als undurchführbar zu bezeichnen, zeigen mir,!aß er ihnen rechtunangenehm sein muß. Würden Sie ihn annehmen, so würdevor allen Dingen da, wo auch die christlichen Gewerkschaften einInteresse an dem öffentlichen Arbeitsnachweis haben, mit Nachdruckfür seine Einführung gewirkt werden. Das ist vor allem im Ruhr-gebiet. Hier haben Sie die Gelegenheit versäumt, den Arbeits-Nachweis der Scharfmacher zu beseitigen. Dadurch, daß überall indie Verwaltung des Arbeitsnachweises Arbeitgeber und Arbeitnehmerhinein müssen, wäre dies möglich, und gerade im Ruhrgebiet ist esnotwendig, wo die Arbeitgeber überallschwarze Listeneingeführt haben, um die Arbeiter zu maßregeln. Die Herren vomZentrum hätten alle Veranlassung, diesen Zustand zu beseitigen,gerade im Interesse der christlichen Arbeiter.(Zu-stimmung bei den Sozialdemokraten.) Aber weil Sie das mchtwollen, suchen Sie unseren Antrag als unmöglich nachzuweisen,mit Gründen, die S i e selbst nicht glauben können.(Unruhe im Zentrum.) Sie behaupten, wir widersprachen uns selbstdamit. Dabei haben wir schon 1881 die Einführung der all-gemeinen paritätischen Arbeitsnachweise gefordert und die Gemeindenals diejenigen bezeichnet, welche die beiden Interessenten zusammenführen müssen. Hier aber handelt eS sich um seine Grundtendenz.Stimmt der Reichstag ihm zu, so mußte der Entwurfwieder an die Kommission gehen, weil die ganze Tendenzder Vorlage geändert wäre. Man sagt, das Verbotder privaten Stellenvermittelung sei unmöglich, gerade besondersqualifizierte Arbeiter könne nur der private Stellenvermitller ver-Mitteln. Als ob diesem etwas an der Qu a lifi kati o n des Be-Iverhers liegt und nicht lediglich an seinen Gebühren!(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Wir erkennen an, daßder Entwurf die schlimmsten Schäden beseitigt. Wir wollen aberweiter gehen und alle Schäden beseitigen.(Sehr richtig Ibei den Sozialdemokraten.) In unseren Tarifverträgen sinddie Grundlagen für die Einrichtungen gegeben, die fürdie zukünftige Organisation des ArbeitsnachweiieS vorbildlichsind. Uns genügt nicht die bloß prinzipielle Zustimmung derHerren vom Zentrum, uns genügt nicht, daß Herr Pieper sagt, derAntrag ist verfrüht. Wir lvollen viebnehr, daß Sie ein StückSozialpolitik leiste», daS wirklich einen Fortschritt darstellt, daß Sienicht immer an Kleinigkeiten herumarbeiten, sondern wirklich einmaleine» großen Zug machen, wie er trotz aller Bemängelung in derfranzösischen und englischen Gesetzaebnng zum Ausdruckkommt.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Die Herrenhaben sich darüber entrüstet, daß wir für die Stellenvermittler nichteine Entschädigung vorschlagen, sondern 7000 bis 8000 Stellen-Vermittler mit einem Schlage brotlos machen wollen. Im BayerischenLandtag aber haben die Herren vom Zentrum einer Resolutionzugestimmt, die sogar innerhalb eines Jahres die privaten Stellen-Vermittler ohne jede Entschädigung beseitigen will.(Hort! hört I beide» Sozialdemokraten.) Diesen Widerspruch hat uns Herr Schirmernicht erklärt. Man muß sich doch eben ansehen, wen manentschädigen soll. Bei den Stenervorlagen haben Sie die Zünd-Holzarbeiter und die Brauereiarbeiter ganz un-berücksichtigt gelassen.(Hört I hört! bei den Sozialdemokraten.)Ich fühle keine Verpflichtung zu einer Entschädigung gegenüber Stellenvermittlern, besonders nicht, wenn sie einen solangen Zeitraum haben, um in einen anderen Beruf überzugehen.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.)Noch ein paar Worte über den ländlichen ArbeitSnach»weis. Gerade da wäre dringend eine paritätische Einrichtung unterder Aufsicht der Gemeinde notwendig.(Lebhafte Zustimmung bei denSozialdemokraten.) Gewissenlose Agenten gehen nach demAuslande und bringen durchlügenhafte VersprechungenArbeiter aus dem Auslände heran zu Vertragsbedingungen, die allemAustand und aller Sitte Hohn sprechen. Das müßte beseitigt werden.Aber durch die Vorlage wird daS nicht beseitigt.(Sehr wahr! beiden Sozialdemokraten.) Da frage ich nicht nach der Gcwerbesreiheit,die Herr Manz hier wieder mit alten inanchesterlichen Gründen ver-teidigt hat. Wo solche Uebelstände bestehen, mache» wir vor derGewerbefreiheit nicht Halt, da müssen sie vielmehrbeseitigt werden.(Sehr richtig! bei den Sozial-demokralen.) Es liegt auch im Interesse der soliden Unter-nehmer, daß der Arbeitsnachweis nicht in dm Händenvon Spekulante» bleibt, die den Arbeitsuchenden ausnützen.Leider ist unser Antrag, daß von der» Arbeitsuchenden eineGebühr überhaupt nicht zu zahlen ist, in der Kommissionnicht angenommen; der Mann, der wochenlang arbeitslos ist, niußoft sein Letztes zum Pfandlciher tragen, nur um die Gebühr fürden Stillenvermittler auszubringen. Diesen Zustand zu beseitigen,hätten wohl alle Parteien ein Interesse. Leider haben sie es nichtgetan. Es ist auch unrichtig, wenn Herr Manz behauptet, der Unter-nehmer bezahle die Stellenvermittelung. Im GastwirtSberuf zahltder Kellner außer der Vermittelungsgebühr noch eine ganze Reihevon Spesen für Ausgaben des Stellenver Mittlers.die in seinem Interesse, nicht in dem des Arbeitsuchenden gemachtHub.(Sehr wahr 1 b. d. Soziald.) Bei den T h e a t e r a g e n t e ngaben wir denselben Uebelstand. Ich habe der Genossenschast derDeutschen Bühnenangehörigen vorgeschlagen. einen paritätischenArbeitsnachweis zu schaffen oder die Stellenvermittelung ganz in eigeneHand zu nehmen. Das Gesetz sollte ihnen die Gelegenheit dazu ver«schaffen. Mindestens sollten die Taxen herabgesetzt iverden, damit dieUeberhebung der Gebühren, wie sie heute üblich ist, aufhört, undwenigstens ein geringer Schutz für die Künstler und Küiistlerinnen eintritt. Wenn wir dine gründliche Reform, eine wirklich erfreulicheReform bei der Stellenvermittelung haben wollen, müssen wirmit der privaten Stellenvermittelung Schluß machen und den öffent-lichen Arbeitsnachweis, der allen Ansprüchen gerecht wird, einführen.und das und nichts weiter will unser Antrag.(Lebhaftes Bravo lbei den Sozialdemokraten.)Damit schließt die Diskussion; der ß 1 wird unter Ab«lehnung der sozialdemokratischen Anträge in dervon der Kommission beanlragten Fassung angenommen.Es folgt Z 2, der das Gewerbe eines Stellenvermittlers kon-zessionSpflichtig macht und die Konzession versagen will:1. wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeitdes Nachsuchenden auf den bc-absichtigten Gelverbebetrieb oderauf seine persönlichen Verhältnisse dartun.Die Worte„oder auf seine persönlichen Verhältnisse", die vonder Kommission eingefügt sind, beantragen, die Mgg. Alb rechtund Genossen(Soz.) wieder zu strerchen.Weiter soll nach§ 2 die Konzession versagt werden:2. wenn ein Bedürfnis nach Stellenvermittlern nicht vor-liegt. Ein Bedürfnis ist insbesondere nicht anzuerkennen, so-weit für den Ort oder den wirtschaftlichen Bezirk ein öffentlichergemeinnütziger Arbeitsnachweis in ausreichendem Umfange be-steht.Statt dessen beantragen die Mgg. Albrecht und Ge-Nossen(Soz.) zu sagen:2.„Wenn ein Bedürfnis nach Stellenvermittlcrn nicht bor»liegt. Ein Bedürfnis für einen bestimmten Beruf oder Ge-werbe ist insbesondere nicht anzuerkennen, soweit für den Ortoder den wirtschaftlichen Bezirk durch Vereinbarungen zwischeneinem erheblichen Teil der Arbeitgeber und Arbeitnehmer odergrößerer Korporationen beider für den Beruf oder das Gewerbe,für das die gewerbliche Stellenvermittlung nachgesucht wird, einA�bettSnachwew errichtet ist, an dessen Verwaltung die Arbeit-geber und Arbeitnehmer in gleicher Vertretung teilnehmen,oder wenn für die gesamte Stellenvermittlung oder mehrere Be-rufe em Urbeltsnachweis durch Zuwendung aus Gemeinde- oderlstaatönntteln unterhalten wird, an dessen Verwaltung Arbeit-geber und Arbeitnehmer gleichmäßig teilnehmen und diese Ver-tretnng miweder vom Ausschuß d-s Gewerbegerichts in getrenntem Wahlgang von den Arbeitgebern und Arbeitnehmern er-nannt ist, oder in allgemeiner, geheimer und direkter Wahl dieVertreter von den beteiligten Arbeitgebern und Arbeitnehmernin gesondertem Wahlgangs gewählt sind."Mg. Schmidt- Berlin(Soz.):Unseren ersten Antrag haben wir gestellt, weil wir der Mei-nung sind, daß bei dem Stehenbleiben der Worte, die wir streichenwollen, politischer Mißbrauch eintreten kann.(Sehrwahr! bei den Sozialdemokraten.) Unser zweiter Antrag will vorallein die paritätischen und kommunalen Arbeitsnachweise gegendie Konkurrenz der privaten Stellenvermittlung schützen. Uebsr-all, wo durch tarifliche Vereinbarungen zwischen einem erheblichenTeil der Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder größerer Korpora-ticnen ein Arbeitsnachweis mit Verwaltung von Arbeitgebern undArbeitnehmern in gleicher Vertretung eingerichtet ist, soll eineprivate Stellenvermittlung neben ihm nicht mehrgeduldet werden, damit diese Organisation gefördert und dieweitere Ausgestaltung eines Arbeitsnachweises begünstigt wird,der heute in einigen Orten sich neben der privaten Stellenvermitt-lung mühsam durchhalten mutz. Das würde die Grundlage füreine gedeihliche Weiterentwickelung werden, deshalb bitte ich Sie,unserem Antrage zuzustimmen.(Beifall bei den Sozialdemokraten.)Abg. Schirmer(Z.): Wir halten es für selbstverständlich,daß politische Momente bei der Erteilung der Genehmigung nichtausschlaggebend sein dürfen. Nach den Erklärungen der Regierungin der Kommission sind auch solche Befürchtungen grundlos.Damit schließt die Debatte.Untev Ablehnung der sozialdemokratischenAnträge wird s 2 in der Kommissionsfassung angenommen.Ebenso§ 3 debattelos.In§ 4 hat die Kommission beschlossen, daß von der Landes-Zentralbehörde für die Gebühren der Stellenvermittler Taxen fest-gesetzt werden sollen.Abg. Manz(Fortschr. Vp.) beantragt, die Fassung der Regie-runasvorlage wiederherzustellen, wonach solche Taxen festgesetztwerden müssen.Dieser Antrag wird abgelehnt, die Kommissionsfassungangenommen.Die Mgg. Dr. Wagner(k.) und Dr. Pfeiffer(Z.) beantragen die Einfügung eines neueii Paragraphen hinter§ 4, wo-nach die Vorschriften der§§ 3a und 4 auch auf früher geschlosseneVerträge anzuwenden sind.Staatssekretär Delbrück äußert Bedenken gegen den Antrag;man dürfe nicht zu sehr in wohlerworbene Rechte eingreifen.Wenn es sich um Verträge handle, die den guten Sitten zuwider-laufen, seien sie ohnehin anfechtbar.Abg. Dr. Wagner(k.) betont, daß Verträge in Frage kämen,bei denen die Judikatur verschieden sei in bezug darauf, ob sieden guten Sitten widersprechen oder nicht.Der Antrag wird angenommen.Der Rest des Gesetzes wird nach den KommissionSbe-schlüssen angenommen.Hierauf vertagt sich das HauZ.Nächste Sitzung: Dienstag, 2 Uhr.(Beratung des Gesetzesbetr. die Zuständigkeit des R dichsg e r i chts. DritteLesung der Ausgaben für den Aufstand in Südwestafrika.).Schluß 6 Uhr.Mgeorclnetenbaus.63. Sitzung, Montag, den 2. Mai, 1310,vormittags 11 Uhr.Am Ministertisch: v. Rheinbaben, v. Moltle, b. Trottzu Solz.Auf der Tagesordnung steht diedritte Lesung des Etats.Abg. Ströbel(Soz.):Ich wunder« mich ja einigermaßen, daß ich in der allgemeinenBesprechung als erster Redner zu Wort« komme, von der ich erwartethätte, daß sie zu einer intercssanten Aussprache der Parteien geführthäite. Allerdings nachdem die Wahlrechtsvorlage aus derDiskussion ausgeschlossen ist, ist eS ja gar nichtmöglich, auf die Konstellation der einzelnen Parteien zueinander näher einzugehen, denn gerade vie Stellung, diedie einzelnen Parteien zu der WahlrechlSvorlage einnehmenoder vermutlich in Zulunft einnehmen, ist ja für dieKonstellation ver Parteien ausschlaggebend. Wir wissennicht, ob wir künftig noch mit einem schwarz-blauen Block zu rechnenhaben werden, ob daS außerordentlich intime Verhältnis zwischenKonservativen und Zentrum weiter fortbesteht oder infolge der Wahl-rcchtSvorlage eine Trübung erfahren wird, oder ob dieN a ti o na l-liberalen sich dem schwarz-blauen Block anschließen und wireinenschwarz-Vlau-gelSeu Blockhaben werden.(Heiterkeit.) Oder ob wir schließlich«ine Kombinationvon Konservativen und Nationalliberalen unter Ausschaltung dcSZentrums erleben werden. ES ist sehr bedauerlich, daß die Wahl-rechtSfrage hier nicht behandelt wird und das Zentrum so nichl Ge-legenheit hat, schon jetzt zu erklären, wie eS sich in Zukunft zu dieserwichtigsten Frage der preußischen und der ganze» Reichspolilik stellenwird. Allerdings mögen das ja die Herren selbst noch nicht wissen,wie die widerspruchsvolle Haltung der Zentrumspresse zu beweisenscheint. Nun, Ueberraschinigen werden wir ja vom Zentrum nichterleben, welche Stellung es auch einnimmt.(Sehr wahr! bei denSozialdemokraten.) Da über die wichtigste Frage nicht gesprochenwerden kann, werde ich mich auf die Erörterung einiger wenigerPunkte beschränken. Ich will zunächst dem Wunsche Ausdruck geben.daß nun endlich dasgeheime Wahlrecht für die Kommuneneingeführt werden wird.(Sehr wahr l bei den Sozialdemokraten.)Bei unserem Eintreten für die Lage der StaatSarbeiterim Laufe der Etatsberatung haben wir leider bei den bürgerlichenParteien und der Regierung kein geneigtes Gehör gefunden. Gegen-über dem Hinweise meines Freundes Lemert, daß die Kommunen ihreArbeiter viel besser bezahlen, als z. B. die Eisenbahnverwalwng,wollte das der Herr Minister mit einigen Zahlen wiederlegen, ausdenen hervorging, daß in der letzten Zeit_ die Steigerung der Löhneder Eisenbahnarbeiter ganz minimal höher gewesen sei, als dieSteigerung der Löhne der Kommunalarbeiter. Diese Art der Wider«legung ist ein Musterbeispiel dafür, wie vom Ministertisch gegen unspolemisiert wird.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Dieseminimale Steigerung beweist doch nickt da» geringste dagegen, daßdie Löhne der Kommunalarbeiter absolut höher sind als die derEisenbahnarbeiter.(Sehr richtig l bei den Soz. Während dieser Aus-führungen des Redners herrscht im Hause andauernde große Unruhe.)Ich stelle fest, daß ich hier über die Lage der Arbeiter spreche.und daß Sie offenbar für diese Frage nicht daS geringste Interesseempfinden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Das beweistdie Richtigkeit unserer Behauptung, daß für die Wünsche derArbeiterklasse, also des größten Teiles der gesamten Be-vöUerung in Preußen, im preußischen Landtag verteufeltwenig Interesse vorhanden ist.(Sehr wahr! bei denSozialdemokraten.) Weiter habe ich gegenüber wiederholten Be-hauptungen des Herrn Finanzministers im Laufe der Etatsberalungdargelegt, daß man aus den Einlagen bei den Spar«lassen nicht schließen dürfe, daß die Lage der Arbeitersich bedeutend gehoben habe. Da aber diese Behauptung immerwieder vom RegierungStisch unS gegenüber erhoben wird, so be-tone ich nochmals, daß der größte Teil der Sparkasseneinlagennach der Statistik nicht von den Proletariern stammt, sondrruKapital der besitzenden Klassen oder de» Mittelstandes ist.Es iE ja bedauerlich, daß man immer wieder auf dieselben Dingezurücklomnte» muß, aber wenn die Herren von der Regierung aufvon uns längst widerlegte Behauptungen immer wieder zurückgreifen,so bleibt auch uns nichts übrig, alS sie von neuem richtigzustellen.->» WaS daSKoalitionsrecht der Eisenbahnarbeiter und-beamtet»anbelangt, so duldet die Verwaltung zwar die Organisationen derChri st lichen und Hirsch-Dunckerschen, verbietet aber ingesetzwidriger Weise den Eisenbahnarbeitern und-beamten, sichsogenannten ordnungsseindlichen Organisationen anzuschließen.Die Eisenbahnverwaltuug beruft sich dabei auf den§ 182der preußischen Gewerbeordnung vom 17. Ja-nuar 134S und behauptet, daß dieses Gesetz noch heute be«stehe, wodurch den Eisenbahnarbeitern und-beamten die Koalitionbei Strafe verboten wird. Man sagt, durch den s 1S2 der Reicks-gewerbeordnung von 1803 wären zwar alle Strafbestimmnngen fürgewerbliche Arbeiter auf diesem Gebiete aufgehobeii, aber es werdein einem anderen Paragraphen ausdrücklich bestimmt, daß das Gesetzkeine Anwendung finde aus den Betrieb der Eiienbahnen. Dabeivergißt man, daß inzioischen da« R e i ch S v e r e i n S g e s e tz geschaffenist, das mit dem Wust alter Vestinmlungen auch der preußischenGewerbeordnung von 1815 ein für allemal ausgeräumthat.§ 1 dieses Gesetzes lautet:„Alle Reichsangehörigen haben daSRecht, Vereine zu bilden. Dieses Recht unterliegt polizeilich nurdem in diesem Gesetz und anderen Reichsgesetzen enthaltenen Be«stinimungen." Von einem AuSnahmerecht für irgendwelche Staats-arbeiter' kann also keine Rede sein. Im§ L4 deS Reicksvereins-gesetzeS sind ganz genau die landesrechtlichen Bestimmungen genannt,d:e nicht abgeschafft werden, zum Beispiel die über ländliche Arbeiterund Dienstboten. Von den Eisenbahnen ist darin mit keinerSilbe die Rede.(Hört! hört I bei den Sozialdemokraten.) Wennalso trotzdem ein Minister Staaisarbeitern verbietet, von ihreinfreien Koalitionsrecht Gebrauch zu macken, so handelt er ungesetzlichund tritt das RcichsvereinSgesetz mit Füßen.(Sehr wahr I bei denSozialdemokraten.) Wenn man sagt, nur solche Organisationen seienberechtigt, die nicht das Streikrecht beanspruchen, so steht zunächstim Organisationsslatut des Eisenbahiierverbaiides kein Wort vomStreik. Aber selbst wenn das der Fall wäre, hätten die Eisen-bahner das Recht, sich zu organisieren. Im übrigen brauchen Siewirklich keine solche Angst zu hoben, daß die Eisenbahner inStreik treten; das würden sie sicher nur in dem alleräußersten Not-fall, bei ganz außergewöhnlichen Umständen tun, deiin sie wissenganz genau, welche Vorkehrungen von den besitzenden Klasien undder Regierung getroffen worden find, um einen solchen Streik un-wirksam zu machen; wir wissen manches, was vielleicht nicht allevon Ihnen wissen, so z. B.daß in verschiedenen Truppenteilen eine ganz bestimmte Anzahl vonLeuten aus verschiedene» Berufen angewicse» sind, in einem solchenFall sofort einzuspriiigeu.DaS ist mit wunderbarer Genauigkeit ausgearbeitet. Aber anderer-seitS würde es zu einem solchen Streik unter Umständen auchkommen, wenn eine solche Organisation nicht besteht. Wenn einemaßlose Erbitterung in den breiten Volksschichten infolge der Ver«gewaltigung durch die b e s i tz e n d e n K l a ss e n einmaleinen solchen Grad erreicht haben wird, daß einallgemeiner Generalsttelkausbricht, dann Würden auch die Eisenbahner in diesen Streik hinein-gerissen werden, ganz einerlei, ob sie organisiert wären oder nicht,Das haben z. B. die V o r g ä n g e in Rußland bewiesen. WennSie einen solchen Streik verhindern wollen, dann müssen Sie dasVolk nicht noch iveiter erbittcr», dann dürfen Sie nicht solche Gesetzemachen wie die Wahlrcchtsvorlage, die nur als eine Verhöhnungder besitzlosen Klassen bezeichnet werden kann.(Sehr wahr!bei den Sozialdemokraten.)Zur Hebung der Arbeiterklaffe soll ja auch die Schule dienenund deshalb legen wir besonderes Gewicht auf dieAusgestaltung der Bolksschule.Wenn man unseren Forderungen gegenüber auf den Mangel anMitteln hinweist, so hat man andererseits gar nicht danach ge-fragt, ob Mittel vorhanden seien, als es galt, die Gehälter derGeistlichen aufzubessern.(Sehr wahr! bei den Sozialdem.)Wir verlangen, daß die Volksschule so ausgebaut werde, daß sie zueiner wirklichen Kult» ran st alt wird, und daß allenVolksangehörigen die Möglichkeit einer höheren geistigen Ansbildungverschafft wird. Wenn dem Herrn Kultusminister diese Forderungals die eines weltfremden Theoretikers erscheint, so hat er durchdiese Aeußerung nur bewiesen, daß es für ihn ein un er füll-barer Gedanke ist. daß unser Volk wirklich einmalzu einem Kulturvolk gemacht werden könnte.(Sehrwahr! bei den Sozialdemokraten.) Im vorigen Jahre habe ich eineganze Reihe der angesehensten Pädagogen, wie Pestalozzi, an»geführt, die ebenfalls da« Ideal der Volksbildung dorm erblicken,daß sie der ganzen Arbeiterklasse die Möglichkeit des Ausstiegs zurhöchsten Kultur gewährleistet. Es ist bedauerlich, daß nur wirSozialdemokraten heule daS Ideal dieser großen Pädagogen aufrecht-erhalten, während die bürgerlichen Parteien und die Regierung sichmit den traurigen Zuständen unseres Klasseiistaates abgefundenhaben. Derr Herr Minister meinte dann, ich wäre weltfremd, weilich nicht wüßte, daß Gymnasien und Universitäten den bestiinmtenZweck verfolgten, das Verwaltungspersonal, Lehrer usw. hcrauzu»ziehen. Wenn er aber meine Rede vom vorigen Jahre gekannt hätle,lo hätte er mir daS nicht eiitgegeilhalten können, denn ich habe da-m als viel prägnanter und erschöpfender gerade dasselbe aus-geführt, daß nämlich unsere höheren Bilduiigsanstallen von denbesitzenden Klassen nur als Mittel zum Zweck betrachtetwerden, höhere Beamte, Gelehrte usw. heranzubilden. Nun soll ichein weltfremder Utopist sein, weil ich von alledem nichts wisse, waSich selbst in der gründlichsten Weise nachgewiesen habe. Nein, geradediesen Zustand, daß die höheren BitduiigSanstalten nicht zur Ver«breitung allgemeiner Kultur, sondern zur Hcranzüchtung eines Be-amtenstandes und einer kleinen Zahl von Gelehrten dienen, haltenwir für verderblich und antikulturell. Die höheren Schulen sollte»die Aufgabe haben, die höchstmöglichste Bildung in den weitestenVolksschichten zu verbreiten.(Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.)Wir wollen, daß alle Angehörigen des Volkes, auch diejenigen, diesich einbilden, aus der Menschheit Höhen zu wandeln, auch zu k ö r p e r»lichen Arbeitslei st un gen herangezogeil werden. Nicht etwa in derspielerischen Weise, wie ja auch die Hohenzollernprinzenirgendein Handwerk lernen, sondern wir verlangen im Interesse derKultur, daß alle Arbeitsfähigen auch zu einer gewissen physischenArbeitsleistung herangezogen werden, damit die Arbeitszeit soreduziert werde» kau», daß auch für alle die Möglichkeit zuhöchster geistiger AuSdildung übrig bleibv. WaS auf der einenSeite dadurch verloren geht, daß vielleicht irgendein Wissen»schaftler nicht soviel leistet, lvie er sonst leisten könnte, wirdans der anderen Seite dadurch gewonnen, daß die Zahl der Forscher.Gelehrten und Dichter außerordentlich vergrößert wird. Werfreilich, wie Herr Cassel, behauptet, daß schon beute jeder Be-fähigte aus dem Volke die Möglichkeit hat. die höhere Schule zubesuchen, ist in Wahrheit weltfremd und hat von den wirklichenDingen keine blasse Ahnung.(Sehr wahr l bei den Sozialdemo-kraten.) Ich will aus die Arbeiterverhättnisse deS weiteren nichtmehr eingehen, sondern nur noch betonen, daß auch die Lage derBergarbeiter bei weitem noch nicht in der Weise gesichert ist, wie esdie Bergarbeiter verlangen. Ich will zum Schlüsse nur noch daraufhinweisen, wie gestern wieder, entgegen dem Gesetze, diefriedlichen Umzügeverboten worden find, wie sie die Arveiter am ersten Mai ver»anstalten. Nach dem Gesetz ist ein solches Verbot nur möglich,wenn eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit vorhanden ist. Aberdie letzten großen Veranstattuiigen unter freiem Himmel in Berlinhaben ja bewiesen, daß die Arbeiterklasse so glänzend bis»zipliniert ist, daß auch die geringste Gefahr für die öffentlicheSicherheit bei solchen Umzügen ganz auZgeschlossen ist.(Sehr wahrlbei de» Sozialdemokraten.) In, Entwurf zum VereinSgesetz warzuerst von der Gefahr für die öffentliche-Ordiiuilg die Rede. DiesenLegriff hat>na» als kautschukartig g e st r i ch e n und hat dadurchklar bewiesen, daß man keine willkürlichen Maßnahmen der Polizei-behörde wünscht. In G e n t h i n aber hat man z. B. den Umzugverboten, weil bei der letzten Demonstration das Bürgertmu mitTöpfen usw. aus den Fenstern geworfen habe.(Hört I hört l b. d. Soz.)