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faljte, Ter neue König, Set vermutlich Seit Namen Georg V.   an­nehmen wird Georg IV.   regierte von 1820 bis 1830 und war ein Oheim der Königin Victoria   ist feit dem 6. Juli 1893 mit i>er Prinzessin Mary von Teck  , vermählt, die vorher mit seinem «m 14. Januar 1892 verstorbenen älteren Bruder, dem Herzog von Clarencc, verlobt gewesen war. Ltönig Georg besitzt 5 Söhne und eine Tochter; der Kronprinz Eduard Albert   ist am 23. Juni 1894 geboren, steht also im 13. Lebensjahre. Die bürgerliche Presse Englands. DieT i m e ä" schreibt: Er war nicht nur in hohem Maße König, sondern jeder Zoll ein englischer König und ein englischer Gentleman. Der Verlust eines so erfahrenen, so scharssinnigen, bei den Staatsmännern beider Parteien wie bei der Nation so be� liebten, so vorsichtigen, mutigen und in den schwersten heimischen Krisen so taktvollen Königs bedeutet in der Tat ein öffentliches Unglück. .,D a i l h N e w S" sagt: Der König galt allen in seinem Wesen, seinem Geschmack und seinen Jnteresten als typischer Engländer. Mornrng Post" führt aus: Der König ist im Zenith seines Ruhmes plötzlich dahingerafft worden. Seine Thron- besteigung bedeutete den Beginn einer neuen Epoche. Bei Beginn seiner Regierung war England in Europa   isoliert; er hinterläßt England und das Reich glücklicher, stärker und einiger. Das Blatt fährt fort: Niemand wünschte aufrichtiger und erstrebte ernstlicher als er. die Beziehungen zu Deutschland   zu verbessern. Daily Ehronicle" sagt: Das Bemerkenswerteste seiner Regierung ist die Stellung, die die Krone in der auswärtigen Politik einnahm; der Einfluß der Königin Viktoria   blieb größten- teils verborgen. König Eduard   hat seinen Einfluß direkt und offen, aber stets konstitutionell ausgeübt. Zusammentritt des Parlaments. London  , 7. Mai. Der Tod des Königs macht den alsbaldigen Zusammentritt des Parlaments notwendig, das bis zum 26. Mai vertagt ist, aber jetzt ohne besondere Einberufung zusammentritt. Der Sprecher ist augenblicklich zum Besuch seines Bruders, des Botschafters Lowther, in Konstantinopel   und wird in einigen Tagen zurückerwartet. für Finnland  . Das Internationale sozialistische Bureau zu Brüssel erläßt folgende Kundgebung: An die Arbeiter aller Länder! ' Am 27. März dieses Jahres hat Nikolaus II.  , der Zar von Rußland  , Großfiirft von Finnland  , ein Manifest veröffentlicht, Weichs  , ohne Rücksicht auf seine feierlich übernommenen Verpflich- tungen, die finnländische Verfassung vernichtet hat. Es ist dies das zweite Mal, daß die russische   Regierung aus die finnländische Verfassung einen verbrecherischen Angriff wagt, der in diie ganzen Kulturlvelt allgemeine Zurückweisung erfahren hat. Ganz besonders hat das sozialistische Proletariat dem sinn- ländischen Volke bereits früher seine wärmste Sympathie aus- gedrückt und gibt ihr heute nochmals durch das gegenwärtige Mani- fest Ausdruck, da es sehr Wohl weiß, daß Finnland   in einen hart- näckigen Kampf gegen den russischen Despotismus einzutreten gezwungen ist. Es wird nach Maßgabe der zur Verfügung stehen- den Machtmittel eingreifen, um Finnland   gegen seine Feinde zu verteidigen, da das gute Reicht auf Seiten des unterdrückten Volkes ist und nicht aus der deS meineidigen Herrschers. Die organisierte Arbeiterschaft zweifelt keinen Augenblick an dem glücklichen Aus- gange des Streites. Das finnländische Volk hat sich wie ein Mann erhoben! Nach einer fünfstündigen Debatte hat sich der Landtag einstimmig in dem Beschlüsse zusammengefunden, das Manifest Nikolaus II.   der Verfassungskommission zu überweisen, welche zufolge der Anschauung der angesehensten Rechtsgelehrten aller £cr,bct nicht die geringste Mühe haben wird, die Ungesetzlichkeit ftjsseS brutalen und unerhörten Vorgehens darzutun. ' Wenn es noch nötig ist zu beweisen, daß das gute Recht auf Seiten Finnlands   ist, so genügt es. daran zu erinnern, unter toelcheu Bedingungen der finnländische Staat an Rußland   an- gegliedert woroen ist, ohne einen Augenblick aufzuhören, feine Unabhängigkeit zu bewahrem Während des ganzen 13. Jahrhunderts war Finnland   der Schauplatz blutiger Konflikte zwischen Nußland und Schweden  . ober im Jahre 1809, am 27. März, machte es den Zaren Alexander I.  zu seinem Großfürsten, nachdem er bereits am Tage vorher die Bürgschaftsurkmide für die Grundrechte unterzeichnet hatte; und, am 29. März erneuerte der neue Herrscher, in Gegenwart des Landtages� seine Verpflichtung�», indem er feierlich die Uuverletz- lichkeit der finnländischen Verfassung verkündete. Diese Erklärung wurde am 4. April in einem Manifeste an die Bevölkerung wieder- holt und von allen Nachfolgern Alexanders l. gutgeheißen und ganz besonder bestätigt durch Alexander ll. im Jahre 1863. Der ständische Landtag wurde von neuein zusammenberufen und blieb ohne Unterbrechung in Tätigkeit, als Ausfluß eines selbständigen Staates', der namentlich eine eigene Gerichtsorganisation und ein eigenes Münzsystem besaß, der für seine inneren Angelegen- heiten, ohne Dazwischentreten irgend eines Faktors, die Gesetz- gebungSgewalt ausübte, und welcher Beschlüsse faßte, die durch die Sanktion des Großfürsten Gesetzeskraft erlangten. Dieser ständische Landtag arbeitete im Jahre 1878 ein Gesetz über den Kriegsdienst aus» das besagte, daß die Finnländer nur in ihrem eigenen Lande zum Kriegsdienst verpflichtet sind, und das Recht, eine solche Maß- nähme zu beschließen, wurde ihm keinen Augenblick streitig gemacht. Diese Unabhängigkeit ist während des 9� und letzten Jahrzehnts des vergangenen Jahrhunderts Gmen stand unaufhörlicher Angriffe von Seiten der moÄowitischen Reaktion gewesen, deren Gipfel- Punkt da» Manifest Nikolaus II.   vom 3./15. Februar 1899 gebildet hat, durch welches der Zar-Großfürst die Neichsgesetzgebung Ruß- lands auf Finnland   ausdehnen Wollte. Um jeden Widerstand zu brechen, setzte er als Diktator Bobrikow   unseligen Angedenkens ein. Im Jahre 1991 verstand er, eigenmächtig die bestehende Mtlitärgesetzgebung zu beseitigen» und versuchte, dem Lande auf dem Verwaltungswege feine freiheitsmörderischen Anschamingen aufzuidrängen. Das finnländische Volk leistete hartnäckigen Wider- stand. Die zum Dienst auSgehobenen ZNannschaften streikten, und die Gärung nahm noch zu. als der russisch  -japanische Krieg aus­brach. Der Zarismus wurde gezwungen, sich in seinen Ansprüchen »u mäßigen und schließlich nachzugeben. Während der Oktobertage IVOS schloß sich die Arbeiterklasse Finnlands   dem Proletariat Rußlands   an und verkündete den Generalstreik. Die Diktatur brach zusammen, dir Ukase wurden zurückgezogen, die russischen Beamten verschwanden, und daS Manifest vom 22. Oktober/4. No- vember 1905 verkündete die Rückkehr zurgesetzlichen Ordnung". Der ständische Landtag kapttulierte ebenfalls, und das Ergebnis dieses Kampfts war die Eroberung deS allgemeinen Stimmrechts für Männer und Frauen, die Ver. hältniswahl. das demokratische Einkammer- system, die B er sammlungS-, Vereins» und Preß. r e i h ei t. Alle dies« Verfassungsgesetz« und Bürgschaften wurden »rch den Zaren Nikolaus II.   bestätigt durch die feierliche Urkunde vom Juli 1906. Die Sozialdemokratie hat sich nicht wie die Bourgeoisie mit diesen Reformen zufrieden gegeben. Si-e versuchte in wirkungS. «oller Weise, die Lage der Land- und der Industriearbeiter zu verbessern, aber ihre Bemühungen scheiterten an der Beschränktheit und an der Selbstsucht der herrschenden Klassen. Auf ihre Ver- «nlassnng wurden namentlich während der Session 1907/09 be- schlössen und sanktioniert das Grs cd über dieBäckereien. welches die Arbeitszeit auf ein Maximum von48Stunden pro Woche festsetzte und die N a ch t a r b e i t verbot, das Gesetz zum Schutze der landwirtschaftlichen Ar- bester sowie der Kleinpächtep, ein Gesetz zur Förderung desSchulwescns. Der Landtag hat auH eine Reihe anderer Gesetze nngenomuren. Nämlich«hn Kommunal Wahlgesetz, das trotz einiger Beschränkungen auf dem allgemeinen Stimmrechtbeid er Geschlechter beruht, ein Arbeiter- s ch u tz ge s e tz, welches die wöchentliche Arbeitszeit auf höchstens 60 Stunden fcsssetzte, die Kinderarbeit untersagte und die Nachtarbeit sowie die Frauen- arbeit beschränkte aber diese Gesetze warten noch immer auf die Sanktion durch den Großfürsten. Die sozialistische Fraktion des Landtages hat auch keinen Augenblick gezögert, sich der von der Bourgeoisie befolgten Politik der Schwäche zu widersetzen, welche sich einbildete, ihre Ruhe durch einige Konzessionen erkaufen zu können. Die Reaktion in St. Petersburg   wollte die Vernichtung des finnländischen Staates, aber, wo cs galt, sich diesen Absichten entgegenzustellen, hielt die ganze Nation wie ein Mann zusammen. Dreimal hat der Zar die Auflösung des Land- tageL verkündet mit der Absicht, daS Parlament in Miß- achtung zu bringen, den Widerstand des Volkes zu untergraben und de» Sozialismus zurückzudrängen. Er wollte nicht, daß der SozialiSnms sich vor den Toren St. Petersburg   entwickle; er wollte sich nicht dazu verstehen, als Großfürst zu dulden, was er als Zar unterdrückte. Aber bei jeder Neuwahl wuchs der Sozialismus. Er eroberte 80 Sitze im Jahre 1906, 83 im Jahre 1008, 84 im Jahre 1909, und bei den letzten Wahlen vom 1. Februar 1910 erhielten die sozialistischen   Kandidaten 314 931 Stimmen» d. h. 40 Proz. der Gesamtheit, die der Partei 86 Sitze von 200 brachten. Die russische   Regierung sah, daß sie durch die wiederholten Parlamentsauslösungen nichts erreichen konnte, und versuchte dann, das Volk zu unüberlegten Handlungen zu provo- zieren durch kleinliche Schikanen, durch willkürliche Maßnahmen. und schreckte auch vor Drohungen nicht zurück. Aber das Volk bewahrte seine Besonnenheit und gab den russischen Gewalthabern Iveder Gelegenheit noch Vorwand, mit Waffengewalt einzuschreiten. Auf diese Weise wurde dieser nichtswürdige reaktionäre Plan vereitelt. Es blieb also der zaristischen Regierung nichts anderes übrig, als den Weg des offenen Rechtsbruches zu beschreiten. Der erste Ansturm war das Manifest vom 24. September/7. Oktober 1909, in welchem die finnländische Militärfrage grundsätzlich entschieden wurde und welches die Zahlung einer jährlichen Beisteuer zu Heereszwecken von 10 20 Millionen finnische Mark aus finnländischen Staatsmitteln anordnete. Der allzeit unterwürfige und nachgiebige bürgerliche Senat konnte diesen rechtswidrigen Schritt doch nicht billigen, und der Zar-Großfürst berief darauf russische Militärbeamte in den sinn- ländischen Senat, welche dieses ungesetzmäßigc Manifest amtlich kundgeben sollten Der Landtag verweigerte die geforderte Bei- steuer zu den Heereslasten und gab zur Antwort, daß die finn­ländische Militärfrage auf gesetzlichem Wege geregelt werden müsse, mit anderen Worten, eine neue Militärordnung könne nur durch die gesetzmäßige Zustimmung der finnländischen Volksvertretung Gesetzkraft erlangen. Der Landtag wurde darauf zum dritten Male aufgelöst, und der russisch  -fmnländische Senat nahm eigew mächtig die von Rußland   geforderten Millionen aus dem finn­ländischen Staatsschatze. Diese neuerliche Brutalität der zarischen Regierung rief tiefe Entrüstung in> der ganzen Kulturwelt hervor. Die öffentliche Meinung Europas   und vor allem der sozialistischen Internationale stellt sich auf die Seite Finnlands  , die hervorragendsten europäischen  Rechtsgclehrten sprachen sich zugunsten der staatlichen Autonomie Finnlands   aus. Aber gerade der einmütige feste Wille des sinn- ländischen Volkes und die Sympathie, welche sein Verfassungs- kämpf in der ganzen zivilisierten Welt hervorrief, reizte die Wut der russischen Reaktion. Die persönlichen Feinde des finnländischen Volkes, oie mit Schimpf und Schande verjagten Handlanger des Bobrikowschen Systems(Deutlich, Korewkä, Mzasojedow und andere), arbeiteten einen sogenannten Gesetzentwnrs der russischen Reichsgesetzgebung für Finnland   aus, und Stolypin   und der Zar Nikolaus setzten unter dieses verfassungswidrige Machwerk ihre Unterschrift. Das zaristische Manifest vom 14./27. März 1910 bedeutete nichts mehr und nicht? weniger als eine voll- ständige Vernichtung der finnländischen Ver- fassung. Es wivd darin ausgesprochen, daß in allen auf Finnland   bezüglichen Fragen die russischen Staatsbehörden zu- ständig find, und der finnländische Landtag wird darin zu einem bedeutungslosen P r o v i n z i a l- V e r° waltungsorgan herabgodrückt. Die staatliche Selbständigkeit Finnlands   ist nur nock, ein leeres Wort. An den finnländischen Landtag wird die höhnische Zumutung gerichtet, im Laufe eines Monats einGutachten" über diesen Vorschlag der russischen Regierung auszuarbeiten. Wohlgemerkt, einGutachten", keinen Beschluß mit Gesetzeskraft, obwohl die vom Zaren Nikolaus 1906 bestätigte Geschäftsordnung des Landtages in zwei Paragraphen (8 60 und 8 60) klar und deutlich besagt, daß Grundgesetze des Landes nur auf Antrag des Monarchen und unter Zustimmung des finnländischen Landtages geändert werden können. Aber das kümmert die zarische Regierung nicht im geringsten, und sie schickt sich jetzt an. ihren Staatsstreich durch die Autorität der dritten Duma decken zu lassen. Di« Mehrheit dieser Du»na hat bereits die Henkerpolitik Sholypins gutgeheißen, hat der Erwürgung der russischen VolkSrcchte zugejubelt und wird auch bereitwillig dem Vernichtungswerke an Finnland  ihren Arm leihen. Der russisch  « Adelskongreh hat bereits einenmilitärischen Spaziergang durch Finnland  " in Aussicht gestellt, und Wie die Ver­hältnisse jetzt liegen» können diese blutdürstigen Pläne für Finn- land furchtbarer Ernst werden, denn Finnlands   staatliche Unab- hängigkeit und seine demokratische Freiheit ist den russischen Reaktionären ein Dorn im Auge, und sie werden nicht ruhim,' bis sie dem finnländischen Volke die vcrfassungSgemäßen Bürg- schaften entrissen haben, und Galgen und Knute auch in Finnland  herrschen Werden. Der finnländische Landtag wird den russi- schen Regierungsvorschlag einstimmig zurück- weisen und das Volk zur Verteidigung seiner Rechte aufrufen. Eine Zeit schwerer Kämpfe für das finnlandische Volk und vor allem für das klassenbewußte Pro- letariat wird dann hereinbrechen. Wir wissen ganz genau, welche Opfer und Verluste bevorstehen, aber die finnländische Sozialdemo- kratie muh diesen Kampf aufnehme� weil«s sich hier um Leben und Freiheit des finnländischen Volkes handelt. Die Unabhängig! ett Finnlands   ist für unsere Genossen kein leerer RecbtStitel, sie bedeutet für das finnländische Volk daS freie Selbstbestimmungsrecht; sie bedeutet den Fortschritt der Kultur und des Sozialismus. Di« russische Reichsgesetzgebung über Finnland   heißt für uns Unterjochung und Versklavung sowohl auf poli« tischem Wie auf kulturellem Gebiet, blutig« Unter- drückungsmaßregeln und namenloses Elend für das ganze finnländische Volk. AuS allen diesen Gründen nehmen die Finnländer ruhig und ohne Zögern den Kampf auf. Sie vertrauen in erster Linie auf ihre eigene Kraft, auf den Mut und die Energie der finnländischen Avbetterschast; sie wissen sich aber eins mit dem russischen klassenbewußten Proletariat, ja mit dem ganzen russischen Volke, welches um seine Freiheit ringt, und zwnfeln nicht an dem schließlich siegreichen Ausgang« der russischen Revolution. In dieser schweren Stunde wenden sich unsere finn» ländischen Parteigenossen an die sozialistische Internationale und cm alle den. okraiisch und freiheitlich gesinnten Elemente der zivili» sierten Welt, um hoffen» daß sie ihren politischen und moralischen Einfluß für die demokmtische Verfassung Finnlands   und gegen die russische   Regierung, gegen den Zarismus und seine Gewaltpolitik in die Wagfchale werfen mögen. D i e sozialt ssf schen Abgeordneten aller Länder haben die moralische Pflicht, den von Rußland an dem sinn- ländischen Volk begangenen Verfassungsbruch in ihrem Parlament zur Sprach« zu bringen und gegen die berbreiherische Politik bon St. Pekershurg mit Entschiedenheft auf- zutreten. Die sozialistischen   Parteien aller Länder Haber bereits in ihrer Presse und in öffentlichen Versammlungen den Kampf unterstützt und Werden ihn weiterhin muterstutzcn. Ein Sturm der Entrüstung muß sich gegen den Zarismus erheben. Die finnländische Sozialdemokratie, die auf vorgeschobenem Posten gegen einen übermächtigen Feind kämpft, ist die Hüterin unseres völkerbefreienden Banners und beauftragt uns, dem internationalen sozialistischen   Proletariat ihren brüderlichen Gruß zu übermitteln. Das Exekutivkomitee des Internationalen Sozialistischen Bureaus (Belgien  ): Eduard A n s e e l e- Emil Vandervelde, Lgon Furnemont, Camille HuhsmanS. politische Qeberficht. Berlin  , den 7. Mai 1910. Wohtmngsgeldzuschuft. Das preußische Abgeordnetenhaus beriet am Sonnabend in erster Lesung den Gesetzentwurf zur Abänderung der Vorschriften über die Wohnungsgeldzuschüsse und Mietsent» schädigungeir. Die Vorlage, die im allgemeinen eine Gleich- stellung des Reichs mit Preußen bezweckt, fand auf keiner Seite des Hauses unbedingte Zustimmung, jeder einzelne Redner machte »nehr oder minder wichdige Bedenken geltend. Wie bereits im Vor- jähre gelegentlich der Beamtenbesoldungsvorlage, vertrat auch dies- mal wieder unsere Fraktion, in deren Namen S t r ö b e l das Wort ergriff, vor allem die Interessen der unteren Beamten, die wie S t r ö b e l zahlenmäßig nachwies wieder einmal stiefmütterlich behandelt sind. Mit gutem Geschick polemisierte unser Wortführer gegen die bürgerlichen Parteien, die, sobald cs sich um ihre eigenen Angelegenheiten handelt, der Regierung opponieren und Minister stürzen, aber, wenn die Interessen der Beamten auf dem Spiel stehen, sich vor dem Willen der Regierung beugen. Dem Finanzminister war bei den Ausführungen Ströbels nicht wohl zumute. Da er aber dessen Zahlen nicht zu wider- legen vermochte, suchte er sich nach bekannter Manier aus der Affäre zu ziehen. Unter dem jubelnden Beifall der konservativ- klerikalen Mehrheit tat er der Welt kund und zu wissen, daß wir noch nicht im Zukunftsstaat leben, und nicht gerade geschickt fügte er hinzu, in der heutigen Gesellschaftsordnung werde es immer so bleiben, daß die unteren Beamten gegenüber den höheren benach- teiligt werde»». Das ist also das Eingeständnis, daß wir mit unseren Behauptungen im Recht sind. Wir sind Herrn v. Rhein  - baben dafür aufrichtig dankbar und werden uns bei Gelegenheit des Agitationsmaterials, daS er uns dadurch geboten hat, bedienen. Nachdem der Entwurf einer Kommission überwiesen warz, be- gann die Beratung der Sekundärbahnvorlage, die den Rest der Sitzungen bis Pfingsten ausfüllen soll. Einesehr schwere Entscheidung". jDie Konservativen befinden sich in einer argen Klemme. Sie sollen in einigen Wochen im Abgeordnetenhause ent- scheiden, ob sie dein Zentrum treu bleiben und die Ver» schlechterungsanträge des Herrenhauses ablehnen oder dem Zentrum die Treue brechen und mit Freikonservativen und einem Teile der Nattonallibcralen die von den erblich belasteten Gesetzgebern beschlossenen Verschandelungen des Wcchselbalges akzepttercn sollen. Wenn die Junker nicht auf das Zentrum Rücksicht zu nehmen hätten, würden sie natürlich die vom Herrenhaus be- schlossenen Verschlechterungen mit Freuden annehmen. Die Verhunzung der Maximierung, durch die der Geldfack wieder in sein volles Recht eingeführt tvird, und die Drittelung nach größeren Bezirken, durch die das edle Ziel der Geldsacks- Übermacht vollendet wird, nützen zwar den Konservativen selbst nichts, sind ihnen aber als Mittel zur Niederknüppc- lung des Proletariats von vornherein ungemein sympathisch. Jedes Mittel, das die Arbeiterklasse entrechtet, ist ja den Junkern recht! Und wenn auch nicht die Konservativen selbst, sondern der mehr oder minder unentschiedene Liberalismus den Vorteil davon hätte: zehn- mal lieber als ein sozialdemokratischer Vertreter der Arbeiter- klaffe ist auch dem reaktionärsten Junker solch ein Liberalerl Leider uur hindert die Bundcsfreundschaft des Zentrums. hindern die den Konservativen vom Zentrum geleisteten Liebesdienste die Junker, der Verschlechterung freudig zu- zustimmen. Denn der blauschwarze Block müßte dabei elend in die Brüche gehen. Könnte das Zentrum doch nur unter Preisgabe seiner eigensten Interessen in die herrcnhäuslerischcn Zumutungen Nsilligen, wobei cs sich zu- dem mit all seinen bisherigen Erklärungen über die Stcuerdrittelung»md die Maximierung in den un- gehcuerlichsten Widerspruch setzen würde. Ohne vollends Selbstmord zu begehen, kann also daS Zentrum nicht für die HerronhauSbeschlüsfe stimmen, und die Junker stehen deshalb vor dem schweren Gewissenskonflikt, ob sie es lieber mit dem Zentrum oder mit den Nationallibcralcn halten sollen. Eine Einmütigkeit scheint denn auch unter den Kon- servativen keineswegs zu herrschen. Die.Kreuzzeitung" beginnt eine Artikelserie, worin sie die HerrenhauSbeschlüsse zu rechtfertigen versucht. Auch dieDeutsche TaaeSztg." ver- öffentlicht eine Zilschrift deS Herrn v. Wcdel-PicSdorf, die für diese Beschlüsse Sttminimg macht. Die Redaktion deS Bündler­organs ihrerseits erklärt im Anschluß an diese Zuschrift, daß für die Konservativen deS Abgeordnetenhauses die Situation eine so schwere sei, daß sie auf das Erteilen von Rat- schlügen verzichte! Herr Oertel begnügt sich mit der Be- merkung, daß er für seine'Person nicht wisse, wie die kon- servative Fraktion des Abgeordnetenhauses den Uebcrgang zu den Beschlüssen des Herrenhauses begründen solle,ohne sich im Widerspruch mit sich selb st zu be- finden". Nach unverbrüchlicherTreue demZentrum gegenüber sieht daS nicht gerade aus. Vielmehr getvinnt man den Eindruck, als ob sdie Konservativen dein Zentrum zum mindesten einige Zugeständnisse in der Richtung derHerrenhauSbeschlüsse ab- zuringen suchten!_ Die Lex Hcinze-Männer auf dem Kriegspfad. Auf Einladung einiger Mitglieder deS preußischen Abgeordneten« SmiseS hatten sich am Freitagabend mehrer« Dutzend Mitglieder de« Abgeordnetenhauses und des Reichstag  » im Festsaal de» Ab- geordnetenYauseS eingefunden, um der Eröffnung eine» neuen Feld- zugs um die Lex Hemze beizuwohnen. Luch der Leiter des Reichs« jusiizamt» war erschiene»». Die Einladung hatte auch von einer»Ausstellung zur Jllustrierung der Art und de» UmfangeS   der Schund- und Schmutz-Druckerzeugnisle" gesprochen. Aber die Erwartungen in dieseAusstellung" wurden ein wenig getäuscht. Was dort ausgestellt wurde, waren eine Anzahl von Titelbildern der bekannten»Nie Carter".Hefte. ein Verzeichnis von Berlagöfirmen. die in dergleichen.Literatur" machen, und