Abgeordnetenhauses dieser Tage, in dem zwar die ganz nebensäch-lichen Ausführungen der konservativen Redner fein säuberlichniedergelegt sind, aber vergebens sucht man eine Zeile, in der derAnklagerede unseres Genossen Liebknecht über die Unfreiheit derWissenschaft Erwähnung geschieht. Natürlich ist auch das Entrefiletvom Abgeordnetenhause in derselben tendenziösen Art zusammen-gestoppelt, so datz der gewünschte Eindruck im Lande erzielt wird.als wären die preußischen Kulturzustände so mustergültig, daß selbstdas kleine Häuflein der Sozialdemokraten nichts daran auszusetzen hatlEitle prompte Bestätigung.Bei der Interpellation über das MülheimerEisenbahnunglück sagte der Redner unserer Fraktion, GenosseHengsbach unter anderem:„Auch will ich hier nur streifen, daß an einer anderen StelleDuisburgs, am sogenannten Schwarzen Weg, schonmehrfach Entgleisungen stattgefunden haben. Es ist dasein Beweis dafür, daß dort etwas nicht in Ordnung ist; aber ge-schehen ist bisher nichts dagegen!"Jetzt wird aus Duisburg unterm 25. April gemeldet:„An dem heute früh um 4 Uhr von Oberhansen hier ein-treffenden Güterzuge sind am Schwarzen Weg die letzte»7 Wagen entgleist und total zertrümmert worden.Das betreffende Gleise ist gesperrt. Der Verkehr geht über Ober-Hausen-West. Personen sind bei dem Unfälle glücklicherweise nichtzu Schaden gekommen. Der Materialschaden ist be-deutend."Man sieht, wie berechtigt die Kritik unseres Redners war. Wirdaber jetzt endlich der Uebelstand beseitigt werden oder wartet man,bis an jener Stelle erst zahlreiche Menschenleben dem Sparshstemzuni Opfer gefallen sind?_Baden und das Kaligesetz.Die b a d i s ch e Regierung ist in der Kammer durch densozialdemokratischen Abgeordneten Geck interpelliert worden,warum sie es unterlassen hat, in den diesjährigen Etat einen Betrageinzustellen für Schürfungen nach Kali. Lager des Mineralsbefinden sich im oberen Elsaß und man nimmt an, daß bei derAehnlichkeit der geologischen Struktur sich auch in Baden das Salzfinden wird. Voin Regierungstische kam eine ausweichende Antwort;insbesondere blieb der Vertreter des Finanzministers stumm auf dieFrage, ob die Regierung einen etwaigen Kalibergwerksbetrieb ineigene Regie übernehmen werde. Es verlautet aber, die badischeRegierung habe deshalb die Forschung nach Kalilagern aufgegeben,um nach den» Zustandekommen des KaligcsetzeS eine Privatgesellschaftmit der Ausbeute zu betrauen. Die sozialdemokratische Frakiion deSLandtages hat deshalb Montag einen Antrag gestellt, die Schürfungenvon Staats wegen vorzunehmen und den Betrieb der vorgefundenenKalilager in staatlicher Regie zu betreiben.Am Dienstag hat die Kammer diesen sozialdemo-kratischen Antrag mit einen, Zusatzantrag des Zentrumseinstimmig angenommen._Wieder ein Grenzzwischenfall.Die Lehrer deS an der russischen Grenze gelegenen DorfesH o w i d z. die auf dem dortigen See eine Segelfahrt unternahmen,wurden von dem herrschenden Sturm an das r u s s i s ch e Ufergewieben. Dort sind sie von den Grenzkosake» verhaftet undabgeführt worden, ohne daß bis jetzt über ihren Verbleibnäheres bekannt geworden wäre. Wären die Armen nicht zu ihremUnglück deutsche Staatsbürger, sondern Engländer oder Franzosen,so würden sich die Kosaken solche Uebergriffe nicht erlauben. Aberder Fügsamkeit der deutschen Regierung ist die russische ja allezeitgewiß. Gestattet doch die Reichsregierung niit der größten Bereit-Willigkeit, daß die russische Polizei in Berlin einen völlig orga-nisierten Polizeidienst unterhält.frankrcld).Die Wahlen.Paris, 26. April.(Privatdepesche deS„Vorwärts".) Diefranzösische Sozialdemokratie hat die e r st e Million über-schritten. Während sie im Jahre 1906 etwas über 800 000Wähler zählte, brachte sie diesmal ungefähr 1 010 000 Stimmenauf. Zu dem vorläufigen Gewinn von drei Mandaten kommtalso noch die ansehnliche Stimnienzunahme. Im ganzen haben8 1 77 000 Wähler gestimmt. Die gemäßigten Republikanerhaben über 300000, die Konservativen über 700 000 Stimmenverloren. Die Linksrepublikaner und Radikalen allerSchattierungen gewannen dagegen gegen 1906 über 410000Stimmen.Delcasse und Dubief.Paris, 26. April. Delcasse wurde in Foix für gewählterklärt, da er eine absolute Mehrheit von 167 Stimmen erhaltenhat. Die Parteigcgner protestierten gegen die Wahl, weilan verschiedenen Orten des Wahlkreises Stimmzettel entwendetund verbrannt worden sind. Die Wahlprüfungskommission rnt-scheidet übermorgen. Der frühere Minister des Innern Dubief,Vorsitzender der radikal- und radikalsozialistischen Gruppe, hat seineKandidatur zurückgezogen. Er erzielte 6064 Stimmen, währendsein Gegner� der radikale Sozialist S i m o n e t 6144 Stimmen er-hielt.'_Wahlkrawalle.Chambon-FeugerolleS, 25. April. Die Erregung unter der Be-völkerung dauert an. Heute wurden vier Personen unter derAnschuldigung, Schüsse auf die Gendarmen abgegeben zu haben,verhaftet und ebenso ein junger Mann, der sich seiner Festnahmewidersetzte. Zwei Schwadronen Dragoner und 80 Gendarmenbefinden sich bereits im Orte, ein Bataillon Infanterie wirdnoch erwartet.Cnglancl.Annahme des Budgets.Lenden, 23. April. Das Unterhaus nahm heute die zweiteLesung deS F i» a u z g e s e tz e s mit 328 gegen 242 Stimmen an.Die irischen Nationalisten stimmten mit der Negierungs«Partei, die O' B r i e n i st e n mit der Opposition. Im Laufe derDebatte erklärte Schatzkanzler Lloyd George, daß seit der erstenEinbringung des Budgets der Handel zugenommen und die Be-schäfligungslosigkeit abgenommen habe; er sei der festen Ucber-zeugung, daß baS Land sich auf dem Wege zu einem g e s ch ä f t»lichen Aufschwung befinde, wie es einen solchen größer seltenerlebt habe._Eine Agitationsrede BalfourS.London, 26. April. Balfour hielt heute auf der Jahres-Versammlung der Primrose-Liga in der Albert-Halle eine Rede, inder er erklärte, daß daS Land von einer Revolution(!) bedrohtfei. die den Keim zu zahllosen weiteren Revolutionen in sich trage.Wenn aber die Primrose-Liga ihre Pflicht täte, so würde diedrohende Revolution wie frühere Versuche, die Verfassung um-zustürzen, mißlingen.Dänemark.Die Wahltaktik der Sozialdemokratie Dänemarks.Am Donnerstag hielt die Sozialdemokratie Dänemarks inKopenhagen einen außerordentlichen Parteitagab, um über die Taktik bei den bevorstehenden Folkethingswahlenzu beschließen. Es waren 314 Deligierte, die 22g ParteivereineMit 43636 Mitgliedern repräsentierten, sowie 51 Vertreter desHauptvorstandes anwesend. Der Parteivorsttzende Staun ingführte zu den bevorstehenden Wahlen unter anderem aus:Der Hauptvorstand hat es für notwendig erachtet, die höchsteAutorität der Partei zusammen zu berufen, damit der weit-tragende Beschluß, der hier gefaßt werden soll, zum Beschluß derganzen Partei wird. Die Regierung, die wir jetzt haben, hat sichAufgaben gestellt, an denen wir Sozialdemokraten stark inter-essiert sind, wie: ein gerechtes Wahlkreisgesetz, eine Verfassungs-änderung im Geiste des Grundgesetzes von 1849, eine starke Herab-setzung der Militärausgaben und Reinlichkeit in allen öffentlichenAngelegenheiten. Das sind nicht allein Aufgaben der Radikalen,sondern auch unsere eigenen. Wie wir die Regierung bisherunterstützt haben, so werden wir das um unserer selbst willen auchtun, wenn die Wähler am 20. Mai ihr entscheidendes Wort sagensollen. An diesem Tage muffen wir neue Wählermassen zumKampf führen gegen den Militarismus, gegen das privilegierteWahlrecht und gegen das Landsthing.— Der Redner empfahl so-dann folgenden Vorschlag des Hauptvorstandes der Partei:„Die Reichstagspolitik des verflossenen Winters hat dreibedeutungsvolle Angelegenheiten �— die Militärfrage, die Wahl-kreisreform und die Verfassungsänderung— in den Vordergrund gebracht, uns aber gleichzeitig gezeigt, daß diese Fragennicht ohne Kampf gelöst werden können. Inzwischen hat diegegenwärtige Regierung eine Haltung eingenommen, die dieMöglichkeit gibt zu einem wirkungsvollen Kampf gegen denMilitarismus und gegen das privilegierte Landthingswahlrecht,und darum mutz es als im hohen Grade zweckmäßig angesehenwerden, eine Folkcthingsmehrheit zur Stütze für diese Regierungzu schaffen. Mit Rücksicht auf diese Situation beschließt derKongreß der Sozialdemokratie, daß bei den bevorstehendenFolkethingswahlen Wahlbündnisse mit der radi-kale n Linken in der Weise geschlossen werden können, da�die Wahlen als Stichwahlen betrachtet werden, bei denendiejenigen Kandidaten der zwei Parteien—Sozialdemokraten und Radikale—, die die niedrigsteStimmenzahl bei den Wahlen von 190g hatten,zurückgezogen werden, wie denn auch Gegenkandi-daten von den zwei Parteien in den Kreisen, die sie zurzeitbesitzen, nicht aufgestellt werden."Der Redner bemerkte zum Schluß, daß nach der Neuwahl desFolkethingS der Kampf mit dem Landsthing beginnt. Es ist erhebendfür uns Sozialdemokraten, sagte er, daß wir endlich dazu kommen,mit dem Landsthing abzurechnen, mit dieser volksfeindlichen, hals-starrigen Ueberlieferung aus einer Zeit, wo der Krieg gerade dasLand verheert hatte.Der Vorschlag des Hauptvorstandes rief eine rege und lebhafteDebatte hervor. Ein Teil der Redner, wie die Genossen ViggoChristensen, Gerson Trier und andere, verlangten ent-schieden, daß die Sozialdemokratie den Kampf allein ausfechtensolle. Nur dadurch komme die dänische Partei in Ueberein-stimmung mit der internationalen Sozialdemokratie, sagte derGenosse Trier. Andere Redner traten ebenso entschieden für dasWahlbündnis mit den Radikalen ein. Die Abstimmung ergabdie Annahme der Resolution des Hauptvorstandesmit 316 gegen 38 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen.Auf Grund dieses Beschlusses stellt die Sozialdemokratie beiden bevorstehenden Wahlen Kandidaten in 55 Kreisen auf.Sodann beschloß der Parteitag ein Manifest an die Wähler.Darin wird die politische Situation geschildert; es wird hervor-gehoben, daß das Ziel der Sozialdemokratie auf militärischemGebiet die Abrüstung, auf ökonomischem Gebieteder Uebergang der Produktionsmittel in dasgemeinsame Eigentum des Volkes ist; daß dieseZiele erst erreicht werden können, wenn die Sozialdemokratie dieMehrheit erlangt hat, daß sie aber jetzt schon daran interessiert ist,zusammen mit andern Minderheiten eine Mehrheit zustande zubringen, die alles Festungswesen beseitigen, dieMilitärausgaben ernsthaft reduzieren, das Volkvon neuen drückenden Lasten freimachen, eine Reihe sozialer Re-formen durchführen und die Verfassung des Landes auf dem glei-chen allgemeinen Wahlrecht aufbauen kann. Zum Schluß desManifestes heißt es:„Die Arbeiterklasse hat sich organisiert, der HäuSlerstand�Kleinbauern) organisiert sich ebenfalls. Zusammen sind sie dieMehrheit des Volkes. Zusammen mit den freigesinnten undfortschrittlichen Männern und Frauen anderer Gesellschafts-schichten kann die arbeitende Klasse in den Städten und auf demLande bei dieser Wahl eien Wählcrheer zusammenbringen, dasdie Sache der Demokratie zu vollem Siege führen will und darfund kann. Im Vertrauen auf den demokratischen Willen und dieKraft des dänischen Vglkes gehen wir zur Wahl unier derLosung:Nieder mit der Festung! Nieder mit den Militärausgaben!Nieder mit dem privilegierten Wahlrecht! Hoch die Selbstvcrwal-tung des Volkes und die Verbrüderung der Völker!"Wir verkennen nicht, daß unsere dänische Bruderpartei sich ineiner außergewöhnlichen und schwierigen Situ-ation befindet, und wollen nur hoffen, daß die Selbstverleug-nung, die dieses sehr weitgehende Wahlkompromiß der Partei auf-erlegt, die gewünschte Wirkung habe und der Partei für die Zu-kunft umsomehr Gelegenheit geben wird, den Klassenkampf in allerSchärfe zu führen.Cflrkei.Der Aufstand in Albanie«.Die Situation wird für die türkischen Truppen immer un-behaglicker. Im türkischen Lager herrscht Zwietracht zwischenden Befehlshabern. Man hat zudem offenbar die Stimmungder Albanesen falsch beurteilt und deshalb eine zukleine Truppenmacht angesammelt. So konnten sich dieAlbanesen des Paffes von Katschank bemächtigen, durch den dieBahn Uesküb-Mitrowitza geht und den Türken diese wichtige Bahn-Verbindung abschneiden. Ueber die letzten Kämpfe wird aus Belgradtelegraphiert:8000 Albanesen unternahmen auf die türkischen Truppen einenAngriff. Letztere bestanden aus 15 Bataillonen Infanterie, wenigKavallerie, 10 Geschützen, 8 Maschinengewehren und ftande/i unterdem Befehl Dourgut Paschas. Bei dem Kampfe, der in der NähedeS Passes Wrelo Tzernoljewo stattfand, wurde der rechte türkischeFlügel zurückgeschlagen. DaS Zentrum der Truppen ist be-müht, sich durch die feindlichen Linien nach Prizrend durchzuschlagen,jedoch erfolglos. Nach blutigem achtstündigen Kampfe flüchtetendie türkischen Truppen nach Lipljano. Auf beiden Seiten gab esgroße Verluste. Die Verwundeten wurden nach Werisowitschgebracht. Am selben Tage wurde türkisches Militär in der Nähevon Prikchtina und Djakowitza von Albanesen angegriffen. Dreitürkische Bataillone wurden von etwa 5000 Albanesen eingeschlossen.Die türkischen Truppen sind von Uesküb abgeschnitten, wo großePanik herrscht._Neue Kämpfe.Saloniki, 26. April. Der Bahnverkehr zwischen Ueskübund Mitrowitza ist heut« durch d'« Rebellen unterbrochenworden. Nach den vorliegenden spärlichen Meldungen finden zwischenKatschank und Werisowitsch Kämpfe zwischen Truppen und Ar-imuten statt. Godanza, Ratschka und Zbortze seien bombardiertworden. Seit S Uhr vormittags werde auch bei Belopolje in derRichtung auf Jpek gekämpft. Beide Gegner hätten erheblicheVerluste erlitten.HImerika.Für de« Schutzzoll.Saint Louis, 26. April. Vizepräsident Sherman hielt vorder Industrievereinigung eine Rede, in der er den neuen Tarifwarn, verteidigte. Die Schutzzollpolitik werde von Amerikaniemals aufgegeben werden. Das neue Gesetz werde das Defizitwahrscheinlich im ersten Jahre verschwinden lassen. Andererseitsübersteige die Einfuhr der letzten acht Monate diejenige der ent-sprechenden Zeit im Vorjahre um mehr als 200 Millionen Dollar.Neun Zehntel der eingeführten Waren können in Amerika hergestelltwerden. Wenn die Tariffrage noch einmal wieder aufleben sollte,würde es vielleicht für notwendig befunden werden, die Einfuhr-z ö l l e in einigen Punkten noch zu erhöhen.Hu 9 der Partei.Zur Maifeier.In Dortmund wurde eine Versammlung unterfreiem Himmel an der Hobertsburg genehmigt, dagegendie Genehmigung für einen Umzug verlagt. Das Verbot be-gründet der Oberbürgermeister wie folgt:„Die Genehmigung zu dem Umzüge wird versagt, weil einer-seits zurzeit ein äußerst gespanntes Verhältniszwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in-folge einer ungewöhnlich großen Aussperrungherrscht und weil andererseiis die Maifeier- Demonstration,die an sich eine Auflehnung gegen die heutige staat-liche und wirtschaftliche Ordnung darstellt, in diesemJahre mit Wahlrechtsdemonstrationen nicht nurzeitlich zusammenfällt, sondern auch aus Parteikreisen alsnächste Kundgebung im Wahlrechtskampfe bezeichnetist. Demgemäß ist auch mit Rücksicht auf die tatsächlichen Vor-kommnisse in verschiedenen Orten bei Gelegenheit der beab-sichtigten Erzwingung von Umzügen ohne Erlaubnis gelegentlich derletzten Straßendemonstrationen die Annahme berechtigt, oaß geradeunter den hier obwaltenden Umständen mit einer unmittel»baren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit,Ruhe und Ordnung gerechnet werden muß."Das schon gemeldete Verbot des Umzugs in Bochum ist alsobegründet:„Der Aufzug soll, wieß aus der Nummer V2 deS„Volksblattes"hervorgeht, eine Demonstration sein nicht nur für die Bestrebungen,die in der„Maifeier" ihren Ausdruck finden, sondern es soll zu-gleich, und zwar auf der Straße, demonstriert werden gegen„dieAussperrung der Bauarbeiter",„die allgemeine wirtschaftliche KrisiS",„eine Entrechtung der Arbeiter auf dem Gebiete der Sozialversicherungund Vorenthaltung politischer Rechte" sowie gegen„eine blutigePolizeiwirtschaft gegenüber friedlichen Wahlrechtsdenionstranten, In-kriminierung und Verurteilung der beleidigten und mißhandeltenBürger auf Grund der Aussagen der schuldigen Polizeibeamten."Mit Rücksicht darauf, daß eine derartige Kundgebung geeignetist, in den der Sozialdemokratie abgeneigten Kreisen der BevölkerungUnruhe, Erregung und Erbitterung hervorzurufen, sowie daß durchsie diejenigen Elemente, welche bei den in Bochum am 6. März 1910stattgefundenen Wahlrechtsdemonstrationen die öffentliche Ruhe undOrdnung durch ihr strafbares Verhalten gestört haben, zu neuen undschwereren Ausschreitungen angereizt würden, ist die Befürchtung vonGefahren für die öffentliche Sicherheit tatsächlich begründet.So viel Umstände hat sich der Polizeileiter von Essen nicht.gemacht. Er resolviert kurz, daß das Verbot erfolgen muß, weil,„abgesehen von der Störung der Verkehrsverhältnisse, zu befürchtenist, daß bei der Tendenz der Veranstaltung in Verbindung mit derzu erwartenden starken Teilnehmerzahl Beunruhigung und Erregungin die Bevölkerung getragen und daher Gefahr für die öffentlicheSicherheit begründet wird".Der Polizeipräsident von F r a n k f u r t a. M. verbot denUmzug, weil es sich um einen Aufzug aus Anlaß der Begehung dessogenannten sozialdemokratischen„Weltfeiertages" handelt,„der sichals eine Kundgebung gegen die bestehende staatliche und Wirtschaft-liche Ordnung darstellt und als solcher von vornhereineinen demonstrativen Charakter trägt. Derartige Kund-gebungen sind geeignet, auf weitere Kreise der Bevölkerungbeunruhigend und aufreizend zu wirken. Nach den bisherigentatsächlichen Erfahrungen hier ist die Annahme Iveiter gerechtfertigt,daß die Möglichkeit von Ausschreitungen seitens der Ziigteilnehuiernahe liegt, und somit die Besorgnis der Gefahr für die öffentlicheSicherheit von vornherein begründet erscheint". Außerdem glaubtder Polizeipräsident die allgemeine Verkehrssicherheit gefährdet.Eine Demonftrationsversammlung unter freiem Himmel, die dieStädte Solingen, Wald, Ohligs. Gräfrath undH ö h s ch e i d(oberer Kreis Solingen) gemeinsam veranstalten, hatdie Genehmigung des Landrats in Solingen ge-f u n d e n. Die Versammlung findet auf einem großen Bauterrainin der Nähe von Solingen statt. Der Landrat machte die Ge-nehmigung davon abhängig, daß die Partei ihre eigene PolizeisOrdner) stellt. Vom Versammlungsplatze aus marschieren dieTeilnehmer in die einzelnen Orte zurück, wo dann die eigentlicheMaifeier stattfindet._Gemeindewahlsieg.In Thale a. Harz siegte in der Stichwahl der sozialdemo-kraiische Kandidat mit 513 gegen 330 Stimmen für de» bürgerlichenKandidaten.Parteiliteratur.Im Verlage der Buchhandlung Vorwärts erschiensoeben:Protokoll über dir Verhandlungen deS Parteitages der sozial-demokratischen Partei Preußens. Abgehalten zu Berlin vom 3. bis5. Januar 1910. Verlag Buchhandlung Vorwärts. Berlin S�iV. 68.Preis 1,20 M. Auf besserem Papier 2 M. Die VerhandlungendeS Parteitages sind für jeden Politiker von größtem Interesse.besonders die Verhandlungsgegenstände: Die Wahlrechtssrage inPreußen.— Die Verwaltung PreußenS.— Das Kommunalprogrammin Preußen.Biblische Geschichten. Beiträge zum geschichtlichen Verständnisder Religion von Max Maurenbrecher. Heft 8 behandelt dieAuferstehungSgeschichten.Das ganze Werk ist nunmehr auch in einem Band erschienen,enthaltend alle 10 Hefte der Biblischen Geschichten und zwar:Schöpfungsgeschichten— Sintflutgeschichlen— Erzvätergeschichten—Mosrgeschichten— Das sogenannte Gesetz des Mose— DiePropheten(Skizze der Entwickelung der israelitischen Religion)—Die Entstehung deS Judentums— Aufecstehungsgeschichten— Weih»nachtsgeschichten— Der geschichtliche Jesus.Preis broschiert 6 M., gebunden 7,50 M. Jedes der angeführtenKapitel ist in sich abgeschlossen und einzeln zum Preise von je 1 M.,Volksausgabe 40 Pf., zu beziehen.Iugendbexvegung.Die Mainummer der„Ardeiter-Jugcnd".Die soeben erschienene Nr. 9 der„Arbeiter-Jugend" bat folgendenInhalt:Der Mai ist da I Von Jürgen Brand.— AuS meiner Kind-heit. Von Otto Krille.— Die politischen Parteien. LiberaleWandlungen. Die Nationalliberalen.(Schluß.)— Heinrich Heinein seinen Prosaschriften(Mit zwei Bildern.) Bon Nich. Wagner.—Die Lebewesen unter dem Mikroskop.(Illustriert.) Von S.Drucker.— Aus der Jugendbewegung.— Von den Gegnern.— Des Lehr-lings Leidenschronik usw.Beilage. Der Mai geht durch die Lande. Vollbild vonErich Schilling.— Maicuweihe. Gedicht von Ludwig Lessen.—Ein erster Mai. Reiseerinnerungen von Kersten Blunck.— WieSven Hedin in Tibet entdeckt wurde.(Illustriert.)— Frühlings-morgen. Gedicht von Emma Döltz.— Redensarten. Von R. Franz.Cäsar. Erzählung von Karl A. Meyer. U. o. m.