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nlcht angctöficl werden darf. Sic Geschäftsordnung kann die Grenze des Gesetzes nicht überschreiten, und was ein Gesetz verbürgt hat, nicht verringern, denn sonst niützte sie es auch beseitigen können. Wenn durch die Ge- schästsordnung die vom Gesetze verbotene Aus- 1'chlietzung, also eine Verkürzung des Abgeordnetenrechtes, statuiert werden könnte, so könnte durch die Geschäftsordnung auch dessen Beseitigung, also auch der Mandatsverlust als Geschäftsordniingsmaßregel verfügt werden. Aber daß das ein Unsinn ist, begreift doch jeder. Das Recht der Mitglieder jeder gesetzgebenden Versamm- lnng im Reiche auf Sitz und Stimme ist auch durch ein Reichsgesetz fundiert: durch den 8 105 des Strafgesetzbuches, der mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren den bestraft, der es unternehmen würde, Mitglieder aus gesetzgebenden Ver- sammlungengewaltsam zu entfernen". Für die autonome Gewalt der gesetzgebenden Versammlungen der Bundesstaaten bildet dieses Reichsgesetz die unübersteigbare Schranke, und zur Entfernung der Mitglieder aus dem Preußischen Ab­ geordnetenhaus wäre nicht nur ein preußisches Ge- setz notwendig weil eben das Anwesenheitsrecht durch ein preußisches Gesetz vorbürgt ist, sondern auch eine A b- änderung des Strafgesetzbuches für Reich: weil dieses die gewaltsame Entfernung von Mitgliedern aus einer gesetzgebenden Versammlung schlechthin verbietet. Daß die Ironie der preußischen Dinge es so fügt, daß die Gefahr jener gewaltsamen Entfernung von Abgeordneten, die das Strafgesetzbuch als ein Verbrechen in Beziehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte erklärt, nicht von einem Anarchisten, sondern vom Präsidenten dieser gesetzgebenden Versammlung droht, ändert ail der juristischen Sachlage gar nichts:>mr daß dem Präsidenten mildernde Umstände keinesfalls zugebilligt werden könnten. Die Anordnung des Strafgesetzbuches hat den Zweck, die Ausübung des Mandates, welche sich als Erfüllung der staatsbürgerlichen Rechte der Wähler darstellt, gegen jeden Versuch der Einschränkung oder Beeinträch- tiaung zu sichern: also würde jeder Versuch gegen dieses Gesetz sein, gleichgültig, auf welcheKompetenz" er sich berufen mag. Daß die autonome Gewalt der Parlamente an allen Gesetzen ihre bestimmte und nicht zu über- steigende Schranke besitzt, erkennt man deutlich, wenn man sich ihre Schrankenlosigkeit vorstellt. Warum können die Macher ini Landtag, obwohl sie es wahrscheinlich sehr gerne möchten, in der Geschäftsordnung nicht festsetzen, daß ..störrige" Mitglieder zu Geld- und Arreststrafen verurteilt werden? Weil es Gesetz ist, daß die Strafgesetzgebung dem Reich zusteht! Ihre Macht in Sachen der Geschäftsordnung Hat eine Grenze: die geltenden Gesetze, die sie nicht überschreiten dürfen und nicht beseitigen können. Eine Ge- schästsordnung, die die Ausschließung von Abgeordneten aus den, Abgcordneteuhausevorsieht", ist' eine Verletzung der preußischen Verfassung. Und eine, die gar die gewaltsame Entfernung statuiert, wäre nicht weniger als eine A n st i f- t u n g zur Begehung des Verbrechens nach 8 105 des Straf- gesetzbuches. Sie wäre danach die würdige Krönung der Dreiklassen- schwach, und die ganze zivilisierte Welt könnte an der preußi­schen Lex Falkenhayn die geistige Verwahrlosung einer Körperschaft ermessen, die das verruchte Unrecht, dem sie ihren Ursprung dankt, gleichsam notwendig erzeugt. Denn wenn der Deutsche Reichstag ohne Auöschließungsdrohungen auskommt, und in Sachen der parlamentarischen Würde unter den europäischen Parlamenten dennoch eine erste Stelle behauptet, wogegen das Haus der Klasseninfamie sich den schäbgisten Hausknechtsparagraphen schmieden will, um einer kleinen Minorität, gegen die ohnedies keine Tücken der Ver- gewaltigung gescheut werden, die Freiheit der Rede zu ver- kürzen, so beweist das nur, auf welcher moralischen und in- tellektuellen Stufe diese gesetzgebende Versammlung steht. Auf der denkbar tiefsten: denn ihr ist nun jedes Gefühl für Recht, Würde und Freiheit entschwunden! O Das Zentrum eiust und jetzt! Von der politischen Verkommenheit des Zentrums zeugt auch seine Stellung zum Hausknechtsparagraphen. Einst war das Zentrum ein Verteidiger der demokratischen Rechte, der Rechte der Minorität gegen die Willkür der Mehrheit heute ist es selbst zu einem Teile der reaMonären Mehrheit, zu einem Helfershelfer und Handlanger der brutalsten Ver- gewaltigung herabgesunken. Und gerade in der Frage der Brutalisierung der Minderheit durch die Mehrheit vermittelst einer verschärften Geschäftsordnung tritt diese Wandlung des Zentrums ganz augenfällig hervor. Wir erwähnten in unserer Sonntagsnummer bereits die G e s e tz e s v o r l a g e, die die Regierung 1879 im Reichstag eingebracht hatte, um auf gesetzgeberischem Wege die Geschäftsordnung des Reichstags zu verschandeln, so daß unter anderem auch der zeitweilige Ausschluß der Abgeordneten von den Sitzungen verhängt werden könne. Damals erklärte sich im Reichstag am 7. März nur der konservative Abgeordnete v. H e l l d o r f für das Knebel- gesetz. Der Redner der Nationalliberalen. Abg. L a s k e r. bekämpfte die Vorlage, die nur die rhetorische Heuchelei begünstige. Schon jetzt habe der Präsident alle Mittel, um die Ordnung im Hause aufrechtzuerhalten; er könne in jedem Augenblick die Sitzung schließen und vertagen. Der Gesetzentwurf sei cm Eingriff in die Freiheit des Parlaments, zu dem kein Bedürfnis vorliege. Aber auch der Redner des Zentrums, Abg. Heere- mann, sprach für unbedingte Ablehnung deS Entwurfs als eines Eingriffs in die Freiheit und U n» abhängigkeit des Parlaments. Mit diesem Gesetz in der Hand könne jede Minorität mundtot gemacht werden I Heute nun bricht dieGermania", das führende Zentrumsblatt, eine Lanze für den Hausknechtsparagraphen. Sie bekennt sich zu der Auffassung, daß durch die Ge- schästsordnung einfach Verfassung und Reichsgesetze gebrochen werden dürfen, zu einer so l ü d e r l i ch e n RechtSauffassung, daß sich nicht ein- mal die doch wahrhastig nicht skrupulöse BiSmarcksche Re- gierung 1879 dazu zu bekennen wagte I Und dieGer- m a n i a" beruft sich zur Beschönigung solch frechen Ver- f a s s u n g s- und Rechtsbruchs, solcher B r u t a l i s i e- rung der Minderheit im preußischen Abgeordnetenhause nach dem Vorbild der., P o st" auf die Zustände im A u s l a n d e. auf Frankreich und England! Solche Berufung ist nichts Neues! Dieses Mittel- chenS bediente sich auch 1879 die Reichsregierung, die in der Begründung dcS Gesetzes eingehend die Disziplinar- mittel des Auslandes, speziell Englands, dargelegt hatte. Aber diese Hinweise imponierten damals dem Zentrum ganz und gar nicht! Und nicht nur das Zentrum im Reichstag lehnte damals die Beschränkung der Rechte der Abgeordneten cnt- schieden ab. sondern auch das Zentrum des preußischen Ab- georduetenhauseS brachte damals einen Antrag ein, der die preußischenRegierungsvertreter im Bundes- rate verpflichten sollte, gegen das Knebelgesetz zu stimmen. Diesen Antrag begründete der Abg. Heere- mann, aus dessen damaliger Rede nach dem amtlichen Stenogramm folgende Stellen wiedergegeben seien: Am meisten, meine Herren, wird noch exempli- fiziert auf England und nach meiner Meinung durchaus nicht mit Recht. Die englische Verfassung ist nicht vergleich- bar mit unseren Verfassungen. Meine Herren, diese eigentümliche englische Einrichtung kann man um s o weniger anführen, wenn man sie für uns begründen will: die Häuser Englands haben eine ganz andere Stellung im Staatsleben wie unsere parlamentarischen Repräsentationskörperschaften sie haben, zudem und da? möchte ich zunächst aufführen einen richterlichen Charakter, sie können sogar verhaften lassen, sie haben ihren eigenen richterlichen Beamten, ich verweise Sie auf den Lorjsemt at �rms; sie haben ferner einen solchen unbedingt maß- gebenden Einfluß auf die ganze Leitung deS Landes, sie haben so sehr hervorragende an- dere Rechte und Privilegien, eine so groß- artige hundertjährige geschichtliche Entwickelung, daß man damit unsere Rechte, unsere Stellung und unsere Repräsentativ- körper gar nicht vergleichen kann.(Sehr wahr! im Zentrum.) Endlich aber, meine Herren, ist die Majorität der Häuser in England die Inhaberin der Verwaltungsgewalt des Landes! Dadurch steht also die Majorität in einem engen Konnex respektive mitten in der Regierung; daß unsere Zustände nun dannt nicht zu vergleichen sind, wird mir, glaube ich, jeder zugeben.... Meine Herren, Ich komme jetzt auf den vorhin bereits de- rührten Punkt des Schuhes der Minorität. Ich habe gesagt, naturgemäß sind im repräsentativen Leben verschiedene Parteien, die sich gegenüberstehen und sich mehr oder weniger scharf und erhitzt gegenüberstehen. Nun ist der Schutz der Minorität das erste und notwendigste Erfordernis, und wenn ich aus die Praxis blicken darf, so verweise ich Sie auf E NZ l a n d, wo der Schutz d e r M i n o r i t ä t in einem Maße und mit einer Feinheit des Rechtsgefühls entwickelt ist, wovon wir kaum ein« Idee haben. Meine Herren, aber gerade aus der freien Bewegung der Parteien gegen einander in den repräsentativen Körpern, aus der freien Meinungsäußerung der sich gegenüberstehenden Parteien soll ja das Wohl des Landes hervorgehen, es soll ja gerade durch die richtige Auffassung gefunden und in entschiedener Weise der Regierung ein Maßstab für die Art und Weise gegeben werden, in welcher sie das Land regieren und die Gesetzgebung leiten soll. Meine Herren, in dieser Vorlage würde aber nach meiner Meinung eine vollständig nngcwisse aber absolute Willkürherrschast der Majorität begründet sein...... Gegen eine solche ungc- mcssene Gewalt und gegen diese Art von Willkürherrschaft, einer Willkür, der Tür und Tor dadurch geöffnet ist, muß ich doch ganz entschieden Protest erheben und muß meine größten Bedenken gegen diese hervortreten lassen." So übte der damalige Wortführer der preußischen Zentrumsstaktion die vernichtendste Kritik an dem zum Haus- knecht der Konservativen herabgesunkenen heutigen Zentrum! Der Antrag Crzbcrgcr. Noch vor wenigen Tagen riefen Zentrum und Kon- servative mit lautem Trommelschlag zum Angriff gegen den Staatssekretär Dernburg . Das Zentrum hielt den Tag für gekommen, um Rache zu nehmen für die Reichstagsauflösung am 13. Dezember 1906, und die Konservativen leisteten willig Heeresfolge gegen den jüdischen Eindringling, der ihnen seit dem Abschied ihres Proteg6s, des Herrn v. Schuckmann, aus Südwestafrika noch unsympathischer ist als vorher. Doch seit Sonnabend hat sich das Blatt gewendet. Zentrum und Kon- servative konzentrieren sich mit Riesenschritten rückwärts natürlich unter dem bei solchen Gelegenheiten üblichen, den Rückzug markierenden Geschützfeuer. Allem Anschein nach haben die Parteien des blauschwarzen Blocks erkannt, daß Herr Dernburg noch zu fest steht und an der sogenannten allerhöchsten Stelle noch immer für eine gute Attraktion gilt so hupft man behende zurück und wartet auf eine günstigere Gelegenheit. Bereits gestern trat dieser Umschwung deutlich hervor. DieKreuzzeitung " brachte in ihrem Ueberblick über die innere Politik der Woche eine lange kolonialpolitische Aus- lassung, in der Herr Erzberger rücksichtslos beiseite geschoben und die sogenannte kapitalistische Aufschließungspolitik des Kolonialstaatssekretärs als im ganzen berechtigt verteidigt wurde. So heißt es zum Beispiel in dem Artikel: Heber die Wirkungen der vorgeschlagenen Besteuerung, selbst wenn der angesetzte Betrag von 81 Millionen Mark erst in zehn Jahren aufgebracht werden soll, statt in den zunächst vorgeschlagenen drei Jahren, sind wir ganz anderer Ansicht als Herr Erzberger . Gewiß ist in den An- fängen unserer Kolonialpolitik aus nervösem Uebereifer und aus Unkenntnis deS Gebietes mit der Verleihung von Kon- Zessionen ziemlich blind verfahren worden, und es muß das Bestreben des Reiches darauf gerichtet fein, jene großen Fehler nach Möglichkeit gutzumachen. Aber eS geht nicht an. direkt oder auf Umwegen die eingeräumten Rechte einseitig auf- zuheben oder illusorisch zu machen.... Ein Umlagevcrfahren nach Art des vom Abgeordneten Erzberger vorgeschlagenen ist zu gewaltsam. ES erzeugt eine RcchtSunsicherheit und eine wirtschaftliche Unsicherheit, die es dem sorgfältig verwalteten Privatkapital unmöglich macht, sich auf weitauSschauende berg- bauliche Unternehmungen in Südwestafrika, ja in den deutschen Kolonien überhaupt einzulassen. Aus dem Erzbergerschen An- trage spricht die Stimmung des Diamantenfieberv.... Eine verständige Reichskolonialpolitik muß vielmehr darauf bedacht sein, die privaten Unternehmer zu ermutigen, ihnen Winke zu geben, an welchen Punkten mit Aussicht auf Erfolg ein- zusetzen ist. Von dieser Tätigkeit de» Kolonialamts dringt selten etwas in die Oeffentlichkeit, sie wird aber unter Dern- burgs Leitung nicht vernachlässigt, und die Er- folge beginnen sich ja auch zu geigen, trotz mancherlei Fehlschlägen. Der Staatssekretär hatte nach unserer Ansicht vollkommen recht, als er sagte, der Antrag Erzberger sei geeignet,daö kümmerliche Interesse für die Kolonien zu ertöten"." Und zugleich verkündete dieKöln . Volksztg." ostentativ in einer drahtlichen Meldung aus Berlin , daß der Antrag Erzbergernur eine private Arbeit Erzbergcrs" darstelle, mitder die Fraktion(des Zentrums) sich noch nicht einmal beschäftigt, viel weniger iden- t i f i z i e r t" habe. Tarauf antwortete Herr Erzberger mit der Erklärung, daß sein Vorschlag, die großen Gesellschaften und die höheren Vermögen zu den südafrikanischen Kriegs- kosten heranzuziehen und eine endgültige Auseinandersetzung mit den südwestafrikanischen Gesellschaften herbeizuführen, mit einmütiger Zustimmung seiner Fraktion eingebracht worden sei: nur auf die Einzelheiten habe sich die Fraktion nicht festgelegt. Doch die Zentrumsfraktion des Reichstages möchte um keinen Preis sich ihr Machtspiel zu der jetzigen ungünstigen Zeit durch Erzbergersche Popularitätspolitik verderben lassen, und so erklärt dieEentr.-Parl.-Korresp." offiziell und in fast gesucht brüskem Ton: Wir müssen feststellen, daß die Zentrmnsfraktion von dem Antrag des Abg. Erzberger genau ebenso überrascht worden ist tote die übrigen Parteien. Der An- trag ist weder in der Fraktion noch mit den maßgebenden Per- sönlichkeiten der Fraktion vorbesprochen worden. Er stellt eine private Arbeit des Abg. Erzberger dar, und dieser trägt auch allein die Verantwortung für ihn. Wie groß diese sein wird, läßt sich zurzeit noch nicht übersehen, ist dem Antragsteller vielleicht selber nicht bekannt. Jedenfalls aber wird er sich selbst allein die Schuld zuzuschreiben haben, wenn die Fraktion nicht in der Lage sein wird, den Antrag zu unterstützen. Diese Fest- stellung ist der Oeffentlichkeit gegenüber notwendig." Tatsächlich zeigten sich denn auch bereits gestern in der Budgetkommission, wie der nachfolgende Sitzungsbericht deutlich erkennen läßt, Zentrum wie Konservative gleich- mäßig bereit, ihre geplante Aktion fallen zu lassen. Und selbst Herr Erzberger zog sich mit der ihn auszeichnenden An- Passungsfähigkeit an neue Situationen auf das«Erreich- bare" zurück. Sitzung der Budgetkommission. Der Streit, wie die noch ungedeckten Ausgaben, die uns der Aufstand in Slldwestafrika vor vier Jahren verursacht hat, gedeckt werden sollen, ging auch in der gestrigen Sitzung noch nicht zu Ende. Staatssekretär Dernburg , der als erster redete, versuchte die Unrichtigkeit der von den Lllderitzbuchter Diamant - intereffenten an den Reichstag gesandten Denkschrift durch Verlesen von Schriftstücken und Korrespondenzen nachzuweisen. Die An» nähme, daß er irgend einer Gesellschaft etwas zugeschanzt habe, be- zeichnete der Staatssekretär als völlig unwahr; wer behaupte, daß er da? Interesse deS Reiches nicht gewahtt habe, trotzdem er doch die Kolonialgesellschaft mit Sv Prozent deS Diamantengewinnes be- lastet habe, sei nicht mehr gutgläubig. Der Staatssekretär ging dann itn Verlaufe seiner Rede die einzelnen Behauptungen der Denkschrift durch und beteuerte, wie er das auch schon bei der Etatsberatung der Schutzgebiete im Januar d. I. getan hat, daß die Sperre und alle sonstigen getroffenen Maßnahmen des Kolonialamtes im Interesse der Kolonie unbedingt notwendig ge» Wesen seien. Abg. S e m l e r Wandte sich gegen den Erzbergerschen Antrag. Der Weg zu einer Vermögenssteuer sei der Gesetzgebung zur Zeit verlegt, denn man könne die vielen kleinen Kapitalisten nicht in der gewünschten Weise belasten, weil andere sonst abgeschreckt würden. Er wolle eS aussprechen, daß der Staatssekretär Dernburg große Erfolge auf kolonialem Gebiete erzielt habe. Ein bureaukratisch gebildeter Staatssekretär würde, auch wenn er außerordentlich tüchtig gewesen wäre, das nicht erreicht haben, was erreicht worden ist. Die Lüderitzbuchter Denlschrist sei parteiisch, denn hinter ihr stünden Interessenten. Das schließe aber nicht aus, daß sie in einigen Punkten recht hätten und Ausgleiche erwünscht seien. Abg. L a t t m a n n hat einen Antrag eingebracht, welcher den Erzbergerschen Antrag wesentlich abschwächt: anstatt 81 Millionen will Herr Lattmann nur 38 Millionen an Vermögens» steuer erheben und anstatt in vier soll die gesamte Steuer- summe erst in sechs Jahren erhoben werden. Redner wendet sich gegen die Semlersche Annahme, daß der Weg zu einer Einkommen- und Vermögenssteuer verlegt sei, und hält die Einführung solcher Steuern für notwendig. Staatsrechtlich sei eS unbedenklich, wenn der Reichstag neue Steuern ausschreibe; etwas anderes sei es bei den Bergwerksrechten. Hier hält der Redner die Rechte des Kaisers für gefährdet, weshalb er diese Materie in seinem Anttage nicht mit aufgenommen habe. Namens der Reichspartei erklärt Abg. b. L i e b e r t, daß seine Partei den gestellten«nttägen nicht zustimmen könnte. ES sei eine ungeheuere Erregung durch die Erzbergerschen Anträge in den Kolonien entstanden. Die KnegSkosten für die Kolonien müsse das Mutterland tragen, sonst würden Einwanderer und Kapital ab» geschreckt. Abg. v. Richthofen erklärt für die Konservattven, daß der Antrag Erzberger seiner Fraktton ebenso überraschend ge» kommen sei wie den anderen Parteien. Er erklärt, daß seine Fraktton nicht mitmache, wenn man der Angelegenheit irgendeine politische Spitze gebe oder gar der Kolonialverwaltung Schwierigkeiten bereiten wolle. Die Kommission habe die Diamantpolitik des Kolonialamts gebilligt, aber ihre Meinung sei auf die Denlschrist der Regierung aufgebaut gewesen. Ergebe sich auS der Gegendenlschrift, daß die Verhältnisse anders lägen, als an- genommen worden sei, so müsse die Kommission ihre Meinung ändern. Redner Wendet sich in seinen Weiteren Ausführungen gegen die gestellten Anttäge. die jetzigen Einwohner mit den stüher ge- machten Kriegsaufwendungen zu belasten. Seine Freunde würden gegen alle vorliegenden Anträge stimmen. Von den sozialdemokratischen Mitgliedern ist der Antrag eingegangen, die Erzbergerschen Anträge zu streichen und dem Schlußparagraphen folgende Fassung zu geben: DaS Gesetz tritt in Kraft gleichzeitig mit der Jnstastsetzung einer zwischen dem Herrn Reichskanzler und dem Reichstag zu erzielenden Vereinbarung über folgende Punkte: 1. Die Kosten der Niederwersung des AufstandeS, soweit sie auS Anleihemitteln gedeckt worden sind, werden als eine Schuld des südafrikanischen Schutzgebiets gegenüber dem Reiche fest« gestellt. 2. Zur Verzinsung und Amortisierung dieser Schuld dienen in erster Reihe die Erträge aus einer Wertzuwachssteuer für das südafrikanische Schutzgebiet. Genosse L e d e b o u r, der den Anstag begründete, erklärte,«r wolle sich auf die DeckungSsrage beschränken. Er habe den Eindruck, daß der Staatssekretär im Falle deS Bürgermeisters von Lüderitz- bucht sehr unvorsichtig gehandelt habe. Wenn e» anS Expropriieren gehe, so werde er immer dabei sein, aber die Expropriation müsse der Allgemeinheit zugute koinmen. Wir bekämpfen die Enteignung, wie sie die preußisch« Re- gierung in den Ost marken betreibe. Redner glaubt. daß die Anstäge Erzberger und Lattmonn nicht praktisch seien Sie seien dem Gedanken entsprungen, die Leute, die un- geheure vermögen angesammelt haben, zu den Kosten heranzu»