Einzelbild herunterladen
 

Nr. 87. 27. Jahrgang.

Reichstag .

1. Beilage des Vorwärts" Berliner Volksblatt.

68. Sigung vom Donnerstag, den 14. April, mittags 12 Uhr.

Am Bundesratstisch: Dr. Lisco.

Auf der Tagesordnung steht zunächst die Interpellation Bassermann und Genossen( natl.) über das Mülheimer Eisenbahnunglüd.

betreffend

-

Freitag, 15. April 1910.

-

Die Reste beim Reichsgericht sind eine Salamität, die fofort bes

genauen Kenntnis der soziologischen und wirtschaftlichen Verhältnisse gerichtsräte zweifele ich nicht; aber es liegt in der menschlichen ruben, oder sie muß vollständig wertlos bleiben.( Sehr wahr! bei Natur, zu wünschen, daß er nicht kontrolliert wird, und deshalb den Sozialdemokraten.) Daher sollte die Regierung diese Vorlage liegt in der Ausschaltung des Reichsgerichts bei übera zurückziehen und versuchen, den Weg einer anderen Ausbildung der einstimmenden Urteilen ein Anreiz für das Oberlandesgericht, zu Richter zu gehen. Denn nur Leute, welche die wirtschaftliche und urteilen wie die Vorinstanz, und einer solchen Versuchung soll man foziale Struktur der Gesellschaft fennen, fönnen mit Erfolg als die Oberlandesgerichte nicht aussehen. Daran, daß die Vorlage Richter walten. jetzt nicht mehr erledigt werden kann, ist nicht der Reichstag schuld; Der Vorredner fürchtet von einer Vermehrung der Richter eine fie ist uns erst furz vor den Osterferien zugegangen, während das Verminderung ihres Ansehens. Diese Furcht kann ich nicht teilen. Reichsjustizamt sich zu ihrer Ausarbeitung Jahre Zeit gelassen hat. Nicht auf die Zahl der Richter kommt es an, sondern darauf, was so wie sie ist, kann die Vorlage jedenfalls nicht angenommen Auf die Frage des Präsidenten Grafen Schwerin Löwig, sie leisten. Ich würde die Errichtung von Hilssenaten nicht für werden. ob und wann der Reichskanzler die Interpellation zu beantworten schädlich halten. Vor allem muß man doch fragen, warum die Re- Abg. Dove( Fortschr. Bp.): Eine ganze Reihe von Gesetzen gedenke, erklärt Unterstaatssekretär Richter: Der Reichsfangler ist bereit, die Sierung mit einer Verschlechterung der Rechtsprechung in Zivilsachen haben wir schon zur Entlastung des Reichsgerichts gemacht; in der vorgehen will, wo die Bevölkerung im ganzen mit der Recht- Begründung wird das jedesmal vorgeschlagene Mittel besonders Interpellation in der zweiten Hälfte der nächsten Woche sprechung zufrieden ist, und warum sie nicht vielmehr gerühmt, und alle werden scharf fritisiert. Statt an dies Flickwerk zu beantworten. die Rechtsprechung in Straffachen reformieren till. Die Zu follten wir an eine organische Reform der gesamten Zivilprozeß­Es folgt die Fortsetzung der ersten Beratung der Gesetzentwürfe nahme der Revisionen, über die man flagt, beruht auch darauf, ordnung gehen.( Sehr richtig! bei der Fortich. Vp.) Etwas Abhilfe daß die gelehrten Richter so wenig Kenntnis von der sozialen könnte auch innerhalb der gegenwärtigen Organisation des Reichs. die Zuständigkeit des Reichsgerichts und Aenderungen der Rechts- Struktur der Gesellschaft haben und daher Urteile fällen, mit denen gerichts geschaffen werden; so sollte man an eine Verjüngung der anwaltsordnung. die Bevölkerung unzufrieden sein muß. Wird in der Nichtung der Seichsgerichtsräte denken. Den in der Vorlage vorgeschlagenen Abg. Dr. Heinze( natl.): Die Ueberlastung des Reichsgerichts Vorbildung der Richter reformiert, so wird weniger Grund zur Mitteln, vor allem der Einführung des Differentätsprinzips, ift eine Tatsache. Eine Abhilfe wäre durch Vermehrung der Richter unzufriedenheit vorhanden sein. Jeder Richter fann irren, und man tönnen meine Freunde nicht zustimmen. Herr Stadthagen wünschte möglich; doch empfiehlt sich das nicht im Interesse der Rechtseinheit. fann sogar sagen, ie mehr Richter bei dem Urteil beteiligt sind, bessere Ausbildung der Richter; das Mittel wird aber nur sehr Gegen das in der Vorlage ebenfalls vor Als Abhilfe bleibt also die Verminderung des Arbeitsstoffes. Ginige um so größer ist daher die Wahrscheinlichkeit des langsam wirken. der vorgeschlagenen Mittel sind unbedenklich; sehr bedenklich ist da- Irrtums.( Heiterkeit.) Auch darauf möchte ich noch hinweisen, geschlagene Mittel der Erhöhung der Kosten habe ich nichts ein­gegen, daß das Reichsgericht bei Einstimmigkeit des Senates von der daß die Ueberlastung des Reichsgerichts wahrscheinlich nur vorüber zuwenden, denn unsere Rechtsprechung ist im ganzen genommen mündlichen Verhandlung soll abiehen fönnen. Als Hauptmittel der Ent- gehend ist. Mit der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches im billig und außerdem haben wir das Armenrecht. lastung schlägt der Entwurf die Beseitigung der Revision bei über- Jahre 1900 sind eine ganze Reihe neuer Streitfälle entstanden, zu deren Abg. Heine( Soz.): einstimmenden Urteilen aweier Instanzen vor. Das bringt aber die Bewältigung so gut wie gar keine Richterstellen geschaffen sind. Gefahr mit sich, daß die Oberlandesgerichte teilweise anders ent- Lediglich die Zahl der Strafrichter ist vermehrt worden. Da aber feitigt werden muß. Und dazu gibt es nur das Mittel: scheiden wie das Reichsgericht, und unsere Rechtsprechung in Deutsch - ist die Vermehrung ganz überflüssig; es zeigt sich hier die Tendenz, Schaffung von Hilfssenaten, die nur den Zweck haben, land auseinanderfällt. Ohne Kautelen fann also dies Prinzip nicht daß Deutschland als ein Land höherer Kultur hingestellt werden die Reste aufzuarbeiten. Eine dauernde Befferung schafft das natür angenommen werden. Der Entwurf schlägt vor, daß die Revision soll, wobei die höchste Kultur darin beruhen soll, daß jeder Bürger lich nicht. Will man die bisherige Stellung des Reichsgerichts zulässig sein soll, wenn das Oberlandesgericht von einer bestraft ist.( Heiterkeit bei den Sozialdemokraten.) Ich resümiere und der Revision festhalten, so bleibt als dauernde Vero Reichsgerichtsentscheidung abweicht; aber das ist sehr bedenklich, Bipfel an, und dieses Flickwerk ist nicht geeignet, eine Verbesserung Dagegen sind die vorgeschlagenen Mittel gleichbedeutend mit Reichsgerichtsentscheidung abweicht; aber das ist sehr bedenklich, mich also dahin, die Regierung fängt die Reform am falschen befferung nur übrig eine Vermehrung der Senate. und wir werden daher nach anderen Rautelen suchen müssen. Abg. Stadthagen ( Soz.) Alle Vorredner und die Vorlage sprachen der Rechtspflege herbeizuführen.( Bravo ! bei den Sozialdemokraten.) einer Revolutionierung der Stellung des Reichsgerichts und bon der Ueberlastung des Reichsgerichts. Dabei ist die Zahl der in Abg. Dr. Barenhorst( Rp.): Eine Langfame Justiz ist auch eine der Revision. Man sagt, das Reichsgericht soll die Rechts­den Zivilsenaten tätigen Richter am Reichsgericht von 1880 bis 1908 fchlechte Justiz, deshalb muß das Reichsgericht entlastet werden. einheit wahren. Will man das, so muß man eine begutachtende nur um einen einzigen vermehrt worden; anders ist es bei den Allerdings kann das Difformitätsprinzip nicht ohne weiteres an- juristische Behörde schaffen, die nicht den einzelnen Fall entscheidet, Richtern der Strafienate, hier ist die Zahl der Richter fast verdoppelt genommen werden; 25 Proz. der Revisionen gegen fonforme Urteile fondern die juristische Frage, und diese Frage darf ihr dann nicht worden. Hier sollte man also anfeßen und die übermäßige Tätigkeit hatten Erfolg. In der Kommission wird also das Difformitäts- von einer Bartei unterbreitet werden, sondern von einem Staats­der Straffenate einschränken. Ich bedauere, daß die Regierung prinzip mit Stautelen versehen werden müssen. tommiffar, und die Entscheidung findet keine Anwendung auf den nicht die Zahl der überflüssigen Revisionen der Abg. Lattmann( Wirtsch. Vg.) wünscht Ueberweisung an eine be- einzelnen Fall.( Sehr richtig! links.) Das wäre dann ein Staats­Staatsanwaltschaft verringern will, daß fie die fondere Kommission. Es sei zweifelhaft, ob der Entwurf sich noch vor gerichtshof. Tatsächlich ist aber das Reichsgericht eine dritte Justanz. Revisionsbefugnis der Staatsanwaltschaft bei Pfingsten verabschieden lassen werde. Und eine solche Instanz kann man dem um sein Recht ringenden Freisprechungen nicht aufheben oder wenigstens er- Abg. Seyda( Pole): Speziell wir Polen , die wir von der Ver- Wolfe nicht nehmen, namentlich nicht durch eine Gelegenheitsnovelle. heblich einschränken will; ein Uebelstand ist es ferner, daß jeder waltung unterdrückt und verfolgt werden, haben das größte wäre es wirklich unmöglich, das oberste Gericht in seiner bis­Staatsanwalt Revision einlegen darf und daß das Reichsgericht Interesse an einer intakten Rechtspflege. Bisher haben wir immer herigen Form aufrecht zu erhalten, so wäre seine Beseitigung nur darüber befinden muß, selbst wenn der Reichsanwalt sie verwerfen noch den relativ besten Schutz am Reichsgericht gehabt, obwohl auch möglich bei einer vollständigen Umgestaltung unseres gericht will. Würde man diese Uebelstände beseitigen, so würden sofort dieses bisweilen bersagt hat. Wir erkennen an, daß in der un- lichen Verfahrens, wobei man für diese Instanz dem Bolle etwas atvei oder drei Straffenate als Zivilfenate verwendbar, so daß eine leugbar vorhandenen Ueberlastung des Reichsgerichts eine große Ge- anderes geben fönnte, z. B. die gerichtliche Entscheidung durch Vermehrung der Richter gar nicht einzutreten braucht. Bon einer Ver- fahr liegt; wir fönnen aber nicht anerkennen, daß auf dem Wege Männer feines Vertrauens. Aber bei dieser Novelle ist es un mehrung der Richter fürchtet der Vorredner eine Durchbrechung der Rechts - weiterer Beschränkung der Revisionen Abhilfe geschaffen ist. möglich dem Publikum zu sagen:" Jezt gebt das oberste Gericht einheit; aber diese wird nicht durch das Reichsgericht gewährleistet, sondern wir werden in der Kommission an der Werbesserung der Vorlage her, wir wollen es euch nicht mehr lassen." Ich sehe auch gar kein durch eine überall gleichmäßige Rechtsprechung. Statt dessen wird mitarbeiten.( Beifall bei der Polen .) Bedürfnis für diese Novelle. Im ganzen ist unsere givilprozeß­jezt eine Verschlechterung der Rechtsprechung vorgeschlagen, der wir Staatssekretär Dr. Lisco: Vorgestern hoffte ich, daß die Vor- ordmung gar nicht so schlecht; freilich könnten wir durch eine nicht zustimmen tönnen. Durch das Prinzip der Difformität( Nicht lage noch vor der Vertagung verabschiedet werden würde. Es scheint stärkere Hinzuziehung von Laien der Rechtspflege noch Revision bei übereinstimmenden Urteilen) würde die Rechts- aber bei einigen Parteien die Absicht zu bestehen, die Verabschiedung größeres Vertrauen im Volte verschaffen. Gegen die Vermehrung der einheit jedenfalls erheblich in Frage gestellt bis auf den Herbst zu vertagen. Das würde ich tief bedauern im Senate wendet man ein, daß dadurch die Rechtseinheit gefährdet werde. Interesse des Reichsgerichts, wo jezt schon Termine bis zum Die Gefahr widerstreitender Entscheidungen durch die verschiedenen Ueber diejenigen Verhältnisse, auf denen das gesamte moderne ai nächsten Jahres angesetzt sind. Ich bitte dringend, die Bivilfenate des Reichsgerichts ist viel weniger groß, als die Gefahr, Wirtschaftsleben beruht, hat das Reichsgericht fast gar nicht zu ur- Gedanken der Vertagung fallen zu lassen, denn andere Wege zur mit der die widerstreitenden Entscheidungen der Oberlandesgerichte teilen, taum Dußend Entscheidungen über das Entlastung des Reichsgerichts als die vorgeschlagene Erhöhung der die Rechtseinheit bedrohen. Ich bin auf das Entschiedenste gegen Arbeiterrecht sind vorhanden. Vor einigen Wochen ist eine Revisionssumme und die Einführung des Difformitätsprinzips, die Ausschaltung der Revision bei gleicher Entscheidung der beiden Entscheidung ergangen, worin das Reichsgericht meines Erachtens werden auch bei längerer Erörterung nicht gefunden werden können. ersten Instanzen. Es liegt in der menschlichen Natur begründet, mit Unrecht entschieden hat, daß durch Vertrag das Abg. Dr. Dahlem( 8.): Eine so wichtige Vorlage muß gründ- daß bei den nichtrevisiblen Urteilen weit leichtherziger verfahren Koalitionsrecht des Angestellten unterbunden lich erörtert werden und da fönnen einige Monate feine Rolle werden wird, als bei Urteilen, die der Nachprüfung durch das höchste werden darf. Je weniger das Reichsgericht über den wesentlichen spielen. Wir dürfen nicht daran rütteln lassen, daß das Reichsgericht Gericht unterliegen. Noch bedenklicher und vielleicht der bedenklichste wirtschaftlichen Untergrund des modernen Lebens zu urteilen hat, an der Aufrechterhaltung des materiellen Rechts mitwirken muß, und Punkt der ganzen Vorlage ist, daß die Revision gegenüber den um so mehr wird man derartige Urteile finden. Damit komme ich seine Ausschaltung bei übereinstimmenden Urteilen tönnen wir nicht tatsächlichen Feststellungen eingeschränkt werden soll. Das würde auf einen anderen Punkt, der die Vorlage für uns un annehm gutheißen. Ebenso können wir nicht zustimmen, δαβ eine bedeuten, daß die sehr fatale Bragis der Straffenate nunmehr auch bar macht, und der bewirkt, daß sie ihren Zweck nicht erfüllen fann. Sevision nicht mehr gestützt werden soll auf ungenügende Ausübung auf die bis jetzt weitherzigeren Zivilsenate ausgedehnt würde. So lange Sie nicht daran gehen, die Ausbildung des Juristen des Fragerechts und ungenügende Feststellung des Sachverhalts. Ebenso entschieden lehnen wir die Erschwerung der Revision durch zu ändern, so lange Sie die philologische Auslegungstunst für ihn Der einfachste Weg zur Abhilfe für die Uebelstände liegt in einer die vorgeschlagene Berteuerung ab. Wir sind dafür, die Vorlage an als das wertvollste betrachten, so lange seine Ausbildung nicht Vermehrung der Senate, die bei der Zunahme der Bevölkerung die zur Beratung der anderen Justiznovellen eingesetzte Kommission auf wirtschaftlichen und soziologischen Kenntnissen beruht, eigentlich selbstverständlich ist. Wenn der Bundesrat dafür nicht zu zu berweisen.( Beifall bei den Sozialdemokraten.) solange wird man die gelehrten Richter für etwas außerordentlich haben ist, müssen wir warten, bis er es sich besser überlegt hat, Entbehrliches halten, und was das Reichsgericht leisten kann, wird aber feineswegs dürfen wir deshalb die Rechtsprechung verschlechtern. nicht viel wert sein tönnen. Die Rechtsprechung muß auf einer Abg. Dr. Jund( natl.): An der Pflichttreue unserer Oberlandes

werden.

-

-

Kleines feuilleton.

"

Ihren ersten Kometenvortrag veranstaltete die Urania am Mittwoch. Es tennzeichnet den etwas tonservativ- wissenschaftlichen Charakter dieses Instituts, daß mancherlei Bedenten" gegen einen solchen Vortrag bestanden. Man schien zu fürchten, daß bei dem großen Publikum sich das Interesse an dem Wiedererscheinen des Halleyfchen Kometen in den Weltuntergangsprophezeiungen erschöpfe. Wir meinen, daß es gerade dann Aufgabe der Urania wäre, diefe Anschauungsweise recht schnell und gründlich zuschanden zu machen, damit an den Tagen um den 18. Mai nicht wieder wie Anno 1858 die Sternwarten gestürmt werden.

-

Abg. Scyda( Pole) stellt fest, daß die Zahl der durch das Reichs­gericht aufgehobenen oberlandesgerichtlichen Urteile in stetem Wachsen begriffen fei.( hört! hört!)

,, Mein Haus ist meine Burg." Mit dem Emporkommen der nötigt, sich dem Befehl zu widersetzen. Er würde sich nicht frei­Geldaristokratie verschwinden allmählich die einfachen aber soliden willig ergeben. Würde man Gewalt gegen ihn anwenden, so müsse Häuser des englischen Adels. Amerikanische Millionäre siedeln nach er sich notgedrungen unterwerfen; aber da er sein Haus als seine London über, lassen sich naturalisieren und sonnen sich in der Nähe Burg betrachte, so fordere er es als eine Freistätte und würde diese ihrer Schwäger, alles Herzöge, Grafen und Lords, die fie jezt mit Forderung aufrecht erhalten...." Charley" und" Jack" anreden dürfen. Alte, vornehm aussehende Häufer werden niedergerissen und an ihre Stelle treten geschmacklose Riesenbauten, die mit barbarischem Brunk ausgestattet werden. Eines Schiller Theater O: Goldene Herzen", Bolts der lezten Häuser, das diesem Bug der Zeit zum Opfer fiel, ist das Haus Sir Francis Burdeits in Piccadilly, der bekannten Promenade stick von Karliveis. Die Aufführung dieses Boltsstudes des vor der Lebetvelt und der Halbwelt. etwa einem Jahrzehnt verstorbenen Wiener Bühnenschriftstellers fand

"

Theater.

"

Es ist in diesem Monat gerade hundert Jahre her, daß Sir im Schiller Theater ein bankbares Publikum. Verdientermaßen. Francis Burdett in diesem Hause der Macht des Staates Trotz bot Denn wenn Karlweis in den Goldenen Herzen" so wenig wie in An dem Vortrag Dr. Schwahns, des Direktors der Urania, und eine Belagerung von mehreren Tagen aushielt. Burdett war seinem Groben Hemd" sich von den angestammten Gebrechen des ist große Sachlichkeit und borzügliche Inhaltlichkeit zu durch einen Beschluß des Unterhauses zur Haft im Tower, dem Volksstücks, der billig bequemen und fünstlerischen Art des rühmen; er beschränkte sich nicht bloß auf den Hallenschen alten Londoner Staatsgefängnis, verurteilt worden. Sein Ver- Arrangements, frei hält, bringt er in dem salopp gefügten Nahmen Kometen , sondern erörterte natürlich auch die allgemeinen Erbrechen war, daß er in Cobbetts Political Register" einen doch eine Fülle volkstümlich frischer, fatirisch geschärfter Komil. Er scheinungen, die die Kometen und die mit ihnen zusammenhängenden Brief an feine Wähler veröffentlicht hatte, in dem er die beleuchtet die lokalpatriotische Phrase vom goldenen Wiener Herzen mit Probleme darbieten. Die rein aftronomischen Erörterungen standen Handlungsweise des Unterhauses, das die Verhaftung eines Schlaglichtern treffenden Spotts in den Figuren eines exemplarischen dabei im Vordergrunde, während die Fragen der Beschaffenheit radikalen Redners angekündigt hatte, für ungefeßlich er- Armenrats und einiger in Armenunterstützung machender weiblicher der Kometen und ihrer Schweife nicht ganz flar heraus- flärte. Viel gute Beobachtung und munterer Das verurteilte Parlamentsmitglied hatte aber die Be- Wobttätigkeitsdragoner". famen. Gerade hier aber herrschen nicht bloß im großen bölferung Londons auf seiner Seite. Diese scharte sich um sein Bühnenwiz steckt in der Hauptgestalt, dem verbummelten alten Maler Publikum, sondern auch vielfach bei den Astronomen merkwürdig Haus in Piccadilly und verteidigte es gegen die Polizei, die geschickt und unverbesserlichen Poseur Ballaster, einem farikaturistisch ber­unflare Vorstellungen. So wird oft die Arrheniussche Erklärungs- war, um ihn zu verhaften. Es tam zu einer regelrechten Belage- gröberten entfernten Seitenverwandten von Jbsens unsterblichem weise von der Entstehung der Kometenschweife angeführt und dabei rung. Truppen wurden aufgeboten, Kanonen wurden aufgefahren. Hjalmar Ekdal. Ein findiger Journalist, den die Not des Alten in einem Atemzuge gefagt, daß die Schweife gasförmig feien. Das Sir Francis Burdett erklärte, sein Haus fei sein Schloß, dauert, macht ihn durch eine geschickt sensationelle Selbstmordnotiz, trifft gar nicht zu, denn wenn der Strahlungsdruck der Sonne die und er unter der Spigmarke Lorbeerbaum und Bettelstab" plöglich zu würde niemand erlauben einzubringen. Die Lage er malt seit Jahren nur Entstehung der Schweife hervorrufen soll, so müssen die Schweife in wurde von Stunde zu Stunde fritischer. Die Soldaten wurden von einer Tagesgröße. Ballasters Kelegereien steigen ge erster Linie aus ganz feinen festen oder flüffigen Teilchen bestehen, nicht der Menge mit Steinwürfen empfangen. Süben wie drüben fielen noch Wutterliebe", das Stück für ein paar Gulden aber aus gasförmigen. Aus der Tatsache, daß die Schweiffterne alle einige Schüsse; auf beiden Seiten wurden Menschen verwundet waltig im Preise. Aber noch mächtiger schwillt sein Dünkel an. einer langsamen Auflösung verfallen, schloß Dr. Schwahn ganz richtig, und getötet. Schließlich nach zwei Tagen ergab sich der volts- Liebenswürdig, wie Komödienschreiber sind, hat der Autor Vorsorge daß die Kometen tosmischen Ursprungs feien. Denn wären die tümliche Parlamentarier, um weiteres Blutvergießen zu verhindern. getroffen, daß sein Held, als die Seifenblase plagt, trotzdem nicht in Der arme Liebhaber seiner Tochter periodischen Kometen, die in gewissen Zwischenräumen immer wieder Er wurde in den Tower" gebracht, wo er bis zur Parlaments- die Dachtammer zurück muß. berwandelt sich in einen wohlhabenden Erben, und der Künstler in die Nähe der Sonne zurückkehren, seit dem Bestehen des Sonnen- vertagung als politischer Gefangener verweilte. systems in diesem vorhanden, so müßten sie schon längst dieser Auf- Berschiedene der über hundert Jahre alten englischen Zeitungen läßt sich berbei, den Herrn als Schwiegerfohn anzunehmen. Lösung verfallen fein. Da das nicht der Fall ist, muß man sie als veröffentlichen jetzt täglich oder wöchentlich Nachrichten, die in Das flotte Spiel traf überall den richtigen Ton. Hervorragend dt. Störper ansehen, die von den großen Planeten eingefangen wurden ihren Spalten vor hundert Jahren erschienen. So gibt der humorvoll war Bateggs würdevoll erhabenec Ballasters. und erst seit begrenzter Zeit dem Sonnensystem angehören. Auch der" Obferver" in seiner lepten Nummer eine Mitteilung über die Be­Halleysche Komet ist ein eingefangener Körper, eingefangen wahrscheinlagerung des Hauses Sir Francis Burdetts wieder, die im Observer" lich durch Neptun , den äußersten uns bekannten Planeten. Die Auflösung vom 8. April 1810 erschien und ein interessantes Licht auf die bewirkt, daß die periodischen Kometen bei jeder Erscheinung an Glanz Methode wirft, wie die Engländer ihre durch die Verfassung durchschnittlich abnehmen, weil ihre Masse durch die Entwickelung verbürgten Rechte verteidigten. Die Nachricht lautet: Um Vorträge. Die Berliner Freie Hochschule veranstaltet der Schweife Verluste erleidet. Es ist daher vorauszusagen, daß elf Uhr nachts hielt Sir F. Burdett noch in feinem Sonnabend, den 16. April, abends 8 Uhr, in der Aula der der Hallensche Komet feine allzu glänzende Erscheinung werden wird. Hause in Piccadilly aus; dann und wann erschien er am Fenster Friedrich- Werderfchen Oberrealschule( Niederwallstr. 12) einen Vortrag, Auch der Polizeipräsident v. Jagow hörte fich den Vortrag an. und wurde von der Bevölkerung begeistert begrüßt. Seine Antwort, in dem Felig& inte über unser Wissen von den Kometen Hoffentlich trifft er die für den Weltuntergang am 18. Mai erforder- die er dem Mr. Colman, dem Stabträger, gab, als dieser ihm den sprechen wird. Eintrittspreis 1 M. lichen polizeilichen Maßnahmen in seiner gewohnten lapidaren Stürze, Befehl des Sprechers, Sir F. Burdett in den Tower einzusperren, Theaterchronit. Maria Holgers veranstaltet etwa in Form eines Säulenanschlags des Inhalts: übergab, lautete: er glaube, daß er mir ein verfassungsmäßiges Recht Dienstag, den 26. April im Neuen fgl. Operntheater( Stroll) eine ausgeübt habe, indem er das veröffentlichte, was zu dem Verhaftsbefehl Aufführung von Jbsens Nora", in der sie die Titelrolle spielt. Anlaß gegeben habe, er könne daher das Dokument nur als ungefeglich betrachten. Folglich sei er durch das Prinzip und seine Pflicht ge­

Der Halleysche Komet

ist eine borübergehende Erscheinung!

fl.

Notizen.