oIS Clou der Schaustellung— daZ„Kleine Witzblatt". Daßwurde dann auch am meisten betrachtet. Im übrigen hatten vieleder Besucher wohl„etwas ganz anderes" erwartet.Der Abg. Henning aus Kalau leitete die Verhandlungen ein.Er knüpfte an die Lex Heinze an und gestand in resigniertem Ton ein.dab damals, als man mit der Lex Heinz« alles Unsittliche der-»richten wollte, von den Sittlichkeitskäuzen zu stark über die Schnurgehauen worden sei. so daß gar nichts erreicht worden sei. Jetzt»verde man vorsichtiger sein und sich in den Grenzen des Erreichbaren halten.Und dann kam Herr Lizentiat Bohn, der jedesmal, wennvon dem Leiter der Veranstaltung sein Name genannt wurde, zueiner Verbeugung zusammenklappte, an die Reihe. So weit ist aucher gekommen, datz er an eine Bllheilkraft einer neuen Lex Heinze«Bestimmung nicht mehr glaubt. Auch sei nicht jede Unsittlichkeil durchGesetze zu treffen. Vor allen Dingen solle künftig die Munst un-geschoren bleiben. 23aS bot allen Dingen bckämpfr werden mühte,sei die Schmutzliteratur, die heute in Massen unter der Jugendverbreitet wird. Dagegen trete die Notwendigkeit der Einschränkungder Verbreitung von unzüchtigen Schriften und Abbildungen für dieErwachsenen zurück.Für die Jugend geschähe noch zu wenig. Dafür langte der§ des Str.-G.-B. noch nicht aus. Man müsse denselben vielmehr in der Form erweitern, daß Schriften, Abbildungen und Dar-stellungen, welche, ohne unzüchtig zu sein, das Schamgefühl gröblichverletzen, auch nicht mehr in öffentlichen Auslagen ausgestellt werdendürfen. Das allein garantiere eine wirksame Bekämpfung derJugend-Schundliteratur.Darin stimnste ein anderer Redner dem Herrn Lizentiaten bei,indem derselbe aus Herford erzählte, doh man dort einem Buchbinder,der unter keiner Bedingung die Nie Carter-Schmöker abschaffen wollte,für ein Jahr die städtischen Buchbinderarbeiten unter der Bedingung über-tragen habe, daß dieser Buchbinder sich verpflichtete, in den nächsten vierJahren derartige Schriften nicht auslegen und nicht verkaufen zuwollen. Ein unfehlbares Mittel, um der Ausbreitung der Nie Carter«Schwarten und ähnlicher„literarischer" Erzeugnisse die Wegezu ebnen! Denn da in den mittleren und kleinenStädten der Kampf um die Erlangung städtischer Arbeitenimmer ein sehr heftiger ist, wird man dieses neue Mittel, dieArbeiten zu erhalten, gern benutzen.Im übrigen wollte eine Diskussion nicht recht in Fluß kommen.Und nachdem der Herr Lizentiat in einer Schluhbemerkung einigeseiner vorherigen Ausführungen wiederholt hatte, dabei noch der„welschen" Kunst deS„Simplicissimus" gedachte, schloß er mit einemhurrapatriotischen Phrasendrusch den recht dürftigen„Gedanken-austausch".Alles in ollem: Die Stimmung war mieS und die ausgelegtenEinzeichnungSlisten für irgend einen evangelischen SitllichkeitSvereinblieben leer und unbenutzt._Regierung und Großindustrie.Die Großindustriellen haben es der Regienmg übel-genommen, daß die Vertreter des Reichsamts des Innernund deS preußischen Handelsministeriums in der Kali-kommission des Reichstages den Antrag Brockhausen bezüglichder Arbeitcrlöhne in der Kaliindustrie für annehmbarbezeichnet haben. Der Regierung, die zurzeit wieder sehr vielauf ein gutes Einvernehmen mit den Jndustricmagnaten hält,ist diese Verstimmung der Herren Schlotbarone recht un-angenehm. Ehrerbietigst läßt sie deshalb in der„Köln. Ztg."verkünden, daß ein derartiges Verhalten der Regicrungs-Vertreter nicht als Präzedenzfall zu betrachten ist und künftignicht wieder vorkommen soll.Die«Köln. Ztg." bringt nämlich in ihrer gestrigenMittagsnummer folgende telegraphische Meldung über dieAuffassung an der sogenannten„zuständigen" Stelle:„Demgegenüber meint man an zuständiger Stelle, daß mandie Tragweite des Antrages Brockhausen nicht richtig einschätze.Die Regierung habe sich gegenüber dem Antrage Gothen, vonvornherein anlehnend verhalten; wenn fie aber im Antrage Brock-hausen Bestimmungen über die Gestaltung des Arbeiterlohnes an-genonnnen habe, so sei das unter ganz besonderen Voraussetzungen ge-schehen. Für Kali besäße Deutschland daS Monopol, uud die jetzt be-trieben« Gesetzgebung gehe darauf hinaus, eine Siegelung zu treffen.diedieProduzenten vor einem schädlichen Wettbewerb sichere. Darinliege ohne Zweifel ein großer Vorteil für die Kaliindustrie, ebenso wieauch in den gesicherten Absatzpreisen. Wenn diese auch um etwa10 Prozent herabgesetzt werden sollten, so stände dieser Einbußedoch die Abwehr der Konkurrenz und die Sicherheit eines einenleidlichen Nutzen lajfeuden Verkaufspreises gegenüber. Auf dieseWeise käme die Kaliindustrie in eine recht günstige Lage undes sei daher nur eine Frage der Gerechtigkeit, auch den Arbeit-nehmern Borteile zuzuwenden und sie wenigstens davor zuschützen, daß nach der neuen gesetzlichen für die Kaliwerke vor-teilhasten Regelung für sie eine Minderung ihrer Einnahmen ent-stände. Tatsächlich habe eS den Anschein gehabt, als ob inUnternebinerkreisc» die Absicht Vesta„den habe, denaus der zehnprozentigen Preisherabsetzungsich ergebenden Verlust durch entsprechendeHerabsetzung der Löhne auszugleichen. SolchenVersuchen habe man vorbeugend entgegentreten wollen. Ganzund gar unzutreffend sei es, wenn man aus diesemVerfahren bei der Kaliindustrie den ganz unberech-tigten Schluß ziehe, daß nun auch andereIndustrien Gefahr liefen, mit ähnlichen Vor-schriften über die Lrbeiterlöhn« beglückt zuwerden. Davon könne gar keine Rede sein, denn das Kalinehme als ein Monopolartikel eine ganz andere Stellung ein alsalle anderen Produkte. Diese ständen andauernd unter internationalem Wettbewerb, den man nicht so, wie beim Kali, zu-guusten unserer Werke ausschalten könne. Da diese nur beimKali vorhandene Voraussetzung bei anderen Produkten wegfalle,so könne e» auch nicht in Betracht kommen, beianderen Betrieben bestimmte Lohnsätze fest-zulegen oder ein Hinuntergehen unter dieaugenblicklichenDurchschnittSlöhne durch gefetz-liche Maßregeln zu verhindern."'Zur Ersatzwahl in Friedberg- Büdingen.Nachdem die Nationalliberalen deS Wahlkreises Friedberg-Büdingen von dein Bunde der Landwirte höhnisch abgewiesen wordensind, haben fie sich mit ihren Kandidotenschnierzen an die Frei-finnigen gewandt, und diese haben sich zur Aufstellung eineS gemein«samen„liberalen" Kandidaten bereit finden lassen. In der gesternabend in Friedberg abgehaltenen Versammlung von Vertrauens-männern der Nationnlliberalen und der Fortschrittlichen Volksparteiwurde Professor v. Calker-Straßburg als gemeinsamer Kandidat fürdie ReichStagSersotzwahl aufgestellt.Ein prügelnder Schutzman».Wegen Körperverletzung im Amte in zwei Fällen wurde amFreitag der ehemalige„Schutzmann" Alb. Behren» auS Har-bürg von der S t a d e r Strafkammer zu einem JahrGefängnis verurteilt. Der Angeklagte hat am 0. März d. I.auf einer Polizeiwache in Harburg zwei sistierte Arbeiter wiederholtin empörender Weise mißhandelt, den einen mit Fäusten und einemOchsenziemer geschlagen und mit Fußtritten regaliert. von der An-klage der Freiheitsberaubung wurde dieser Must-rschutzman» frei-gesprochen. Der Staatsanwalt hatte zwei Jahre Gefängnisbeantragt.Eine Wahlrechtsdemoustratiou am Himmelfahrtstage.Am Donnerstag iHimmelfahrtStagi fand in Haan lKreiS Rem-scheid-Lennep-Mett>nann> eine Wahlrechtskundgebung für die OrteHaan Hilden. Benrath. Hochdahl, Gruiten. Mett-mann, Vohwinkel. Sonnborn, Cronenberg, Gräs-rath, Leichlingen. Landwehr usw. unter freiem Himmelstatt, die von zirla lSVOV Personen besucht war. ReichStagSabg.N 0 S k e- Chemnitz und Genosse König- Dortmund referierten über„Die Gewaltpolitik in Preußen-Deutschland".Vor und nach der Versammlung fanden Straßende man-st r a t i o n e n statt. In den Zügen, die aus den einzelnen Ortenzum Versammlungsplatze kamen, wurden rote Fahnen getragen.DaS 8000 Einwohner zählende Landstädtchen hat noch niemals soungeheuere Menschenmassen in seinen Mauern gesehen. AuS dembenachbarten Kreise Solingen waren ebenfalls zahlreiche Ver-sammlungsbesucher erschienen. Die Polizei und Gendarmerie ver-hielt sich äußerst reserviert._Amerikauisches Schweinefleisch.Nach einer Mitteilung der Berliner amerikanischen Handels-kammer hat das Deutsche Reich der Regierung der VereinigtenStaaten erklären lassen, daß sie bei der Einfuhr von Schweine-fleisch aus den Vereinigten Staaten aus die zweite, in Deutschlandvorzunehmende Untersuchung verzichte und sich mit der amerilanischenUntersuchungsbescheinigung begnügen werde.Bayerische Elektrizitäts-Ueberlandzentralen.München, 3. Mai. DaS Thema Ueberlandzentraleuwird zurzeit in Bahern sehr eifrig diskutiert in der Presse, denGemeinden und jetzt auch wieder im Parlament. ES waren An-träge nach dieser Richtung gestellt von der sozialdemokratischenFraktion und der Zentrumspartei. Den Anstoß zu der Diskussionim Abgeordnetenbause gab die Frage der Errichtung einer Ucber-landzentrale in der Rheinpfalz. Dort hat die StaalSregierungmit den„Rheinischen Schuckertwerken" einen Bertrag abgeschlossen,wonach dieser Gesellschaft ein BczuaZmonopol für den Kohlcnpreisder staatlichen Grube Mittelbexbach zugesichert wird. Diese Ab-iallkohle soll als Energiequelle für elektrische Krast Verwendungfinden. ES ist bezeichnend für unsere StaatLregierung, daß siealles getan hat, um die Interessen jener Aktiengesellschaft zufördern, ohne anfangs viel Rücksicht auf die Allgemeininteressen,besonders die Interessen der Gemeinden, zu nehmen. Die Freundschaft mit den Privatunternehmern ging soweit, daß die Regierungdurch ihre untergeordneten Organe die Gemeinden geradezu drängte,mit der Schuckcrtgesellschaft Verträge auf außerordentlich langeZeit abzuschließen.Aehnlich liegen die Verhältnisse in anderen Kreisen, wo alsEnergiequelle die Wasserkraft in Frage steht. Der Landtag hatfrüher reiche Mittel bewilligt für Ausarbeitung von Projekten zurbesten Ausnützung der reichlich vorhandenen Wasserkräfte. DieVolksvertretung ließ keinen Zweifel darüber, daß sie wünsche, daßdiese Wasserkräfte in erster Linie zum Vorteil der Allgemeinheitvom Staate ausgenutzt werden sollen. Nun geht aber die Staats-regierung daran, eine Reihe solcher Wasserkräfte Aktiengesellschaftenzur Verfügung zu stellen, oie durch Errichtung von Ueberland-zentralen große Gebiete mit Elektrizität versorgen wollen.ES ist zwar eine Kapitalbeteiligung der Gemeinden bis zu50 Proz. borgesehen. Das ändert aber nichts an der Tatsache, daßdas Unternehmen in der Hauptsache ein kapitalistisches bleibt unddie Vorteile der Ueberlandzentraleu zum wesentlichen Teil derAllgemeinheit entzogen würden. Es ist selbstverständlich, daß diesozialdemokratische Fraktion durch ihre Redner für die Ausführungdieser Werke durch den Staat und die Gemeinden eintrat undscharse Kritik an oem Vorgehen der Negierung übte,<?Kuis.Ei» Aufstand i» Tibet?Peking, 7. Mai. Nach einem noch unbestätigten Berichtsollen tausend Chinesen der Garnison Lhasa beieinem plötzlichen Auf st an de der Tibetaner getötetworden sein._Hmtrilta.Schlappen der Republikaner.New Dort, 20. April.(Eig. Ber.) Der Stern der republikanischenPartei ist wieder einmal imSinken; die Demokraten haben alleAussicht, bei den im Herbst stattfindenden Wahlen zum Repräsentan-tenhauS die Mehrheit der Mandate und auch bei den SenatSwahlcngroße Erfolge zu erringen. Erst vorgestern eroberte der demo-kratische Rechtsanwalt Hävens bei einer durch den Tod des bis-herigcn Vertreters PerkinS notwendig gewordenen Nachwahl den32. New Zorker Kongreßwahlkreis, die Stadt Rochestcr und MonroeCounth umfassend, mit 24 868 gegen 18977 Stimmen, welche aufseinen republikanischen Gegenkandidaten Aldridge fielen. Drei-zehn Jahre war der Wahlkreis ununterbrochen republikanisch ver-treten, und noch bei der letzten Wahl im November 1908 vereinigteder Republikaner PerkinS 33 02S auf sich, während für den Demo-kraten Searle nur 22 858 Wähler eintraten. Umso bemerkenS-werter ist diesmal der demokratische Sieg.ES ist ein schwacher Trost für die herrschende republikanischePartei, wenn sie versichert, nicht sie noch ihr Programm noch ihrePolitik seien von den Wählern in Rochester verurteilt worden.sondern die Person ihres Kandidaten Aldridge. Umso magerer istder Trost, als er rrur zum Teil zutreffend ist.Gewiß, Aldridge lvar seit Jahren als politischer Freibeuterbekannt. Ueber die Verwendung von 9 Millionen Dollar, welchedie Staatskasse zur Verbesserung des Eric-SchiffahrtSkanalS aus-gab. ist bis heute noch keine Rechenschaft abgelegt. Und Aldridgehat noch nicht einmal versucht, sich gegen den Vorwurf zu recht-fertigen, daß er für den am Staate begangenen Betrug bei demKanalbau verantwortlich ist. Aber trotzdem übte er den bestimmen-den Einfluß auf die republikanische Organisation von Rochesteraus. An die Charaktereigenschaften der Berufspolitiker werdeneben hierzulande nur recht niedrige Anforderungen gestellt. Immerhin hat die Persönlichkeit AldridgeS daS jüngste Wahlergebnis inRochcster beeinflußt, um so mehr, als erst kürzlich in einer nochnicht abgeschlossenen Untersuchung über die systematische durch dieFeuerversicherungs-Gesellschaften geübte Bestechung der Mitgliederder Legislatur(gesetzgebende Körperschaft) des Staates New Dorkfestgestellt wurde, daß Aldridge von einem gewissen Kennedy einenScheck über 1000 Dollar erhalten hat. Dieser Kennedy verteilteeinen Teil der von dem„Necv York Board of Firc Underwritcrs"(New Dorker Vereinigung von leitenden Beamten der Fcuerversiche.rungS-Gescllschaften) zu Bestechungszwecken ausgeworfenen Gelder.Aber auch diese erneute Bloßstellung AldridgeS genügt nichtzur Erklärung deS Wahlausfalls. Verschiedene andere KongreßNachwahlen zeigten ebenfalls einen Rückgang der republikanischenund ein Anwachsen der demokratischen Stimmen. Wie in Rochester,so wurde u. a. auch bei der kürzlichen Nachwahl im 14. Kongreß-distrikt von Massachusetts der Wahlkampf in der Hauptsache unterden Losungen„Hie Hochschutzzoll, hie Zollermäßigung!" geführt.Und wie in Rochester Hävens, so eroberte im 14. Kongreßdistriktvon Massachusetts der Demokrat Foß eine für uneinnehmbar er-achtete republikanische Hochburg. Die zu einem großen Teil aufdie Zollgesetzgebung zurückzuführende uner»trägliche Teuerung trieb hie republikanischen Wähler inhellen Haufen ins demokratische Lager oder veranlaßte sie zurStimmenthaltung. Als die derzeitig herrschende Partei werdenausschließlich die Republikaner für die Zollgesetzgebung verantwort-lich gemacht. Vor den letzten allgemeinen Wahlen hatten sie sichverpslichtet, die Zollsätze zu ermäßigen,' das genaue Gegenteiltaten sie, allerdings unter getreuer Mitwirkungeines Teiles der Demokraten, während eine repu«blikanische Minderheit sich bei den Verhandlungen und Ab-stimmung über den Payncschen Zolltarif von dem Gros derPartei trennte. Weder die Demokraten noch die Republikancrhaben ein wirtschaftspolitischcS Programm. Und erringen die De-mokraten im nächsten Kongreß die Mehrheit, so werden sie so wenigden Zolltrif im Sinne einer Ermäßigung der Zollsätze revidieren,als die Republikaner es taten. Auch sie sind nur Wachs inrtzcnHänden der den Gang unserer Politik bestimmenden großkaplta-listischen Interessengruppen. Vorläufig aber, solange sie in derMinderheit sind, erheben sie den Ruf„Minderung der Zollschrankenund damit Milderung der Teuerung" zum Zweck des Stimmen-fangs.Ergötzlich ist übrigen?, daß Samuel GomperS, der Prä-sident der American Federaiion of Labor, in Rochester zugunstenHävens agitatorisch tätig war. HavenS ist Advokat und Sach-Walter großer Aktiengesellschaften(Korporationen). Ihn, der alsKorporationsanwalt der geschworene Feind der Gewerkschaften seinmuß, bezeichnete Gompers für den geeigneten Vertreter der Arbeiter-»nteressen. Der Kandidat der sozialistischen Partei war GenosseH. Steiner. Genosse Steiner ist gewerkschaftlich organisiert,aber Mister GomperS tritt für den Korporationsanwalt ein. Wiehoch die Stimmenzahl des Genossen Steiner ist, wurde bis heutedank der amerikanischen Zählmethode noch nicht festgestellt./■Iiis der Partei.Marcus Thranr.Dem ersten großen Erwecket und Organisator deS norwegischenProletariats hat die norwegische Arbeiterschaft im Volkshause zuKcistiania ein Denkmal errichtet, das am 30. April bS. IS., der20. Wiederkehr seines Todestages, mit einer schlichlen Feier enthülltwnrde. Throne, 1813 in Kristiania geboren, bereiste als jungerMann Deutschland, Frankreich und die Schweiz. In seine Heimatzurückgekehrt, suchte er seinen Unterhalt als Sprachlehrer, wurde dannSchullehrer und 1848, nachdem er sein Studcntenexamen gemacht hatte,in Drammen Redakteur eines Neuigkeitsblattes, das er zur radi-kalste» Zeitung des ganzen Landes machte, weshalb er auch balddarauf davongejagt wurde. Um jene Zeit hatte die Bauernpartei imSlorthing die Mehrheit erreicht und begann Einfluß auf die Zu-sammensetzung der Regierung zu gewinnen. Der vom sozialistischenGeiste jener Zeit durchdrungene Marcus Throne sah nun diewichtigste Aufgabe darin, die Arbeiterschaft politisch und Wirtschaft-lich zu organisieren und setzte seine ganze Kraft dafür ein, wie erauch überall die Forderung des allgemeinen Wahlrechts propagierte.Ende 1843 gründete er in Drammen den ersten Arbeiterverein undim nächsten Frühjahr daS erste Arbeiterblatt. Die Bewegung breitetesich weitbin über das ganze Land aus, und im Juni 1850 bestandenbereits 273 Arbeitervereine mit 20 850 Mitgliedern. Im folgendenJahre griffen die Gewalthaber ein. Nickt weniger als 149 Personen,von denen man annahm, daß sie eine führende Nolle gespielt hatten,wurden verhaftet, und nur 11 von ihnen wurden freigesprochen.Die übrigen wurden teils zu Strafarbeit bis auf fünf-zehn Jahre verurteilt, teils zu Gefängnisstrafen, teils zuGeldbußen. Throne, dem man keine„Aufforderung zum Aufruhr"nachweisen konnte, erhielt„als Urheber der ganzen Bewegung, derenrevolutionären und sozialistischen Geist er nicht allein cinaeblasen,sondern auch beständig genährt hat"— wie das Urteil sagte—,vier Jahre Strafarbeit. Ihrer besten Führer beraubt,siechte die junge Arbeiterbewegung dahin, und eS dauerte Jahrzehnte,bis sie unter dem sozialdemokratischen Banner von neuem kräftigemporblühte. Als Marcus Thrane aus dem Zuchthause kam»wanderte er nach Amerika aus, wo er 1890 gestorben ist.pollzeitldua, verlebt liebes ufw.EtaatSanwaltschaftllche Inkonsequenz.Die Staatsanwaltschaft zu F r a n k f u r t a. M. hat den beidenGeschnstsftihrern der Buchhandlung zu Frankfurt a. M. mit«geteilt, daß sie das Verfahren wegen Widerstandes(I) undAufreizung zum Klasse»haß eingestellt hat. Diebeiden Vergehen sollten die beiden Genossen durch Auslegung derösterreichischen Märzfestschrift begangen haben, undzwar speziell durch daS Auslegen der Reproduktion eines Farben-drucks aus dem Jahre 1848.— Weshalb die Frankfurter Staats-anwaltschaft das Verfahren eingestellt hat, ist nicht recht einzusehen.Sie hat doch einmal eine Verurteilung auf Grund eines ähnlichenTatbestandes erzielt: damals war's eine Reproduktion einesrevolutionären Aufrufs an die Soldaten aus dem Jahre 1848 in derGeschichte der Wiener Märzrevolution.Oder ist der Ausgang jenes Prozesses trotz der Verurteilungder Staatsanwaltschaft genierlich gewesen? Man kann'S nicht rechtglauben._.Liedrrfurcht.Der WahlrcchtSkampf scheint die Staatsanwaltschaften argnervös zu machen. Zu der absonderlichen Beschlagnahme vonMaifestkarten in Berlin, den Anklage» wegen de» Abdrucks einesallgemein gesungenen Freiheitsliedes auf einem Festprogramm zuBreslau kommt eine von Berlin aus eingeleitete Staatsaktionin Magdeburg. Dort wurden dieser Tage in der BuchhandlungVolkSslimme 165 Exemplare eine» kleinen, von unserem Dort-,n u n d e r Parteigeichäft herausgegebenen Arbeiter-Lieder»b u ch S für Masiengefang beschlagnahmt. Die Beschlagnahm«erfolgte auf Grund eineS Ersuchens deS Ersten Staats»a n w a l t s beiin Landgericht Berlin I. Das staatSanwalt«schaftliche Ersuchen datiert bereits vom 25. April. Die Lieder, dieda» staatsanwaltschaftliche Mißsallen erregt haben, sind derSozialisten marsch, Die ArbettSmänner, beide vonMax Kegel, Bet' und arbeit' von G. Herwegh und dasArbeiterlied.(?) Welches Lied mit dem letztgenannten gemeintist, liegt nicht recht klar zutage, denn kein» der Lieder in dem Bucheiührt diesen Titel. Die anderen Lieder aber werden schon seit langerZeit überall unbeanstandet gesungen.Die Presse vor der RrvislonSInstanz. Verworfen wurde die Re»Vision deS Genossen Kaspareck vom. VolkSblatt fürHalle" gegen ein Urteil deö Landgerichts Halle vom 25. Februar»das ihn wegen Beleidigung zweier Polizcibeamten zu Mühl»b e r g a. E. mit 300 M. Geldstrafe belegte.Jugendbewegung.Dir Maifeier und die Jugend.Die Maifeier, daS Fest der Hoffnung und der Jugend, wird tnsteigendem Maße durch Beteiligung deS jungen Geschlechts verschönt.I» Zürich fand eine besondere Feier in der vorn Sozial«demokratischen Schulvereiii unterhaltenen Sonutaasschulestatt, und im Festzuge, der diesmal von ganz besondersimponierender Wirkung war, gingen 1020 Kinder. Auch aus vielenanderen Orten der Schweiz wird von der Beteiligung der Kinderam Maizug berichtet.— AuS Wien wird gemeldet, daß in demgewaltigen Zuge der Arbeiter die nntmarschicrendcn 3000 Jung«vurschen besonderes Aussehen erregten.