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Ar. 102. 27. Jahrgang. t Stildjc.Awiick" fnlintt MüMilt Dienstag. 3. Mai IM. Sie Gemeinheit. Der Beschluß, den Herr v. Bethmann Holl weg den urteilslosen Herrenhäuslern abgerungen hat, ist eine Niedertracht und eine Provokation, die an die Ehre jedes einzelnen Arbeiters greift. Feierlich ist in der Thronrede eine organische Fortentwickelung des Wahlrechts versprochen worden. Die Vorlage des Herrn von Bethmann war in ihrer ursprünglichen Gestalt schon ein Hohn auf dasKönigswort". Was dann der schwarz-blaue Schnaps- block aus der Vorlage gemacht hat, war nichts weniger als eine organische Fortentwickelung, ließ das ganze nieder- trächtige Privilegisnunrecht unberührt, und hatte nur den einzigen politischen Nutzen, das Zentrum zu entlarven. Was aber das Herrenhaus auf Geheiß des Herrn v. Bethmann an der Vorlage geändert, ist nicht nur keine organische Fortentwickelung, nicht nur, wie die Beschlüsse des Abgeord- netenhauses, eine Befestigung des bestehenden Unrechts, es ist eine willkürliche Rnckcntwickelung hinter den Stand vom Jahre 1893, eine Verschärfung des plutokratischen Charakters des gegenwärtigen Gesetzes. Die Entrechtung der Arbeiter- klasse wird vermehrt und zum bestehenden Rechtsraub kommt der neue Mandatsraub. Herr v. Bethmann ist der Mann nach dem Herzen des Herrn v. K r ö ch e r: Die Sozialdemokratie wird nicht als Subjekt, sondern als Objekt der Gesetzgebung behandelt, die Vertreter der Arbeiterklasse sollen aus dem Abgeord- netenhause wieder entfernt werden. Die Herren Junker wollen unter sich bleiben, sie können die Kritik unserer Vertreter nicht vertragen. So klein die sozialdemo- kratische Fraktion ist. so sehr ihre Kritik durch die Majorität eingeschränkt wird, so hat doch ihr Auftreten die Aufmerk- famkeit des Volkes auf das Treiben der Privilegienritter gelenkt. Das soll anders werden, die rücksichtslosen Wahr- heitssager hinausgeworfen werden: das ist des Herrn von Bethmann, des gelehrigen Zöglings der Kröcher und Zedlitz, höchster Weisheitsschluß I Diese Verschlechterung des bestehenden Zustandes eine Wahlreform zu nennen, ist, es muß immer wieder gesagt werden,»eine Gemeinheit. Die edlen Herren haben er- klärt, sie müßten ein Gesetz zustande bringen, um ein Königs wort zu erfüllen. Was sie unter Anstiftung des Herrn v. Bethmann in Wirklichkeit getan haben, ist etwas ganz anderes: Schindluder haben sie getrieben mit dem Königswort I Statt es zu erfüllen, haben sie es ins Gegenteil verkehrt, statt der organischen Fort' entwickelung eine infame Rückcntwickelupg beschlossen. Wir sind die letzten, die den Herren Vorwürfe machen wollen darüber, wie sie mit dem feierlichen Versprechen ihres Königs umspringen. Aber sie sollen gefälligst aufhören, uns von Königstreue zu sprechen. Ihre Königstreue ist ein Ge lächter und eine Heuchelei und die Dummen, die daran noch glauben, werden sehr bald alle geworden sein. Aber fast scheint es. daß Herr v. Bethmann mitsamt seinen Herrenhäuslern sich arg verrechnet hat. wenn er meinte, daß diese Genieinheit Gesetz werden könnte. Denn die Zeit, die noch zur Verfügung steht, wird von der Sozialdemokratie gründlich ausgenützt werden, um die ganze Nieder tracht der neuen Verschlechterungen darzulegen. Und die Wirkung kann nicht ausbleiben. Die Nationalliberalen freilich lassen deutlich ihre Bereitwilligkeit erkennen, den Konservativen und der Re� gierung die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Aber es wird dafür gesorgt werden, daß das Feuer noch etwas mehr angefacht wird und daß es selbst den Nationalliberalen bei ihrem Versuch ein wenig zu heiß werden wird. Wir denken, die Nationalliberalen werden es bei den nächsten Wahlen zum Reichstag ohnehin nicht leicht haben, die Sünden ihrer preußischen Fraktion zu entschuldigen, die durch ihren bornierten Widerstand gegen das gleiche Wahlrecht erst dem Zentrum den Verrat an dem Volksrecht möglich gemacht hat. Was für eine Nolle sollen aber die Natioualliberalen erst spielen, wenn sie jetzt daL Verbrechen begehen, der Arbeiterklasse selbst das Wenige zu rauben, das ihr das infame Klassenwahlrecht heute an Vertretungsmöglichkeit gibt. Sie müßten als Todfeinde der Arbeiter- klaffe behandelt und mit aller Rücksichtslosigkeit, der die Arbeiterklasse fähig ist, bekämpft werden. Tragen die Herren wirklich Verlangen danach, die Stellung einzunehmen, die das Zentrum zu beziehen eben im Begriffe war? Was das für die Nationalliberalen als Partei zu bedeuten hätte, das legt ihr badisches Parteiorgan, die B a d i s ch e Landesztg." folgendermaßen dar: Die Nationalliberalen haben sich zu entscheiden, ob sie einen scheinbaren Triumph über das Zentrum davontragen, den fchwarz-blaucn Block scheinbar sprengen und mit den Kon- servativen das Gesetz machen wolle», das auch in der heutigen Fassung vom liberalen Standpunkt aus gänzlich un­genügend ist, oder ob sie fest bleiben und lieber die ganze . Wahlrechtsaktion ins Wasser fallen lassen wollen. Die Konservativen wissen genau, warum sie jetzt �sich für eine Zeit vom Zentrum trennen wollen. Lasten nämlich die Nationalliberalen sich betören, dann ist der Bruch zwischen ihnen und der Fortschrittspartei vollständig, dann werden sie zum Blitzableiter auf dem Dach des konservativen Hauses, über dem sich in der Reichstagswahl 1911 das Ge- witter des Volkswillens entladen wird, dann sind sie für immer die Gefangenen der Konservativen, die rs beno gesta sich dann doch wieder mit dem Zentrum verbinden, verbinden müssen, wenn sie eventuell die Reichs- regierung noch eine Mehrheit wollen bieten können. Es wäre ein geradezu glänzender Schachzug des Herrn v. Heydebrand. der dabei der geheimen inneren Zustimmung des Zentrums, trotz äußerlichem Gepolter, sicher wäre. Denn mit der Zustimmung zu diesem Wahlgesetz würde die nationalliberale Parlei zivar nicht verschlvinden, aber als eine selbständige Partei aufhören zu existieren. Sie wäre nickiS anderes mehr als ein geduldetes. bürgerlich- gewerbliches Aichängsel des konservativen Groß- agraricrtnmS." In der Tat: die Zustimmung zu dem Schandgesetz be- deutet für die Nationalliberalen im Reiche das Ende als selb- ständige Partei. Die Zustimmung wäre das Dümmste und Schlechte st e, was selbst diese Partei je getan hätte. Das aber selbst die preußischen Nationalliberalen um den Lohn des Verrats geprellt würden, ein Geschick, vor dem jetzt das Zentrum zittern muß. beweist klar die Haltung derDeutschen Tageszeitung". Das Organ des Bundes der Landwirte, der in entscheidenden Fragen zuletzt doch die Polstik der Konservativen bestimmt, will man von der I Ausschaltung des Zentrums absolut nichts wissen. Es meint, es sei sehr zweifelhaft gelvorden, was nun- mehr das größere Uebel sei: das Scheitern des Gesetzes oder seine Annahme in der Fassung des Herrenhauses. Das Blatt fürchtet die Drohung des Zentrums. für das dieKöln  . Volksztg." erklärt, die Zentrumspartei  werde durch die Ablehnung des abgeänderten Entwurfes auch für die ForderungenEllbogenfreiheit erlangen, die sie im Abgeordnetenhause bisher schweren Herzens habe zurück st eilen müssen. Das weise auf eine Gefahr hin, die nicht außer Betracht bleiben darf. Die Konservativen schätzen eben den reaktionären Bund mit dem Zentrum zu hoch ein, um ihn so leicht aufs Spiel zu setzen, wie sich die einfältigen Nationalliberalen es vorstellen mögen. Das weiß das Zentrum und deshalb bleibt es bei seinemUn- annehmbar", froh über das Glück, von dem schmutzigen Wahlrechtshandel leichter, als es hoffen durfte, loszukommen. DieGermania" sagt: Die Fraktion des Zentrums im Abgeordnetenhause hat als solche freilich zu den Beschlüsten des Herrenhauses noch keine Stellung genommen, aber wir sind nicht einen Augen- blick zweifelhaft darüber. welcher Beschluß in der Zentrums- fraktion des Abgeordnetenhauses gefaßt werden wird. Wir haben bis jetzt auch noch kein Mitglied der Zentrumsfraktion angetroffen. das nicht der allgemeinen AuffassungUnannehmbar" Ausdruck gegeben hätte. DieS festzustellen und das U n a n- nehm bar" nochmals mit allem Nachdruck zu betonen, halten wir für unsere Pflicht, damit weder bei der Regierung, noch bei den anderen Parteien, am wenigsten aber in den' Kreisen der Zentrumswähler, eine falsche Auffassung über die Stellung- nähme des Zentrums platzgreifen oder weitere Verbreitung finden kann." DieKreuz-Zeitimg", die im Gegensatz zurDeutschen Tagesztg." von den Herrenhausbcschlüssen sehr eingenommen ist, wird also ihre Hoffnungen auf die Zustimmung des Zentrums revidieren müssen. Bleibt aber das Zentrum fest, dann lastet die große Verantwortung für ein Zustandekommen des Schandgesetzes auf den Nationalliberalen. Das Gesetz ist ans den Beratungen des Herrenhauses noch schlechter heraus- gekommen, als es das Abgeordnetenhaus verließ. Damals stimmten die Nationalliberalen dagegen. Werden sie es jetzt wagen, dafür zu stimmen und damit im Bunde mit den verhaßten Junkern eine Gemeinheit an der A r b eit e rs ch a ft zu begehen, wie sie schlimmer seit der Annahme des Sozialistengesetzes nicht inehr verübt worden ist? Die Herren schwanken. Aufgabe unserer Agitation muß es sein, den Herren den Umfall doch noch als größeres Uebel erscheinen zu lassen. Nshirechtsman (Schluß aus dem Hauptblatt.) Sachsen  . Dresden  . Hier wurde das Maifest durch eine einzige imposante Kundgebung begangen. Ein Festzug, wozu die Masten nach- mittags 1 Uhr sich auf verschiedenen Plätzen einstellten, führte die Mai- demonstranlen nach dem Festplatze auf den Elbwiefen. Etwa 20 000 Personen inarschicrtcii im Zuge zwischen einer spalier- bildende» Menge dahin. Beinahe zwei Stunden währte der Vorbei- inarsch. Auf dem Festplatze mochten 30 000 bis 40 000 Demonstranten versammelt sein. Durch Gesangsvorträge des Arbeitcr-Sängerbundes wurde die Feier würdig eingeleitet. Von vier Rednertribünen sprachen die Genossen Gradnauer, Fräßdorf, Fleißner und Schmidt zu den Massen. Einstimmig wurde die Re- solution angenommen. In ein brausend aufgenommenes Hoch klang die aufs beste verlaufene Feier aus, die von der Polizei völlig un- behelligt blieb und vom Wetter begünstigt wurde. In Leipzig   nahm die Feier einen glänzenden Verlauf. Aus den zu Mittag einberufenen zwölf Vorverfammlungen strömten gegen 1 Uhr die Massen aus dem Sammelpunkt, dem im Westen der Stadt gelegenen König-Albert-Park zusammen. Hier formierte sich der ge- wallige Demonstrationszug, der sich die Tauchnitzstraße entlang, am neuen Rathaus vorbei, an der Promenade herum durch die Königs-, die Tal- und die Hospitalstraße nach Thonberg und seinem Ziel, dem Brauereigarten in Stötteritz  , bewegte. Der Vorbeimarsch vor dem Rathaus dauerte 1'/� Stunden, die Spitze des Zuges war bereits in Stötteritz  , als daS Ende die Promenade, also das Zentrum von Leipzig  , verließ. Es ist sicher anzunehmen, daß SO 60 000 Personen an der Demonstration teilnahmen. Zahlreiche, mit weißen Armbinden versehene Ordner sorgten dafür, daß der Verkehr selbst an den belebtesten Punkten glatt abgewickelt werden konnte. Die Polizei war nicht stärker vertreten als sonst; sie überließ es unseren Eenosten, die nötigen Anordnungen zu treffen; und so verlief denn auch die Demonstration würdig und ohne Störung. Auf dem Festplatze in Stötteritz   wurden fünf Massenversamm- l u n g e n abgehalten, vier unter freiem Himmel, eine in der großen �esthalle. Es sprachen die Genossen Dißmann-Hanau, Dittmann -olingen, Koch. Lange und Lüttich   auS Leipzig  . Die Leipziger   Ar beiterschaft kann mit Stolz aus den Verlauf ihrer Maifeier zurück blicken: hat sie doch mit ihrer gewaltigen Demonstration den herrschenden Gewalten aufs neue bewiesen, daß die Massen mehr und mehr der Fahne des Sozialismus folgen. Chemnitz  . Einheitlich und großartig wie nie zuvor, wuchtig und eindrucksvoll wie noch keine andere Massenveranstaltung, war in der alten sächsischen Arbeiterstadt Chemnitz   die diesjährige Maifeier. Zum ersten Male war von der Polizeibehörde ein geschlossener Zug mit Musik durch die Stadt genehmigt worden, an dem sich die Partei und die Gewerkschaften korporativ und zahlreich beteiligten. Ueber 30 000 Teilnehmer befanden sich im Zuge, dessen An- marsch auf dem Festplatz über zwei Stunden in Anspruch nahm. Etwa 40 000 Teilnehmer befanden sich auf dem Platz, auf dem von vier Tribünen die Redner sprachen. Bemerkenswert war die zahlreiche Beteiligung der organisierten Frauen und Mädchen. Nach kurzen Ansprachen wurde eine gleichlautende Resolution zur Abstimmung gebracht. Den Ordnungsdienst versahen Ordner, die die Parlei und die Gewerkschaften gestellt hatten. Polizei war weder bei der Aufstellung des Zuges, noch auf dem Platze an- wefend; sie verhielt sich völlig passiv. In musterhafter Ordnung hielten die Massen während beS Marsches und auf dem Platze aus, ohne Störung erfolgte die Auflösung. Eine herrliche Demo»- stration l Chemnitz   steht noch! Zwickau  . Am Vormittag wurde ein Festzug veranstaltet, der 500 Personen stark durch die Straßen der Stadt nach den Ver- sammlungslokalen sich bewegte. Nachmittags nahmen am Ausflug 500 WO Personeu teil. Abends fanden in 7 Lokalen Kommerse tatt, die insgesamt von 5000 Personen besucht Waren. Crimmitschau  . Der Festzug wies 2500 Teilnehmer auf. Eine Versammlung fand unter freiem Himmel statt. Die Abendkoinmerse waren von zirka 3000 Personen besucht. Werdau   i. Sachsen  . Festzug und Abendkommerse erfreuten sich tarker Teilnahme. Plauen   i. B. Festzug umfaßte 5000 Personen, Mendkommerse und Versammlungen waren überfüllt.' Oelsnitz   i. B. Morgenspaziergang 500 Teilnehmer, Versammlung 1000 Besucher. In den airderen vogtländischen Städten fanden überall unter starker Beteiligung gleichfalls Maifeiern statt. Bayern  . München  . Von 10 Uhr ab zogen Münchens   Sozialdemokraten zu den 12 Versammlungslokalen. Pünktlich zur verabredeten Zeit setzten sich die Züge, unter Vorantritt von Musikkorps, in Beive- gung. Rote Fahnen, darunter historische, die vor dem Sozialisten- gesetz schon Wahrzeichen einer engeren Parteigruppierung waren, und viele Embleme, deren Inhalt sich auf den Achtstundentag und auf das freie Wahlrecht bezogen oder die Sympathie für die aus- gesperrten Bauarbeiter aussprachen, wurden in der schier endlosen Kolonne mitgetragen. Die beim Marsche durch die Stadt von Tausenden begrüßten Züge liefen auf der Theresienwiese zusammen, wo am Standbild der Bavaria 8 Rednertribünen mit roten Tüchern und Tannengrün geschmückt, aufgeschlagen waren. Der Arbeiter- sängerbund hatte in der Mitte des kolossalen Platzes Aufstellung genommen und um 1 Uhr ertönte aus mehr als 500 Kehlen der prächtige Chor:Empor zum Licht!" Eine rote Flagge gab den Rednern das Signal, der Zuhörerschaft, die mehr als 100 000 Köpfe zählte, die Bedeutung des 1. Mai zu erörtern. Wie grollender Donner ging es durch die Reihen, wenn die Redner auf die schmachvollen Vorgänge in Preußen und die brutale Aus- sperrung der Bauarbeiter hinwiesen, und begeistert wurde die Mairesolution angenommen. Mit dem Massengesang der Mar- seillaise endete die Versammlung. In musterhafter Ordnung traten dann die Reihen wieder an und zogen mit Musik entiveder zu Ausflugsorten oder zu den Versammlungslokalen. Noch nie hat München   eine so gewaltige Demonstration gesehen wie die Maifeier 1910. Die Maifeier in Nürnberg   zeigte ein koloffales Massenaufgebot demonstrierender Proletarier. Schon vor 8 Uhr strömten ungezählte Scharen der städtischen Festhalle im Luitpoldhain zu, wohin das Massenmeeting cinvcrufen war. Bald war der gewaltige Bau, der 20 000 Menschen faßt, von Menschen angefüllt. Ein Massenchor der Arbeitersänger, dirigiert von Wendelin Weißheimer  , leitete die Feier ein. An zwei verschiedenen Stellen der Riesenhalle sprachen zwei Redner, die Genossen Dr. Südekum und Simon, zu gleicher Zeit über die Maiforderungen. Nach Annahme der Resolution schloß ein Gesangchor die Versammlung. Die vielen Tausende strömten hinaus in die Anlagen des Parks und machten durch ihre musterhafte Ordnung die Gründe zuschanden, die der Magistrat vorgebracht hatte, als er die Erlaubnis zur Veranstaltung einer Versammulng unter freiem Himmel in demselben Park verweigerte. Er meinte: bei dem Massenandrang würden die Anlagen beschä- digt. Aber nicht ein Grashalm litt Schaden, als die gewaltige Menschenmenge sich draußen sammelte und ohne Kommando zu einem Zuge ordnete, der sich ernst und feierlich zur Stadt zurück und dort um den Ring bewegte. Polizei war nirgends zu sehen, sie hatte das Feld unseren Ordnern überlassen, so daß keinerlei Mitzklang in die Feier hineingetragen wurde. Nachmittags fanden in zwei Parklokalen Festlichkeiten statt, zu denen die Besucher zum Teil in verschiedenen Zügen mar­schierten. Die Bäckergesellen, die gerade in einer Bewegung stehen, benützten den Tag zu einer Nebendemonstration für ihre Forde- rungen auf Beseitigung des Kost- und LogiLzwanges. indem sie sich auf dem Spitalplatz sammelten und auf einem großen Umzüge vor den hartnäckigen Bäckermeistern defilierten, um dann nach dem Tullnauer Park abzumarschieren. In den übrigen Orten des Industriegebiets nahm die Feier ebenfalls einen erhebenden Verlauf. Festzüge fanden statt in Fürth  , HerSbruck  , Lauf, Schwabach   und vielen kleineren Orten. Ueberall wickelte sich die Demonstration in der größten Ruhe ab. Hof. Ein Festzug in Hof unter Beteiligung von 40005000 Personen. Lubwigshafen. Eine Maifeierdemonstration wie noch nie bis- her. Am Festzug beteiligten sich 10 000 Personen, auf dem Festplatz waren 15 000 Personen versammelt. Auch in Kaiserslautern   und anderen Pfälzer   Städten große Beteiligung an der Maifeier. Neustadt   a. H. Zur Maifeier auf der historischen Stätte des Hambacher Schlosses waren 6000 Personen versammelt. Die Feier verlief großartig. Bayreuth  . Erste Versammlung unter freiem Himmel, 6000 Personen, anschließend ein Umzug. Schwcinfurt. Die Maifeier gestaltete sich zu einer imposanten Kundgebung. An dem Festzuge beteiligten sich über 3000 Personen. Bei der Massenversammlung auf dein Bleichrasen standen 4000 Personen Kopf an Kopf. Württemberg  . Stuttgart  . In Stuttgart   fand Sonntag mittag um 2 Uhr eine von gegen 15 000 Personen besuchte Versammlung unter freiem Himmel auf dem Cannstatter Wasen   statt, in der von drei Tribünen herab gesprochen wurde. Die Parteigenossen aus den einzelnen Stadtteilen marschierten im geschlossenen Zuge und mit Fahnen durch die Stadt zur Versammlung sowie wieder zurück, was einen sehr imposanten Eindruck machte. Abends fanden stark besuchte Feiern in fünf Lokalen statt. Heilbronn  . 8000 Menschen an der Demonstration auf dem Festplatz beteiligt. 3000 an der Versammlung. In vielen württcm- belgischen Orten Demonstrationen. Auch in Eßlingen  » Göppingen  . Herchenheim war die Maifeier glänzend besucht. Baden. Mannheim  . Die Mannheimer   Arbeiterschaft beranstalteie am Vormittag einen Umzug durch die Stadt, an dem sich über 15000 Arbeiter beteiligten. Im Anschluß hieran fand eine Versammlung unter freiem Himmel statt, bei welcher von drei Standorten aus gleichzeitig die Genossen Dr. Frank. Remmele und Merkel sprachen. Die Straßen. durch die der Umzug ging, waren dicht mit Zuschauern besetzt. Die Polizei war gänzlich zurückgezogen, so daß die Veranstaltung ohne zeden Zwischenfall verlief. Im 11. badischen Wahlkreis tagten außerdem nach- mittags in 18 Orten guibesuchte Versammlungen. In Heidelberg   war ein Umzug und eine Versammlung unter freiem Himmel arrangiert. Die Zahl der Teilnehmer wird hier auf 7000 bis 8000 geschätzt. Die Feier war in hiesiger Gegend durch ein prächtige? Wetter gefördert. Karlsruhe  . Demonstration unter freiem Himmel; 8000 Per­sonen waren anwesend; von zwei Tribünen wurde gesprochen. Anschließend ein Umzug unter Mitführung der Fahnen der Ar- beiterorganiscrtionen. Die Nachmittagsfeielrn waren in ganz Baden, auch in den ländlichen Ortschaften, sehr gut besucht. Mülhausen  (Elf.). In der Vormittagsversanimlung waren 5000 bis 6000 Personen. Nachmittags fanden Straßenumzüge statt mit anschließendem Waldfeft. Tie Beteiligung betrug hier zirka 10 WO. Straßburg   i. Elf. Die Maifeier hat in ganz Elsaß-Lothringen  unter großer Teilnahme der Arbeiterschaft einen ausgezeichneten Verlauf genommen. Die Versammlungen unter freiem Himmel und die Umzüge waren durchweg gestattet worden. In Straß- bürg beteiligten sich an der Versammlung im alten Bahnhof und am Umzug 3000 Personen. In Metz   war die Versammlung auf dem Marzellcnplatz von 25W Personen besucht. Auch in den kleineren Städten war die Beteiligung viel größer als in den früheren Jahren. Ein Hindernis hat die Feier.nur in Diedenhofen   gefunden, wo durch den Einfluß der Eisenindustriellen unseren Genossen das Lokal noch in letzter Stunde abgetrieben wurde.