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Ergebnisse der Haupitvabl gewinnen die Republikaner 11 Sitze und verlieren 12, die Radikalen und Sozialistisch-Radikalen gewinnen 29 und verlieren 42 Sitze, die unabhängigen Sozialisten ge- Winnen 5 und verlieren 11 Sitze, die unifizierten Sozia- listen gewinnen 29 und verlieren 9 Sitze, die Pro- gressisten gewinnen 18 und verlieren 9, die Nationalisten gewinnen 3 und verlieren 6, die Konservativen und Liberalen gewinnen 4 und verlieren. 9 Sitze. Die Zusammensetzung der Kammer. Paris , 9. Mai. Die Kammer wird folgende Zusammensetzung auflveisen: 79 Republikaner, 262 Radikale und Sozialistisch-Radi- kale, 23 unabhängige Sozialisten, 76 unifizierte Sozia- listen, 72 Progressisten, 16 Nationalisten und 62 Konservative. Die Zahl der Neugewählten beträgt 261, von denen 8 in neu errichteten Wahlkreisen gewählt wurden. Einzelresultate. Paris , 9. Mai. Auf den Boulevards herrschte infolge der Stich- Wahlen lebhafte Bewegung. Große Menschenansammlungen standen vor den Transparenten der Blätter, welche die Wahlresultate an- zeigen. Mit großem Geheul wurde die Nachricht von der Wieder- wähl M i l l e r a n d s aufgenommen, der mit der knappen Majo- rität von 26 Stimmen über seinen nationalistischen Gegcnkandi- baten siegte. Unter den Neugewählten befinden sich auch die antiklerikalen Professoren Thalamas und Painleve, während der frühere Vizepräsident der Kammer, D u b i e f, und der intrigante General - berichterstatter des Budgets, D o u m e r, durchgefallen find. Der frühere Kammerpräsident B r i s s o n ist in Marseille mit 6681 Stimmen gegen Brion, der S236 Stimmen erhielt, wieder­gewählt worden. Die Nshle» in Spanien . Madrid , 9. Mar.(Privatdepesche desVorwärts".) Die spanischen und mit ihnen die Sozialisten aller Länder werden mit Freriden die Nachricht vernehmen, daß Pablo I g l e s i a s, der ausdauernde unermüdliche Vorkämpfer des Sozialismus, der Führer der Partei und Leiter ihres Zentral- organSEl Socialtsta" endlich trotz aller Wahlkorruption und Wahlbceinflussung in die Kammer einzieht. In ivkadrid erfocht die Liste der vereinigten Republikaner und Sozialdemokraten einen glänzenden Wahlsieg. Die Majorität beträgt 11(XX) Stimmen� Auch im übrigen Lande haben die Republikaner und Sozialisten trotz der amtlichen Wahlmache große Fortschritte gemacht; in allen größeren Städten, wie in Bilbao , wo es zu stürmischen Protesten gegen die Wahlbeeinflussungsversuche kam, Barcelona . Valencia und Malaga blieb ihre Liste siegreich. Im ganzen bedeuten die Wahlen einen starken Zug nach links. Das System M a u r a erscheint ü b e r»v u n d e n. Wahlresultate. Madrid , 9. Mai. Die Ergebnisse der Wahlen sind zwar noch unvollständig, indessen nimmt die Regierung folgenden Ausfall an: 236 Liberale, 164 Konservative, 45 Republikaner , 1 Sozialisten, und der Rest verteilt sich auf Katholiken, Karlisten, Regionalisten und Jntegristen. Die ministerielle Majorität soll die Vereinigten Oppositionsparteien um etwa 66 Stimmen über- treffen. Unter den Gewählten befinden sich der Führer der Liberalen Moret, der Führer der Konservativen Maura, Unterrichtsminister Graf RomanoneS , der Bürgermeister von Madrid FranooiS Rodriguez, die Führer der republikanischen Partei MelquiadeS Alvarey, Sol y Ortega und L e r r o u x, Schriftsteller Perez Galdos sowie der Führer der sozialistischen Partei FglesiaS. Der Führer der katalanischen Bereinigung Cambo ist unterlegen; dies bedeutet für die Partei eine schwere Niederlage. Der Mini st erpräsident«klärte, er sei erfreut über die Ruhe, mit der sich die Wahlen vollzogen hätten. Preßstimmen. Madrid , 9. Mai. Die Zeitungen heben mit Befriedigung den ruhigen Verlauf der Wahlen hervor uad konstatieren das beträchtliche Anwachsen der republikanischen Stimmen sowie das erste Erscheinen eines Sozia- listen in der Deputiertenkammer. Der.Liberal" meint, cS sei gestern ein großer Schritt vorwärts getan, der jede Reaktion unmöglich mache.El PaiS " schreibt, der gestrige Tag beweise, daß das spanische Volk der Freiheit würdig und imstande sei, sie zu erobern. poUtifebe debcrficht. Berlin , den 9. Mai 1910. Aufräumungsarbeit im Reichstag. Aus dem Reichstag , 9. Mai. Als Hauptarbeit für die letzten Tage der Reichstagssitzungen vor der Ver- tagung ist die Erledigung des Kaligesetzes in Aussicht ge- nommen. Da dessen zweite Lesung erst am Dienstag an die Reihe kommen kann, war auf die Tagesordnung der heutigen Sitzung eine ganze Reihe von Vorlagen gesetzt, die nunmehr rasch, meist ohne Debatte, in dritter Lesung genehmigt wurden. Lebhaftere Auseinandersetznngen gab es nur bei zwei Petitionen, deren 26 erledigt wurden. Die eine war eine Petition wegen der Entschädigung von Zünd- Warenarbeitern, die durch die Zündwarcnsteuer außer Arbeit gekommen sind. Trotz des Hinweises der Sozial- demokratie auf die Notlage, in die die Zimdwarcnarbeiter notwendigerweise versetzt werden müßten, wenn die hohe Steuer zur Produktionseinschränkung führen würde, hatte die Schnapsblockmehrhcit bei Erlaß der Steuergesetze keine Be- stimmungen wegen Entschädigung dieser Arbeiter in das Gesetz eingefügt. Jetzt sind auch diese Arbeiter außer Brot ge- kommen und in die bitterste Not geraten. Ihre Petition wegen einer zu gewährenden Beihilfe war von der Petitionskomnlission zur Berücksichtigung empfohlen worden. In der Debatte wiesen die Genossen Brey und Sachse in eindringlichen Worten nach, daß der Reichstag eine Ehrenschuld zu erfüllen habe, indem er die Regierung zur Abhilfe der durch das Zündwarengesetz verursachten Not unter den Aermsten der Armen anhielte. Handle es sich doch obendrein nur um einige Hunderttausend Mark. Da auch seitens der anderen Parteien in ähnlichem Sinne gesprochen, wurde, beschloß der Reichstag schließlich einstimmig gemäß dem Antrage der Kommission, die Petition dem Reichskanzler zur S Berücksichtigung zu überweisen. Gleichsalls zu einem einmütigen Votuin kam der Reichs- tag dann bei der Petition des Wirklichen Geheimen Kriegsrats Uhlenbrock in Friedenau , der behauptet, in zweckwidriger Weise seines Amts als höherer Jntendanturbeamter enthoben zu sein und in seiner Petition nicht nur Rcniedur gegen diese Maßregelung, sondern auch eine Reform des Verhältnisses der Militärintendanten forderte. In der Diskussion trat zu Tage. daß gegenwärtig die Militärintendanten sich in einem ganz unklaren Verhältnis befindem, indem sie eigentlich dem Kriegs- Ministerium unterstellt sind, dabei aber auch noch Befehle von den kommandierenden Generalen entgegenzunehmen haben. Der Abg. Erzberger führte einige bestimmte Vorkommnisse an, ans' denen hervorgeht, zu welchen Mißbräuchen dieser Zu- stand führt. Trotzdem nun schon in der Kommission diese un- haltbaren Zustände erörtert waren, hatte weder das Kriegs- Ministerium noch der Bundesrat es für nötig befunden, zu der Verhandlung einen Vertreter zu schicken. Das wurde von verschiedeneu Seiten scharf gerügt. Darauf stellte der Abg. Belzcr(Z.) als Vorsitzender der Petitionskommission den Antrag, die Petition zu vertagen, um der Regierung Ge­legenheit zu geben, sich bei der neuen Verhandlung vertreten zu lassen. Dieser Antrag, der eine unzweideutige Rüge für die Regierung enthält, wurde einstimmig vom Hause angenommen. Am Dienstag steht die zweite Lesung deS Kaligesetzes auf der Tagesordnung. _ Kirchturmspolitik. Im Abgeordnetenhause wurde am Montag die Be- ratung der ersten Lesung der Sekundärbahnvorlage fortgesetzt. Wie stets an solchen Tagen brachte eine große Anzahl Redner es waren wohl an die fünfzig ihre speziellen Wünsche über Neuanlage, Ausbau und Umbau von Sekundärbahnlinien vor. Die Debatte, wenn man in diesem Falle überhaupt von einer solchen sprechen darf, verlor sich vollständig in die kleinliche Vertretung von Kirchturmsinteressen; hatten die einzelnen Redner ihr Sprüchlein hergebetet, gingen sie vergnügt in die Restaurations- räume, so daß kaum ein Dutzend Abgeordneter im Saale an- wesend war. Um» 3� Uhr wurde die Weiterberatung auf Dienstag vormittag 16 Uhr vertagt. Auf der Tagesordnung stehen außer der Sekundär- Vorlage noch Petitionen. Ein hochanständiges Blatt. Zu den Blättern, die am schärfsten gegen die.Frivolität" in der Literatur eifern und für die.Reinhaltung" des deutschen Hauses, besonders des germanischen Bauernhauses schwärmen, gehört die von dem großen Dichter Dr. Georg Oertel redigierte ehrsame .Deutsche Tageszeitung". Das hindert nicht, daß diese selbe Deutsche Tageszeitung" selbst der von ihr als.Schmutz" bezeichneten Literatur zum Eindringen in das reine Bauern- hauS verhelfen will, wenn sie dafür entsprechend be- zahlt wird. Wie unS aus München gemeldet wird, hat die.Deutsche Tageszeitung" am 3. Mai 1916 den Verlag Albert Langen (.SimplicissimuS") um Zuwendung von Inserat- beilagen angebettelt. In dem Schreibe» heißt es:.Für Ihre Verlagsartilel gibt es ein großes Absatzgebiet, das Sie noch lange nicht genug geschäftlich ausgenutzt haben es ist dies der deutsche Großgrundbesitz. Sie haben ein bequemes und billiges Mittel, mit diesem Elite- Publikum in Verbindung zu treten, wenn Sie Ihre Prospekte der.Deutschen Tageszeitung" beilegen". Noch etwa 16 Tage vorher hat dieses Blatt Zeter und Mordio über dm Verlag Langen und denSimplizissimuS " geschrien und zum Boylott dieses Verlages aufgefordert. Aber eS will gegen 10 M. Pro Tausend Beilagen, also in Summa für 286 M. 66 Pf. das Vaterland und den lieben Gott vergessen und fein Elite- Publikum mit Langenfchen Berlagswerlen vergiften. Leider ist in dem Briefe nicht gesagt, wie lange nach erfolgter Barzahlung der Schimpffeldzug gegen den.SimplicissimuS" ruhen soll und wie bald wieder 286 M. 56 Pf. fällig werden. Wie wäre es übrigens, wenn man Aufrufe für das allgemeine Wahlrecht als Jnseratbeilagen derDeutschen TageSzeitnng" bei- falzen würde? Mit fünf- bis zehnmal 286 M. könnte man vielleicht das Elitepublikum, den deutschen bäuerlichen Grundbesitz, für die Sache gewinnen. 286 M. ist nicht viel; es gibt Prostituierte, die mehr verlangen. Nachträgliches zum Hausknechtsparagraphen. Die jetzt erschienene A b st i m m u n g s l i st e über die nament- liche Abstimmung, ob der Hausknechtsparagraph mit der Wände- rung des Herrn Roeren in die Geschäftsordnung des Abgeordneten- Hauses eingefügt werden soll oder nicht, bietet recht interessante Einzelheiten. Nur ein einziger Zentrumsabgcordneter, der Amts- richter Kuhn aus Ahrweiler , hatte den Mut, gegen den Haus- knechtSparagraphen zu stimmen. Im übrigen setzte sich die Minderheit von 74 Abgeordneten zusammen aus unseren Genossen, den Polen , den Freisinnigen und der großen Mehrheit der Nationalliberalen. Bon den Nationalliberalen stimmten vier mit der Mehrheit, und zwar waren es bezeichnender­weise fast sämtlich Vertreter großindustrieller Wahlkreise. Zur konservativ-klerikalen Mehrheit schlugen sich der Essener Handels» kammerfyndikuS Hirsch, der Wittener Oberbürgermeister Haarmann, der erst lürzlich in Halle-Herford neu gewählte bündlerische Nationalliberale Meyer zu Jerrendorf und der Berliner LandesgerichtSdirektor Dr. R o e ch l i n g, der in Saar- brücken gewählt ist. Im übrigen bestand die Mehrheit aus den beiden konservativen Parteien und dem Zentrum. Daß Elard von Oldenburg für den Hausknechtsparagraphen stimmte, durch den dem Polizeileutnant mit den 16 Mann zwar nicht das Recht gegeben werden soll, das Parlament aufzulösen, wohl aber Sozialdemokraten an die frische Luft zu befördern, soll zuerst hervorgehoben werden. Dann aber muß der Zentrumsabgeordneten Bartscher, Brust, Gronowski und Sauormann sogleich an zweiter Stelle gedacht werden. Diese Herren, die als sogenannte Arbeitervertreter des Zentrums gelten und von denen drei gegen bestimmte Zusicherungen nur mit Hilfe unserer Partei gewählt worden sind, haben in dieser Abstimmung er- neut bewiesen, wie absolut ungeeignet sie zur Vertretung von Arbeiterinteressen sind. Noch eine Abstimmung bietet besonderes Interesse. Zu den Jasagern gehört auch der freikonservative Ab- geordnete Gras Moltke , der bekannte Klosterprobst und Vetter Kunos. Er hatte seinerzeit im Plenum feierlich erklärt, er werde sein Mandat in die Hände seiner Wähler zurückgeben, wenn die Verschärfung der Geschäftsordnung nicht noch vor Erledigung der Wahlreform vorgenommen würde. Der Mann ist jetzt fein heraus, denn die Mehrheit hat so schnelle Arbeit gemacht, daß er seine fürchterliche Drohung nicht wahrzumachen braucht. Unter den 36 Abgeordneten, die der Abstimmung ohne Entschuldigung fern- blieben, befinden sich allein 25 Zentrumsabgeordnete, darunter die Herren Giesberts und Dr. Pieper, die vielfach auch noch als Vertreter- der Zentrumsarbeiter angesehen werden und die sich aus diese bequeme Weise um eine Stellungnahme herum- drückten. Tie Jsiinolilierrtlen und die preußische Wahlreform. In den Kreisen der Jungliberalen glaubt man in richtiger Wür« digung des reaktionären Charakters der natioualliberalen Landtags- fraktion allem Anschein nach selber nicht, daß diese gegen die im Herrenhausverbesserte" Wahlrcchtsvorlage stimmen wird und fordert deshalb, um einen Druck aus die alten Herren der Fraktion und auf die Parteileitung auszuüben, die Einberufung eines preußi- schen Vertretertages der nationalliberalen Partei. In dem in Köln erscheinenden Organ der Jungliberalen, den Nationalliberalen Blättern", heißt eS: Der Autrag Schorlemcr ist ziemlich bedeutungS - los für die nationalliberalc Partei, da er den Anträgen der Fraktion bezüglich der Drittelung keineswegs gerecht wird. Viel wichtiger als die Trittelungsfrage muß uns ja auch nach den Magdeburger Verhandlungen die direkte und geheime Wahl sein und kein Mensch wird behaupten, daß die auch vom Herrenhaus beschlossenen diesbezüglichen Beschlüsse den aufge- stellten Forderungen entsprechen. Mancherlei ist schon bei oen Verhandlungen um die Herstellung der Wahlrechtsreform von diesen Magdeburger Beschlüssen geopfert worden, so ein brauch- bares Pluralwahlrccht und vor allem die Neueintei. lung der Wahlkreise. Aber auch andere Wünsche der Fraktion sind durch die Herreuhausbeschlüsse alles weniger als erfüllt.?!ach allem ist es unmöglich anzunehmen, daß die Fral- tion schon jetzt bindende Beschlüsse gefaßt hat; die allzu Aengst- liche» bitten wir, sich in Ruhe zunächst zu gedulden. Wir möchten jedenfalls der Fraktion anheimgeben zu er- wägen, ob es nicht jetzt angebracht ist, einen preußischen Ver- tretertag einzuberufen und ihm die Entscheidung in diesem wich- tigen, bedeutungsvollen Augenblick zu überlassen. Eine Zu- stimmung zu der jetzigen Vorlage ohne einen solchen Vertreter- tag, eine Zustimmung, die auf wesentlich anderer Grundlage als die Magdeburger Beschlüsse beruht, halten wir für ganz ausgc- schlössen und für die Fraktion unmöglich. Eine Klärung tut baldigst not; je eher sie kommt, je besser!" Der Vorschlag mag recht gut gemeint sein; d,e national- liberale Parteileitung wird ihn aber schwerlich befolgen; denn wenn auch ein Teil der nationalliberalcn Intellektuellen und der klei- neren Geschäftsleute für die direkte und geheime Wahl eingenommen sein mag, so wollen doch die Großindustriellen des rheinisch-west- fälischen Jndustriereviers, die Geldgeber der nationalliberalen Par- iei- und Wahlkassen, davon nichts wissen. Sie erklären:Wenn Ihr für die geheime Wahl stimmt, zahlen wir nichts mehr!" und dieses schone Argument wirkt stärker auf die Gemüter der Parteiführer des Nationallibcralismus, als alle Berufungen auf die liberalen Prinzipien._ Für Finnland ! In der Wandelhalle des Reichstags zirkuliert zurzeit eine an die russische Reichsduma zu richtende Petition über die sinn» l ä n d i s ch e Verfassung. Diese Petition, die bereits die Unter- schristen der meisten fortschrittlichen und sozialdemokratischen Reichs- tagsabgeordnete» trägt, richtet sich gegen de» Rechtsraub, den der Zarismus an Finnland zu begehen im Begriffe ist. und stützt sich auf die Gutachten einer Anzahl der hervorragendsten Rechtsgelehrten in Deutschland , England, Frankreich und Holland , die die Unantast- barkeit der finnländischen Verfassung feststellen. Die Petition er- kennt zwar an, daß diese Angelegenheit eine innere Angelegenheit Rußlands (?) ist. und die Mitglieder deS Deutschen Reichstags er­klären ausdrücklich, daß es ihnen vollständig fern liege, sich in diese Angelegenheit einmischen zu wollen. Wenn sie trotzdem sich an die russische Reichsduma wenden, so geschieht eS lediglich aus der aufrichtigen stleberzeugung heraus, daß diese dazu beitragen werde, das gute Einvernehme» zwischen Deutschland und den Ver- tretern des russischen Volkes zu stärken und zu befestigen. Die Abgeordneten sprechen die Hoffnung aus, daß die Vertreter des russischen Volles mit Entschlossenheit für die Aufrecht» erhaltung der Freiheit und der Gerechtsame F.i n n l a n d S e i n t r e t e n w e r d e n. Aehnlich lautende Eingaben gehen von London , wo bereits 163 Parlamentarier ihre Unter- schrift gegeben haben, sowie von Brüssel und Amsterdam in nächster Zeit an die russische Reichsduma ab. Tie Wahlprüfungskommission des Abgeordnetenhauses hat die Wahl des Abg. Fürbringer(natl.)(1. Surich. Norden. Emdens für ungültig erklärt, weil Verstöße gegen daS Wahl- reglement vorgetommen sind. In einem Wahlbezirk wurden die Stimmen aller WahlmSimer für ungültig erklärt. An der absoluten Mehrheit fehlte deshalb dem Kandidaten nach Abzug der ungültigen Stinuneil gerade eine Stimme. Ich bin der Bürgermeister, bin Posens größtes Licht! Herr Dr. WilmS, Posens Oberbürgermeister, ist zwar gegen daS Rcichstagswahlrecht, aber für die freie Meinungsäußerung. Der Freisinnige Verein in Posen hatte, wie wir dieser Tage berichteten, zu dein Angriff deS Herrn WilmS auf das Reichstagswahlrecht, den er in einer in: Herreuhause gehaltenen Rede unternahm, Stellung genommen. In einer Resolution wurde daS Verhalten des Ober­bürgermeisters mißbilligt. Der Herr Oberbürgermeister hat nun darauf geantwortet und sich in dieser Antwort ganz entschieden da- gegen verwahrt, daß versucht werde, das ihm verfassungsmäßig zu» stehende Recht auf freie Meinungsäußerung zu beschränken. In seinem Antwortschreiben heißt es wörtlich: Indem ich mich beehre, Ihnen den Empfang der Resolution der freisinnigen Versammlung vom 3. Mai zu bestätigen, gestatte ich mir folgendes zu dieser Resolution ganz ergebenst zu bemerken: Die Form der Resolution Ausdruck des Befremdens und der Gang der Diskussion Behandlung meiner amtlichen Stellung und Wiederwahl erwecken den Eindruck einer Beeinflussung de» mir verflassungsmäßig zustehenden Recht« auf freie MeinungS- äußerimg. Hiergegen muß ich entschieden Verwahrung ein» legen." Vor seiner Wahl zum Oberbürgermeister war Herr Dr. WilmS weit weniger eingenommen für die freie Meinungsäußerung. Er hat damals den Pofener Bürgern nichts davon erzählt, daß er gegen das Reichstagswahlrecht sei wahrscheinlich, weil er wußte, daß er dann nicht gewählt werden würde. Freilich sind auch die Posener Freisinnigen keine politischen Lumen; denn sie wußten vor der Wahl, daß Herr WilmS nationalliberal sei, und zwar rechtSnationalliberal. RcchtSnationalliberale pflegen aber nicht an übermäßigen LiberaliS- muS zu leiden._ Die Staatsaktion in Braunschweig . Braunschwcig, 9. Mai. Die Verhandlung des Wahlrechtsprozesses wurde heutesortgesetzt. von der Verteidigung sind noch 42 Zeugen geladen worden, die zunächst bis Mittwoch beurlaubt wurden. Heute wurden 18 Zeugen vernommen. Die Aussagen ergaben das aus solchen Prozeffen bereits gewohnte Bild: Ein Teil der Zeugen will gesehen haben, wie die Polizei mit Eis» stücken beworfen wurde, ein anderer Teil be- stätigt, daß die Polizei grundlos dreingeschlagen habe. Der als Zeuge vernommene Landessyndikus erklärte, das Mandat des Genossen Dr. Jasper sei vom Braun- chweigischenLandtag deshalb für ungültig erklärtworden. weil zwei aus den Namen Jasper lautende Stimmzettel ineinander- gefalzt als ein Zettel abgegeben wurden. Diese Srinune hätte vom Wahlvorsteher nicht als gültig erklärt werden dürfen. Ein bürgerlicher Geschäftsführer und ein älterer Arbeiter be- kündeten, daß sie von der Polizei ohne Grund mit dem