Sirombeirat zur Seite siehe. In, letzteren würden Handel und Industrie, die Landwirtschaft und die Hafenstädte vertreten sein. Es fei der Regierung gelungen, in der Vcrwaltungskommission das Stimmengewicht zu steigern. Auch solle Baden im Strombeira mit acht anstatt mit vier Stimmen vertreten sein. Endgültige Be- schlösse seien allerdings noch nicht gefaßt. Die Verbündeten Regierungen hätten ihre Lnsicht dahin ausgesprochen, daß der Zweckverband die Oberrheinreguliernng in den Bereich seiner Auf- gaben aufzunehmen habe, s>llS sich ihre BauanSsührbarkeit und Wirtschaftlichkeit ergebe, von usgcsetzt, daß sich die Schweiz und Oesterreich ihren Interessen entsprechend beteiligten. Tie blauschwarze Wahlreform gefährdet? Die„Konservative Korrespondenz" bezeichnet eS als fraglich, ob der Versuch des Herrenhauses, ein Kompromiß zwischen dem blau-schwarzen Block und den freikonservativ- nationalliberalen„Mittelparteien" in der Wahlrechtsfrage zu» stände zu bringen, gelingen werde. ES sei mehr als zweifelhaft, ob die im Interesse der Heranziehung der Mittclpartei beliebte Ordnung der Drittelung und der Frage der Kulturträger AuS- ficht auf eine Mehrheit im Abgeordnetenhause haben werde. Die „Deutsche Tageszeitung" wendet sich gleichfalls in scharfer Form gegen die Versuche des Herrenhauses, den Nationalliberalen Konzessionen zu machen. Dieser Versuch,„auf B ü l o w S Pfgden" zu wandern, verdiene die schärfste Mißbilligung. Die Zentrumspresse habe mit voller Entschiedenheit und Unzweideutig- keit erklärt, daß die Beschlüsse der Herrenhauskommission für das Zentrum unannehmbar seien. Da auch die führenden freikonser« vativcn und nationalliberalen Blätter für ihre Parteien die Un- zulänglichkeit deS Kompromisses hervorgehoben hätten, liege es auf der Hand, daß der Entwurf in der von der Kommission des Herren- Hauses beschlossenen Fassung überhaupt keine Mehrheit im Ab- geordnetenhause finden werde. Die ganze Angelegenheit befinde sich also auf einem toten Gleise. Daran trage die Regierung die Schuld, die sich zwischen zwei Stühle gesetzt habe, trotzdem sie im Abgeordnetenhause über eine ausreichende Mehrheit verfügte. Ob jetzt noch etwas Greifbares herauskommen werde, stehe dahin. Die Zahl derer, die die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit einer Wahlrechtsänderung überhaupt bezweifelten, werde immer größer. Vor allen Dingen aber müsse sie davor warnen. daß die Regierung den Spuren des Fürsten Bülow folge. Auch die„Germania " spricht von der gründlich v«r» fahrenen Situation. In diese Sackgasse sei man ge- raten, weil der„Geist des seligen Blocks immer noch spuke". Wäre die Regierung im Herrenhaus mit aller Entschiedenheit für die Beschlüsse des blau-schwarzen Blocks eingetreten, so wäre sie zu einem positiven Ergebnis gelangt. Da aber Herr v. Beth- mann Hollwcg auch die Mittelparteien zu gewinnen versucht habe, sei jetzt das Zustandekommen der Wahlresorm überhaupt gefährdet. Diese Auslassungen sind natürlich darauf berechnet, das Plenum des Herrenhauses vor der Annahme der Kommissions- beschlüss« abzuschrecken. Sollte jedoch das Plenum trotzdem die Beschlüsse der Kommission billigen, so wäre es immer noch keines- weg» ausgeschlossen, daß der blau-schwarze Block, sofern nur Frei- konservative und Nationalliberale mitzumachen entschlossen wären, nicht doch für daS Kompromiß zu haben wäre. Denn nichts wäre Zentrum und Konservativen unangenehmer, als eine Per- tagung der Wahlreform. Welch definitive Stellung sowohl die sogenannten Mittel- Parteien als auch der ultramontan -konservative Block in der Wahl- rechtsfrage einnehmen werden, wird sich also erst nach der end- giltigen Beschlußfassung des Herrenhauses herausstellen.'_ Der Bierkvieg in Bayern . Der erbitterte Kampf der Biertrinker gegen die Brauereien, der seit mehreren Wochen in Bayern tobt, hat für die Konsumenten des edlen G-rstenfasteS eine günstige Wendung genommen. Der Zentralvorstand des bayerischen, GastwirtSverbandeS hat folgenden Beschluß gefaßt: Jede BczugSpreiSerhvhuiig deS BiereS vor dem IS. Mai 1910 wird deshalb zurückgewiesen, weil vor diesem Termin kein Bier auS höher versteuertem Malz zum Ausschank gelangt. Die Brauereien dürfen unter keinen Umständen mehr aus den bisherigen Lieferpreis schlagen, alö die neue Steuer auf den Hektoliter Bier ausmacht. Die Feststellung der Belaswng muß von den Brauer - und Wirtelorporatiouen in gegenseitigen Verhandlungen gemacht werden. I» Niederbayern ist ein neuer Be- schluß zu fassen dahingehend, daß mit dem 15. Mai eine Erhöhung des BicrpreiseS um 2 Pf. pro Liter unter obigen Gesichtspunkten vorgenommen wird. Sollten die Brauereien auf diese Vorschläge nicht eingehen, dann würden die Wirte gezwungen sein, mit dem Publikum gemeinsame Sache zu machen und jede Bierpreiserhöhung zu bekämpfen._ Eine Züchtigung des Tiag-Langhammer. Der wegen seiner sauberen Tiag« lTapeten- Industrie- Aktien- gesellickaft) Geschäfte vielgenannte»ationalliberale sachsische Landtags- cbgeo'bnete Langhammer- Chemnitz hat am Donnerstag im Schöffengerichts saal zu Chemnitz «inen Sieg erfochten, der ihm in den Augen aller anständigen Menschen mehr schaden muß, als die schlimmste Niederlage. Herr Langhammer klagte im Privatllageverfahren— die Staatsanwaltschaft wollte von Offizial- klage niwtS wissen— gegen den Genossen Bartels von der Chemnitzer „ V v l k s st i m m e'. In der letzten Landtagswahl Halle Langhammer, nachdem er mit den Sozialdemokraten in Stich- Wahl gekommen, diese, die er in Erwartung einer anderen Stich Wahlkonstellation bis dahin ziemlich in Ruhe gelassen hatte, in Wr schofelsten Reichsverbändlerweise angegriffen. Die Chemnitzer „Volksstimme" klopfte ihm dafür derb auf die Finger, worauf Herr Langhammer die unverschämte Frechheit besaß, sie mit dem Blatte der D a h s e l und B r u h n zu verglichen. Das schlug natürlich dem Faß den Boden auS, und in der„Volks- stimme" erschien ein Artikel, in dem L. mit einer Schärfe Wie nie zuvor gezüchtigt wurde. Seine Entgegnung war die Klage. In der Verhandlung am Donnerstag wurde dem Beclagten der BelveiS der Wahrheit total abgeschnitten. Nur wegen formaler Beleidigung sollte ihm de-' Prozeß ge- macht iverden. Alle Beweisanträge des Genossen Bartels wurden kurzerhand abgelehnt, so doü er schließlich erklärte, bei solcher Strangulation seiner Beweisarträge verzichte er daraus, weitere zu stellen. Auch die Zulaiiung der von Bartels erhobenen Widerklage wurde abgelehnt. Nachdem man den Artikel verlesen und vartels die Situation und die Vorgänge gezeichnet hatte, die hre gezeitigt hatten, fragte der Vorsitzende ihn, ob er sich der Beeidigung LanghammerS durch den Artikel bewußt gewesen sei. Genosb B a r t e l S antwortete: „Jal" Der Artikel war die Antivort auf>en Artikel LanghammerS. in dem er un» mit Bruhn und Dahiel auf eine Stufe stellte; der Mann, der die Tiag-Affäre am Stecken satl Hier gab es nur zwei Wege. Entiveder man schlug den Man», der einen so schwer be- leidigte, in der ersten Erregung mit ler Hand ins Gesicht, oder, wenn man die Hand nicht nehmen walte, nahm man die H» n de- peitsche. Die haben wir fenommen." Diese öffent- liche Züchtigung im Gerichtssaale suittierte Langhammer lleinlaut mit einer lendenlahmen Rctourkutche. Die Lbstrafung hatte ihm die Sprache verschlagen. Nach siebenstündiger Berha'dlung wurde daS Urteil gefällt. Bartels ist der Beleidigung fchuvig und zu sechs Wochen Ge« f ä n g n i S verurteilt. Das Gericht hat dahingestellt sein lassen, ob die Behauptungen wahr oder nicht wahr sind; eS hat nur die formale Beleidigung beurteilt. Zur Wahlrechtsfrage nahm am DonnerStagnachmittag in Braunschweig auch die Stadt- vcrordnetenversamnilung Stellung. Die sozialdemokratische Fraktion hatte beantragt zu beschließen, an den Braunschwcigcr Landtag und die Regierung den Antrag zu stellen, das allgemeine, gleiche, geheime und direkte Wahlrecht für den Landtag einzuführen. Die Ler- santmlung erkannte die Berechtigung, derartige Anträge zu beraten und zu beschließen, ohne weiteres an. Der Versuch einiger Reaktionäre, die gegenteilige Ansicht durchzudrücken, wurde gegen 8 Stimmen abgelehnt. Aber dem sozialdemolratischen Anträge stimmte die„liberale" bürgerliche Mehrheit doch nicht zu. Sie forderte ein P l wr a I w a h l r e ch t. Unsere Genossen stimmten schließlich, um eine einheitliche Kundgebung der Stadtverordneten zu erzielen, für einen liberalen Antrag folgenden Wortlautes: „Die Stadtverordnctenversaimnlnng hält die Aenderung des' LandtagSwahlgesetzeS vom 8. Mai 1899 in der Hinsicht für ge- boten, daß die indirekte durch die direkte Wahl ersetzt wird. Die Stadtverordnetenversammlung empfiehlt eine Fortentwickelung deS Wahlrechts in der Richtung vorzunehmen, daß allen Schichten der Bevölkerung besser als bisher die Möglichkeit gegeben wird, Wer- trerer in den Landlag zu senden." Das staatsgefährliche Hoch. Vor der Strafkammer in Frankfurt a. M. wurde eine seltsam.: Entscheidung gefällt. Ein Arbeiter wurde zu 30 M. Geld- strafe verurteilt, trotzdem er nichts getan hatte als ein Hoch auf das freie Wahlrecht auszubringen. In der Urteilsbegründung heißt es: Wohl gelte nach Rcichsgerichtsentscheiiiuilg das politische Hoch nicht als grober Unfug, aber das beziehe sich nur auf Hochrufe nach einer Wahl oder nach einem Fest, nicht aber vor einer De- rnonstration für das allgemeine Wahlrecht. Ein vielumstrittener Wahlkreis. Im Wahlkreise Jauer-LandeShut sind nunmehr folgende Kandidaten aufgestellt: Arbcitersekretär Prall(Soz.), Geheim- rat Büchtemann(Fortfchr. Vp.), Major a. D. Strosser (Bund der Landwirte und deutsch -konservativ) und Rechtsanwalt Dr. H e r sch e l(Zentrum). Die Naiionalliberalen traten sofort für den Fortschrittlichen ein. Die Wahl ist auf dm 1. Juni fest- gesetzt._ Das Zentrum gegen daS Streikrecht der Eisenbahner. Ueber die Freitagsverhandlung der bayrischen Abgeordnetenkammer. in der die»n Ztr. 94 unter„Letzte Nachrichten und Depeschen" mitgeteilte Zentrumsresolution gegen das Streikrecht der Eisenbahner angenommen wurde, schreibt uns unser Münchener Korrespondent untenn 22. April: Das Stilleben bei der Beratung des EikevbahnetatS wurde heute plötzlich gestört. Der Eiienbahnreferent Dr. P i ch l e r hatte die Behauptung aufgestellt, daß der„Süddeuifche Eisenbahnerverband" gegen die Mitglieder deS christlichen„Layrischcn Eisenbahnerver- bandeS" unerträglichen Terrorismus ausübe. Aufgefordert, mit seinem Material herauszurücken, kramte er altbekannte Dinge aus, die mit der eigentlichen Sache gar nichts zu tun haben. Er suchte die Niederlage zu verdecken, indem er die Angelegenheit auf ein anderes Gleis schob. Er sprach auf einmal von der Frage, ob den E i's en b ah n er n das Streikrecht zuerkannt werden dürfe oder nicht und produzierte die Resolution, die es ihnen verwehrt. Liberale und Sozialdemokraten erklärten sich gegen diese Resolution, die S o z ia l de in o kr a ten auS prinzipiellen, die Liberalen auS formellen Gründen, weit sie� über eine so wichtige Sache nicht im Handumdrehen entscheiden können. Die Stellung des Werke hrSmini st erS war so. wie sie ein bürgerlicher Minister einer ZentrumSkammer gegenüber nicht anders haben kann. Er führte in der Hauptsache auS: Das KoalilionSrecht und das danut verbundene Streikrecht habe seine Grundlage in der ReichSgeverbeordnung. Auf die Eisenbahnen finde die Gewerbeordnung kcme Anwendung. Die Eisenbahner auch in den Nebenbetriebcn hätten also ein ge- setzlicheS KoalitionS reckt nicht. Er gewähre aber auS freien Stücken den Eisenbahnarbeitern da» freie Koalitionsrecht, solange sie sich auf gesetzlichem Boden bewegen. Arbeitervereini- gungen, die das Streikrecht programmatisch oder propagandistisch vertreten, könnten von der Eisenbahnverwaltung nicht geduldet werden. Eine bedauerliche Rolle spielten die christlichen Arbcitersekretäre, von denen einer erklärte: Solange der Staat in der Arbeiterfüriorge weiter fortschreite, seien sie gegen daS Streikrecht. Wenn das aber aufhören würde, denn würde auch ihre Stellung eine andere werden. Mit diaer platonischen Erklärung für da? Streikrecht schaffen die christlicken Arbeitersekretäre die Tatsache nicht aus der Welt, daß sie prnknia die Position jener gestärkt haben, die den Eisenbahner» das Strekrecht prinzipiell verweigern. Die Zentrumsresolution wurde dmn auch vom ganzen Zentrum angenommen. Die Einnahmen der preußischen Eisenbahnverwaltung im Johre 1909 sind gegenüber dem Vorjahre gestiegen. Die Mehr- einnahmen über den Etatsansatz betragen über 70 Millionen Mark. Dorcit haben die Einnahmen zum ersten Male die zweite Milliarde übe-fichritten. Trotzdem bleibt auch dieses Jahr noch um ungefähr gp Millionen Mark hinter dem Etatsanschlag für 1908 zurück. Tu auch die Ausgaben hinter dem Etatsansatz um mehrere Millionen Mark zurückgeblieben find, rechnet die Eisenbahnver- walwng mit einem Gesamtreinübecschuß von 149 Millionen Mark. Angenommen war im Etat ein Rcinüberschuß von 83,57 Millionen Mark. An dem Ueberschuß der Einnahmen über den EtatS- ansatz sind die Einnahmen auS dem Personen- und Gepäckverkehr verhältnismäßig stärker beteiligt als die aus dem Güterverkehr. AuS dem Personen- und Gepäck- verkehr find im Eiatsjahre 1909 insgesamt 530,89 Millionen ein- gekommen. Der Etat brachte nur 539,03 in Ansatz, so daß über 41 Millionen Mark mehr vereinnahmt sind. Gegen daS Vorjahr beträgt die Mehreinnahme 41,89 Millionen Mark. Der Güterverkehr brachte 1316.06 Millionen Mark gegen 1234,46 Millionen im Anschlag und 1241,1 Millionen im Jahre 1903. Im Verhältnis zum Etatsansatz ist eine Mehrenmahme von über 31 Millionen Mark vorhanden, gegen daS Vorjahr sogar eine solche von 74,9 Mill. M. Da daS Steigen der Einnahmen aus dem Güterverkehr bis in die letzten Monate ungeschwächt anhält, besteht die Hoffnung, daß auch daS neue Etatsjahr, für das eine Einnahme lvon 1332,74 Millionen Mark aus dem Güterverkehr veranschlagt worden ist. ein günstiges Ergebnis haben wird. Schlecht waren im Etatsjahr 1909 nur die Einnahmen aus sonstigen Quellen(Ueberlassimg von Bahnanlagen usw.), die nur 124,72 Millionen Mark gegen 127,32 Millionen Mark im Etats» ansatz einbrachten. Sie find also um 2,6 Millionen Mark zurück- geblieben._ Der Friedenskuß der Kirche. Der Kaplan Saur, der Agitator des Zentrums in Ober- kirch(Baden), stand am Mittwoch vor dem Schwurgericht Offenburg unter der Anklage des Meineids und der Ver- leitung dazu. Der Pfarrer sitzt schon einige Monate in Unter- suchungShaft. Er war gelegentlich eine» Prozesses, der vor dem Amtsgericht Oberkirch gegen den Kaplan Vogt wegen Beleidigung geführt wurde, Zeuge und wurde dort in eklatanter Weife wegen seiner eidlichen Aussagen bloßgestellt. Die Frau eines Arbeiters, der als Monteur der dorligen Eisengießerei biel auswärts war, soll in besonderen Beziehungen zum Kaplan gestanden haben. Dieser bestritt es rundweg auf seinen Eid; die Frau zuerst auch, dann aber, vom Richter und Anwalt wegen der schlimmen Folgen gewarnt, be- richtigte sie ihre Aussagen dahin, daß sie den Kaplan im Pfarrhof besuchte und von ihm gedrückt und geküßt worden sei. Sie zeigte dem Gerichte mit Hilfe ihres Mannes, wie diese Umarmung durch den Kaplan Saur vorgenommen wurde. Der Geistliche blieb da- gegen bei seiner eidlichen Aussage stehen und gab zu seiner Eni- schuldigung nur an. daß er der Frau lediglich auf die Lippen, nicht auf den Mund den. Friede nskuß der Kirche" gegeben habe. Als seine Verhaftung bevorstand, entfloh der Kaplan aus Oberkirch uud wollte in einem Kloster des Elsasses ein Unterkommen finden. Er wurde in das Gefängnis zu Offenburg abgeführt. Das Schwur- gerillit hat ihn freigesprochen. Unter den Geschworene» müssen sich mindestens fünf gefunden habe», die die Erzählung des eifrigen Sozialistentöterü vom „Friedenskuß der Kirche" nicht für unglaubwürdig hielten, denn Kaplan Saur wurde freigesprochen. frankmdv Combes dementiert. Paris , 23. April. Der frühere Ministerpräsident Combes erklärte einem Berichterstatter, daß die Behauptung deS gemäßigt republikanischen Kammcrkandidateli 1l>t o n b r o f i t, er habe«hm den Orden der Ehrenlegion für 50000 Frank angeboten, eine niedrige Verleumdung sei. Engtanck. Gegen die Schönfärber. London , 23. April. Ilm einen Gegenemfluß gegen die Berichte der konservativen Arbeiter über ührxn Besuch in Deutschland auszuüben, beabsichtigt die A r b e i t e r- Partei eine aus leitenden Mitgliedern zusammengesetzte Deputation nach den I n d u st r i e z e n t r e n D e u t s ch- l a n d s zu entsenden zur Feststellung der wirklichen Tat- fachen bezüglich der Löhne, der Arbeitszeit und der Kosten des Lebensunterhalts. Die Deputation hofft, am 3. Mai aufbrechen zu können._ Eine Versammlung der S. D. P. London , 19. April. (Eig. Ber.) Eine stark besuchte Versammlung der Sozialdemokratischen Partei fand gestern in Queens Hall statt, in der H y n d m a n eine große Rede hielt und die Gräfin Marwick den Vorsitz führte. DaS Thema lautete:„Eine bessere Politik oder Tarifreform und Jmperia» liSmuS". Hyndman sagte: Jedermann gibt heute zu, daß die soziale Lage der britischen Volksmassen schlecht ist. Die Armut nimmt zu im Verhältnis zum Reichtum. Die Unsicherheit der Existenz der Arbeiter wächst und Arbeitslosigkeit ist allgemeiner denn je zuvor. Das unvermeidliche Ergebnis ist die körperliche Entartung der Massen. ES ist deshalb kein Wunder, daß ökonomische Fragen die rein politischen verdrängen. Der Klassenkampf ist gegen- wärtig eine offenbare Tatsache und überall gewinnt der Sozialismus an Anhängem. Aber auch noch eine andere Lehre macht sich be- merkbar: die des Schutzzollsystems oder der Tarifreform. Vorerst wurde die Tarifteformbewegung mißachtet und verspottet. Die Freihändler zeigten sich arrogant und Wissens stolz. Dennoch kann nicht geleugnet werben, daß der bestehende britische Zolltarif sich in einem chaotischen Zustande befindet. Wir haben gar keinen Frei- Handel, denn eine ganzeReihe von Nahrungsmitteln sind schwer besteuert. Aber auch Tarifreform mit ihrer nationalistischen und imperia- listischen Politik kann dem sozialen Elend nicht abhelfen. Ihre Politik ist engherzig. Sie sieht nicht die schweren Schäden, die die in Privathänden sich befindenden Eisenbahnen mit ihren Tarifen dem britischen Handel zufügen. Sie sieht auch nicht unser mangelhaftes Schulwesen, daS uns in einen Nachteil gegenüber Deutschland und Amerika bringt. Ebensowenig zieht sie Indien in Betracht. Mit fteihändlerischcn Phrasen ist aber der Tarifteformagitation nicht zu begegnen. Eine Gegenpolitik, die wirklich aufbauend ist, kann nur der Sozialismus liefern. Allein wir dürfen nicht warten, bis der Kapitalismus hinweggefegt ist. Schon jetzt müssen ernste Reformen ergriffen werden. Und diese Reformen sind:' 1. Reorganisation deS Unterhauses; die Abschaffung deS HauseS der Grundherren genügt nicht, so lange daS Hau? der Geldherren nicht reformiert ist. 2. Referendum; allgemeines Wahlrecht für Männer und Frauen. 3. Beseitigung aller indirekten Steuern. 4. Progressive Steuer auf alle Einkommen über 800 Pfund Sterling. 5. Verstaatlichung der Verkehrsmittel; Transport zum Kosten- preis; Bau eines Tunnels unter dem Aermelkanal . 6. Unentgeltliche Erziehung der Jugend von der Volksschule bis zur Universität; Erhaltung der Schulkinder auf Staatskosten. 7. Bau von gesunden Häusern durch Gemeinde und Staat für die Arbeiter. 8. Organisation der Arbeitslosen. 9. Vergesellschaftung der großen Industrien und des Grund und Boden». 10. Räumung Indiens und Aegypten »; Homerule für Irland; Föderation Groß-BritannienS mit den freien britischen Kolonien. 11. Starke Flotte; Miliz; kein Militarismus; Großbritannien soll der Bundesgenosse der demokratischen Staaten Europa » sein; Abschaffung der geheimen Diplomatie; alle internationalen Verträge sind dem Volke zur Bestätigung vorzulegen.— Der Vortrag wurde mit starkem Beifall aufgenommen. Die Londoner Presse hat den Vortrag vollständig boykottiert. Politische Geldbeiträge der Gewerkschaften. London , 21. April. (Eig. Ber.) Gemäß Beschluß dcL letzten Jahreskongresses der Arbeiterpartei brachte gestern der Arbeiter- abgeordnete W. Johnson folgende Novelle zum Gewerkschafts- gesetz ein: „Eine Trade-Union, wie sie in Sektion 16 der Novelle zum GewerkschastSgesetz vom Jahre 1876 definiert ist, darf— unge- achtet der Bestimmungen der GetverkschaftSgesetze vom Jahre 1871 und 1876— entweder allein oder in Verbindung mit anderen Gewerkschaften ihr« Fonds zum Zwecke der Erwählung und Er- Haltung von Parlamentsabgeordneten, Gemeinderäten und Mit. gliedern anderer öffentlicher Körperschaften verwenden, sowie anders Tätigkeiten ausüben, um die Interessen der Arbeiter durch politische Aktion zu fördern." In der laufenden Parlamentstagung hat die Novelle kein« Aussicht auf ernste Beratung, da LordS-Rcsorm und Etats- beratungen die Zeit des Parlaments vollständig in Anspruch nehmen. Australien . Eine Erklärung Fishers. Brisbane , 23. April. Der Führer der Arbeitermehrheit im neuen Bundesparlament Fisher erklärte, es werde eine Grund st euer eingebracht werden zum Zwecke, die örono- mischen Verhältnisse zu regeln und dadurch Aussichten auf Beschäftigung für Leute europäischer Abstammung zu er- öffnen. Jede Anzahl derselben sei willkommen, soweit die ökonomischen Verhältnisse es ihnen möglich machen würden, ihren Unterhalt zu verdienen.
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