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Mag der ttaktiouärs Klüngel des Junker-, Pfassm- und GeldsackSParlmnents seinen brutalen Gewaltakt vollführen. Wir haben das Schändliche dieses Streichs gebührend ge- brandmarkt, aber wir er>v arten dessen Folgen mit heiterer Gelassenheit! I« je abstoßenderer Nacktheit fich die Gewaltpolitik der Wahlrcchtsverriiter und Bolksunterdrücker offenbart, desto besser für uns?_ Betrogene Betrüger. Verworrener als je ist die Lage, seitdem daZ Herrenhaus sich Mühe gegeben hat, die W a h l r e ch t S v o r l a g e den Mittel- Parteienannehmbar* zu mache». Wenn die Regierung und das Herrenhaus darauf ausgegangen wären, die Wahlrechtsreform in einer allgemeinen Verwirrung versinken und verderben zu lassen, so hätten sie ihre Sache wirklich kauni geschickter anfassen können. Klar ist nur, datz die ablehnenden Stimmen im Abgeordnetenhause durch Zutritt des Zentrums gewaltig gestärkt werden. So klar aber diese Verschlechterung der Situation ist, ebenso unklar ist, ob auf der anderen Seite soviel oder überhaupt etwas an Stimmen gewonnen worden ist. daß die Ausschaltung des Zentrums dKurch ausgeglichen werden kann.* So schildert die»Köln  . Volks- zeltung* schadeuftoh die Folgen deS Versuchs des Herrn v. B e t h- ,n a n n H o l l w e g. sich politisch selbständig zu machen. Dieser Mann Exzellenz V. Hamm   sagtaltes Weib* der gottgegebenen Abhängigkeiten konnte sich aber von den Herren v. Heydebrand und Herold nur unabhängig machen, um sofort in die Gefangenschaft de» Herrn v. Z e d l i tz zu geraten. Die Ratschläge dieses geschäftigen, aber wirklich herzlich un- bedeutenden und schrecklich überschätzten Menschen haben ihn erst recht in die Patsche gebracht. Die Leute, die die Herrenhäusler, von denen die meisten von der Tragweite ihrer Beschlüsse gar keine Ahnung haben, zu dem imfamen Beschluß gebracht haben, daS Wahlunrecht zu steigern und die preußische Arbeiterklasse mit frechem Man. datsraub zu bedrohen, find von ihrem Triumph noch weit entfernt. Tie Herren des schwarzblauen Blocks haben ihren Bund nicht zu- fällig geschlossen und sie haben keine Lust, die große Zukunfts- Partei der Rechten, von der einmal Herr v. Hertling sprach, dem Verfolgungswahnsinn beS Herrn v. Zedlitz und dem lknergiebcdürfnis deS unbeträchtlichen Bethmann zu opfern. Am wenigsten aber lassen sich die Konservativen von Rücksichten auf die Nationalliberalcn leiten und deshalb wird diesen die Be- reitwilligkeit umzufallen, nicht allzuviel nützen. Zwar werden die industriellen Scharfmacher deS Westens nicht müde, den National- liberalen einzureden, daß«S der Gipfel der politischen Vernunft wäre, sich mit den Zedlitzleuten und den Konservativen zu einer Mandatsräuberbande zu organisieren, aber in Wirklichkeit werden sie, wenn auch nicht vor der Gemeinheit, so doch vor oer Dummheit solchen Vorgehens vielleicht doch zurückschrecken. ES ist ja auch auf der Hand liegend, daß es sich bei den Herren, die für die herrenhäuSliche Niedertracht agitieren, nur darum handelt, die Nationalliberalen völlig in Abhängigkeit von den Konservativen zu bringen, um endlich den Bund zwischen «grarischcn und großkapitalistischen Interessen, der ihnen auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik so reiche Früchte gebracht hat, auch auf rein politischem und sozialpolitischem Gebiet zu einem unauf- löslichen zu machen. Die Selbständigkeit der natio» nakliberalen Partei, soweit sie überhaupt noch vorhanden, soll voll ständig aufhören, und aus Konservativen. Frei. konservativen und Nationalliberalen die Partei gebildet werden, die alle Wünsche der Scharfmacher in politischer und sozialpolitischer Beziehung erfüllen soll. Daß in der national. liberalen Partei selbst eine starke Strömung für eine solch« Po- litik vorhanden ist, unterliegt natürlich keinem Zweifel. Die Leute, die für den Umfall der Nationalliberalen agi« tieren, benützen als Lockspeise die Mär von derAusschaltung des Zentrums*. Aber daran glauben sie wohl selber nicht. Das Zentrum auszuschalten, ist wohl das letzte, was die National� liberalen durch solche Politik erreichen könnten. DaS Zentrum kann überhaupt nicht von oben ausgeschaltet werden. Umgekehrt, jede Bekämpfung von oben stärkt seine Stellung in den Massen. Dem Zentrum hätte kein größerer Gefallen geschehen können, als ihm Herr v. Bethmann in seinem Einhalt erwiesen hat. Es ist heilfroh, wenn es die Verantwortung für den verräterischen Kuhhandel nicht bis zu Ende tragen muß. Stimmen gar die Nationalliberalen historische Analogien. In Zeiten reaktionärer Hochflut werden die am Ruder befindlichen Parteien gewöhnlich so übermütig und so emp- ! findlich, daß sie keinen Widerspruch mehr vertragen können. Diese Erscheinung zeigt sich ja nunmehr im preußischen Ab- geordnetenhause, wo den Rittern mit den glorreichen Ahnen die Kritik der kleinen sozialdemokratischen Fraktion so un­bequem wird, daß sie gegen solcheAusschreitungen" mit Ge- waltmitteln vorgehen wollen. Es ist wohl angesichts dessen angebracht, einige historische Fälle anzuführen, in denen unbequeme Abgeordnete aus Parlamenten ausaeschlossen worden sind. Einer der be- rÄhmtesten Fälle ist der deS englischen Abgeordneten Wilkes, der 1763 aus dem englischen Unterhause ausgeschlossen wurde, weil er in seinem Blatte den König von England und die Minister angegriffen hatte. Allein das Volk nahm im klassischen Lande der Preßfretheit einmütig für den AuS- gestoßenen Partei und hinderte die vom Parlament beschlossene Verbrennung seiner Schriften durch den Henker. Wilkes wurde später wiedergewählt und abermals ausgeschlossen, worauf ' man an seine Stelle denjenigen berief, der bei der Wahl die meisten Stimmen nach Wilkes erhalten hatte. Dieses Vor- gehen erbitterte das Volk von London   so sehr, daß es zu Unruhen kam. die nahezu einer Revolution gleich sahen. In demselben Maße, als das Parlament dabei an öffentlichem Vertrauen verlor, gewann Wilkes an solchem, und er wurde schließlich, der mächtigen englischen Aristokratie zum Trotz, zum Lordmayor von London   gemacht. DieS erhabene Beispiel der englischen Aristokratie wurde im klassischen Lande desSchreibertums", in Württemberg  nachgeahmt und zwar 1821, zwei Jahre, nachdem das Land von seinem König mit einer neuen Verfassung beglückt worden war. Dort war Friedrich L i st, der geniale National- ökonom, von seiner Vaterstadt Reutlingen   in die zweite Kammer gewählt worden. Er hatte eine Petition seiner Wähler eingereicht, in der verschiedene von der Bureaukratie ausgehende Mißbräuche kritisiert waren; mn Schlüsse wurde deren Abschaffung verlangt. List hoffte mit diesem Vorgehen die Bildung einer konstitutionellen Opposition anzuregen. Aber es kam MlderS. Die Bureau- ; kraten resp..Schreiber" waren wütend. Sie erwirkten ein für da? Schandgesetz, so erfährt die Position des Zentrums eine neue Stärkung. Nicht künstlich ausschalten läßt sich das Zentrum, sondern es kann nur bekämpft werden dort, wo es seine Stärke hat, in den Massen selbst. Nicht von oben, sondern nur von unten kann das Zentrum aus dem Sattel geworfen werden. Deshalb ist cs notwendig, daß dem Zentrum die Ver­antwortung überlassen bleibt für die reaktionäre, Volksfeind- liche preußische Politik. Wenn aber die Nationalliberalen ihm die Verantwortung abnehmen, indem sie es gerade dortausschalten", wo die NichtauSschaltung ihm am meisten schadet, schwächen sie nicht, sondern stärken sie das Zentrum und machen nicht eine schlechte, sondern auch bodenlose dumme Politik. Und sie machen diese Politik mit den Konservativen, die heute schon entschlossen sind, sofort zum Zentrum zurück- zukehren, wenn sie eS selbst in der Wahlreform einen Moment lang und zur heimlichen Freude des Zentrums selbst verließen. Haben aber die Nationalliberalen erst die Tod» s ü n d e auf dem Gewissen, in dieser wichtigsten Frage der politischen EntWickelung sich zu Knechten der Junker gemacht zu haben, dann gibt es kein Zurück mehr, dann sind sie auf immer die Gefangenen der Herren v. Heydebrand und Herold. Dem Schandgesetz würde übrigens der bloße Umfall der Nationalliberalen nicht allzu viel nutzen. In, Abgeordneten- hause werden ja auch die Anträge auf gleiche und direkte Wahl wiederkehren. Für beide wird das Zentrum stimmen. das des Kompromisses ledig, seinen demagogischen Bedürfnissen wieder folgen kann; für die direkte Wahl wohl auch die Nationalliberalen. Damit wäre für die Einführung der direkten Wahl die Mehrheit gesichert gegen die Konservativen. Oder wollen die National- liberalen auch gegen ihre eigene Minimalfordernng stimmen? Aber daS bedeutete, daß die Partei in solchem Maße dem Haß und der Verachtung verfiele, daß sie dann erst recht a l S selbst» ständige Partei aushören würde. Der Annahme der direkten Wahl aber, deren Notwendigkeit die Begründung der Re- gierungSvorlage schlüssig nachgewiesen hat, werden sich die Kon- servativen kaum aussetzen wollen und daher die.Ausschaltung" des Zentrums unter allen Umständen vermeiden. Die Beschlüsse deS Herrenhauses haben also verzweifelt wenig Aussicht, angenommen zu werden. Die Lage ist wirklich verworren und die Hoffnung steigt, daß zuletzt daS Schandgesetz auf dem Schindanger verscharrt wird._ politilcbe debcrficbt Berlin  , den 4. Mai 1910. Entlastung des Reichsgerichts. Südwestafrika. Aus dem Reichstage, 4. Mai. Nach Erledigung einiger anderer, keine Debatte herbeiführender Vorlagen wurde die zweite Lesung des Gesetzentwurfs betreffend die Z u- ständigkeit deS Reichsgerichts zu Ende gebracht. Noch einmal gerieten die Vertreter der Einschränkung der Neichsgerichtsgeschäfte durch Kostenerhöhung mit denen aneinander, die im Interesse der ärmeren Bevölkerung diesem plutokratischen Mittel widerstreben. Genosse Hetne warnte»viederholt, allerdings leider vergeblich, vor der An» Wendung dieses plutokratischen Abschreckungsmittels, Auch Herr Schmidt- Warburg sprach»nieder im gleichen Sinn. Bei den Abstimmungen gingen aber die übrigen Zentrums- jurtsten unter Führung des Herrn Spahn mit den Konser- vativen und Liberalen wieder zusammen, so daß alle Volks- freundlichen Anträge abgelehnt wurden und die Erhöhungen für die Justizpreise durchginge»». Das Stellenvermittelungsgesetz wurde dann nach einigen kurzen Erklärungen in dritter Lesung an- g e n o m n» e ,». Auch die Sozialdemokraten stimmten dafür. da das Gesetz, wenn es. auch nicht die allgemeine Durch- fühning der gemeinnützigen Arbeitsnachweise bringt, doch die Uebel des privaten Stellenvermittelungswesens vielfach abstellt. Die dann folgende dritte Lesung der A u f st a n d s- kosten für Südwestafrika ergab zunächst wieder eine Auseinandersetzung zwischen den Herren Erzberger  und Dernburg   über einige Einzelfragen der süd- westafrikanischen Landpolitik. Herr Dernburg   beendete seine Ausführungen damit, datz er sich selbst ein königliches Reskript, nach dem gegen List Kriminaluntersuchung eingeleitet wurde. Nun»vurde auf Grund zweier Verfassungs- Paragraphen§ 18ö bestimmte, daß kein Abgeordneter in eine Kriminaluntersuchnng verflochten sein dürfe die Ausstoßung Lifts beantragt. Die in der Sache»üeder- gesetzte Kommission. in der sich auch die freisinnigen Abgeordneten ll h l a n d und Schott befanden, entschied gegen den Ausschluß, aber die Kammer beschloß diesen dennoch, nachdem Regierung und höhere Schreiber wetteifernd gegen dierevolutionäre" Petition des Abgeordneten von Reutlingen  gewütet hatten. Nun»vurde Lifts Sache vor die Gerichte verwiesen und da er sich diesen gegenüber weigerte, sich»vegcn seiner Tätigkeit in der Kammer zu verantworten, so wurde er »vegen dieserfrivolen und ungebührlichen Auf- f ü h r u n g" niit Haft und mit 23 S t o ck p r ü g e l n be- droht. Wie muß das die vielen Freunde des Prügel,»8 im preußischen Abgeordnetenbause anheimeln! Ja, wenn das verfluchtetolle Jahr" 1848 nicht gewesen wäre. Durch diese Affäre wurde Lift aus seilier Laufbahn ge« worfen, konnte seine eminenten Fähigkeiten nicht, wie er wollte, für Deutschland   verwerten und starb im Elend durch eigene Hand. Aber die Mamelucken der schwäbischen Kammer erntete»» nur Hohn und Verachtutig, und eine spätere Zeit hat List anerkannt. Der berühmteste Fall, der hierher gehört,»st die Aus- schließung des republikanischen Abgeordneten Manuel auS der französischen   Kammer im Jahre 1323. Damals beschloß dasrestaurierte" Frankreich   als Mit- glied der heiligen Allianz i»» Spanien   zugunsten des nichtswürdigen Ferdinand VII.   und gegen die von diesem beschloorene Verfassung einzuschreiten. In der Kammer ver- langte das reaktionäre Ministerium V i l l s l e dazu einen Kredit von 100 Millionen und Manuel erhob sich dagegen. Die Sitzung»vurde stürmisch, als Manuel sagte: Ihr bedenkt nicht, datz die Stuarts vom Throne gestürzt wurden, weil sie auswärtigen Beistand suchten, daß Lud»vigs XVI. Haupt fiel, weil die fremden Mächte sich in Frankreichs Angelegenheiten mischten."-- Hier erhob die aus fanatischen Reaktionären bestehende Mehrheit ein fürchterliches Gebrüll; sie geberdete sich so rasend, daß die Sitzung unter den Rufen:Nieder mit dem Königs- »nörder!" geschloffen wurde. AuS dieser lächerlichen Szene wurde Ernst, als am anderen Tage derweiße Jakobiner" Labourdonnaye beantragte, den Abgeordneten Manuel aus der Kammer aus- glänzendes Zeugnis des Wohlverhaltens und Erfolges auS- stellte. Dieses Beispiel reizte Herrn Semler(natl.), an sich selbst ein Tugendattest auszustellen»vegen seiner eigenen Aufsichtsratspolitik. Dann nahm Herr Wiemer die Ge- legenheit»vahr, um Herrn Dernburg das uneingeschränkte Vertrauen der Fortschrittlichen Volkspartei   für seine Kolonial- Politik auf dem Präsentierteller entgegenzubringen. Genosse Ledebour   stellte zunächst fest, daß die Sozial- demokratie die Aufsichtsratsmoral des Herrn Semler in keiner Weise billige und gab dann seiner Verwunderung Ausdruck, daß die Fortschrittliche Volkspartei   einem Mitgliede der Rc- gierttng Bethniairn Hollweg, von der sie so schlecht behandelt »verde, ein Vertrauensvotum ausstelle. Das sei umso»veniger zu rechtfertigen, da in zwei wesentlichen Punkten, in seiner Bekämpfung des parlamentarischen Einflusses wie in der rücksichtslosen Unterdrückung der südwestafrikanischen Eingeborenen Herr Dernburg durch und durch illiberal handle. Auf den Versuch des Herrn Wiemer, die Haltung seiner Partei gegenüber Herrn Dern- bürg zu rechtfertigen. erwiderte Ledebour mit dem Hin­weis aus die bereits wiederholt von ihm festgestellte Tatsache. daß Herr Dernburg   die Forderung der Landzuteilung an die Eingeborenen durch den Bundesrat mit der Behauptung hätte zurückweisen lassen, Landzuteilung würde ihnen nichts nützen, da sie kein Vieh besäßen. Verschwiegen habe er dabei. daß die Regierung den ehemals aufständischen Einaeborencn verboten habe, Rindvieh zu halten. Auch eine liberale Partei dürfe doch einem Staatssekretär, der einer solchen UnterdrückungSpolitik und Mißachtung des Reichstags fähig sei, kein Vertrauen entgegenbringen. Die Fortschrittler suchten durch lautes Huhu! zu erkennen zu geben, daß diese Vorhaltung ihrer Dernburgbegeisterung keinen Abbruch getan hat. Die nächste Sitzung findet Freitag statt. Das Ende der Etatsberatung. Mit Hilfe der Guillotine, die unbarmherzig herniedersaustc, lvenn einer unserer Genossen sich zum Wort gemeldet hatte, hat das Abgeordnetenhaus am Mittwoch die dritte Lesung des Etats beendet. Zunächst hielt man es nicht für nötig, die ein- fachste Pflicht parlamewarischen AnstandeS zu erfüllen und beim Kultusetat dem Genossen Hoffmann, den eine ganze Reihe von Rednern angegriffen hatten, das Wort zur Erwiderung zu geben. Hoffmann mußte sich damit begnügen, dies Verhalten der Gegner festzunageln und ihnen zuzurufen, daß sie nur aus Furcht vor der ihnen gebührenden Antwort die Debatte zu schließen. Beim Etat der Bauverwaltung war es Genosse Le inert, dem die Mehrheit es umnöglich machte, sich der Jnter- essen der kleinen Binnenschiffer anzunehmen, und beim Etat der Justizverwaltung wiederholte sich das Spiel gegenüber dem Genoffen Liebknecht  , der in die Rednerliste eingetragen »var. Einzig und allein beim Eisenbahnetat gestattete man Le inert gnädigst, eine lokale Angelegenheit zur Sprache zu bringen, die allerdings insofern von allgeminem Interesse ist; als sie beweist, wie die Eisenbahnverwaltung jetzt wieder bei der Bau- arbeitcraussperrung die Geschäfte der Unternehmer besorgt. Daß der Vertreter des Ministers nichts erwiderte, ja, daß einige Geheim- räte obendrein durch Lachen die Gründe Leinertswiderlegen" zu können glaubten, kennzeichnet die Herren. Der Etat in seiner Gesaintheit nebst dem Etatsgesetz wurde gegen die Stimmen der Sozialdemokraten angenommen. Am Freitag kommt auf Wunsch der Mehrheit, deren Willen der Präsident sich gebeugt hat, als erster Punkt der Haus» knechtsparagraph auf die Tagesvrdnung. Herr v. K r ö ch e r glaubt, daß die Beratung dieses Antrags die wichtigste Aufgabe ist, die das HauS nach Erfüllung seiner verfassungsmäßigen Pflicht. das heißt nach Verabschiedung des Etats, zu lösen hat. Echt junker. lich! Zwar widerspricht das den Abmachungen deS Senioren- konvents, zwar ist es, wie Borgmann treffend bemerkte, eine Treulosigkeit, aber was tut das in einem Parlament, wo Gewalt vor Recht geht und Niedertracht Trumpf ist? Die konservatw-frei- konservativ-klerikale Mehrheit schreckt eben vor keiner Gemeinheit zurück._ Ein verdientes Mißtrauensvotum. In Posen fand Dienstagabend«ine stark besuchte öffentliche Versammlung des Posener Freisinnigen Vereins statt, die gegen die zuschließen. Die Linke berief sich umsonst darauf, daß man den Willen der Wähler nicht auf diese Weise unterdrücken dürfe. Ain 3. März wurde Manuel auf ein Jahr von deu Sitzungen der Kammer ausgeschlossen. Aber am folgenden Tage erschien Manuel wieder in der Kaminer.Gestern", sagte er.kündigte ich an, ich würde nur der Gewalt weichen. Heute werde ich Wort halten!" Der Präsident forderte die Diener auf, den Abgeordneten Manuel zu entfernen und»»öttgenfalls bewaffnete Hilfe z»» requirieren. Die Diener requirierten eine Abteilung Nationalgarde. Als diese erschien, rief die Linke: Wie. die Nattonalgarde will an einen erwählten Volks- Vertreter die Hand legen I Man»vill die Nationalgarde ent- ehren!" Darauf zog sich die Ztationalgarde beschämt zurück. Nun aber erschien königliche Gendarmerie und deren Oberst ergriff den Abgeordneten Manuel am Arm.»vährend die ganze Lmke sich erhob. Der sich kräftig strällbelldc Manuel wurde von den Gendarmen aus dem Saal ge- tragen: die Linke folgte. Diese Kammer wurde vom Volke mit Hohn überschüttet, während sich Manuel die allgememe Hochachtung zuwandte. Sieben Jahre später brach diese Monarchie unter den Donnerschlägen der Julirevolution zu- sammen. Auch 1848 kam in Deutschland   ähnliches vor. Das Frankfurter   Parlament, dessen Mehrheit aus Reaktionären, Verrätern und Schwächlingen bestand, hatte über die Wahl des Republikaners Hecker zu entscheiden, gegen welche die badische Regierung protestierte. Hecker befand sich damals »vegen seines bekannten Putsches flüchtig im Auslande. Die Versamnrlung war vom roten Gespenst genügend erschreckt. um den gefürchteten Republikaner   unter nichtigen Gründen mit ungeheuerer Mehrheit auszuschließen; selbst so- genannte Freiheitsmänner stimmten für die Aus­schließung: nanielltlich aber trat der bekannte S i m s o n dafür ein. Hecker wurde zwar in seinem Wahlkreise Thiengen am Oberrhein wiedergewählt, aber der Wahlkreis wurde damit bestraft, daß er während der Dauer der Nationalversammlung unv ertreten blieb. Das Vertrauen des Volkes zu dieser Versammlung wurde durch dieS Verhalten auf den Nullpunkt herabgedrückt.' So ist der Weg historisch beleuchtet, den die Junker iin preußischen Abgeordnetenhause betreten haben. Mögen die Herren tun, was sie nicht lassen können; die Niederlage der Reaktionäre bei den kon, menden ReichstagS»vahlen wird da- durch nur so zerschmetternd wie möglich werden.