zogen oder leicht zu entziehen find. eS sei denn, daß fie außerhalb des BerkehrS stattfinden. Solche Aufzüge greifen manchmal in engen und verkehrsreichen Straßen in ganz anderer Weife in die öffentlichen Verhältnisse und die berechtigten Anforderungen zur Sicherheit des Publikums ein. Erdrückende g roüe Mafien auf der Strafie mit den unvermeidlichen Zuläufern bergen schon eine Gefahr in sich. Sie können von den für die öffentliche Ordnung verantwort- ltchen Sicherheitsorganen überhaupt nicht übersehen werden. Weit bedenklicher sind solche öffentlichen Aufzüge, wenn sie in der«nverhüllt ausgesprochenen Absicht und lediglich zu dem Zweck veranstaltet werden, um Zwie- spalt und Hast in die Klaffen der Bevölkeruug zu tragen und den ruhigen Bürger einzuschüchtern oder aufzureizen, wenn sie veranstaltet werden von einer erregten» ver- hetzten oder, wie sie es nenne», aufgepeitschten Menge. Wir haben nachgerade Tatsachen genug, auf die wir uns bei der Beurteilung der Frage der öffentlichen Sicherheit stützen können. Die Vorkommnisse in Berlin , Halle, Frankfurt , Breslau , Neumünster , Solingen , Essen, Branden- bürg usw. sind in der Beziehung sehr lehrreich gewesen und müssen für gleichartige Verhältnisse berücksichtigt werden. Es sind an vielen anderen Orten blutige Zusammenstöße mit den Polizeiorganen, wie die sozialdemokratische und demokratische Presse ausdrücklich hervorhebt, nur dadurch vermieden worden, daß die Polizeibeamten, obgleich sie als Bluthunde usw. beschimpft wurden, sich sehr zurückgchaltcu, d. h. aus bestimmten allgemeinen Rücksichten darauf verzichtet hatten, ihrerseits die amtliche Autorität in einer Weise zu wahren, wie es im Interesse des Dienstes erforderlich gewesen wäre. Die ersten so- genannten Wahlrechtsdemonstrationen waren ja angeblich aller- orten spontane Kundgebungen, tatsächlich natürlich von einer einheitlichen Zentrale einheitlich inszeniert, wie jetzt auch die Maifeier.(Sehr richtig I rechts.) Das ist die Bewegung, welche im letzten Grunde die Staatsordnung untergraben will. Ich verweise auf den Aufruf der Sozialdemokratie zur Maifeier. Er ist unterschrieben von dem Parteivorstande der Sozialdemokratie Deutschlands , von dem Ausschuß der Landeskommission der Sozialdemokratie Preußens und von der sozialdemokratischen Land- tagsfraktion des preußischen Abgeordnetenhauses.(Hört! hörtl) ES heißt da:.Parteigenossen und Genoffinnen, wir fordern euch auf, am 1. Mai zum Kampf zur Eroberung des allgemeinen gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts."(Hörtl hörtl) Im„Vorwärts" hieß es am 30. April:.Morgen ist der 1. Mai, gebt den Volksfeinden die erste Antwort, kommt in Massen zu unseren Versammlungen, nicht um Feste zu feiern, sondern um den Kampf zu erneuern."(Hörtl hört I) Welche Ziele schließlich dieser Kampf haben soll, plaudert die .SchleSwigholsteinsche Volkszeiwng' aus, indem fie folgende Drohung ausspricht, nach den Verhandlungen im Herrenhause: „Und da das preußische Volk auf die Forderungen nicht verzichten kann, Wirdes eben auf den Frieden und die Gesetz- lichkeit verzichten müssen."(Hört! hört! rechts.) Man würde sich an die um die Bürgerrechte kämpfenden Eisenbahnarbeiter und an die Soldaten wenden, um durch planmäßige AusNärung dieser Elemente den Tag der Befreiung vorzubereiten.(Hörtl hörtl recht».) Wer auf die Gesetzlichkeit verzichtet, der geht doch beinahe dicht au den Rahmen des Hochverrats heran.(Sehr richtig! recht».) Es heißt dann weiter:.Wird aber in Zukunft für da» Zustandekommen einer Wahlreform Zweidrittel- mehrheit gefordert und die Gestaltung deS Wahlrechts auf solche Weise jetzt und für alle Zeit in das Belieben der herrschenden Junker- Partei gestellt, dann bleibt denen, die ficht unterwerfen«ollen, nichts anderes übrig, als dir Vorbereitungen zu treffen zu dem unvermeid- liehen Kamps aus Tod und Leben."(Hörtl hörtl recht». Sehr richtig I bei den Sozialdemokraten.) Sie bestätigen das also. Ich bin immer für Klarheit I Gegenüber den zielbewußten Demonstrationen ist eS Pflicht der Zentralbehörde, auch für eine Abwehr nach einheit« lichen Grundsätzen zu sorgen.(Sehr wahr! rechts.) Wenn ich daher die Regierungspräsidenten auf Grund der vor- liegenden Erfahrung und Tatsachen allgemein darauf hin- gewiesen habe, daß eS in einer Zeit der Massenerregung wie der gegenwärtigen mit der Wahrung der öffentlichen Sicherheit in der Regel nicht vereinbar sei, öffentliche Aufzüge zu genehmigen, so stehe ich damit auf gesetzlichem Boden.(Sehr richtig I) In der Regel genügt der Hinweis auf die Berücksichtigung der örtlichen Bedingungen des Einzelfalls. Ich habe dabei weder ein unb e d ing te S Verb o t öffentlicher Aufzüge im Gegensatz zu Z 7 des Vereinsgesetzes unter Außeracht- lassung besonders örtlicher Verhältnisse ausgesprochen, noch sind andere Gesichtspunkte für mich bestimmend gewesen, als die der Anstecht- erhaltung der öffentlichen Sicherheit. Der Vorwurf der Rechtsverletzung sollte doch aus dem Munde der Herren etwas vorsichtiger erhoben werden(Lebhafte Zustimmung"echtS), welche gezeigt haben, daß fie sich schlank über die gesetzlichen Jeftimmungen gerade dieses Gesetzes hinwegdegeben kännen.(Rufe kn! den Sozialdemokraten: Wann denn?) Sie habe» Ihre Umzüge, die aicht genehmigt waren, ab- gehalten und mit Stolz darauf hingewiesen, daß sie das Recht auf die Straße hätten. Gesten, ist wegen einer solchen Versammlung ein Urteil ausgesprochen, das Ihnen wohlbekannt sein wird. Der Redakteur Ihre» Parteiorgans ist mit vier Wochen L>aftbe st rastworden.(Lebhafter Beifall rechts.) Etn so groster Staat wie Preusten lästt sich das Recht auf die Strafte, von wem es auch sei, nicht aufdrängen oder abtrotzen. (Sehr richtig I rechts.) I ch werde dies wenigstens nicht dulden, so lange ich in dieser verantwortlichen Stellung stehe.(Beifall rechts.) Der Abg. Ströbel sprach gestern von Kleinlichkeiten der preußischen Polizeibehörden in diesen Dingen und wies wieder einmal aus das Ausland hin. Das Ausland geht mich dabei gar nichts an. (Lebhafte Zustimmung rechts.) Das ist eine preußische An- gelegenheit und wir wissen in Preußen selber, was uns nottut.(Lebhafter Beifall rechts.) Wenn der Abg. Ströbel dabei aber gerade auf unseren republikanischen Nachbar im Westen hingewiesen hat, so möchte ich ihn doch auffordern. sich die Berichte aus Paris bei den dortigen Wahlen anzusehen. Ich bin mir meiner großen Verantwortung in dieser ernsten Frage voll bewußt und werde meine Pflicht tun nach meinem besten Wissen, und mich nach niemand anders richten(Abg. Hoffmann: als nach den Junkern!), auch nicht nach den Ansichten einer einzelnen Partei, wie das vorhin hier von der Regierung be- hauptet worden ist.(Lebhafter Beifall rechts. Zischen bet den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Friedberg(natl.): Nach dem Verlauf der sozialdemo- kratischen Massenversammlungen verstehe ich nicht, wie man in ihnen eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit erblicken kann. Das Gesetz gestattet sie, und was Recht ist, mnß Recht bleiben. In dem B r i tz e r Fall der Ablehnung eines jüdischen Medizinalpraktikanten hätte der Minister ein- schreiten müssen.(Bravo l link».) 1 Mg. Frhr. v. Zedlitz(stk.): Die Massenumzüge der Sozial- demokratic sind die Manöver für die Revolution.(Sehr richtig I rechts.) Man hat ja schon mit dem politischen Massenstreik zur Erzwingung der proletarischen Herrschaft gedroht, das ist zweifellos die Revolution.(Rufe links: Huhu!) Den Zickzack- kurs des Berliner Polizeipräsidenten bedauern w i r.(Bravo ! rechts.) Ein Schlußantrag wird abgelehnt, da die Rechte schlecht vertreten ist. Mg. Dr. Liedknecht(Soz.): Der Herr Minister hat gesagt, MirSki sei nicht ausgeliefert, sondern„nur" in der üblichen Weise an die Grenze gebracht und dort den russischen Gendarmen übergeben. In der Tai ist diese Art der Auslieferung viel schlimmer, denn eS stehen dem Ausgelieferten hierbei nicht die geringsten Rcchtögarantien zur Seite, wie bei einem geordneten Aiislieferungsverfohren, wo auch die Justiz des Staates, an den ausgeliefert wird, an die völkerrechtlichen Grund- sätze gebunden ist. Daher haben wir und auch die Zentrums- Partei im Reichstag wiederholt betont, daß es ungesetzlich sei, wenn in Form der Ausweisung materiell eine Auslieferung aber ohne die Garantien des eigentlichen Auslieferungsversahrens stattfindet. Der Herr Minister ist sich trotz der wieder- holten parlamentarischen Verhandlungen hierüber offenbar über diesen Unterschied noch immer nicht klar.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Es ist ein nobile officium(Anstandspflicht), wenn Auslieserung nicht beantragt ist, bei der Ausweisung mit größter Vorficht vorzugehen, namentlich, wenn die Ausweisung nach Rußland , das man z» den europäischen Kulturstaaten nicht rechnen kann, stattfindet, wo überhaupt kein geordnetes gerichiliches Verfahren in solchen Fällen besteht, sondern wo die Standgerichte, die Militärgerichte summarisch urteilen, und sich an die Gesetze so wenig kehren, wie vielfach die preußische Polizei. (Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Der Oktobrist Baron M e y e n d o r f, an den sich der Verteidiger von MirSki, Dr. Oskar Cohn , gewandt hat, hat sich als viel fortgeschrittener eriviesen als das preußische Ministerium des Innern und hat alles mögliche getan, um ein Justizverbrechcn an MirSki zu verhindern. Gar nicht eingegangen ist der Minister auf die Feststellung meines Freundes Hirsch, daß auf Anweisung des Berliner Polizeipräsidiums dem Pfleger des geisteskranken Mirsii keine Mitteilung von der Entlassung deS Geisteskranken gemacht worden ist, wodurch ihm die Möglichkeit genommen wurde, recht- zeitig Schritte zur Verhütung der Auslieferung nach Rußland zu tun.(Hört! hört! bei den Sozialdemo- kraten.) Das ist eine gröbliche Ungesetzlichkeit und daneben eine Herzlosigkeit und Barbarei des Berliner Polizeipräsidiums. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Ich empfehle dem Herrn Minister das bekannte Buch vom Fürsten K r a p o t k i n über die russischen Zustände zur Lektüre, wo auf Grund offizieller Dokumente ein erschütterndes Bild von der Rohheit und Verkommenheit, der Un- Menschlichkeit, die in russischen Gerichten und Gefäng- nissen herrscht, entworfen wird. Wer das weiß und dennoch die Auslieferung an Rußland zuläßt, der hat ein Verbrechen auf dem Gewissen. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Gegenüber der Entrüstung, die im Auslande bei dieser Gelegenheit zu Tage getreten ist, hat der Minister das Gefühl absoluter Wurschtigkeit an den Tag gelegt (Vizepräsident Dr. Porsch: Dieser Ausdruck gegenüber dem Minister ist zum mindesten nicht geschmackvoll.)— also das Gefühl der Gleich« gültigkeit. Er meint, wir Preußen wüßten selber, waS wir zu tun hätten und ftagen nicht nach dem Auslande. Nun, die preußischen Behörden wissen eben leider nicht, waS sie zu tun habe», und ruinieren durch solche Maßnahme« daS Ansehen Preußens vor dem kulturell höherstehenden Auslände iu Grund und Boden. (Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wa« mein Freund Hirsch gegen den Erlaß des Minister« über die Maiumzüge gesagt hat, ist durch den Minister in keiner Weise entkräftet worden. Als ein Argument für das Verbot wird die Beeinträchtigung der Verkehrsverhältnisse angesehen. Aber schon nach dem alten preußi- scheu Vereinsgesetz war ein verbot aus einem solchen Grunde nicht zulässig. Auch nach der Judikatur des Ober- verwaltungSgerichtS und bei Beratung des Reichsvereins- gesetzes ist kein Zweifel darüber gelassen worden, daß solche Rücksichten ausgeschlossen seien und daß nur die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ein Verbot rechtfertigte. Der Staatssekretär deS Innern v. Bethmann Hollweg hat damals ausdrücklich die feier« liche Erklärung abgegeben, daß diese Bestimmung ohne alle Schikanen und Kleinlichkeit gehandhabt werden soll. Es war derselbe Herr, der jetzt, der Sage nach, Ministerpräsident in Preußen, also der Bor- gesetzte des Ministers des Innern und für dessen Erlasse ver- antwortlich ist. Wir haben also daS gute Recht, ihm Illoyalität und Doppelzüngigkeit vorzuwerfen.(Sehr gut! bei den Sozial- demokraten.) Vizepräsident Dr. Krause ruft den Redner wegen dieser Aeuße- rung zur Ordnung. (Bravo ! rechts.) . Abg. Dr. Liebknecht(Soz.): Herr v. Zedlitz rief uns zu, wir kennten die Gesetze nicht. In der Tat kennen wir die Gesetze besser als Sie, wir wissen, daß im Gesetz nicht steht, daß die Genehmigung zu Umzügen in der Regel zu versagen ist, sondern daß sie nur aus- nahmsweise versagt werden soll.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Wenn nun das Gegenteil den Behörden zur Pflicht gemacht wird, so handelt der Minister gegen das Gesetz(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten),- ja, er zwingt geradezu die Polizei dazu, gesetzwidrig vorzugehen. Wir Sozial- demokraten haben uns beim Reichsvereinsgesetz als gute Propheten erwiesen, als wir die Freisinnigen warnten, solche Kautschuk- bestimmungen in die Hände einer Behörde wie das preußische Ministerium des Innern zu legen. Jetzt gibt uns auch Herr F i s ch b e ck recht. Die Haltung des Minister« ist umso unverständlicher, nachdem die Probe aus das Exempel bei den Versammlungen am 10. April d. I. so außerordentlich glänzend gelungen ist und die Massen der Arbeiter bewiesen haben, daß sie Disziplin zu halten verstehen.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten.) Wir verstehen es ja, daß es den Herren sehr unangenehm gewesen ist, daß die Sozialdemokratte, sich selbst überlassen, eine so vorzügliche Haltung bewahrt hat und daß sie mit dem verständigen Beamten unzufrieden sind. der der Sozialdemokratie Gelegenheit dazu gegeben hat, ein solch glänzendes Zeugnis von Selbstdisziplin zu geben. Herr V.Zedlitz ,rrt, wenn er meint, unsere Manöver zur Revolution, wenn wir wirklich die Absicht zu einer solchen hätten, würden sich vor Ihren Augen abspielen. Im übrige» ist unsere Tätigkeit hier viel revolutionierender und gerade die Reden des Herrn v. Zedlitz ersetzen uns ein ganzes Aktionsprogramm.(Heiterkeit u. Sehr gut! bei den Sozialdemokraten.) Die Stellen aus dem Aufruf des Partei- Vorstandes und aus dem.Vorwärts" hat der Minister voll- ständig au? dem Zusamu,enhang herausgerissen, ebenso da? Zitat aus der„SchleSwig-Holsteinischen Volkszeitung'. Dort ist nicht anderes gesagt, als was das Gemeingut jedes ge- schichtlich gebildeten Menschen ist, daß formale Gesetzesbestimmungen nicht auf die Dauer ein Hindernis sein können für die Bedürfnisse der Fortentwickelung der Gesellschaft.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Sie selbst ändern ja Ihre Gesetze unausgesetzt, um sie dem Fortschritt der Verhältnisse anzupassen. Wenn die Herren den Mut haben, uns Ungesetzlichkeiten vorzuwerfen, so erinnere ich den Minister an den Fall des preußischen Polizeikommissars. der einem russischen Untertan ciuen gefälschte» Paß verschaffte und ihn zum Hochverrat grgcu sei» Vaterland aufforderte. Gegenüber dieser Urkundenfälschung eines königlich preußische« Kriminalkommissars hat die preußische Justiz, die so gut funktioniert, wenn eS sich um ein Hoch auf das Wahlrecht handelt, bis heute versagt.(Hört! hört! bei | den Sozialdemokraten.) Ich erinnere den Minister auch an die do» dem Dresdener Gericht in einem von mir bei der zweiten Lesung vorgebrachten Falle festgestellte Urlundenfälschung des Berliner Polizeipräsidiums. Darauf ist der Minister mir bis heute eine Antwort schuldig geblieben. Wenn in diesem Hause von Gesetzlichkeit geredet wird beim Etat des Ministeriums deö Innern und einen Tag nachdem ein Mitglied der größten Fraktion des Hauses hier ohne jede präsidiale Rüge die Drohung mit einem Duell einem Mitglied des Hauses hat ins Gesicht schleudern können— meine Herren, über solche Hüter der Gesetzlichkeit lachen ja die Hühner.(Lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten.) Der Etat wird bewilligt. Beim Kultusetat weist Abg. Kopsch(Fortschr. Vp.) nochmals die Angriffe deS Abg. Heß auf den preußischen und deutschen Lehrerverein zurück. Abg. Heß<Z.) erwidert, daß man mit nnhonorigen Waffen gegen ihn kämpft. Tatsache bleibe, daß der Lehrerverein sich zur Simultanschule bekenne. Nach weiterer unwesentlicher Debatte vertagt daS Haus die Weiterberatung auf Mittwoch 11 Uhr. Schluß 4Va Uhr._ Soziales* Boykottprozeß. Je dem Zivilprozeß, den der Gastwirt Außmann in Groß. Lichtcrfelde, Berlinerstr. 131, beim Landgericht Berlin II gegen eine Anzahl Genossen und die„Vorwärtsbuchdrnckerei" auf Entschädi» gung angestrengt hatte, wird uns jetzt der Wortlaut des den Kläger abweisenden Urteils vom 1. Februar mitgeteilt. Die Urteilsgründe lehnen sich an das bekannte Reichsgerichtsurteil im Berliner Boykottprozeß an und führt u. a. wörtlich aus: „Der Boykott und zwar nicht nur der im Lohn» und Klassen- kämpf zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern vorgenommene ist nicht schlechthin als ein unzulässiges, wider die guten Sitten verstoßendes Kampfmittel anzusehen. In der Aufforderung an weitere Kreise zur Betätigung am Boykott durch die Presse liegt eine unerlaubte Handlung auch nicht schon aus dem Grunde, weil dadurch eine Vermögensschädigung des Betroffenen herbeigeführt �wird. ES kommt vielmehr auf die Art an, wie der Boykott vou den Beteiligten ins Werk gesetzt wird. Der sozialdemokratischen Partei ist durch daS Reichsgesetz vom 31. Mai 18S6§ 17 und daS Vereinsgesetz vom IS. April 1908§ 6 Abs. 2 und§ 12 Abs. 2 ebenso wie anderen politischen Parteien das Versammlungsrecht gewährleistet. Diese Partei hat daher ei» erhebliches und berechtigtes Interesse daran, Lokale zur Abhaltung von Versammlungen zur Verfügung zu haben. Veröffentlichungen im Parteiorgan, die dazu bestimmt sind, der Partei Säle zur Abhaltung von Versammlungen zu sichern, können also nicht schon au? dem Grunde als unerlaubt beanstandet wer- den, weil durch daS gewählte Mittel zur Erreichung des Zweckes das berechtigte Interesse eines anderen geschädigt wird. Der Kläger hat unstreitig sich geweigert, sein Lokal zur Veranstaltung .sozialdemokratischer Versammlungen herzugeben. Die beiden Ver- öffentlichungen im„Vorwärts" vom 24. Oktober und 14. November 1809 enthalten den Hinweis auf diese Weigerung deS Klägers und die Aufforderung an die Arbeiterschaft, jeden Verkehr im Lokal des Kläger? einzustellen, solange der Kläger bei seiner Weigerung verharre. Weiteres über die Durchführung des Boykotts oder deren Ueberwachung enthalten die Veröffentlichungen nicht. Ein anderes Mittel als der Boykott würde unter den obwaltenden Um- ständen keinen Erfolg versprechen. Die Ausübung eines Druckes auf die Entschließung deS Klägers, um ihn zu einem anderen Ver- halten zu bestimmen, stellt sich mithin nicht als unerlaubte Hand, lung dar, sofern nicht die Art wie die Beeinflussung de« Klägers versucht wurde, gegen daS AnftandS- und Rechtsgefühl billig denken- der Menschen verstößt.... Beide Zeitungsnotizen enthalten nun nichts, tva» zu dem Schlüsse berechtigen könnte, daß damit ein anderer Zweck verfolgt werde als der, den Kläger durch den Boykott zur Ueberlassung des Saales an die sozialdemokratische Partei zur Abhaltung von Ver« sammlungen zu bestimmen. Insbesondere ist auS dem Inhalt der Veröffentlichungen zu ersehen, daß ihnen Rachsucht der Verfasser nicht zugrunde liegt. DieS ergibt schon die Einschränkung des Boykotts auf die Zeit, in der der Kläger bei seiner Weigerung beharren würde. Auch enthalten die Nottzen keine allgemeinen Schlagworte, die zur Verhetzung der Parteigenossen gegen der Kläger dienen könnten. Beide Veröffentlichungen sind vielmehr in einer maßvollen, keineswegs aufreizenden Sprache gehalten.... Auch müssen die Kundgebungen den Sachverhalt wahrheitsgemäß so erkennen lassen, daß diejenigen Personen, an die sie gerichtet sind, in die Loge gesetzt werden, sich ein Urteil zu bilden und ihr Verhalten danach ein- zurichten. Auch an dieser Klarlegung fehlt eS in den Veröffent- lichungen deS„Vorwärts" nicht.... Daß der Kläger nur Pächter des Lokals und an die Bestimmungen des Pachtvertrages gebunden ist, kann nicht für erheblich erachtet werden. Denn der Kläger mußte sich bei Eingehung des Pachtvertrages sagen, daß die sozial- demokratische Parteileitung sich nicht bei der Saalverweigerung beruhigen, sondern ihre üblichen Maßregeln durch Verhängung der Sperre über das Lolal treffen würde, so daß er von vornherein mit einer Kundschaft rechnen mußte, die nicht gesonnen war, die sozialdemokratische Partei durch Meidung des Lokals zu unter» stützen...." Soweit daS Urteil und seine Begründung in der Sache gegen den„Vorwärts". Bezüglich der übrigen Beklagten schwebt der Prozeß noch. Er wird für den Kläger auch die zweite Enttäuschung bringen. Die Beweiserhebung— fast die ganze Polizei und Gen- darmerie, sowie ein Dutzend Zivilzeugen wurden vernommen— verlief so günstig für die Beklagten, daß an der Abweisung auch dieser Klage nicht gezweifelt werden kann. Der Kläger Außmann sollte sich bei ruhigem Nachdenken selber sagen, daß sein Lokal so- lange von der Arbeiterklasse gemieden werden wird, bis er die Arbeiterklasse und die Sozialdemokratie als mit allen anderen Par» teien gleichberechtigt anerkennt und demgemäß auch ihren Anspruch auf Ausübung des Versammlungsrechts anerkennt. Fühlt denn Herr Außmann nicht das Beleidigende, das in der Zumutung an den Arbeiter liegt, nur als zahlender Dinker als Gleichberechtigter zu gelten, aber die Gleichberechtigung versagt zu erhalten, wenn er beim Glase Bier oder Selter ernste Interessen besprechen will? Eue Induftne und Dandel» Kapitaliftische Praktiken. Zwischen der Verwaltung der Zeche Konstantin der Große und der Bochumer Bergwerks-Akliengesellschaft sckweben seit einiger Zeit Verhandlungen, die den Ankauf der Zeche Präsident betreffen. ES besteht die Absicht, die Beteiligungsziffer der letzteren Zeche beim Kohlensyndikat, die für Kohlen 405 900 Tonnen, für Koks 130 000 Tonnen beträgt, auf Konstantin der Große zu übernehmen und die Zeche Präsident stillzulegen. Diese Zeche liegt vor den Toren Lochums, mitten zwischen den ertragreichsten Gruben des ganzen Kohlenbeckens. Für die Stillegung spielen die Grubenherren, wie immer mangelnde Rentabilität der für das Legen aufs Korn genommenen Zeche aus. Richttg ist, daß Präsident seit Jahren keine Riesen«
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