Einzelbild herunterladen
 

Nr. 135.

Grscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertel­jährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 mt, wöchentlich 28 Bfg fret in's Haus. Einzcine Nummer 6 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags: Beilage Neue 2Selt" 10 Bfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt.pro Quartal. Unter Kreuz­ band : Deutschland u. Defterreich: Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. In der Post: Zeitungs- Preisliste für 1893 unter Nr. 6:09.

Vorwärts

10. Jahrg.

Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Bereins- und Beriammlungs Anzeigen 20 Pig Inferate für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Grpedition ist an Wochen­tagen bis 7 or Abends, an Sonn­und Fefttagen bis 9 Uhr Vor: mittags geöffnet. Fernsprecher: Amt 1. 4188. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin :

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Au die sozialdemokratischen Partei- Wahlkomitees.

Um eine möglichst rasche und glatte Uebersicht über die Er­gebnisse der Hauptwahl zu gewinnen und um andererseits unsere Genossen in der Proving möglichst rasch von dem Gesammt­ausfall der Wahl in Kenntniß sehen zu können, haben wir für den Wahltag Abend eine

Bentralstelle für Telegramme

Sonntag, den 11. Juni 1893.

4 251

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Alte Bünden und alte Richter und seinen Freunden angekündigt wurde. In ganz

Bünder.

"

Niederschlesien gehen die beiden zerfallenen Bruderparteien in alter Weise vermischt zusammen. Die Kandidaten dort haben sich meist der Freisinnigen Vereinigung , einige der Nichts ist empfindlicher für Herrn Engen Richter, den Freisiunigen Volkspartei angeschlossen. Die Wähler aber, umverbesserlichen Parteimodelleur, als wenn die Abkomman- die fühlen sich nach wie vor als Deutschfreisinn" und dirungsgeschichte von 1884 berührt wird, da sprudelt er schließen Wahlbündnisse mit den Nationalliberalen. In augstergriffen wie der Tintenfisch den Tintensaft sofort ein anderen Kreisen, so neuerdings in Sorau , hat man vor­dickes Bündel Flunkereien hervor, um sein damaliges Gesichtiger Weise dem Kandidaten die Hand freigelassen, bahren dem spähenden Auge unkenntlich zu machen. Der welcher der beiden Parteien er sich anschließen will, und in Vorwärts" hat bereits auf einen neuerlichen derartigen Sachsen , wo die Sozialdemokratie am bedrohlichsten seit Bertuschungsversuch hin die Thatsache festgestellt, daß bei langer Zeit den Bourgeoisparteien entgegentritt, ist der eingerichtet, an welche alle Telegramme und Wahlnachrichten von der fraglichen Abstimmung über die Verlängerung des Freifinn längst im allgemeinen Ordnungsbrei versunken. auswärts zu richten sind und von wo aus auch den Genossen in Sozialistengesezes nicht weniger als 26 Abgeordnete der Was will es dem gegenüber besagen, daß Eugen Richter der Provinz, welche dies wünschen, die Berliner Wahlresultate Freisinnigen Partei für Mundtodtmachung und Knebelung droht, einigen ihm persönlich antipathischen Anhängern der der Provinz, welche dies wünschen, die Berliner Wahlresultate der Sozialdemokraten stimmten und daß vier andere unent Freisimmigen Vereinigung, wie Hänel und Hinze, die Wahls telegraphisch zugesandt werden. Als Telegramm- Adresse ist mit der Telegraphen- fchuldigt fehlten. Diese Ausführungen bedürfen aber noch freise abspenstig zu machen? Das ändert nichts an der Als Telegramm- Adresse ist mit der Telegraphen zur Klarstellung der Rolle, die Richter als Parteisouffleur Thatsache, daß die Bildung der Freisinnigen Volkspartei selbst bei der Abstimmung spielte, der Ergänzung. nur einem legten Aufflackern demokratischer Reminiszenzen Dringend Sozialdemokrat Berlin Der berüchtigte Abkommandirungsbrief wurde von innerhalb des Bürgerthums zuzuschreiben ist, nicht aber Herrn Otto Hermes auf Veranlassung Richter's nicht ge- einem wirklich ernsthaften Entschluß, durch Verwirklichung In dieser Weise als dringend" aufgegebene Telegramme schrieben, um die Stimmenzahl für die Verlängerung des des alten Revolutions- Wahlspruchs Freiheit, Gleichheit, werden als bevorzugt befördert, tosten deshalb aber auch das Gesetzes zu verstärken, sondern um eine Anzahl Abgeordneter, Brüderlichkeit!" dem Volkswohl dauernde Grundlagen zu Dreifache der gewöhnlichen Tage. Depeschen, die gegen das Gesetz gestimmt hätten, zum Fortbleiben schaffen. Erinnerungen an die Konfliktszeit der 60er Jahre welche bei der Beförderung nicht bevorzugt werden sollen, begu veranlassen. Daß nur deren vier diesem zarten waren es, die dem altfortschrittlichen Elemente im Deutsch­dürfen des Wortes dringend" nicht. Winte Folge leisteten, spricht wohl für das Ehrgefühl der freifinn durch die Glieder fuhren, als der Lärm um die Die Genossen werden ersucht, genau auf die Adresse zu achten Unfolgsamen, entlastet aber nicht den Parteiführer Eugen, geforderte Heeresverstärkung erschallte, wie ja auch ein ab­und nur diese zu benutzen. Selbstverständlich werden die recht der sich durch jenen diplomatischen Handstreich als einer getriebener Droschkengaul in Erinnerung an seine kriegerische zeitig eingehenden Telegramm- Nachrichten von der Redaktion des jener Sorte von überschlauen Politikusser geoffenbart hat, Jugendzeit noch einmal zu krampfhaften Galoppirversuchen die für einen augenblicklichen geringen Parteivortheil ihre erregt wird, wenn die Trompete erklingt. Aber auch die in die Freitags- Nummer aufgenommen. Besondere Telegramme geheiligsten Grundsäge über Bord werfen. Regierungs- Freifinnige Volkspartei wird gar bald in den kläglichen an den Vorwärts" erübrigen sich also, sobald die Telegramm der neuen 100 Mann starken Partei. Eugen Richter übte fallen, sobald die Aufregung über die Militärvorlage hoffnungen schwellten damals die Brust des Deutschfreisinns, Buckeltrab des manchesterlichen Liberalismus zurück­Adresse: Dringend Sozialdemokrat Berlin sich im verschwiegenen Kämmerlein den Fackeltanz ein, nahm verdampft ist.

Berwaltung vereinbart

Diese Adresse genügt vollständig.

"

Vorwärts"

"

benutzt wird. Ebenso verfehlen Telegramme an das Partei- ftaatsmännische Allüren in der Deffentlichkeit an und Wie könnte das auch anders sein! Sind nicht mehr bureau, Razbachstr. 9, oder an einzelne Vorstandsmitglieder ihren versuchte, wie die Abkommandirungsgeschichte zeigt, und mehr die proletarischen Elemente abgesplittert von Zweck. Es ist ausnahmslos für alle Telegramme am Wahltag die Politik diplomatisch zu handhaben. Die schönen der Partei des freisinnigen Bürgerthums? Muß der Reſt und mit Wahlnachrichten nur die vorstehende Adresse zu be- Hoffnungen wurden gar bald getnickt, als bei nicht nothwendiger Weise zu einer immer dürftigeren

ungen.

"

Für die Berliner Parteigenossen sei bemerkt, daß die Zentralstelle für Telegramme am Wahltag Abend in den Parterre- Lokalitäten der Buchhandlung des Vorwärts", Beuthstr. 2, eingerichtet wird dorthin also alle durch besondere Boten zu übersendende Nachrichten zu besorgen sind. Von dort aus werden auch an die einzelnen Komitees, Ver­fammlungen 2c. die von auswärts und von Berlin und Umgegend eingehenden Nachrichten gesandt werden.

den 84er Wahlen die Partei auf zwei Drittel zu Interessenvertretung des Großkapitals zusammenschrumpfen, sammenschrumpfte, die Fackeltanzübungen wurden ein- da auch das untergehende Kleinbürgerthum eine vorüber­gestellt und die Rolle des Volkstribunen ward wieder gehende Unterkunft bei den Antisemiten gefunden hat? Die Eugen's gewöhnliche Pose. Aber wer bürgt dafür, daß Rickert und Barth haben nur eine feinere Nase für ihre neue Frühlingshoffnungen ihn nicht wieder zu ähnlichen Situation gehabt als Eugen Richter , indem sie durch die diplomatischen Komödien verleiten? Militärvorlage sich nicht abhalten lassen wollen von der Und dabei muß man anerkennen, daß Eugen's eigene Verbrüderung mit den anderen tapitalistischen Intereffen diplomatische Thaten noch weit in den Schatten gestellt gruppen, dem Junkerthum und der Brreaukratie. Dafür werden durch die Kompromißsüchtelei seiner Gesinnungs ist ihnen denn auch flugs der Segen des Rabbi Hirsch Die Wahlkreise, deren Kandidaten in die engere Wahl ge- genossen im Lande. Bei verschiedenen Gelegenheiten hat Hildesheimer zu Theil geworden, der dem militärfrommen langen, wollen im Auge behalten, daß die engeren Wahlen vorfidy's bereits gezeigt, daß die Wähler der freisinnigen Partei jüdischen Großkapital rechtzeitig vorangegangen ist in der aussichtlich alle auf ein und denselben Tag und zwar vermuthlich auf den 23. oder 24. Junian gar keinen Anstand nehmen, in den Bund der sogenannten Anbetung des Moloch Militarismus. Die Zeit ist nicht beraumt werden. E3 ist also ungesäumt nach Bekannt- Ordnungsparteien einzutreten, wenn es sich um die Nieder- mehr allzufern, daß ihm neben dem Moloch Kapitalismus werden des Wahlresultats die Agitation wieder aufzunehmen. kämpfung der Sozialdemokraten handelt. geopfert wird auf gemeinsamen Altären. Und trotzdem sie

Die Parteipresse wird um Abdruck diefer Aufforderung ge­beten. Berlin , den 8. Juni 1893.

Der Parteivorstand.

Feuilleton.

Nachbruc verboten.)

Es müssen

( 1

Auch bei dieser Gelegenheit zeigt sich das wieder. Es sich jetzt noch ziert und sträubt, wird die heutige freifinnige ist gar nicht zu der reinlichen Scheidung zwischen der Frei- Volkspartei mit oder ohne Richter dann überlaufen in's sinnigen Volkspartei und der Freifinnigen Vereinigung ge- Lager der Anbeter des Doppelmoloch. Der neue Reichstag kommen, welche beim ersten Auseinanderkrachen von Eugen wird bald zeigen, wie wenig sich die um Richter von

belächelte, von Manchem sogar scheel angesehene" fire Jdee". einstimmung begegnet: Aber natürlich! Wir sind ja Im übrigen läßt sich ja ganz vernünftig mit uns reden, alle Friedensfreunde und einmal... in vielen hundert wozu also uns auf einen Gegenstand bringen, in welchem Jahren

wir von findischer Schwärmerei befangen sind; warum der Nun ja, was man nicht ausgeführt sehen will, aber unangenehmen Alternative sich aussetzen, entweder höfliche offen zu verwerfen nicht den Muth hat, das vertagt man Falschheit anzuwenden und ernsthaft über Dinge zu sprechen, ganz einfach. Diese ganze herablassende Versicherung, daß über die man eben in anderer Gesellschaft gespottet hat, wir im Grunde ganz dasselbe wollen wie ringsum alle

doch schöne Erinnerungen sein!.. ober uns mit aufrichtiger Grobheit in's Geficht zu sagen, Welt, und daß im Lauf der Zeiten- so ungefähr in

Von Bertha von Suttner .

( Dem Vorwärts" von der Verfasserin freundlich zur Verfügung gestellt.)

Daß ich zwischen fünf und sechs zu Hause sei, hatte ich meinen Freunden und Bekannten zu wissen gemacht.

An jenem Nachmittage, von dem ich erzählen will, war zufällig eine größere Gesellschaft zusammengetroffen, darunter einige unserer Vereinsgenossen, aber noch mehr Außen­stehende. genau weiß ich es

-

-O

wir Unmögliches wollen, oder doch einen unmöglichen einem recht schlachtengefüllten halben Jahrtausend unser Weg eingeschlagen, mit einem Wort, daß es uns-in Friedensideal sich von selber erfüllen werde damit vers diesem Punkte wenigstens an Vernunft fehlt. leiht man uns doch deutlich ein Ueberflüssigkeitspatent.

-

-

-

-

Und leider viele aus unseren eigenen Reihen, die Lauen und die Bagenden, oder die da fürchten, für gar zu unpraktisch" gehalten zu werden, geben selber diese Jahr­hundertefrist zu.

Und wir lassen es zumeist auch bei diesem Usus be­wenden. Es ist ein gar so ungemüthliches und dabei un­fruchtbares Beginnen, die landläufigen Einwendungen immer wieder anzuhören, immer wieder entkräften zu sollen und dabei zu wissen, daß man von seinem Widerpart von vorn Wenn sich das bewahrheitet, wenn es wirklich noch das herein als ich will nicht sagen, als verrückt, aber als Wert vieler Generationen bedarf, um mit dem größten Un­fanatifirt betrachtet wird. glück aufzuräumen, das die Menschheit kennt, dann wird Die Unterhaltung drehte sich Ebenso unbequem wie die im geselligen Umgang ver- der Beweis noch nicht erbracht sein, daß es so lange dauern nicht mehr vermuthlich um irgend ein neues Theaterstück, suchte Befehrung, ist die Salon Belehrung. Wenn mußte, sondern es kann die Ursache dieser Verlangsamung oder um die soziale Gefahr, oder um das Ueberhandnehmen da einer mit ungeheuer wißbegieriger und maßlos staunen- eben darin liegen, daß man an die Ferne des Ziels, wie der Kleiderschleppe, vielleicht sehr wahrscheinlich sogar der Miene- als erkundigte er sich über einen fabelhaften, an ein Dogma glaubte. auch um das Wetter. Wovon aber die längste Zeit nicht in der Milchstraße sich abspielenden Vorfäll uns fragt: Freilich entstehen grose Umwandlungen nicht rasch- gesprochen wurde, welches Thema zu berühren man ängstlich Ach, fagen Sie mir doch, ich bitte... das ist ja höchst aber erwägt man denn nicht, wie viel der stillen, unbemerkt vermied, dessen kann ich mich genau entsinnen: das ist die merkwürdig... was ist denn das eigentlich für eine Be- gebliebenen Vorbereitung schon vor unserer Gegenwart ge­Existenz der Friedensgesellschaften. wegung... wo will sie denn hinaus?... und hat sie schehen? Reinesfalls zeugt die Langfamkeit in der Er­denn wirklich schon Anhänger?" reichung eines Ziels für die Länge eines Weges sie

-

Im Hause eines Gehenkten pflegt man den Strick nicht zu erwähnen, und im Sinne dieser selben zarten Rück­ficht sind die Leute, uns militanten Friedensfreunden gegen­über, stets bemüht, nur gar keine Anspielungen auf unsere unpraktischen Ziele zu machen, auf unsere von den Meisten

A

-

-

Da kann man nur mit einem tiefen Seufzer antworten kann auch aus der Schleichbewegung des Schrittes folgen. und mittels einer leicht hingeworfenen Wendung lenkt Die Hauptsache ist, daß man sich überhaupt auf den Weg man das Gespräch wohl selber ab. macht; was von menschlichen Entschließungen abhängt, das Häufig wird einem auch mit freundlicher Ueber muß auch mit Entschlossenheit aethan werden.