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radikalen Stimmen kamen ihm über 1000 zugute, 500 ver­schwanden von der Bildfläche. Die sozialistischen Arbeiter dieses Departements dagegen haben die Radikalen überall herausgehauen. Auch im Setne-Depqrtemcnt liest das radikale Klein- bürgcrtum die Sozialisten im Stich. Bezeichnend dafür ist die Wahl im zweiteil Bezirk des 13. Arrondissemcnts, wo Rouanet nur mit 8768 gegen 8138 nationalistische Stimmen durchkam- Im ersten Wahlgang hatte er 8284, der Nationalist 5020, zwei Radikale 2618 und 1724 Stimmen er- halten. Die Radikalen haben also zum größten Teil für den Nationalisten gestimmt. Dieser Bezirk, der im alten Revo- lutionsviertel Montmartre liegt, zeigt übrigens auch die Wirksamkeit der anttparlamentarischen Phrase in manchen Schichten des Pariser Proletariats. Bon 26 926 Wählern gingen nur 17231 zur Urne und ein zur Schädi­gung Rounnets aufgestellter anarchistischer Kandidat bekam 488 Stimmen. Wenn Rouanet trotz der anarchistischen Hetze gewählt wurde, ist der Durchfall Allemanes zweifellos ihre Leistung, denn Allemane ist nur um sieben Stimmen hinter seinem radikalen Gegner zurückgeblieben. Die Anarchisten fügen so den So- zialisten doppelt Schaden zu, indem sie durch die Demagogie einerseits Arbeiter von der Erfüllung ihrer politischen Pflicht ablenken, andererseits durch die blöd- sinnige Propaganda für Sabotage undBürger Browning" auch ehrlich demokratische Kleinbürger kopfscheu machen. Die Erfolge in der Provinz und namentlich in den ländlichen Wahlkreisen sind sicher zum Teil darauf zurück- zuführen, daß die Massen der radikalen Wählerschaft für den von Clemenceau eröffneten und von Briand fortgesetzten Kurs noch kein Berständnis haben. Die demokratische Tradition wirkt noch fort uud die von der Pariser Sensations- presse genährte Panik wegen der anarcho- hervsistischen Hanswurstereien findet da keinen Boden. Doch hätte es keinen Sinn zu leugnen, daß stellenweise lokale Klüngel- streitigkeiten, wie sie besonders im Süden üppig blühen, den Sozialisten zu Hilfe gekommen sind, und es soll auch zu- gegeben werden, daß in manchen Wahlkreisen klerikale Wähler aus Haß gegen die freimaurerischen Radikalen für sie gestimmt haben. Mancher der gestern eroberten Wahl- kreise wird weit schwerer zu behaupten sein, als er ge- Wonnen wurde. So ist im ersten Wahlkreise von Alais (Gard )>, der 20 264 Wähler hat, Gen. C a ch i n gewählt worden, der vor 14 Tagen 2916 Stimmen erhalten hatte. Der frühere Deputierte war derunabhängige Sozialist" D e V ö z e, der im ersten Wahlgang 5920 Stimmen bekam. Ein radikaler Kandidat erhielt 4574. Der Radikale trat zurück und im zweiten Wahlgang stieg Cachin auf 6944, Devdze nur auf 6929. In Arles brachte der erste Wahl- gang dem früheren Deputierten Henri Michel, einem führenden Radikalsozialisten 6556, dem Genossen Sixte Quentn 4910, einem anderen Radikalsozialisten 4136 Stimmen. Gestern siegte Sixte Ouenin mit 10 040 Stimmen, Henri Michel ging auf 5951 zurück. In G a i l l a e im Tarn hatte der erste Wahlgang folgendes Resultat: Favarel(Radikaler) 3937, Marchandeau'(Radikaler) 3762, Cavaills(Konservativer) 3594, Sabin(Soz.) 3774. Im zweiten Wahlgang wurde Sabin mit 6963 Stimmen gewählt. Fvaarel bekam 4776, Cavaillö 8691. Andererseits ist zu vermerken, daß in demselben Departement I a u r ö s, dessen Wahl das radikale Komitee empfohlen hatte, von 5878 nur auf 6445, sein klerikaler Gegner von 3245 auf 5343 Stimmen gestiegen ist. Der zurückgetretene Radikale hatte 2870 Stimmen erhalten. Allerdings waren genug waschechte Klerikale darunter. Mißglückt ist zur großen Wut der kapitalistischen Presse die bürgerliche Konzentration in Brest . Im ersten Wahlgang hatte Genosse Goude 7850 Stimmen, ein progresststischer und zwei radikale Kandidaten zusammen 9960 Stimmen. Nun wurde ein neuer Kandidat ans Tageslicht gezogen. der alle bürgerlichen Stimmen vereinigen sollte und sich so ungefähr auf das anttkollektivistische Programm der demokratischen Allianz berief. Trotz heftigster Agitation gingen aber nicht alle radikalen Wähler mit. Goude siegte mit 9120 über 8485 Stinlmen. Die offizielle Statistik sucht natürlich das Resultat der Wahlen für die Regierung so günstig wie möglich hinzustellen. Daß sich unter der BezeichnungRadikale" alle möglichen Leute zusammengefunden haben, kommt diesen Kunststücken zugute. Eines ist indes unleugbar, selbst nach ihrer Auf- stellung, nämlich, daß dieRadtkalen und dieunab- hängigen Soziali st en" für sich allein die Mehrheit nicht mehr haben. Allerdings mußten auch im vorigen Parlament die Regierungen stets die Hilfe der «republikanischen Linken" in Anspruch nehmen, die schließlich, da ein Teil der Radikalsozialisten ver- sagte neben denunabhängen" Mameluken die eigent» liche Garde der sozialreaktionären Gewaltregierungen wurde. Jetzt ist, da Radikale und Unabhängige(nach der offiziellen Statistik) 21 Mandate verloren haben, ihre parla- mentqrische Bedeutung noch gewachsen und es bedarf nur der dauernden oppositionellen Stellung des radikal-sozialtsttschen Flügels um Pelletan, um dieradikale" Regierung auf die Gnade der Progresfisten anzuweisen. Briand möchte wohl auch diesen Weg gehen, aber die Frage ist, ob die Mehrheit der Radikalen ihm nach der gestrigen Kundgebung der Volks- Meinung folgen wird. Die Wahl in Brest . Pari«, 10. Mai. Aus B r e st wird gemeldet, daß infolge der Wahl des revolutionären Goude zum Deputierten die Spannung zwischen der Marinebehörde und den Arsenalarbeitern gesteigert i st. Die Präfektur wird von Militär bewacht. Zur Vermeidung von Ruhestörungen wurden Maßnahmen getroffen. In Montpellier veranstaltete die bei Eröffnung des General» rates anwesende Menge so lärmende Kundgebungen gegen die Wieder- wähl des Progresfisten L e r o y» B e a u l i e u, daß die Sitzung nicht abgehalten werden konnte. Die Diäten. Paris , 10. Mai. Sofort beim Zusammentritt der Kammer werde» zahlreiche neugewählte Deputierte beantragen, die Bezüge der Deputierten von 15 000 wieder auf 0000 Frank zu er- mäßigen, was voraussichtlich zu lebhaften Debatten führen wird. politische Cleberficbt. Berlin , den 10. Mai 1810. Landtagsferie«. Das Abgeordnetenhaus erledigte heute in fast acht- stllndiger Sitzung die erste Lesung der Sekundärhahn- vorläge. Der einzig erfrischende Moment in der öden Debatte war, als Abg. H o f f m a n n dem Dk- Aren dl. der betonte, daß er nun schon 24 Jahre lang vergeblich die Wünsche feines Wahl- kreifeS hier vorbringe, zurief:Dann können Sie ja im uächsten Jahre Ihr Jubiläum feiern". Wie üblich, fand die Debatte ihren Abschluß mit der Erklärung des Vertreters de« Eisenhahnministers, daß die Verwaltung alle vorgetrageueu Wünsche»wohlwollend prüfen" werde. Alsdann ging die Vorlage an die Budget- kymmission. Die nächste Sitzung findet nach Pfingsten am 24. Mai statt. Auf der Tagesordnung steht u. a. ei» sozialdemokratischer Initiativantrag über das Preßgesetz und dieBehandlung ausländischer Polizeiagenten. Wirrwarr im nationalliberalen Lager. Wie wir schon gestern annahmen, verspürt die national- liberale Parteileitung wenig Neigung, der Aufforderung der Jungliberalen zu folgen und einen nationalliberalen Parteitag zur Beschlußfassuug über die vom Herrenhaus verhunzte Wahl- rechtsvorlage einzuberufen. Die»Köln . Ztg." veröffentlicht folgendes Berliner Telegramm: »Die von hiesigen linksliberalen Blättern mit dem Ausdruck Vollster Zustimmung veröffentlichte Erklärung des Organs des Reichs- Verbandes der nationalliberalen Jugend, derJuiigliberalen Blättcx", die zur Entscheidung über die Haltung der nationalliberalen Fraktion die Berufung eines Vertretertages befürworten, findet in den Kreisen der nationalliberalen Fraktion des Abgeordneten- Hauses keineswegs die gleiche Billigung. Dem Ver- langen auf Einberufung eines preußischen VertretertageS der Nationalliberalen wird entgegengehalten, daß eine solche Maß- nähme inmitten des parlamentarischen Kampfes nur Verwirrung und Hemmung hervorrufen und die Lage erschweren würde, statt sie zu erleichtern. In einer Frage, bei der es sich nicht nur um grundsätzliche Stellungnahme handle, sondern auch um parteitaktische Erwägungen, sei von der Einberufung eines ollgemeinen VertretertageS nichts Nützliches zu erwarten, und es sei daher anzunehmen, daß die nationalliberale Fraktion, wen» die Frage an sie herantreten sollte, sich durch- aus ablehnend verhalten werde." Die Behauptung, es kämen nicht nur Grundsätze in Betracht, sondern auch parteitaktische Erwägungen, ist charakte- ristisch für die in der nationalliberalen Fraktion des preußischen Abgeordnetenhauses herrschenden Strömung- Schließlich werden die großen Kapazitäten des Nationalliberalismus doch wohl zu der tiefen Einsicht kommen, daß ausparteitaktischen" Gründen, nämlich um das Zentrum zu kitzeln, die national- liberalen Landtagsabgeordneten unbedingt für die Vorlage stimmen müssen. Vorläufig allerdings herrscht im national- liberalen Lager noch bunter Wirrwar. Die jungliberalen Blätter schreien U n a n n e h m b a r I" worauf die von; rechten Flügel mit den weisen Bemerkungen antworten, die nationalliberale Partei dürfe sich nicht aus- schalten lassen, oder auch, die Politik des Alles oder Nichts sei verkehrt. Eine geradezu lächerliche Farce l Amerikanischer Protest gegen das Reichskaligesetz. Nach einem Kabeltelegramm des.Pnß-Telegr." aus Washington hat der amerikanische Botschafter in Berlin , Dr. David Jahne Hill, vom Staatsdepartement Anweisung erhalten, bei der deutschen Re- gierung dahin vorstellig zu werden, daß die vom Reichstag geplante Monopolisierung der Kali-Jndustrie gegen pie deutsch -amerikanischen Handelsbeziehungen gerichtet sei. Eine Lektion für die Berliner Polizei. Vor dem Kriegsgericht in T i f l i s hat am 9. Mai die Verhandlung gegen den Geisteskranken Semen Arscha- koff Terpetrosow stattgefunden, den das Berliner Polizeipräsidium heimlich der russischen Polizei in die Hände geliefert hatte. Wir erfahren darüber folgendes: Das Kriegsgericht hatte unter der Einwirkung deS vom Deutschen Vormundschaftsgericht eingesetzten Pflegers in letzter Stunde mehrer« russische Aerzte als Gutachter zuge- zogen, und nach langer Verhandlung erklärte es den Ange- klagten für kr a n k und beschloß, ihn nochmals in einer Kran- kenanstalt beobachten und behandeln zu lassen. Es erfüllt uns mit Genugtuung, daß es den Ein- Wirkungen der europäischen Presse, den Alarmrufen unserer Genossen im Parlament und in der Stadtverordnetenver- sammlung und den Bemühungen des Pflegers gelungen ist, wenigstens in diesem Falle vorläufig einen Justizmord zu verhindern und gleichzeitig das skandalöse Verfahren unserer Polizei, soweit möglich, wieder gutzumachen. Unzählige Fglle bleiben freilich übrig, wo russische Kriegsgerichte Schwerkranke hingerichtet oder ins Zuchthaus geschickt haben. Aber das russische Kriegsgericht hat im Falle Terpetrosow der Berliner Polizei noch eine besondere Anstands» lektion erteilt. Das Polizeipräsidium hat den Geistes- kranken nach Rußland abgeschoben, indem es gegen die Pfleg- schaftsanordnung des Berliner Vormundschaftsrichters nicht nur selbst dem Pfleger die Wegschaffung des Kranken ver- hejmlichte, sondern sogar die Städtische Irrenanstalt gesetz- und reglementswidrig zur Verheimlichung der Abschiebung veranlaßte. Auch der Staatsanwalt des Kriegsgerichts, General Affanaso witsch, scheint sich dieses unglaub- lichen Verhaltens der Polizei zu schämen: Er hat sich beeilt, dem Pfleger, unserm Genossen Dr. Oskar Cohn , durch ein Telegramm von dem Beschlüsse des Kriegsgerichts Kenntnis zu geben._ Das Ende der Triolengeschichte. Die Rechtsanwälte Kumpel und Bleckwede versenden im Auf- trage der Familie de« früheren Reichsiagsabgeordneten Wilhelm Schack ein Gutachten Berliner und Hamburger Irrenärzte über den Geisteszustand Schocks zu jener Zeit, als er seine Triolen» Briefe geschrieben hat. Die Begutachter kommen zu dem Ergebnis. daß die dem Abgeordneten Schack seinerzeit zur Last gelegten Schreibereien in einem Zustand vorüber- gehender krankhafter Störungen der Bewußtseinstätigkeit be- gangen sind, und daß Herr Schack für den Inhalt der von ihm ge- schriebenen Briese weder rechtlich noch moralisch verantwortlich ge- macht werden kann. Der damals bei Schack vorhanden gewesene Kranlheitszustand ist dem Gutachten zufolge auf langdauernde be- rufliche Ueberanstrengung im Dienst des von ihm geleiteten Ver- bqndes zurückzuführen und weiterhin eine Folge der mit den ReichStagSarbeiten verbundenen Gemütsbewegungen und lieber- anstrengimgen._ Die Wahlpolitik des Hansabundes. DerLokal-Anzeiger" brachte die Nachricht, der Direltor deS HansabundeS Oberbürgermeister a. D. Knobloch habe in Weimar mitgeteilt, daß der Hansabund angesichts des Wahlergebnisses in Oletzko -Lyik-Johannesburg seine bisherige Politik ändern wexpe. Demgegenüber stellt pex Hansabund offiziell fest, daß Herr Knobloch von einer Acnderung der Politik deS Hansabundes mit keiner Silbe gesprochen hat. Er hat viel- mehr lediglich mitgeteilt, daß es infolge unausgesetzter Be« mühungen gelungen sei, eine große Reihe von Reichstagskandidaten der verschiedensten politischen Richtungen aus den Kreisen von Ge- werbe, Handel und Industrie zu gewinne», die der Hanfabund den politischen Parteien benennen werde. Auf diesem Wege werde es, wie der Ausfall der Wahl in Oletzko-Lyck-Johannesburg beweise, gelingen, die Kandidaten des Bundes der Landwirte auch aus de» scheinbar sichersten Wahlkreisen zu beseitigen. Eine recht schlaue Taktik I Der Hansabund sieht also davon ab, eigene Kandidaten aufzustellen. Er sucht sich vielmehr eine Anzahl Leute aus, die Lust haben, zu kandidieren und sich auf sein Pro- gramm verpflichten. Diese empfiehlt er dann den ihm nahestehenden Parteien zur Aufstellung als ihre Kandidaten natürlich mit dem Anerbieten, ganz oder zum Teil die Kosten der Wahlagitation zu übernehmen. So hält er sich in der Reserve und setzt doch in manchen Fällen die Wahl von Leuten durch, die seine Interessen vertreten._ Schoen und Hammann. Gegen den Prcssegeheimrat Hammann will, wie die Märk. Volksztg." zu berichten weiß, Staatssekretär v. Schoen das Disziplinarverfahren einleiten. Der Staatssekretär soll Beweise in der Hand haben, daß in der Marokkofrage die Presseabteilung ihn vollkommen im Stiche ließ. Zentrumsdemagogie. Das Zentrum fährt fort, im Rheinland und in Westfalen sonn- täglicheBekenntnisversammlungen" der katholischen Arbeiter zu veranstalten, um diese von der Beschäftigung init politischen Fragen abzulenken. Auch in Herne fand vor kurzem eine derartige Ver- sammlung statt, zu der durch Flugblätter eingeladen wurde. In solchem Flugblatt heißt es: Katholische Arbeiter I Ungeheure Volksmassen sind von schlechten Menschen aufgestachelt gegen uns katholische Arbeiter und gegen unseren Gottes-, Christus- und Kirchenglauben. Diebe Ehebrecher Trunkenbolde werden nicht so ange- feindet wie ein kath. Arbeiter. Jeder Schelm hält sich für klug und groß, wenn er«nS mit Kot bewerfen, uns verleum- den kann. Sind wir katholischen Arbeiter denn dümmer und schlechter als die Angreifer? Wenn wir noch länger schweigen und stillhalten, werden die Feinde noch übermütiger. Es ist Zeit zur Gegenwehr I Heraus mit dem Mannesmut I Ein heiliger Zorn hat uns ergriffen. Die MammonSgötzen und Unzuchtsapostel sind die geheimen Macher der Feindschaft gegen uns. Das Gesetz Christi steht diesen Menschen im Wege und verdammt ihr Treiben. Dieses fürchten sie mehr als das Knirschen der Volksmassen und das Drohen der Minister. Daher der Haß und der Ruf: Fort mit Christus aus der Industrie, aus dein Handel, aus der Familie, aus der Schule, aus dem Menschenleben."_ Die Reichstagsersatzwahl in Jauer-Laudeshut- Bolkeahai«. Der Kampf um das Mandat des verstorbenen freisinnigen Abgeordneten Dr. Hermes ist in voller Heftigkeit entbrannt. Die Kandidaten der in Frage kommenden Parteien: Sozialdemokratie, Freisinnige, Konservative und Zentrum sind nominiert. Die Na­tionalliberalen treten gleich im ersten Wahlgang für den Frei» sinnigen ein. Die drei bürgerlichen Parteien halten überall Ver- sammlungen ab undwiderlegen" dort, wo sie keinen Gegner finde» freie Diskussion ist ausgeschlpffcn, die sozialdemokratischen Irrlehren". Trotzdem für unsere Genossen die Möglichkeit, tn Versamm- lungen zu den Wählern zu sprechen, nur in beschränktem Maße vorhanden ist, sind sie eifrig an der Arbeit. Einer früheren Flug. blattverbreitung über den ganzen Kreis folgten am Sonntag zwölf Versammlungen, die trotz des strömenden Regens verhältnismäßig gut besucht und vom besten Geiste beseelt waren. Am zweiten Pfingstfeiertaa findet wiedemm eine allgemeine Flugblattverbreitung statt, der weitere Versammlungen folgen sollen._ Auch einDemonstrationszug". In Ohlau sandten Tabakarbeiter eine Deputation an den Magistrat, um diese» zur schnelleren Erledigung der eingereichten Unterstützungsgesuche arbeitsloser Tabakarbeiter zu ersuchen. Diese Deputation begleitete der Gauleiter der Tabatarbelter, Genosse Clemens-Breslgu. Die Polizei machte daraus einenDemon- strationszug" und schickte Clemens alsFührer" ein Strafmandat über 20 M. Da? Schöffengericht bestätigte den Strafbefehl, Ein Mafsenprozest gegen Wahlrechtsdemoustranten wurde am Dienstag bor dem Schöffengericht Magdeburg ver- handelt. Angeklagt waren 26 Genossen, die bei per Wahlrechts- demonstration am 6. März durch Hochrufe aus das freie Wahlrecht und durch Pfuirufe groben Unfug verübt haben sollen. Drei der Angeklagten, die Genossen Jordan, Köster und Rechts- anwalt Landsberg sollen«inen nicht genehmigten Um» zug veranstaltet haben. Das Gericht sprach diese drei letzten Angeklagten frei und nahm die übrigen 23 sn Geldstrafen von je 10 Mark._ Ein bayerisches Güterzertrümmerungsgesetz. München , 7. Mas.' Einem in der Kammer der Abgeordneten vielfach geäußerten Wunsche entgegenkommend, hat die Regierung einen Gesetzent- wurf über die G ü t e r z e r t r ü m m e r un g vorgelegt, der heute in der Plenarverhandlung erledigt wurde. Der Hauptzweck dieses Gesetzentwurfes ist der Schutz der Be« sitzer von kleinen und größeren geschlossenen Bauerngütern, wie sie im linksrheinischen Bayern selten, im rechtsrheinischen dagegen sehr häufig vorkommen. Der Schutz soll gewährt werden gegen die gewerbsmäßigen Güterschlächter, die nach allgemeiner Auffassung ihr Gewerbe nicht immer nach ganz sauberen geschäftlichen Grund- sätzen ausüben und dabei ein kolossales Gell» verdienen. Einig war man darin, daß man die Güterzertrümmcrung nicht grund- sätzlich hindern wolle; einig war man auch darin, daß die Güter- Zertrümmerung volkswirtschaftlich noch lange nicht so schädlich sei, als der Auflauf und die Aufforstung ganzer Bauernanwesen, ja ganzer Dorfgemarkungen durch die reichen adligen Fideikommiß- besitzer. Man wollte durch das Gesetz lediglich Bestimmungen treffen. einmal um eine Urberrumpelung und eine lleberporteilupg der Bauer» unmöglich zu machen und zum andern, um womöglich den aus einer Zertrümmerung zu erzielenden Gewinn der Allgemein- heit zuzuführen. Zu dem Zwecke gewährt das Gesetz beim Ver- lauf geschlossener Bauerngüter an gewerbsmäßige Güterhändler ein B o r k a u f s recht, uno zlvar in erster Linie der Gemeinde. in deren Bezirk die Grundstücke liege», und in zweiter Linie dem am Orte bestehenden gemeinnützigen landwirtschaftlichen Darlehns- kassenverein. Die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechtes be- trägt drei Woche». Weiter gewährt das Gesetz ein Rücktritts, recht. Der Verkäufer eines Bauerngutes erhält daS Recht, inner­halb einer Woche nach dem Abschluß des Vertrages von diesem zu» rückzutreten. Ein Rücktrittsrecht erhält aber auch der Käufer von Grundstücken, die aus einer solchen Zertrümmerung herrühren. Er kann innerhalb dreier Tage den Kauf als ungültig erklären. Wei- terhin ist bestimmt, daß der Güterhändler verpflichtet ist, ein zu verkaufendes Grundstück vpr der notariellen Beurkundung ab, marken zu lassen. Als geschlossen bewirtschaftete Grundstücke bezeichnet daS'Ge- setz landtzurtschafrliche AWesen?der Grundstücke vpn mindestxnö