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wZhr«nddieKo!onien!e?nenRnteildaranhaven. Sie sind staatsrechtlich Organismen, die durch das Deutsche Reich beherrscht werden, also eine Dependenz des Reiches sind, und die später möglicherweise einmal selbständige Staaten werden können. Auch aus diesem Grunde ist die Anerkennung der Kriegskosten als einer Schuld der Kolonien wichtig. Weshalb sollen denn die Profit- interessenten in Südwestafrika nicht herangezogen werden? Einer der Herren auS den anderen Parteien führte da einen merkwürdigen Grund an. Er sagte, als ich in Ostafrika war, lernte ich einen Mann kennen der nur ei» Maultier besaß, und nach drei Jahren bereits eine Plantage, die er nicht für 100 VW ) M. verkaufen wollte. Das ist ja gerade ein Argument für die Heranziehung dieser Leute.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Vor der Okkupation war das Land in den Händen einer Anzahl ein- geborener Stämme, die nach ihrer Art selbständig auf diesem Boden ihre Nahrung erwarben. Nachdem die deutschen spcku- lierendeu Kulturträger ins Land gedrungen sind, nachdem das Deutsche Reich mit seinen Machtmitteln das Kulturwert vrkiVndst hat, ist der tüchtigste Stamm, die Hereros, bis aus ein Viertel aus- gerottet und vertrieben. Die Hottentotten sind auf die Hälfte reduziert, den aufständischen Stämmen ist das Land genommen, sie sind besitzlos, Willem- und wehrlose Ausbeutungsobjekte für die intrr- nationalen Lvapitalisten, denn darüber darf man sich keiner Täuschung hängeben, dah mindestens soviel ausländisches Kapital wie deutsches dort interessiert ist. DaS kann man nicht hindern, man kann das Land nicht, wie manche kolonialen Kreise gern möchden, �um bloßen Ausbeutungsobjekt für deutsche Kapitalisten machen. Das erlauben die inter - nationalen Beziehungen nicht.(Sehr richtig! bei den Sozialdemo- kraten.) Also wir haben dort ein großes Land, das tatsächlich den Eingeborenen abgenommen ist, die Eingeborenen find zu wehr- losen und willenlosen Proletariern gemacht, worin ia Herr Dern. bürg eine Hauptaufgabe der Verwaltung den Eingeborenen gegen- über sieht. Ich erinnere nur an das Verbot für die Eingeborenen, Großvieh zu besitzen. Und die Kosten für diese Volksruinierung trägt der deutsche Steuerzahler; mindestens 2000 Menschenleben und Hunderte von Millionen hat diese Politik dem deutschen Volke gekostet. Niemals kann es sich darum handeln, daß Südwest- afrika ein Siedclungsgebiet werden könnte, wie gewisse englische Kolonien, etwa Australien oder Kanada . Es ist lediglich ein kapitalistisches AnSbeutungsobjekt, für das daS Reich die Kosten ausschließlich tragen soll. DaS ist ein unhaltbarer Zustand, den nicht nur wir Sozialdemokraten der- antworten können, sondern, den der ganz« Reichstag nicht verantworten kann.(Lebhaftes Sehr richtigl bei den Sozialdemokraten.) Um nun wenigstens etwas diesen unheil- vollen Verhältnissen entgegen zu arbeiten, haben wir unseren Vorschlag gemacht, der durchführbar und praktisch ist, den im Prinzip die Landkommisston anerkannt hat und an dessen Verwirk- lichung in den südwestafrikanischen Gemeinden die Verwaltung herangegangen ist. Ein freisinniges Mitglied der Kom- Mission sagte, für eine WertzuwachSstcuer sei cS jetzt zu spät. Die Diamantenspekulanten könne man nicht mehr fassen. Herr D r ö s ch e r sagte dagegen gestern, er könne die Einführung der Wertzuwcrchssteuer nicht gut heißen, weiles zu früh sei, die Verhältnisse sollten erst ausreifen. Zwischen beiden An- schauungen hält der sozialdemokratische Antrag den goldenen Mittelweg.(Heiterkeit.) Mit Recht golden, weil er den deutschen Steuerzahlern Gold einbringen soll, und deswegen können Sie von rechts und lrnks und aus der Mitte den Vorschlag einmütig an- nehmen.(Bvavol bei den Sozialdemokraten.) Nun wenidet sich der Staatssekretär noch mit einem anderen Einwand gegen den Antrag. Er sagt, er greife in das kaiserliche VcmdnungSrecht ein. Diese Begeisterung des Herrn Dernburg (für das kaiserliche Verordnungsrecht macht die liberalen Freunde des Staatssekretärs überraschend. Uns überrascht sie nicht. Wir wnssen längst, daß Herr Dernburg der ausgepichteste aller Bureaukrateu ist. (Große Heiterbeit.) Die Liberalen aber haben Herrn Dernburg zugejubait, weil er aus Börsenkreisen kam.(Widerspruch des Abg. H a u ß m a n n.) Nun, Kollege Hautzmann, Sie mögen ja nicht so gejubelt haben, Ihre Freunde aber um so mehr.(Heiter- keit und Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Mich erinnert der liberale Jubel an die Aeußerung eines mir bekannten Armeniers, daß P e r s i e n der demokratischste Staat sei, weil dort der Schah seinen Pfeifenträger oder Stiefelputzer zum Großvezier machen könne. (Stürmische, minutenlange Heiterkeit im ganzen Hause.) Herr Dernburg ist doch weder vom Reichstag noch von der Börse noch von irgendeiner Volksversammlung in sein Amt berufen worden. sondern durch das hohe Belieben S. M. �Grohe Heitev- keit.) Gewisse demokratische Allüren, zum Beispiel eme gewisse ungezwungene AuSdrucksweise(große Heiterkeit), hat Herr Dern- bürg ja beibehalten. Sonst aber hat er sich trefflich in das höfische Milieu eingelebt, und ich weiß wahrhaftig nicht, warum er anders 'behandelt werden soll, als die andere« Teilhaber der Firma Bethmann«. Co. (Große Heiterkeit.) Herr Dernburg hat gestern unseren Antrag als unzulässig bezeichnet, weil er staatsrechtliche und finanzielle Materien verbindet. Der Staatssekretär scheint nichts zu wissen von den Vorgängen in England, von der Verknüpfung der Budget- mit der Vetofrage, er scheint nie gehört zu haben von dem schönen Wort:Kein Kanitz, keine Kähne", und von der Lex T r i m b o r n scheint er auch nichts vernommen zu haben. Es ist doch sehr blamabel für die Regierung, daß eins ihrer Mitglieder eine derartige Unkenntnis der parlamentarischen und konstitutiv- nellen Rechte und Gebräuche besitzt, aber trotz dieser Unkenntnis hierherkommt und mit gespreizter Selbstgefälligkeit uns Vorlesungen hält.(Glocke deö Präsidenten...) Vizepräsident Erbprinz zu Hohenlohe: Gespreizte Selb st- gefälligkeit in Anwendung auf einen Staatssekretär ist ein parlamentarisch unzulässiger Ausdruck. Abg. Ledcbour: Vielleicht hat der Herr Präsident die Güte und nennt mir«inen besseren Ausdruck.(Stürmische Heiterkeit.) Vizepräsident Hohenlohe: Es ist doch schließlich nicht meine Aufgabe, Ihnen bessere Ausdrücke zu nennen.(Stürmische Heiterkeit.) Abg. Ledeionr: DaS habe ich auch nicht erwartet.(Er- neute große Heiterkeit.) Im Fall der Ablehnung unseres Antrages werden wir für den Antrag Lattmann stimmen. Wir erkennen gern an, daß sich mehrere bürgerliche Mitglieder der Budgetkommisfion sehr um Aufhellung der Sachlage und um Formulierung geeigneter Resolutionen bemüht haben.(Abg. Kreth: Gott wie gnädig!) Ach, wir erkennen gern das gute an, das von anderer Seite geschieht. (Sehr wahr I bei de» Sozialdemokraten.) Wir haben auch stet« die Ber- Lenste de« Staatssekretärs Dernburg anerkannt, trotz unserer prinzipiell ablehnenden Haltung gegen ihn. WaS uns in erster Linie von dem Staatssekretär ttennt, das ist seine großkapitalistische Kolonialpolitik. Um Mißdeutungen zu vermeiden, will ich auS- drücklich erklären, daß wir ihm selbstverständlich nicht vor- werfen, daß er etwa persönlich an einer solchen Politik interessiert sei. Seine Politik ist in dem Sinne großkapitalistisch, daß sie die kapitalistische Ausbeutung der Kolonien und ihrer farbigen Bevölkerung fördert und zu diesem Zwecke auch eingestandenermaßen dir Proletarificrung und Berelendung der Ein­geborenen herbeiführt. Der Kampf zwischen den großen und kleinen weißen Kapitalisten ist im Grunde nichts als ein Kampf um dir Beute.(Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.) Mr wünschen, daß die Regierung in dem Kampfe möglichst neutral sich verhält. Urbrigcns werden die kleinen Hechte auch«hne Regierungshilfe vi« den große» Haie» ge- fressen werden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Mr miß- billigen aus dus entschiedenste die versteckten, eines großzügigen Staatsmannes wirklich unwürdigen Drohungen, die Dernburg gestern gegen die Lüderitzbuchter ausstieß, obwohl wir selbstredend mit diesen Leuten nichts zu schaffeu haben. Der Reichstag hat m einer Resolution beschlossen, die Sin- geborenen mit Land und Vieh auszustatten. Nach anderthalb Jahren hat endlich der Bundesrat dazu Stellung genonimen und hat die Resolution abgelehnt. Zu Ehren des Bundesrats ist anzu- nehmen, daß er über die Verhältnisse nicht informiert war und sich auf die Darstellungen Dernburgs verlassen hat. Der Staatssekretär machte sich seine Ablehnung recht leicht. Er sagte, man könne von ihm keine besondere Liebe für die Resolution erwarten, da er doch auch recht wenig liebevoll im Reichstag behandelt werde. Nun, wir unsererseits verlangen von der Regierung wahrhaftig keine liebevolle Behandlung.(Heiterkeit.) Aber mit solchen Witzen soll man doch nicht über eine ernsthafte Angelegenheit wegzukommen suchen, wo es sich nm die Ehrenpflicht des Reiches gegen«ine unterdrückte und zertretene Bevölkerung handelt.(Lebhaftes Sehr richtigl bei den Sozialdemokraten.) Der Reichstag mutz darauf bestehen, daß seine Ansichten hinsichtlich der Eingeborenen ausgeführt werden, und darf sich eine derartige Verhöhnung nicht gefallen lassen.(Vizepräsident Erbprinz Hohenlohe saßt nach der Glocke, wirft Hilfe- suchende Blicke auf die Schriftführer, beratschlagt ein paar Minuten mit dem Schriftführer H e ck s ch e r und zieht seine Finger von der Glocke wieder zurück.) Wir bitten um Annahme unseres Antrags und werden, wie gesagt, im Falle seiner Ablehnung dem Anttag Lattmann zustimmen. Die deutschen Steuerzahler haben ein Recht, zu fordern, daß die Interessenten und Spekulanten zu den Kosten herangezogen werden.(Lebhaftes Bravo I bei den Sozialdemokraten.) Abg. Lattmann(Wirtsch. Vg.) bittet dringend um Annahme seines Anttages. Die Konservativen, das Zentrum, die Wirtschaftliche Vereinigung und die Sozialdemo» kraten find sich einig über den Grundgedanken der Heranziehung der Interessenten zu den Kosten. Redner polemifiert erregt gegen die Darstellung der liberalen Presse. als ob er aus a n t i f e m i- tischen Motiven gegen Dernburg Stellung genommen habe, und weist darauf hin. daß er in vielen Fällen den Staatssekretär rückhaltlos unterstützt habe. Bedauerlich sei die Stellungnahme der liberalen Parteien, namentlich auch der national- liberalen Partei, in dieser Frage. Die südwestaftikanischen Kapitalisten müßten sich schämen, sich der Zu- ziehung zu den Kosten entziehen zu wollen. Gegen den Antrag der Sozialdemokraten werden wir stimmen, obwohl wir den im Antrage enthaltenen Ge- danken der Wertzuwachssteuer prinzipiell akzeptieren; desgleichen lehnen wir den Freisinns anttag ab. Man spricht von der Enteignung" der Gesellschaft. Man enteignet doch in der Ostmark meiner Meinung nach mit Recht warum soll man da nicht in Südwestafrika enteignen, wenn das Gemeinwohl es erfordert? Der Parteien, die nicht auf dem Boden des wirt- schastlichen Liberalismus stehen, beginnt sich ein gewisses Miß- trauen gegen dir Kolonialpolitik des Staatssekretärs zu bemächtigen. (Hört l hört!) Wir verlangen ein« nationale Kolonialpolitik. Eine solche hat zu beruhen auf dem guten Verhältnis zu den Weißen. Der Staatssekretär hat hier schwere Fehler begangen. Nur die Kolonialpolitik kann florieren, die getragen wird von dem Wer- trauen der Nation.(Lebhafter anhaltender Beifall rechts und im Zentrum.) Abg. Werner(Ant.) schließt sich den Ausführungen des Vorredners an und bedauert das Scheiden SchuckmannS.(Bravo I rechts.) Abg. Erzberger(Z.): Möge der Antrag Lattmann angenommen werden oder nicht, ich bin mit dem Verlauf der Debatte zufrieden, denn der Grundgedanke deS AnttageS das hat die Debatte ge- zeigt wird sich Bahn brechen. Dem gegenüber kommen die kleinen Bemängelungen des Staatssekretärs nicht in Betracht, auch wenn er sie in reklamehafter Uebertreibung vorgebracht hat. Vizepräsident Erbprinz zu Hohenlohe rügt diesen Ausdruck. Abg. Erzberger(fortfahrend): Nim, der Staatssekretär sagte doch, ich hätte den Ausdruck Bureaukratie 8 X 00 mal gebraucht(Staats- ekretär Dernburg : Das ist ja ein biblischer Ausdruck.) 7X70, a das steht in der Bibel; aber der Staatssekretär hat a mildernde Umstände, wenn er in der Bibel nicht o bewandert ist.(Große Heiterkeit.) Der Redner polemisiert gegen die gesttigen Ausführungen des Abg. Semler und des Staats- fekretärS. Redner geht dann auf die Frag« der Hoheitsrechte der Gesellschaften, die er nicht enteignet, sondern abgelöst wissen will, und ricktet über den Bergrezeß folgend« vier Fragen an den Staatssekretär, um deren Prüfung durch da» Reichsjustizamt er bittet: 1. Hat die Kolonialgesellschast auf alle BerghoheitS- rechte verzichtet? 2. Kann der Fisku» in diesem Gebiet der Kolonialgesellschast Bergbau auf eigene Rechnung treiben? Z. Kann der FiSkuS für sich sperren und dauernde» Ab- baurecht erhalten? 4. Kann der Fiskus im Gebiet der Kolonialgesellschast G e« bühren für sich erheben? Gegen den neuen Vertrag mit der Kolonialgesellschast erhebt der Redner vor allem den Vorwurf, daß von neuem der Gesellschaft ein Privileg erteilt wird. Der Redner geht dann auf die Rechtsgrundlagen der Deutschen Kolonialgesellschaft als RechtSnachfolgerm von Lüderitz ein; die ganze Grundlage besteht in dem Schuld- brief einer Gemeinde, ausgestellt von dem Kapitän der roten Nation Manasse(Heiterkeit.) über 40<X) M. und einem Urteil der Bergbehörde, die daraus die Berghoheit der Gesellschaft ableitet. Diese Grundlage darf nicht von einem Schiedsgericht, sondern muß von einem ordentlicken Gericht geprüft werden.(Zustimmung.) Staatssekretär Dernburg : Der von Herrn Erzberger verlesene Schuldbrief ist eine falsche Üebersetzung de« holländrschen Originals, in welchem ansdrückltch steht:Wir verpflichten uns, dieses Geld durch Ueberlossung von Minen zurückzuzahlen." Bei solcher Steuer. wie sie Herr Erzberger und Lattmann vorschlagen, würden die Aktien nicht in Südwestaftiw bleiben, sondern nach Berlin gesckickt werden, wo ste keine Steuern zu zahlen haben.(Sehr richtig! bei den Nattonallibcralen.) Auf die Liebenswürdigkeiten des Herrn Ledebour will ich nicht eingehen, feine Versönlichkeit ist mir dadurch klarer geworden; aber vor dem von thm vorgeschlagenen Weg. eine Wertzuwachs- steuer einzuführen, um eine Anleihe darauf zu gründen, warne ich dringend.(Zustimmung bei den Nationalliberalen und der Volks- Partei.) Bezüglich der Ausführungen über daS Budgettecht kommen die Ausführungen des Abgeordneten Erzberger auf eine Stärkung der parlamentärischen Gewalt!, aufeine Verminderung deS BerordnungSrechtS hinaus. Eines der schlimmsten Schlagwörter ist das von der kapitalisti - scheu Kolonialpolitik. Für große Minenunternehmungen ist es nötig, assoziiertes Kapital zu finden, lind eS ist ein Trugschluß, daß dieses nur aus reichen Leuten besteht.(Sehr richtig I bei den National- liberalen und bei der Fortschrittlichen Bolkspartei.) DaS ist ein demagogische» Mittel, um die Gesellschaftsklassen in Deutschland gegeneinander aufzustacheln. Ich weise mit Entschiedenheit den Vorwurf zurück, daß ich mich vom Großkapital habe einfangen lassen, aber ich habe dem bestehenden Recht Stechnung tragen müssen. Worauf ich mich der deutschen Kolonial- gesellschaft gegenüber stütze, liegt auf dem Gebiet deS A n st a n d e S und der E t h l k. Der Vertrag der Gesellschaft ist unterzeichnet von Wilhelm l. und dem Fürsten Bismarck und dagegen vorzugehen halte ich mit meinen Begriffen von An st and nicht für vereinbar. (Lebhafte Zustimmung bei den Notionalliberalen.) Die von der Kommisston gewünschte Denkschrift werde ich dem Reichstage zugehen lassen. Gegen eine Kriegs st euer habe ich sehr erhebliche Bedenken; dagegen bin ich mtt dem Grund- aedanken der Kommission, leistungSfähge Personen und Gesellschaften zur Entlastung des ReichSfiskus heranzuziehen. einverstanden.(Bravo l bei den Nationalliberalen und der Forttchrittlichen Bolkspartei.) Mg.«. Oertzen(Rp.): Kolonien, in deren Interesse et« Krieg geführt wird, müssen auch zu einem gewissen Teil zu den Kosten herangezogen werden.(Sehr richtig I) Wir stimmen gegen de» An- trag Lattmann für die Resolution der Kommission. Abg. Dr. Mugdan (Forlschr. Vp.): Der Antrag Lattmann ist nichts als der etwas veränderte Anttag Erzberger , hmter dem offen» bar die Herren vom Zentrum stehen, denn es hat ja gar kein anderer Vertreter des Zentrums gesprochen. Die ganze Sache hätte überhaupt zuerst im Plenum verhandelt werden müssen.(Sehr richtigl links.) Glauben Sie etwa, der Mittelstand wird Ihnen all die Steuern und die Ablehnung der Erbschaftssteuer vergessen.(Große Unruhe rechts und im Zentrum. Sehr gut'l links.) Warum Herr Erzberger seine Fragen jetzt noch stellt, weiß ich nicht, denn der größte Teil derselben würde ,a beantwortet, wenn die Resolution der Budgetkommission an- genommen würde. DaS interessanteste auS der heutigen Debatte war die Erklärung des Herrn Staatssekretär, er könne nicht mehr im Amte bleiben, wenn daS Gesetz ivürde, was der Antrag Lattmann verlangt. Ich glaube daS deutsche Volk und der Reichstag wird es sich noch sehr überlegen, wem es mehr glaubt, den Herren Erzberger , Lattmann, Werner oder dem Herrn Staatssekretär des Kolonialamts.(Bravo I links.) Abg. Ledebour(Soz.): Nur noch ein paar kurze Worte. Auf dieMittelstandsttagen" gehe ich hier nicht ein. Amüsant ist eS ja für uns Sozialdemokraten, die wir von Konservativen und Liberalen als MittelstandSfeinde bezeichnet werden(Rufe bei den Antisemiten: Sind Sie auch I Lachen bei den Sozialdemokraten), zu sehen, wie sich jetzt die Herren gegenseitig als Mtttelstandsfeinde denunzieren. (Heiterkeit und Sehr gut! bei den Sozialdemokralen.) Herr Dernburg beschwerte sick darüber, daß wir seine Kolonialpolitik als großkapitalistisch bezeichnet haben. Nach unserer Anschauung kann es überhaupt keine andere als eine großkapitalistische Kolonialpolitik geben; jede Politik deS heutigen Staates ist großkapitalistisch und die Kolonialpolitik noch mehr als alle anderen Zweige der Politik.(Sehr wahrl bei den Sozialdemokraten.) Es ändert nicht» an dem großkapitalistischen Charakter, wenn sich die Aktien einer Kolonialgesellschast zum Teil in den Händen kleiner Leute befinden. Dadurch wird die Betriebsform in keiner Weise modifiziert(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten) und es zeugt nickt von kapita- listischer Schulung, daß uns Herr Dernburg mit diesem Entwurf kam. Zum Schluß stelle ich nochmals fest, daß der Herr Staatssekretär aus meine dreimalige Frage in der Kommission und im Plenum über die Anweisung der Reservationen für die Eingeborenen nicht geantwortet hat.(Hört I hört I bei den Sozialdemokaten.) Abg. Lattmann(Wirtsch. Vg.): Der Freisinn hat für den Mttel- stand wohl große Worte, aber nicht den Mut der Taten gehabt. (Lachen links.) Damit schließt die Diskussion. In der Abstimmung wird der Anttag Lattmann sowie der Anttag Albrecht(Soz.), Einführung der Wertzuwachssteuer in Südwestaftika. abgelehnt, das Gesetz und die Resowtton der Budgetkommisfion wird angenommen. Es folgt die Interpellation Bassermann(natl.) be- tteffend Einführung von Zollerhöhungen an- gesichtS des Inkrafttretens des französischen Zolltarifs. Auf die Anfrage deS Präsidenten Grafen Schwerin, ob und wann der Reichskanzler die Interpellation zu beantworten gedenkt, erklärt Staatssettetär Delbrück: Der Reichskanzler werde über den Tag der Beantwortung sich mit dem Präsidenten ins Benehmen setzen. Hierauf vertagt sich daS HauS auf Montag 2 Uhr.(Lende- rung des Posttaxengesetzes, StellenvermittelungSgesetz, Bemer Ueber« einkunft. Zuständigkeit des Reichsgerichts.) Schluß 7 Uhr._ Hub der Frauenbewegung. Frauen und Maifeier. Unsere Maifeier ist der Ausdruck des proletarischen Mllen». eine Umwälzung der Gesellschaftsordnung herbeizuführen, deren kapitalistische Grundlage durch eine sozialistische zu ersetzen. Aber unsere Maifeier soll nicht nur eine Demonstration für dieses Ziel sein, ste soll auch dem sofortigen Arbeite tschutz in seinen ver­schiedenen Formen dienen. Und wie d«S großen Zieles wegen, so find die Frauen auch in Hinficht ans die prakttschen Zwecke der Maifeier an dieser ganz außerordentlich interessiert. Wer be- dürste wohl mehr deS Schutzes gegen Ausbeutung und Unterdrückung als die proletarische Frau? Dem Kapitalismus ist olle Sentimentalität ftemd l Mtt gierigem Profithunger zwingt er das Weib in seine Fron; seine brutal zugreifenden Arme reißen die Frau und Mutter von der Seite der Kinder, die so dringend deren Aufficht bedürfen. Unsere gelobte Gesellschaft»- ordnung macht das Weib zu der am schlechtesten gelohnten Dienerin der Maschine. Ohne Rücksicht auf ihre Konstitutton und aus ihre Bestimmung als Trägerin kommender Generattonen, ohne Erbarmen mtt Mutter und Kind, tteibt kapitalistische Raffgier die Frau in mörderische Fabriken, w Gisthütten, in Nerven zermürbende Be- triebe hinein. Unter der dreifachen Last als HauSftau, Mutter und Erwerbs- tätige ist die proletarische Frau früh verbraucht. schon in jungen Jahren eine Greifin. und erschreckend groß ist die Kindersterblichkeit in den unter der kapitalistischen Fuchtel seufzenden proletarischen Kreisen. Wie ein Hohn könnte die Proletarierin die Forderung deS Acht- stundentages empfinden. Arbeitet fie doch gar 12, 14 und 16 Stunden. Und selbst nach solcher Leistung kann fie nicht sorgenlos sich zur Ruhe legen, denn ttotz ber furchtbaren Anstrengungen reichen die Einkünfte oft genug nicht zur Befriedigung der dringendsten Not- dürft. Aber die denkende Frau hat erkannt, daß die Forderung des Achtstundentages kein Hohn auf ihre unendliche Plackerei sein soll. Sie weiß, daß die Forderung auch für sie erhoben wird, daß die moderne Arbeiterbewegung ihre Befteiung al« Weib und als Arbeiterin nicht nur verspricht, sondern auch bringen wird. Darum soll die Frau bei allen Veranstaltungen der Arbeiter- schaft in den ersten Reihen zu finden sein. Wenn heute daS Proletariat in den Versammlungen für den Achtstundentag, für ausgedehnten Arbeiterschutz, für politische Freiheit. für volle Gleichheit der Geschlechter in Staat und Gesellschaft und für den Völkerfrieden demonstriert, dann sollte keine Proletarierin fehlen. Die des Schutzes Bedürftigsten, die Unfreiesten, die am meisten Ausgebeuteten und Unterdrückten, sie haben auch die meiste Ursache, für Erlösung aus der kapitalistischen Knechtschaft zu demonstrieren. Darum, Ihr Frauen, herbei zur Maifeier! Versammlungen Veranstaltungen. Nieder-Schöncweidc. Dienstag, den 3. Mai, 8>/z Uhr. beim Genossen Statzlberg, Berliner Str. 124. Frauenversammlung. Berriu für Frauen und Mädchen der ArbcttcrUaffe. Mittwoch, den 4. Mai, Z'/i Uhr, Kommandantenstr. 72: Vortrag. Herr Dr. Heuß: »Ferdinand Freiligrath '. Amtlicher Marktbericht der städtischen Marktballen-Dtteklion über den Großbandel in den Zenttal-Marktballen. Marktlage: Fleisch! Zusubr schwach, GelchSst still, Preis« unverändert. Wild : Z isubr ohne Bedeutung, Geschäft ruhig, Preise sest. Geflügel: Zususr reichlich, Geichäst rege, Preise hoch. Fische: Zusuhr etwas reichücher, Geichäft lebhast, Preise teilweise hoch. Butter und Käs«: Geschäft ruhig, Preise unverändert. Gemüse, Obst und Südfrüchtet Zujuhr genügend, GelchSst ziemlich lebhast, Preise besttedigend. >