der Angeklagte nach der Aufforderung nicht weiter gegangen sei. Grober Unfug könne selbst dann nicht angenommen werden, wenn der Angeklagte lauter als alle anderen gesungen habe, denn dadurch sei doch nicht das Publikum in seiner Allgemeinheit belästigt worden. Die Aufforderung, ruhig zu sein, könne der Angeklagte nicht gehört haben. Hiernach sei die Freisprechung zu fordern. Keinesfalls aber könne ein so hohes Strafmaß, wie das beantragte, gerecht- fertigt erscheinen. Weiter wies der Verteidiger darauf hin, daß auch die Veranstaltungen am 13. Februar vollkommen ruhig ver- lausen sein würden, wenn sich die Polizei schon damals so zurück- gehalten hätte wie bei den großen Demonstrationen am letzten Sonntag. Das Urteil des Gerichts lautete auf 29 M. Geldstrafe wegen groben Unfugs und Uebertretung der Straßenpolizcivcrordnung. Mit den Demonstrationen am letzten Sonntag sagte der Vor- sitzende könne der vorliegende Fall nicht verglichen werden. Am Sonntag habe die sozialdemokratische Partei streng darauf ge- halten, daß alles ruhig vonstatten gehe. Infolge der strengen Zucht, welche die Sozialdemokratie übe, sei dann auch die Demo». stration ruhig verlaufen. Im vorliegenden Falle habe aber die Sozialdemokratie keine Ordner gestellt, sondern die Menge sich selbst überlassen. Es sei gesungen worden, wobei sich der An- geklagte in überlauter Weise hervorgetan habe. Gegen diese Ansicht des Vorsitzenden spricht die Tatsache, daß stets nur das Eingreifen der Polizei die Menge gereizt und zu Gegenkundgebungen veranlaßt hat. 8o2ia!es. Die Apotheker zur NcichsversichrrungSordnung. Zur Beratung des Entwurfes einer ReichsversicherungS- ordnung trat gestern der Deutsche   Apothckervcrein zu einer außer- ordentlichen Hauptversammlung in Berlin   zusammen, die von fast allen Apothekervereinen Deutschlands   mit Vertretern beschickt war. Nach einer längeren mit Ausfällen gegen die Krankenkassen und mit Klagctönen über die armen notleidenden Apotheker reich- lich gespickten Debatte gelangte folgende Resolution zur An- nähme: Der Deutsche Apothekerverein erklärt sich mit der im Ent- würfe einer Reichsversicherungsordnung vorgesehenen Ein- beziehung der Angestellten im Apothekerberufe in die Kranken- Versicherung und in die Invalidenversicherung sowie auch mit der Ausdehnung der Versicherungspflicht auf den Apothekcrbetriev einverstanden. Er begrüßt die in dem ß 494 des Entwurfes ent- haltene Anerkennung der Notwendigkeit eines erhöhten Schutzes der Apotheken gegen Vergewaltigungen durch die Krankenkassen mit Genugtuung, erhebt aber entschiedenen Widerspruch gegen den§ 405 des Entwurfes, der bei seiner Durchfiihrung nicht nur eine ständige Quelle der schwierigsten Streitigkeiten zwischen Kassen und Apothekern bilden, sondern auch die Lebensfähigkeit der meisten Apothekenbetriebe im höchsten Grade beeinträchtigen oder gar ausheben würde. Der Deutsche   Apothekervcrein und die in der heutigen Versammlung beteiligten Körperschaften und Bereine, welche zusammen die Vertretung deS gesamten deutschen  Apothekerstandes bilden, richten deshalb an den Reichstag die dringende Bitte, dem§ 405 des Entwurfes einer Reichsversiche- rungsordnung seine Zustimmung nicht erteilen zu wollen. Dw das Verhältnis zwischen den Krankenkassen und den Apotheken betreffenden Bestimmungen, speziell den 8 405, bittet die Ver- sammlung in nachstehender Fassung annehmen zu wollen:Die Apotheken haben den Krankenkassen nach näherer Bestimmung der obersten Verwaltungsbehörde einen Abschlag von den Preisen der deutschen   Arzneitaxe zu gewähren, falls die Krankenkassen alle Arzneimittel aus den Apotheken beziehen." 8 405, der den besonderen Unwillen der Apotheker erregt hat, schlägt vor:«Die Apotheken dürfen den Krankenkassen Arznei- mittel, die auch ohne ärztliches Rezept abgehoben werden können, ohne Rücksicht auf die Form der Verschreibung nicht höher als zu den im Handverkauf üblichen Preisen anrechnen. Für die anderen Arzneimittel haben die Apotheken den Krankenkassen nach näherer Bestimmung der obersten Verwaltungsbehörde einen Abschlag von den Preisen der Arzneitaxe zu gewähren." Die Apotheker sind also mit dem viel zu weiten Entgegenkommen der Vorlage auf die durchaus unberechtigten Wünsche, den Arbeitern und Kassen nur hohe Apothekerpreise anzurechnen, noch nicht zu- frieden. Hoffentlich geht der Reichstag nun dazu über, den Kranken- lassen die Errichtung eigener Apotheken sowie den Ein« und Ver- kauf von Arzneimitteln jeder Art zu gestatten, damit sie und dke Arbeiter von der Schröpferei durch Apotheken befreit bleiben. Wieder ein betrügerischer Mittelständler. Erst in der vorigen Woche wurde einem mittelständlerischen Hauptagitator in Nürnberg   die Brotlieferung für die städtische Armenpflege entzogen und der Mann dem Staatsanwalt über- antwortet, weil er für die Armen ungenießbares Brot lieferte. Nunmehr ist ein noch größerer Mittelstandsmann unter den Wagen gekommen. In den Submissionsbedingungen b£t Stadt ist auch die Bestimmung enthalten, daß städtische Arbeiten und Liefe- rungen an Mitglieder der gemeindlichen Kollegien nicht oergeben werden dürfen. Nun war vor einigen Monaten eine große Schreinerarbeiten-Lieferung für die Schulen zu vergeben. Ein beträchtlicher Teil dieser Arbeiten wurde der Schreinerinnung zur Verteilung an ihre Mitglieder übergeben, wodurch die Arbeiten um 5000 M. höher zu stehen kamen, als wenn andere vorliegende Angebote berücksichtigt worden wären. Es geschah eben deshalb, um den Mittelständlern den Mund zu stopfen, da sie ständig über Vernachlässigung des Handwerkerstandes schreien. Vorstand der Innung ist der mittelständlerische Gemeindebevollmächtigte Schreinermeister Spönnemann, der die Arbeiten in einzelnen Ab- teilungen unter die Mitglieder verloste, wobei auch ein Los auf ihn selbst fiel. Davon bekam der Magistrat Wind. Er untersagte Herrn Spönnemann die Ausführung. Die Arbeit fiel dann einem anderen Mitgliede zu. Dieses konnte sie aber nicht ausführen und übertrug sie wiederum auf einen anderen Schreinermeister. Dieser ist der Schwiegersohn des Herrn Gemcindcbcvollmächtigtcn Spönncmann. Er diente aber als Strohmann; die Arbeiten wurden in der Werkstätte des Gemeindebevollmächtigten Sp.. mit dessen Holz und Werkzeugen und von seinen Arbeitern, also zu seinem eigenen Vorteil, ausgeführt. Nur durch einen Zufall kam der Magistrat hinter diese Schliche. Er beschloß nun, der Innung solange keine Arbeiten zu übertragen, als sie dem Magistrat gegen- über keinen anderen Vertreter aufstellt, der die Gewähr bietet, daß die Verträge mit der Stadt auch eingehalten werden. Gendns-Deining. Nette Schutzleute. Merkwürdiges Pech mit ihren Schutzleuten hat die Göttinger Polizeidirektion, wie einige Gerichtsverhandlungen aus der letzten Zeit dartun. In einer Schöffengerichtsverhandlung gegen einen gewissen Sachse, der wegen geringen Unfugs auf dem Wcihnachts- markt von dem Schutzmann Seck verhaftet und nach der Wache ge. bracht worden war und dort sich widersätzlich benommen haben sollte, stellte sich heraus, daß der Angeklagte auf der Wache von dem genannten Schutzmann arg verprügelt worden ist. Derselbe Schutzmann Seck, der jetzt seit einigen Tagen nicht mehr im Dienst ist, soll nach Meldung hiesiger Blätter ferner einen Arrestanten schwer mißhandelt haben; eine weitere Sache schwebt noch. Noch befremdender aber ist die Meldung eines GLttinger Blattes, wo- nach vor acht Tagen eine Partei vor dem Schöffengericht erzählt hat, daß ein auf der Polizeiwache mißhandelter Handwerksbursche mit 25 M. Schweigegeld abgefunden worden sei! In eine andere, noch bedenklichere Sache ist der inzwischen aus dem Dienst entlassene Schutzmann Wegener verwickelt, Auf dem Maschkruge, einer in städtischem Besitz befindlichen, außerhalb der Stadt belegenen Wirtschaft, herrschte seit längerer Zeit ein schäm- lofeS Treiben. Zuhälter und Dirnen hatten dort ihr Absteige- quartier. Am tollsten ging es beim Schützenfest zu, wenn die so- genanntenMünchener" Kellnerinnen dort logierten. Die Polizei erfuhr wenig oder nichts davon, da der Schutzmann Wegener, in dessen Revier der Maschkrug lag, Freund deS Hauses war und mit einem der dort hausenden Mädchen verkehrte. Der Wirt und die Wirtin des Lokals sind nun jetzt von der Strafkammer in zweiter Instanz wegen Kuppelei zu je 2 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die inzwischen angestellten polizeilichen Ermittelungen haben ergeben, daß das Treiben auf dem Maschkrug geradezu ge- meingcfährlich gewesen ist. An den Tänzen, die Sonntag? statt- fanden, nahmen großenteils Prostituierte teil. Festgestellt ist auch, daß gewisse Krankheiten von dort verschleppt worden sind. Die Kellnerinnen liefen oft in äußerst mangelhafter Bekleidung im Lokal herum. Regisseur und Schauspieler standen sich gestern vor der 2. Strafkammer des Landgerichts Berlin   III gegenüber, erfterer als Angeklagter, letzterer als Pri- vatkläger. Der Schauspieler Hubert Dietzsch hatte den Regisseur Lichow wegen Beleidigung verklagt auf Grund eines Vorfalles, der l'/h Jahre zurückliegt. Beide waren seinerzeit Mitglieder deS Hebbeltheaters, bei welchem Herr Lichow die Stellung eines Regisseurs und stellvertretenden Direktors innehatte. Am 8. Okto- ber 1908 fand eine Generalprobe zu dem StückNinon de Lenclos  " statt, in welchem Herr Dietzsch Partner des Fräulein Fehdmer war. Der Regisseur Lichow. ein temperamentvoller Herr, glaubte schon bei früheren Proben bemerkt zu haben, daß der Privatkläger eine lässige Art und passive Rösistenz bekundete. Als am 8. Okto- ber Herr Dietzsch auf der Generalprobe einen LapfuS beging, in­dem er, ohne sich umzusehen, die Worte sprach:Da kommt der Schwatzbischof 1", während der Schauspieler Hermann Nissen  , auf den die Worte gemünzt sein sollten, noch gar nicht die Bühne be- treten hatte, da geriet Regisseur Lichow in große Erregung und rief dem Privatkläger laut zu: Er kenne ja noch nicht einmal die elementarsten Grundsätze der Schauspielkunst! Der also Apostro- phierte verbat sich dies, der Regisseur aber erklärte:Hier wird anständig geprobt!", worauf der Privatkläger erwiderte:Ich bitte mir einen anständigen Ton aus!" Darauf schrie der An- geklagte in lautem und erregtem Ton:Halten Sie den Mund! RauS! NauS! Scheren Sie sich von der Bühne!" Der Vorfall hatte seinerzeit den Mitgliedern deS Hebbeltheaters Veranlassung zu einer Beschwerde an den Direktor Robert über den nach ihrer Ansicht unangemessenen Ton gegeben. Hubert Dietzsch erhob die Privatklage, die mit der Froisprrchnug des Angeklagten endete. da daS Schöffengericht ihm den Schutz des§ 103 zubilligte. Auf die vom Privatkläger eingelegte Berufung wurde gestern vor der Strafkammer über die Rechte und die zulässige Behandlungsweife eines Regisseurs gegenüber den Schauspielern in so lebhafter Weise gefochten, als stände eine cause celedre in Frage. Als Zeuge wurde der frühere Direktor Robert vernommen. Er gab dem Angeklagten darin recht, daß dieser vom Standpunkt des Regisseurs alle Ursache gehabt habe, über die lässige Spielart des Privatklägers in Erregung zu geraten. Hermann Riffen bestritt dagegen, daß der Lapsus des Privatklägers auf einer Probe dem Regisseur irgendwie hätte Veranlassung geben können, den Schau» fpieler in solcher Weise abzukanzeln. Das Gericht kam zu einer Verurteilung des Angeklagten zu 59 M. Geldstrafe. DaS Gericht hielt die von dem Regisseur ausgesprochene Rüge für sserecht- fertigt und an sich nicht für beleidigend. Dagegen sei nicht zu bestreiten, daß in den Worten:Raus, raus, herunter von der Bühne!" ein Ausdruck der Mißachtung zu erkennen sei. Prinzliche Wechsel. Der Prinz Franz Jvseph van Braganza, Königliche Hoheit. der auf Schloß Seebenstein in Oesterreich   wohnhaft ist, steht seit acht Jahren in Oesterreich   unter Verschwendungskuratel und ist infolgedessen in Oesterreich   und in Deutschland   wechselunfähig. Clarkc soll bekanntlich eS verstanden haben, in Berlin   im Hotel Efplanade den Prinzen zu bewegen, 27 Wechsel für eine Gesamt- summe von 7 475 099 Mk. zu akzeptieren; die sämtlichen Wechsel sind von dem mysteriösenFred Vanderbilt  " ausgestellt, der an» gcblich ein Sohn des Herrn William Henry Vanderbilt   aus New Uork sein will. Dieser Vanderbilt   hatte den Prinzen von Bra- ganza zu einemgroßen Geschäft" überredet, das darin bestand,