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»Der Konsum svon Branntwein) ist biSausein Minimum zurückgegangen. Hieran ist hauptsächlich der Boykott durch die Arbeiter und Hauptkonsumenten schuld, so daß nicht abzusehen ist, wann eine Belebung wieder eintreten wird.' Aus der Bewegung von Sachsen-Weimar  . In Weimar   fand am Sonnabend eine Gemeinde- bertreterkonferenz statt, die zur Aufgabe hatte, ein Kom- m u n a l p r o g r a m m für das Grobherzogtum zu schaffen. Am Sonntag wurde die Landeskonferenz abgehalten. Im An- schluh an den Bericht über die letzten Landtagswahlen erfolgte eine Aussprache über die Pretzverhältnisse im Großherzo�tum. Zur Debatte stand ein Antrag auf Schaffung eines sozial- demokrntischen Landesorgans. Genosse Psannkuch- Berlin als Vertreter des Parteivorstandes mahnte zur größten Vorsicht, da die Preßverhältnisse, wenn auch verbesserungs- bedürftig, so doch in Thüringen   noch lange nicht die schlechtesten seien. Ein definitiver Beichlusj wurde nicht gefaßt, vielmehr die weitere Regelung der Angelegenheit den Instanzen der einzelnen Wahlkreise überwogen. Die Landeskonferenz erklärte dann noch ihre Zu- stimmung zu den von der Gemeindevertreterkonferenz gefaßten Be- schlüssen. Im Herbst finden die BezirksauSschußwahlen statt. Die Partei wird wotz deS schlechten Wahlgesetzes in all den Kreisen in die Agitation eintreten, wo dre Möglichkeit zur Erringung von Erfolgen vorhanden ist._ Unsere Tote». Einer von der alten Garde, der Genosse Hermann MorS- b a ch in Solingen   ist am Sonntag früh nach langem Leiden im Alter von 61 Jahren verschieden. Ein Herzschlag hat dem durch jahrelange Krankheit geschwächten Körper ein Ende bereitet. Der Verstorbene war von Berus Scherenschleifer, schloß sich schon in jungen Jahren der gewerkschaftlichen und politischen Bewegung an und wirkte in den vordersten Reihen mit rastloser Energie und großer persönlicher Opferwilligkeit. Namentlich unter dem Sozialistengesetz stand er seinen Mann. Im Elberfelder Geheimbundprozeß figurierte er unter der Nr. 122 rn der Liste der Angeklagten, welche man mangels Beweises notgedrungen außer Verfolgung setzen mußte. Als'Morsbach später in der Baumstraße in Solingen   eine Wirtschaft eröffnete, war diese Jahre hindurch der Sammelpunkt der Partei- genossen. Ein schweres asthmatisches Leiden machte der regen Tätig- teit Morsbachs vorzeitig ein Ende. Die Arbeiterschaft Solingens  bewahrt ihm ein ehrendes Gedächtnis. Im Alter von 78 Jahren ist Genosse Fritz Reinstädter in Wermelskirchen  (Kreis Remscheid  ) aus dem Leben geschieden. Mit dem Verstorbenen sinkt ein Stück Geschichte der dortigen Arbeiterbewegung ins Grab. Er war noch einer von jenen be- geisterten Alten, die dem beredten Munde Lassalles gelauscht haben und seinen Lehren weu geblieben sind. Lange Jahre hat er im Mittelpunkt der Arbeiterbewegung am Orte' gestanden, und wenn dieS im letzten Jahrzehnt nicht mehr der Fall war, so war eS ledig- lich das hohe Alter, das ihn an positiver Mitarbeit hinderte. Im Herzen aber ist er jung und bis zur letzten Stunde ein treuer An- Hänger der Volkssache geblieben. Personalien. Genosse Bullmer, der seit Jahresfrist als Parteisekretär für den 3. Hamburger ReichstagSwahl- kreis fungierte, ist nach Stuttgart   übergesiedelt, wo er zum Parteisekretär gewählt worden ist. Die Wahl des neuen Sekretärs für Hamburg   3 erfolgt in der nächsten Generalver­sammlung. Ei» Wahlfieg im schwarzen Zipfel Oesterreichs  . Infolge der Einführung des Proporzes für die Gemeindewahlen in Vorarl- berg gewannen unsere Genossen, die bisher von der Gemeinde- Vertretung D o r n b i r n ausgeschlossen waren, vier Mandate. Die bisher liberale Mehrheit ging an die Christlichsozialen ver- loren, zu welchem Ende der Proporz von dem Landtag eingeführt worden war._ Erfolge der Sozialdemokratie bei den LandSthingswahle» in Schweden  . Nach und nach werden die Resultate der kürzlich vollzogenen schwedischen LandSthingSwahlen bekannt. Dabei zeigt es sich, daß unsere Parteigenossen recht gute Erfolge erzielt haben, obwohl ja das Wahlrecht zu den Landsthingen nach der großen Wahlrechts- reform, deren Wirkungen nun zum erstenmal in den Land» kommunen erprobt werden, immer noch so plutokratisch ist, daß der einzelne Kommunalwähler auch die Aktiengesellschaften sind Wähler je nach seiner Steuerleistung bis zu 40 Stimmen hat. Nach den bis jetzt vorliegenden Nachrichten aus 18 Läns, die je ein Landsthingsgebiet bilden, sind im ganzen 19 Sozialdemo- kraten, 71 Liberale und 134 Konservative gewählt. Die Partei- stellung der gewählten bürgerlichen Landsthingsmänner ist aller» dingS in vielen Fällen sehr zweifelhaft, da diese Parteien unter allerlei Parteibezeichnungen Wahlagitation getrieben haben, und sich mancher, den man für liberal hielt, wohl noch als erzreaktionär entpuppen wird. Die sozialdemokratischen Erfolge erstrecken sich auf 9 Läns. Am stärksten ist die Sozialdemokratie im Stockholms. län   vertreten, wo 3 Genossen.�2 Liberale und 7 Konservative gewählt sind, sowie in MalmöhuSlän, wo 4 Genossen, 1 Lide» raler und 7 Konservative gewählt sind. In den übrigen 6 Läns, wo die Partei Erfolge zu verzeichnen hat, sind in vieren je zwei und in zweien je ein Sozialdemokrat gewählt. Wahrscheinlich werden die nächsten Tage noch Nachrichten über weitere Wahl- erfolge unserer Parteigenossen bringen. Eue Induftne und Dandcl Die Spirituszentrale an der Arbeit. Auf ein vollständiges Monopol, das sich auf die Spiritus- erzeuzuna und den Absatz einschließlich der Spirituosen erstreckt. ist der Zentrale Streben gerichtet. Zu diesem Zwecke versucht sie nun einAbkommen" mit dem Verband der Spiritus- und Spiri- tuosenhändler zu treffen. Wohin die Reise gehen soll, verrät der Vcrt'-qgsentwurf. Nach der.Franks. Ztg." enthält er u. a. folgende Besummungen: Die Spirituszentrale G. m. b. H. verpflichtet sich, 1. für die Dauer ihres Bestehens dem Verbände auf die von seinen Mit- gliedern jährlich bezogenen Mengen von steuerpflichtigem oder versteuertem Spiritus pro Hektoliter r. A. einen Rabatt von 4 M. zu gewähren. Der Rabatt ist vierteljährlich abzurechnen und der Verbandskasse bar zur Verfügung zu stellen; 2. einen Rabatt außer an den Verband an keinen anderen autzerdeutschen Ver- braucher, sowie keine irgendwie gearteten Sonderabkommen an deutsch  « oder außerdeutsche Verbraucher zu gewähren;_ 3. bei Lieferungen an Abnehmer, die dem Verbände nicht angeschlossen sind,«in Aufgeld von 6 M. auf die allgemeinen Berkaufspreise zu erheben; 4. bei der Abgabe von steuerpflichtigem oder ver- sieuertem Sprit in Gebinden unter 1«tückfaß gemäß den mit dem Verbände getroffenen besonderen Vereinbarungen zu ver- fahren und ihre Gesellschafter zur Einhaltung dieser Aufgelder anzuhalten. Der Vertragsentwurf läuft also darauf hinaus, sämtliche Händler in den Verband hineinzuzwingen, sollen doch die Äichtmit. glied«r 10 M. pro Hektoliter Alkohol mehr bezahlen als die Ver- bandsangehörigcn. Da diesen der Bezug von nicht der Spiritus- zentrale angehörenden Produzenten erschwert wird, hofft man auch, auf diesem Wege den Outsiders der Zentrale die Position zu er- schweren. Der Kampf der Zentrale gegen das Hefeshndikat ent- springt denselben Motiven. Durch die Borschrift der teilweisen Denaturierung der nicht kontingentierten Erzeugung im neuen Branntweinsteuergesetz wurde die Lage der der Zentrale fernstehenden Werke erheblich erschwert, da die Herstellung von denaturiertem Spiritus weit»vemger gewinn- bringend ist, als die von Trmllwanntwein. Von der rund 23 Millionen Liter betragenden Spiritus- erzeugung der gewerblichen Hefebrennereien werden etwa 99 Proz. von den dem Hefesyndikat angehörenden gewerblichen Brennereien hergestellt. Von diesen 90 Proz. sind nur etwa 25 Proz. der Spirituszentrale angeschlossen. Die Zentrale hat den übrigen 6b Proz. der Brennereien des Hefesyndikats dm Anschluß nahe­gelegt und sich verpflichtet, ihnen auch für ihren vergällungspflich- tigen(denaturierten) Branntwein für die Dauer des Vertrages der Zentrale dieselbe Vergütung zu zahlen, welche die Kartoffelbrenner erhalten, und zwar auch dann, wenn die Zentrale sick veranlaßt sehen sollte, den Preis für den Vergällungspflichtigen Branntwein zu ermäßigen. 12 Millionen Liter wurden als Mindestmaß deS Anschlusses gefordert; in diesem Falle hätten die gewerblichen Brennereien an die Zentrale eine Abgabe von 2,50 M. für 100 Liter zu zahlen; bei einem Anschluß von 19 Millionen Liter würde da. gegen auf Abgabe von der Zentrale gänzlich verzichtet werden. Herr Direktor Untucht von der Spirituszentrale hat aber als Be- sitzer von zwei Melassebrennereien die Aufnahme ins Hefesyndikat derart gefordert, daß ein Spirituskontingent von 1,20 Millionen Liter in Hefeerzeugung(etlva 40000 Zentner) umgerechnet wird, die Fabriken aber stillgelegt bleiben und ihnen dafür eine jährliche Abfindung von 60 000 M., d. i. für die Dauer des Hefesyndikats 600 000 M., gewährt werden soll. Ueber diese Forderung ist bisher eine Verständigung nicht er- zielt worden. An die Widerspenstigen hat die Zentrale jetzt ein neues Rundschreiben erlassen. Sie wiederholt die Drohung, durch Errichtung zweier Heßefabriken dem Hefering heftige Konkurrenz machen zu wollen, wenn der Widerstand gegen seine Ansprüche nicht aufgegeben werde. Weiter wird ganz unzweideutig ausge­sprochen, der Zweck des Vorgehens der Zentrale sei, die Verwertung des Spiritus gewinnrcicher zu machen. Mit anderen Worten, die Zusammenschlutzbestrebungen sind nichts anderes als Vorbereitungen �um Andrehen der Preisschraube! Dieses edlen Zieles wegen ist leder KoalitionSzwang, jeder Terror, jeder Boykott erlaubt. Was die Unternehmerpresse sonst als der Sünden allerschwerste ver- dämmt, das ist einenationale Tugend", wenn dabei Plünderinter- essen wahrgenommen werden._ Konzentration im Berliner   Holzhandel. Die industrielle und kapitalfftische Konzentration, die nicht in allen Gewerben gleichmäßig voranschreitet, hat im Berliner   Holz« Handel schon einen ziemlich großen Grad erreicht. Jetzt hat die Holz- Handlung Francke u. Söhne, die bereits Zweiggeschäfte in Spandau  und Blomberg   besitzt, dazu eigene Sägemühlen in ausgedehnten Forstbetrieben Galiziens   und Rußlands   unterhält, auch die Wilmers- dorfer Holzhandlung von Naumann Zwirn in ihren Betrieb auf- genommen. In den letzten Jahren ist eine ganze Reihe mittlerer Berliner   Holzhandlungen von der genannten Firma aufgesaugt worden._ Die Kartoffelpreise. Fast durchweg sind die Kartoffelpreise im Großhandel niedriger als im Vorjahre. Verfolgt man demgegenüber die Kleinhandelspreise für Kartoffeln in 50 deutschen Städten,' so ergibt ein Vergleich mit 1909, daß bisher nur an wenigen Plätzen eine Preisermäßigung eingetreten ist. Im Durchschnitt dieser 50 Plätze ergibt sich ein Preis von 8 Pf. pro Kilogramm im Februar dieses Jahres gegen ebenfalls 8 Pf. im Februar 1909. In den einzelnen Orten war die Preisbewegung allerdings sehr ungleichmäßig; in einigen ist der Preis sogar noch beträchtlich höher, in anderen ist er niedriger als 1909. Memel   z. B. weist einen Preis von 8 Pf. auf gegen 4 Pf. im Bor- jähr, Danzig   dagegen einen solchen von 10 Pf. gegen 16 Pf. In Berlin   betragt der Preis noch wie im Vorjahr 7 Pf. In Stettin  ist er von 8 auf 6, in Posen von 6 auf 5 Pf. heruntergegangen, in Breslau   aber ist er von 6 auf 7 Pf. gestiegen. Halle Iveist eine Ermäßigung von 10 auf 8 Pf., Kiel   eine Erhöhung von 9 auf 10 Pf. auf. In Bielefeld   ist der Preis von 8 auf 10 Pf. hinauf- gegangen und in den meisten rheinisch-westfälischen Orten steht er noch genau so hoch wie im Vorjahre. 18 Prozent Dividende Kapitalserhöhung. Der LuffichtSrat der Gesellschaft der Bergmann A.-G. beschloß, die Verteilung einer Dividende von 18 Prozent(wie im Vorjahre) in Vorschlag zu bringen. Der Bruttogewinn stieg von 4 483 939 M. auf 5 228 483 M. An der Dividendenausschüttung sind 14 Millionen Mark voll und 7 Millionen Mark zur Hälfte beteiligt. Wie der Aufsichtsrat mitteilte, rechnet er mit einer noch erheblichen Erweiterung der Geschäfte, und er stellt deshalb den Antrag, das Aktienkapital wiederum zu erhöhen und zwar um 8 Millionen Mark auf 29 Millionen Mark. Preisvereinbarung in der Linolenmindnstrie. In der Generalversammlung der Linoleumwerke Delmenhorst machte der Borsitzende die Mitteilung, eS sei schon durch Verhand- lungen im Januar dieses Jahres möglich gewesen, mit drei anderen Linoleumfabriken zusammen Preisabmachungen zu treffen. In voriger Woche sei m Bremen   durch Verhandlungen erreicht worden, daß sämtliche deutsche Linoleumfabriken die vereinbarten höheren Preise am 16. d. M. der Kundschaft gleichzeitig bekannt gegeben haben. Bei der bekannten Harmonie zwischen Kapital und Arbeit müßten nun auch die Löhne steigen. Bayerische Staatsanleihe. Die königlich bayerische Regierung hat eine vierprozentiae, bis 1920 unkündbare Staatsanleihe im Betrage von 7b Millionen Mark und»war 40 Millionen Mark Eisenbahnanleihe und 85 Millionen Mark allgemeine Anleihe an da« seitherige bayerische   Konsortium zum Kurse von 101 Prozent begeben. Es ist beabsichtigt, die Anleihe demnächst zur Zeichnung auszulegen. Vom amerikanischen Eiscnmarkt berichtet das Fachblatt«Jron- monger", daß das Geschäft abflauende Tendenz zeige. Die Zurück- Haltung der Konsumenten habe sich noch stark vermehrt. Die Roh- eisenpreise der New F orker Börse, die als ein Barometer der Eisenindustrie angesehen werden könnten, zeigten schon seit Monaten Abnahme. Die amerikanischen Eisenbahngesellschaften, die in erster Linie der Industrie Aufträge erteilen, machten zu wenig neue Be« stellungen auf Schienen und Wagenmaterial. Schon seit zwei Jahren bewegten sich die Neubestellungen von dieser wichtigsten Seite in engen Grenzen, ganz im Gegensatz zu der Ausdehnung, die die Stahlwerke erfahren hätten. Soziales. Empörende Zustände aus einer Fürsorgeanstalt. In Caselwitz   bei Greiz   besteht ein vom Staat(Fürsten- tum Reuß ä. L.) subventioniertes, von Geistlichen einge- richtete®Rettungshaus" für verwahrloste Kinder. Es trägt zur Erinnerung an die fromme Mutter des verstorbenen Fürsten   den Namen K a r o l i n e u f e l.d. Wegen einer Reihe schwerer Untaten ist am 6. April der Hausvater und Lehrer von Karolinenfeld Ernst Köhler verhaftet. Ihm werden schwere Sittlichkeitsverbrechen und Mißhand­lungen, begangen an den ihm anvertrauten Kindern zur Last gelegt. Wie dieGreizer Zeitung" ineldet, hat der christliche Hausvater bereits ein Geständnis abgelegt. Er hat Pfleglinge beiderlei Geschlechts täglich mittels Klopf. peitschen, Rohrstöcken und grünen Ruten auf nackte Körperteile geprügelt. Bei der geringsten Ur- fache schleppte er die Msidcheu in eine dazu bestimmte Kammer, b a nd ihnen die Röcke über den Kopf zu- s a m m e n, brachte sie in eine ihm geeignet erscheinende Lage und schlug nach Befriedigung seiner sexuellen Gelüste beide Veiten des Körpers der armen Wesen blutig« Die Furcht vor tveiteren Strafen hatte die Kinder adge- halten, die Scheußlichkeiten anderen mitzuteilen. In diesen Höllenpfuhl einer Zwangserziehung sind durch Gerichtsbeschluß auch Kinder gebracht, deren Vergehen darin bestand, daß die Eltern für sie nicht sorgten. So war u. a. ein Kind dort untergebracht, dessen Vater sich um seine Familie nicht kümmerte und das nun für Mutter und Schwester betteln ging, wahrlich keine Sünde. Ist auch bekannt, daß Reuß ä. L. im Jahre 1901 dadurch berühmt wurde, daß der damals regierende Fürst Heinrich XXII.   jugendliche Landeskinder, die sich ein kleines Vergehen (Kartoffelauflesen und dergleichen) hatten zu schulden kommen lassen, sich nackt ausziehen ließ und sie dann eigenhändig durchprügelte, so wäre es doch ungerecht, die geschilderten Brutalitäten in der Fürsorgeerziehung als eine Eigentüm- lichkeit des Fürstentums Reuß ä. L. hinzustellen. Wie die Vorkommnisse aus Blohmes Wildnis, aus M i e l c z y n, aus G e m ü n d e an der Eifel  , aus dem Neanderhaus bei Klein-Kamin und aus anderen Orten beweisen, keimen diese Scheusäligkeiten mit Notwendig. keit aus diesem Fürsorgesystem heraus. Dies leistet keinerlei Gwähr dafür, daß die geistige, körperliche und moralische Hebung der ihnen anvertrauten Kinder erfüllt wird. Es er» möglicht es vielmehr, daß aus Kindern, die zur Erziehung überwiesen weiden, der Rest der menschlichen Würde ausge- prügelt wird. Kürzlich konnten wir von einer Fürsorgeanstalt berichten, in der im schroffen Gegensatz zu den von uns immer wieder an die Oeffentlichkeit gezogenen Brutalitäten Milde und Nachgiebigkeit herrscht, die so die Aufgabe einer Für- sorgeanstalt in prächtiger Weise erfüllt, die fehlende Er- ziehung den Verwahrlosten angedeihen zu lassen und sie zu nützlichen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft zu er­ziehen. Soll das Ziel durchweg erreicht werden, so ist eine Reform des Fürsorgewesens an Haupt und Gliedern er. forderlich._ LandratS   soziale Einficht. Ein lungenkranker, vollständig arbeitsunfähiger Arbeiter in Bärenklau(Brandenburg  ), Vater von sieben Kindern, von denen erst zwei schulentlassen sind, hatte fich an daS Landratsamt deS oft- Havelländischen Kreises mit der Bitte gewandt. die Remonteverwaltung in Bärenklau anzuweisen, ihm eine Unterstützung zu gewähren, da er sich in großer Not befinde. Darauf bekam er vom LandratSamt des osthavelländischen KreiseS folgenden Bescheid: Nach Angabe deS Gutsvorstandes in Bärenklau setzt sich Ihr Einkommen wie folgt zusammen: Invalidenrente von monatlich 13,50 M. oder wöchentlich M. 3,35 Ihrer Frau steht eS frei, wie auch den anderen ver- heirateten Frauen mit großer Fannlie, sechs Tage in der Woche zu arbeiten, Verdienst a 1 M..... 3,00 Ihr 15jähriger Sohn erhält vom Rcmontedepot. nicht weil er es verdient, sondern nur mit Rücksicht auf die Bedürftigkeit der Familie pro Tag 1,75 M..., 10,50 Ihre 14 jährige Tochter soll, wenn sie auf dem Remonte- depot arbeiten will, ebenfalls täglich 1 M. oder pro Woche erhalteh.............. 6,00 macht zusammen pro Woche M. 25,85 Hierzu kommt freie Wohnung und freie ärztliche Behandlung für sämtliche Familienmitglieder. So lange die Gewährung der Invalidenrente nicht bekannt war, wurden Ihnen noch monatlich drei Zentner Kartoffeln und 30 Liter Milch bewilligt, welche jedoch vom 1. April 1919 ab in Fortfall kommen sollen. Mit Rücksicht auf die dargelegten Verhältniffe ist die Ver- waltung deS RemontedepotS nicht verpflichtet, Ihnen eine Unter» stützung zu bewilligen. Ihre Eingabe sehe ich hiermit als erledigt an. B. B ö d i ck e. Dieser Bescheid spricht Bände gegen die»soziale' Einsicht der Preußischen Verwaltungskörper, denen jetzt gar die Arbeiter» Versicherung voll ausgeliefert werden soll. Dem Notleidenden wird als Antwort auf sein Unterstützungsgesuch die bis dahin ge« währte Beihilfe entzogen! Und weswegen I Nicht etwa, weil das willkürlich zusammengesetzte Einkommen wirklich vorhanden ist, sondern weil eS erreicht werden könnte! Vielleicht gibt der Landrat das Rezept an, wie die Frau eS fertig bringen soll, neben der Pflege deS kranken Mannes und der Kinder zwei sind noch nicht schulpflichtig! noch täglich arbeiten zu gehen; über solche nebensächliche Fragen zerbricht man sich da oben aber nicht die Köpfe l_ Bon der Rechtlosigkeit des ländlichen GefindeS. Das 18jährige Dienstmädchen Schanitzko war durch einen Stellcnvermittler an den Gutsbesitzer Ncumann in Ruhleben ver- mittelt worden, wofür der Vermittler nach seinen eigenen Angaben eine Gebühr von vierzig Mark erhielt. An Lohn sollte sie jährlich 210 M. erhalten, als sie aber am vergangenen Sonntag den längst fälligen Betrag für das erste Quartal verlangte, verweigerte ihr der Besitzer das Geld. Darauf verlangte das Mädchen die Her- ausgäbe ihres Dienstbuches und der Jnvalidenkarte, sowie ihrer Sachen. Beides verweigerten der Besitzer und seine Frau. Letztere traktierte dabei da« Mädchen mit Schlägen. Darauf lief sie fort! und ging nach Berlin  ; hier wurde sie dem Verband der HauSange- stellten zugeführt, der nun versuchen wird, dem mißhandelten und betrogenen Mädchen zu ihrem Rechte zu verhelfen. Zum Begriff der höheren technischen Dienstleistungen. Der Zeichner und Lithograph B. war am 1. Februar bei der Firma Sclmar Beyer gegen 150 M. Monatslohn in Arbeit ge« treten. Ueber Kündigungsfrist war nichts vereinbart. Am 1. März wurde B., weil seine Leistungen nicht befriedigten, zu Ende März gekündigt. Dieser Kündigung hatte er widersprochen, weil er sich als mit höheren technischen Dienstleistungen betrauter Angestellter betrachtete. Er wurde aber trotzdem am 31. März entlassen. Er machte nun seinen Anspruch auf die sechswöchent- liche Kündigungsfrist, zulässig zum Quartalsschluß, beim Gewerbe- geeicht geltend und klagte zunächst auf Zahlung von 150 M. Gehalt für April vorbehaltlich seiner weiteren Ansprüche. DaS Gericht betrachtete ihn als Angestellten, der mit höheren technischen Dienst- leistungen betraut war, weil er mit der Anfertigung von Eni- würfen beschäftigt war. Wenn der Kläger   diesem Posten nicht ganz gewachsen war, so berechtige das die Beklagte nicht zur Ent- lassung ohne Jnnehaltung der für solche Angestellten geltenden Kündigungsfrist. Die Beklagte wurde dem Klageantrage ent, sprechend verurteilt._ Die achte ordentliche Versammlung bcS LandeSvercinS preußischer BolkSschullehrerinnrn wird in den Pfingstferien dieses JahreS vom 14. 18. Mai in Berlin   tagen. Die Verhandlungen werden im ReichstagSgebäude  stattfinden. Volksschullehverinnen auS allen Provinzen sind bereits angemeldet. In den Hauptversammlungen stehen folgende Gegen- stände zur Beratung: 1.Nach welchen Grundsätze» ist die BolkS» schule umzugestalten?" 2.Die verheiratete Lehrerin". sReferat und Korreferat.) 3.Die gewerbliche PflichtfortbildungSschule für Mädchen". 4.Jugendgerichtshof»nd Jugcndfllrsorgeverrine". Auch wird eine Ausstellung für Arbeitsnntrrricht veranstaltet werden. Gleichzeitig finden die zweite Hauptversammlung der Wirt» schaftlichen Hilsskasse deS LandeSvereins und die dritte Hauptver- fammlung des Deutschen Vereins Abstinenter Lehrerinnen in Merlin(gleichfalls im ReichstagSgebäude  ) statt,