sympathisch gegenüber. Nur schade, daß der Regierungs-cntwurf, auch in der Fassung, wie er jetzt nach der Kommissions-bearbeitung an das Haus zur zweiten Lesung gelangt ist,den berechtigten Ansprüchen der Arbeiter keineswegs genügt,obschon einige Verbesserungen durch ihn erreicht werden.Der Entwurf will die private Stellenvermittelung be-stehen lassen; nur dort sollen Private Stellenvermittler nichtwieder konzessioniert werden, wo„ein Bedürfnis nicht vor-liegt", insbesondere nicht dort, wo gemeinnützige Arbeits-nachweise in ausreichender Weise dem Bedürfnis genügen.Sonst werden die privaten Stellenvermittler unter schärfereKontrolle gestellt als bisher, auch der indirekten Ausbeuteder Stellensucher durch die Vermittler werden Schranken ge-zogen.Um nun dem Uebel radikal an die Wurzel zu gehen,haben die Sozialdemokraten wie in der Kommission auch zurzweiten Lesung Anträge gestellt, die die Errichtung vonArbeitsnachweisen in allen Gemeinden vorsehen undnur bis zum 1. Januar 1914 die gegenwärtig bestehendenprivaten Stellenvermittelungsgeschäfte fortbestehen lassen wollen,sofern sie nicht auf Grund der schärferen Kontrollbestimmungendes Gesetzes früher schon kassiert werden müssen.In der Debatte vertraten die Genossen Hildenbrandund Schmidt- Berlin energisch den sozialdemokratischenStandpunkt unter besonderer Betonung der Tatsache, daß unserePartei von jeher für paritätische Gemeinde-Arbeitsnachweise sichins Zeug gelegt und vor allem den Versuch scharfmacherischerUnternehmer, einseitige Unternehmernachweise durchzuführen,entschieden bekämpft hat. Es gelang indes nicht, für unsereAnträge eine Mehrheit zu gewinnen. Außer den Sozial-demokraten stimmten nur die Polen dafür. Wesentlich kamendann die Kommissionsanträge, die meisten auch unter Zu-stimmung der Sozialdemokratie zur Annahme. Ueber dasganze Gesetz wird erst in dritter Lesung abgestimmt.Das Parlament der Arbeiterfeinde.Wie gleichgültig dem preußischen Junkerparlament die höchstenInteressen des Volkes sind, dafür legte eS am Montag wiedereinmal einen vollgültigen Beweis an den Tag. Auf der Tages-ordnung stand die dritte Lesung des Etats. Angesichts der hochgespannten politischen Situation hätte man bei dieser Gelegenheithochpolitische Debatten erwarten können. In jedem anderen Par-lament hätten solche Erörterungen auch sicher stattgefunden.Anders im Dreiklassenhause. Die bürgerlichen Parteien warenübereingekommen, in der Generaldebatte überhaupt nicht zu reden.So kam denn als einziger Redner Genosse Stroebel zu Worte,dem noch dazu durch einen Beschluß, daß über die Wahlrechtsfragenicht gesprochen werden darf, erhebliche Beschränkungen auferlegtwaren. Stroebel konnte nicht auf das Verhältnis der Parteienzueinander eingehen, er mußte sich damit begnügen, die durch dieWendung der Dinge am innerpolitischen Horizont neugeschaffeneKonstellation nur kurz zu streifen. Um so eingehender beschäftigteer sich mit einer Reihe anderer wichtiger Fragen, vor allem mitden Arbeitsverhältnissen der StaatSarbeiter. Die bürgerlicheMehrheit wollte offenbar auch äußerlich zeigen, wie gleichgültigeS ihnen ist, welche Löhne die Staatsarbeiter bekommen und wie dieRegierung ihr Koalitionsrecht mit Füßen tritt. Die Herren pflogenlaute Privatunterhaltungen, so daß unser Redner gezwungen war,ihnen das Unpassende ihres Benehmens zu Gemüte zu führen. Vielgenutzt hat es freilich nicht. Gerade die Angehörigen der Parteien,die immer über das Sinken des parlamentarischen AnstandeS jam-mern, hätten alle Ursache, erst einmal vor ihrer eigenen Tür zukehren.Im weiteren Verlauf seiner Rede hielt Stroebel der Re-gierung ihre Sünden auf den verschiedensten Gebieten, vor allemauf dem Gebiete der Schule, vor Augen, um dann schließlich scharfeKritik an den gesetzwidrigen Verboten der Maiumzüge zu üben.Wie die bürgerlichen Parteien, so hüllten sich auch die Ver-treter der Regierung in Schweigen. Vielleicht tvar das das beste,was sie tun konnten. Wußten sie doch nur zu gut, wie berechtigtdie Anklagen unseres Redners waren. Auch als später beim Etatdes Ministeriums des Innern der Abg. Fisch deck(Fortschr. Vp.)die Verbote der Maiumzüge zur Sprache brachte, erwiderte derMinister nichts.Eine gründliche Abfuhr holte sich im Laufe der Sitzung derkonservative Abg. v. Arnim, der beim Etat der Handels- undGewerbcverwaltung mit unserem Genossen Leinert anbandelte,aber von diesem so gut zugedeckt wurde, daß er schließlich nicht?anderes zu tun wußte, als mit der Pistole zu drohen, wenn LeinertsatiSfaktionSfähig wäre. Ein Glück, daß Leinert nicht Reserve-offizier ist, sonst müßte er sich mit Herrn v. Arnim schießen.Nebrigens hatte Herr v. Arnim früher schon einmal unfern Ge-nassen Adolf Hoffmann vor die Pistole fordern wollen, aberauS denselben Gründen davon Abstand genommen. ES ist dochgut, daß unsere Genossen nicht satiSfaktionSfähig find, sonst würdeeS mit der kleinen Fraktion bald zu Ende sein. Jedenfalls ist dasdie bequemste Methode, wie man unangenehme Gegner los wird.Wird diese Art deS Kampfes mit„geistigen Waffen" allgemeinüblich, dann wird sogar der Hausknechtsparagraph entbehrlich.Die Christlichsozialen und das Schandgesetz.Die Beschlüsse deS Herrenhauses sind selbst den Christlich-sozialen zu r e a k t i o�n ä r. Die.Staatsbürger-Ztg.'schreibt:„Dann kam die Wahlre-btsvorlage in das Herrenhausund hier wurden solche Verbesserungen der Vorlage noch an«gehängt, daß sie bald ganz und gar ungenießbar wurde.Die sachliche Verschlechterung besteht darin, daß man die Dritte-lung in den UrWahlbezirken grundsätzlich aufgab und damitden M i t t e l st a n d und die Arbeiterschichten, soweitsie ein Recht auf zweck- und ordnungsmäßige Vertretung in derZweiten Kammer beanspruchen dürfen, ausschaltete; undzwar, weil es den N a t i o n a l l i b e r a l e n daran gelegen war,durch die Drittelung in den Gemeinden dem Industrie- undHandelskapital einen größeren Einfluß zu sichern.Das Abweichen von der Drittelung in den UrWahlbezirken be-deutet aber eine neue Fe st legung und Erhöhung deSplutokratischen Charakters der Wahlrechtsvorlage."Zur parlamentarischen Geschäftslage.Eine Korrespondenz meldet:Im Abgcordneteuhause werden die Pfingstferien am 4. Mai be-ginnen und am 24. Mai ihr Ende erreichen. Die Anträge auf Ab-anderung der Geschäftsordnung werden erst nach Pfingsten beratenwerden, ferner wird sofort nach den Pfingstferien die erste Lesungdes EsienbahnanleihegesetzeS zur Diskussion gestellt werden. ImAnschluß hieran kommen zur Beratung: Wahlrechtsvorlage, Gerichtskostengesetz(2. und 8. Lesung). Reisekostengesetz(2. und 8. Lesung)und kleinere Gesetze. Diese Entwürfe sollen spätestens am 15. Junidem Herrenhause vorliegen, daS zu dieser Zeit wieder eine Reihevon Sitzungen abhalten will.— Das Hcrrciihaus wird am Sonn-abend, den 2 1. M a i, die S ch l u ß a b st i m m u n g ü b e r dieWahlrechtsvorlage vornehmen und an diesem Tage nocheinige kleinere Vorlagen erledigen. Die Etatsberatungen imPlenum des Herrenhauses werden erst am 27. Mai ihren Anfangnehmen, um der Finanzkommisfion Zeit zur Vorberatungdes Etats zu gewähren.— Im Reichstage rechnet mandamit, daß die Vertagung am 11. Mai, dem Mittwoch vor Pfingsten,eintrit. Ob daS Kaligesetz zur Verabschiedung gelangt, ist noch immerzweifelhaft._Auf der Suche«ach Oriolas Nachfolger.Die Nationalliberalen finden keinen passenden Kandidatenfür den hessischen Wahlkreis Friedberg-Büdingen, den derverstorbene Graf Oriola vertrat. Der reichsverbändlerischeDr. Becker- Sprendlingen, der schon einmal als nationalliberalerAbgeordneter den Reichstag zierte, hat die Kandidatur abgelehnt.Am Sonntag wählte nun eine nationalliberale Vertreterversamm-lung des Kreises eine Kommission, die einen Kandidaten vor-schlagen soll, welcher nach seiner Wahl sich der nationalliberalenReichstagsfraktion anzuschließen hat. Um die Zustimmung allerbürgerlichen Parteien zur nationalliberalen Kandidatur herbeizu-führen, soll die Kommission Verhandlungen mit den übrigen poli-tischen Organisationen Pflegen.Zweierlei Matz.Ein Montagsblatt schreibt:Daß der Berliner Polizeipräsident offenbar bei der Ge-nehmigung resp. Versagung von öffentlichen Umzügen mitungleichem Maße mißt, konnte man gestern an zwei krassen Bei-spielen beobachten.Während die Arbeiterschaft fich den öffentlichen Aufzug ihrerfriedlich demonstrierenden Massen versagen mußte, zog die B e r»liner Jugendwehr mit einem M u s i k k o r p S an derSpitze mittags gegen 1 Uhr von den Linden aus über den Lust-garten die Kaiser-Wilhelm-Straße hinauf. Und abends gegenS Uhr konnte man am Halleschen Tore einen geschlossenenZug von zirka 400 Personen, Soldaten, Zivi-listen und Frauen durcheinander, erblicken, der i nBegleitung einiger Offiziere, mit einem Musikkorpsvorauf, in die Bellealliancestraße marschierten.Daß diese öffentlichen Aufzüge gerade gestern vor sich gingen,mußte natürlich angefichts der Maiseierverbote direkt provozierendwirken.Eine verpuffte Staatsaktion.Bei der Wahlrechtsdemonstration am 13. Februar zogen nachder Versammlung in Neutz(Rheinland) die Genossen durch dieStadt zur Wohnung des Landrats und brachten dort Hochs aufein freies Preußenwahlrccht aus. Die Polizei erhob darauf gegendie Genossen Baues und N e v e Anklage wegen Vergehen gegen§ 19 des Vereinsgesetzes, weil sie eine nicht angemeldete ,.Versammlung unter freiem Himmel" veranstaltet haben sollten. Jetztsit den beiden Genossen vom Amtsgericht die Mitteilung zuge-gangen, daß das Verfahren gegen sie eingestellt ist und die Kostendes Verfahrens der Staatskasse auferlegt worden sind.DaS freifinnig-nationalliberale Wahlbündnis, von dem wirbereits dieser Tage berichtet haben, scheint allmählich greifbareGestalt annehmen zu sollen. Wenigstens erklärte sich der freisinnigeParteitag für Thüringen grundsätzlich damit einver-standen, daß ein Wahlkartell mit den Nationalliberalen abgeschlossenwird.Nationalliberale Wahlrechtsfeindschaft.Dem deutschen Bauernbund ist von einem AgentendeS Bundes der Landwirte nachgesagt worden, daß er die Ein-führung des Reichstagswahlrechtes für Preußen anstrebe. DerVorsitzende dieses Deutschen Bauernbundes, der nationalliberaleReichstagsabgeordnete Wachhorst de Wente hält diesen Vor-wurf für so ungeheuerlich, daß er schleunigst erklären läßt, daß einesolche Behauptung rein auS der Luft gegriffen ist. DerDeutsche Bauernbund will eS an reaktionärer Gesinnung offenbarmit dem Bund der Landwirte aufnehmen, und nach seinen bis-herigen Leistungen scheint ihm das auch zu gelingen.Die fteisinuige Einigung.In Nürnberg tagten am Sonntag, zuerst gesondert unddann in gemeinsamer Sitzung, die Vertreter der freisinnigen Volks-Partei, der nationalsozialen Partei, eines Teiles der DeutschenVolkspartei und der jungliberalen Partei Bayerns. Das Ergebnisder Verhandlungen war die Fusion zur FortschrittlichenVolkspartei in Bayern. Erster Vorsitzender der neuen Parteiwurde der Reichstagsabgeordnete Müller-Meiningen. Ineiner Resolution wird die Einführung des Proporzsystems zu den bayrischen Landtagswahlen verlangt.Die bayerischen Salinen.München, 30. April. In der bayrischen Kammer spielt sichzurzeit ein heftiger Kampf wegen der bayrischen Salinenab. Di« Staatsregierung will eine Konzentration der Salinen.Vorläufer von zweien derselben, herbeifiihren. Die SalineT r a un st e i n soll aufgelassen und mit der Saline des weltbekann-ten Bades R e i ch e n h a l l vereinigt werden aus Gründen derWirtschaftlichkeit und Rentabilität. Dagegen wehrt sich nun dieStadt Traunstein und findet dabei die Unterstützung eines großenTeiles der Zentrumspartei.Der Ausgangspunkt der ganzen Aktion liegt für die Re-gierung einmal in der ungünstigen Situation der bayrischen Salinenüberhaupt und zum andern in der zum Teil rückständigen Ein-richtung derselben. Um konkurrenzfähig zu bleiben und insbeson-der« innerhalb der deutschen Salzkonvention seine Stellung zu be-baupten, muß Bayern darauf hinarbeiten, di« Produktionskostenherabzudrücken. DaS soll geschehen durch die geplante Konzen-tration und durch eine Modernisierung des Betriebes.Würde die Reform nicht eintreten, so würde nach Anficht derRegierung die Mittel- und norddeutsche Konkurrenz die Existenz-Möglichkeit der bayrischen Salinen überhaupt in Frage stellen.Für die Allgemeinheit von besonderem Interesse ist die janicht unbekannte Tatsache, daß durch die deutsche Salzkonvention,der staatliche und private Werke angehören, die Produktion lünstliqeingeschränkt wird, um den Preis deS Salzes hoch zu halten.Im Interesse des konsumierenden Publikums läge es jedenfalls,wenn der bestehende Salzring gesprengt würde und so die freieKonkurrenz auf dem Gebiete der Salzproduktion zu ihrem Rechtekäme._Spanien.Die Wahlen.Madrid, 2. Mai. Das Wahlgesetz bestimmt, daßein Kandidat für die Abgeordnetenkammer, der keinen Gegen-kandidaten hat, als gewählt bezeichnet wird. Demgemäß sind114Deputierte, also mehr als ein Viertel der Kammer,als gewählt proklamiert worden. Sie verteilen sichfolgendermaßen auf die einzelnen Parteien: 69 Liberale,34 Konservative, 3 Republikaner, 3 Carlisten, 2 Unabhängig«.1 nationalistischer Republikaner, 1 nationalistischer Liberaler.1 Jntegrist.'SngUtid.Eine Ersatzwahl.London, 2. Mai. Bei der Ersatzwahl für das ausgeschiedeneliberale Mitglied des Unterhauses Tomlinson in Crev«wurden für den Liberalen McLaren 7639 und für den Unio-nisten W e l s f o r d 6041 Stimmen abgegeben. Die liberaleMajorität bei der letzten Wahl betrug 2342, hat sich also um 1744Stimmen vermindert.Kußlaud.Die Arbeit des Galgens.Die Zahl der Todesurteile in Rußland ist tn derletzten Zeit wieder stark gestiegen. Nach den unvoll-ständigen Angaben der Tagespresse wurden im Mcirz von denKriegsgerichten 99 Todesurteile gefällt gegen 87 imvorhergehenden Monat. Hingerichtet wurden im März16 Personen.Insgesamt wurden vom 1. Januar bis 1. April 160Todesurteile gefällt, von denen 73 vollstreckt wurden.Die Duma reagierte auf diese Massenschlächterei wiebisher— durch Lobreden auf die Henker und die Gewährungaller von der Regierung verlangten Kredite für die Henker-justiz. Die sozialdemokratische Gesetzesvorlage über Ab-schaffung der Todesstrafe wurde noch in diesen Tagen inder Kommission mit 18 gegen.7 Stinimen als„nicht Wünschens-wert" verworfen.Cürhct.Rückzug der Arnauten.Saloniki, 2. Mai. Die bei Preschewo und Kumanova kämpfen-den Arnauten sind von Ulemas, Notabeln und Beamten auf-gefordert worden, die Waffen niederzulegen. Sie be-folgten den Rat und kehrten unter Hochrufen auf den Sultanin ihre Dörfer zurück. Militär stellt die beschädigten telegraphischenLeitungen wieder her. Die Verfolgung der fliehenden Alba-nesen wird fortgesetzt. Maschinengewehr, und GebirgSgeschütz-abteilungen zwingen die Arnauten überall, ihre Stellungen mitschweren Verl» st en zu räumen.Der Aufstand in Albanien.Saloniki, 2. Mai. Schefket Torgut-Pascha hat seinenVormarsch zu beiden Seiten deS Passes von Katschanik fort-gesetzt, wobei es zu mehreren Kämpfen mit den Rebellengekommen ist. Diese weichen immer weiter in die Wälder und Ge-birge zurück. Der Engpaß von Crnoljeva auf der Straße nachPrizrend wird noch von 3000 Arnauten besetzt gehalten,gegen welche die Truppen nun vorrücken. DaS Wetter ist inAlbanien kalt und regnerisch.Serbien.Ein Bombenattentat.Wien, 2. Mai. Die Wiener Sonn- und Montagszeitungmeldet aus Belgrad: AuS Anlaß der Gemeinderatswahlen inR o s ch tz i wurde in die Wohnung eines der nationalistischen Parteiangehörigen Kandidaten durch ein Fenster eine Dynamit»bombe geworfen. Bon acht in der Wohnung weilenden Personenwurden zwei getötet, drei tödlich und drei schwer verletzt.Venezuela.Das Frauenwahlrecht.Kristiania, 1. Mai. Der Verfassungsausschuß des Storthingbeschloß anstatt des bisher beschränkten Frauen st immrecht»das allgemeine und gleiche wie für d?e Männer. Ferner wurdebeschlossen, daß auch für alle außerhalb des Wirkungskreises desStorthings liegenden königlichen Erlasse, mit Einschluß dermilitärischen, die mini st erteile Gegenzeichnungn o t w e n d i g ist. Für beide Verfassungsänderungen ist eine Mehr-heit im Storthing sicher._Soziales«Bon der Zuständigkeit deö Gewerbegericht».Eine Putzerkolonne, aus fünf Mann bestehend, war beimMaurermeister Koppen im Akkordlohn beschäftigt. Die Arbeiterhatten, da die Putzarbeiten vom Arbeitgeber nicht auSgemessenwurden, bei Beendigung der Arbeit bereits 230 M. mehr erhaltenals ihnen dafür zustand. Diese Forderung an die Arbeiter zessierteder Arbeitgeber an den Kaufmann Peter. Dieser verklagte nunden Putzer W., der der Führer der Kolonne gewesen ist und mitdem auch Köppen den Akkordvertrag vereinbart hatte, auf Zahlungder zuviel erhaltenen Summe. Das Amtsgericht wies jedoch irr-tümlich die Klage ab, weil die Streitigkeit aus dem Arbeitsver-bältnis hervorgegangen sei und das Gewerbegericht al» zuständigesGericht in Frage käme. Der Kläger wandte sich nun, bevor nochdieses Urteil Rechtskraft erlangt hatten, an das Gewerdcgericht.Gestern gelangte die Sache vor der Kammer 3 zur Verhandlung.DaS Gewerbegericht hielt sich mit Recht an da? noch nich? rechtskräftige Urteil des Amtsgerichts nicht für gebunden und erklärtesich seinerseits für unzuständig. In den Gründen hieß eS, daßnach dem Wortlaut des Gewerbegerichtsgesetzes Zessionare ihreForderungen beim Gewerbegericht nicht geltend machen können.Aber selbst wenn das Gewerbcgericht durch das Urteil d«S Amts-gerichts gebunden gewesen wäre, hätte die Klage auch abgewiesenwerden müssen. Denn der Beklagte hat den auf ihn entfallendenTeil des zuviel erhaltenen Geldes von 43 M. zurückgezahlt. Fürseine Kollegen habe er nur eine Art Bürgschaft übernommen, diemit dem Arbeitsverhältnis wiederum nur in einem sehr losenZusammenhange steht._Zur Not der Landwirtschaft.Die Landarbeiter leiden unter dem Gefühl fast völliger Recht-losigkeit und verdienen bei harter Arbeit kaum das zur dürftigstenLebenshaltung Erforderliche. Die Zölle haben ihnen keinerleiVorteil, vielmehr denselben immensen Nachteil gebracht wie demMittelstand und der gesamten Arbeiterklasse, kurz, allen arbeitendenSchichten der Bevölkerung. Durch die Zölle und indirekten Steuernist die Lebenshaltung dieser wirtlichen Kulturträger um 10 bis>2 Proz. verteuert— und dabei hat fast die Hälfte der EinwohnerPreußens ein Jahreseinkommen unter 500 M. Der letzte Raubzugdes schwarz-blauen Blocks hat die der Arbeiterklasse und demMittelstand aufgepackte Last in einer schier unerträglichen und fürdie Ernährung der Massen geradezu verhängnisvollen Weise ver-mehrt. Dieselbe Gesetzgebung aber, di« in so unverantwortlicher,vaterlandsfeindlichcr Weise die Lebenshaltung der arbeitenden Be-völkcrung erschwert, wirft Milliarden in den Schoß der Großgrund-besitz«!. Noch weit höher als der Preis der Waren ist der Wert de»Großgrundbesitzes gestiegen. Einen Beweis hierfür bieten diekolossalen Preissteigerungen bei Verläufen von Großgrundbesitz.Wir entnehmen unserem Rostocker Bruderorgan ein Beispiel nachdieser Richtung.Das dem Oberleutnant Bartels gehörige Gut Fünfeichenist durch Kauf zum Preise von 435 006 M. in den Besitz eines HerrnPSschcl ans Oranienburg, zurzeit Volontär auf dem WeudlandschenGute Broda, übergegauge». Im Jahre 1899 kaufte OekonomieratKruse dvs Gut günfeichen für 229 909 M. und verkaufte es 1996für 326 990 M. an Oberleutnant Bartels. In zwanzig Jahrenalso eine Preissteigerung von fast 199 Proz.!Nach wieviel Jahren wird von den Besitzern so hoch bezahlterGüter wie von ihren Vorbesitzern erklärt werden: unser Gutrentiert sich nicht, das in dasselbe gesteckte Kaufgeld wirft zu wenigZinsen ab, also her mit neuen Zöllen, die die notwendigen Nah-rungSmittel noch mehr verteuern, die Preise für unsere Güteraber in die Höhe schnellen. Die Zölle und indirekten Steuern sindeine Schraube ohne Ende. Der unablässige Kampf gcgei» diesekünstlichen Mittel zur wirtschaftlichen Hebung der Neichen undwirtschaftlichen Ausbeutung der Massen ist im Interesse de» Volks-Wohles bringend erforderlich.