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Nr. 109. 27. Jahrgang.

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt.nerstag, 12. Mai 1910.

Deutiches Zentralkomitee

zur Bekämpfung der Tuberkulofe.

Die 14. Generalversammlung des Deutschen Zentralfomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose wurde gestern vormittag im Sigungssaal des Herrenhauses von dem Vorsitzenden Staats­sekretär Delbrück   eröffnet. In der Begrüßungsrede äußerte der Staatssekretär unter anderem: Wir sind wesentlich den über­lieferten Bahnen weiter gefolgt. Die stärkere Erkenntnis von der Notwendigkeit einer ausgiebigen Prophylaxis hat dahin geführt, daß in erster Linie die Errichtung von Fürsorgestellen und An­ftalten mit Nachdruck und Erfolg betrieben worden ist. Aber nicht nur die Anzahl der Stellen hat eine erfreuliche Zunahme auf­zuweisen, auch in dem Verständnis der Bevölkerung und der

Aerzteſchaft sowie vor allem in dem Eingreifen der Kommunen besteht die Hälfte aller Wohnungen, 197 000, in denen etwa die Außerordentlicher Verbandstag des Deutschen Transport­

arbeiter- Verbandes.

Hamburg  , 10. Mai. In der Dienstagsißung wird ferner das von ber gemeinsamen Konferenz entworfene

Statut des Deutschen Transportarbeiterverbandes durchberaten. Es liegen dazu über 100 Anträge vor, die aber nicht die nötige Unterstüßung erhalten. Die ad hoc eingesetzte Kommission beantragt einige Abänderungen, die nach eingehender Debatte Annahme finden.§ 1 lautet:

1. Die Vereinigung führt den Namen: Deutscher Transportarbeiterberband", mit dem Sitz in

Berlin  .

2. Sie erstreckt sich über das Deutsche Reich und hat den Zweck, die Ehre sowie die materiellen und geistigen Interessen ihrer Mitglieder nach Maßgabe des§ 152 der Gewerbeordnung zu wahren und zu fördern. § 3 fett fest:

" Dem Verbande können alle im Handels-, Transport- und Verkehrsgewerbe zu Wasser und zu Lande beschäftigten Bersonen beitreten, sofern sie die Bestimmungen dieses Statuts an­erkennen."

Schwindsucht beim Erwachsenen ist vielmehr auf schwere tuberkulöse tulose erlahme. Das wichtigste sei, die Bevölkerung, namentlich die Reinfektionen zurückzuführen, die von innen her von bereits vor- an Tuberkulose erkrankten Personen, zur Reinlichkeit zu erziehen, handenen Tuberkulosenherden aus erfolgen. Die schweren, zur um so die Gefahr für ihre Umgebung zu beseitigen und dahin zu Schwindsucht führenden Kindheitsinfektionen finden hauptsächlich wirken, daß alle tuberkulösen Familien von selbst darauf dringen, innerhalb der Wohnung, innerhalb der Familie statt. Das daß ihre gesunden Mitglieder aus dieser Umgebung gebracht und wichtigste Problem der Schwindsuchtsprophylage ist daher der ihre Wohnungen öfters, vor allem bei jedem Wohnungswechsel, Schutz der Kinder in den Wohnungen vor schweren tuberkulösen desinfiziert werden, um nicht eine Gefahr für die Nachwohnenden Jufektionen. zu bilden. Den praktischen Teil der Frage behandelte Landeswohnungs- In seinem Schlußwort hob der zweite Referent, Wohnungs­inspektor Gretschel- Darmstadt  . Er führte aus, daß die Tuber- infpektor Gretschel- Darmstadt   mit Recht nochmals hervor, daß eine tulose eine Wohnungskrankheit insofern ist, als das Zusammen- Bekämpfung der Tuberkulose ohne Verbesserung im Wohnungs­leben vieler Menschen in engem Raume vielfach infolge der gewesen nicht möglich sei, und daß dazu eine Einwirkung auf den Be­fundheitlich schlechten Beschaffenheit der Wohnungen zur Verbrei- bauungsplan auch gehöre, weil man sonst nicht zur Beseitigung tung der Krankheit am meisten beiträgt. Er gab ein anschauliches schlechter Wohnungen gelangen könne. Bild der Wohnungsverhältnisse. In Berlin   z. B., von welchem ein Hierauf wurde die Tagung geschlossen. lokalpatriotischer Bürger vor kurzem noch die Behauptung auf­stellte, es sei in bezug auf Wohnungen die bestversorgte Großstadt, sind erfreuliche Fortschritte zu verzeichnen gewesen. Auf dem Hälfte der gesamten Bevölkerung wohnt, nur aus einer Stube mit Gebiete der Prophylage liegt auch ein Zweig, für den in neuerer Küche. 33 000 Wohnungen haben nur ein heizbares Zimmer, 2400 Beit erfreulicherweise die Fürsorge zugenommen hat, das ist die Wohnungen überhaupt kein heizbares Zimmer, und 4086 2oh­Fürsorge für die Wohnungen und für die Desinfektion der nungen bestehen lediglich aus einer Küche, in der bis zu 12 Per­Wohnungen. Die Bedeutung der Wohnungen zur Bekämpfung fonen wohnen. Aehnlich sind auch die Wohnungsverhältnisse in der Tuberkulose wird in immer weiteren Kreisen erkannt. Nament allen anderen Großstädten. Aber auch auf dem Lande sieht es lich sind die Kommunen bestrebt, auf diesem Gebiete erfolgreich durchaus nicht besser aus. In Hessen   ist eine Aufnahme gerade auch zu arbeiten. Ganz besonders sind die Kinder der Gefahr der An- für das Land gemacht worden, und es hat sich ergeben, daß 4500 ftedung ausgefeßt. Neben der Fürsorge für die Wohnungen find Wohnungen aus einem einzigen Raum ohne jeden Nebenraum be­die Schulen mit ihren Aerzten und Lehrern zur Unterstübung stehen. 1800 diefer Wohnungen beherbergen mehr als drei Per­unserer Bestrebungen berufen. Je mehr Einfluß der Schularzt fonen, 260 mehr als 6 Personen. Aus zwei Räumen mit Küche gewinnt, desto mehr wird die Bekämpfung der Tuberkulose schon bestehen 14 000 Wohnungen, wovon 800 auch mehr als 7 Personen im zartesten Kindesalter mit Erfolg durchgeführt werden. Und beherbergen. 3 Räume haben 23 000 Wohnungen, wobei in 900 je mehr sich die Lehrer dieser Sache annehmen, um so größer wird Wohnungen mehr als 8 Personen bis herauf zu 15 Personen der Erfolg sein. Wir erkennen dankbar schon heute die Mit- hausen. Man dente sich in solcher Wohnung jemand mit einer wirkung der Lehrerschaft an und hoffen, daß sie in immer höherem ansteckenden Krankheit. Es ist ein wahres Glück, daß nicht jeder Grade steigen wird, zumal die Lehrer merken werden, daß sie menschliche Organismus den Bazillen unterliegt. Sonst wären nicht nur der Allgemeinheit, sondern auch ihrem besonderen Biel die Folgen des engen Busammenwohnens gar nicht zu übersehen. nüßen, wenn sie mit gesunden und kräftigen Kindern zu arbeiten Dringend zu fordern ist dabei eine gute Wohnungsinspektion. Aber haben, daß sie an der Zukunft des deutschen Volkes mitarbeiten, die Wohnungsinspektion fann im wesentlichen nur Kleinarbeit wenn sie bemüht sind um die Gesundheit der deutschen Jugend. leisten. Die Hauptsache ist neben der Schaffung normaler Woh­Nach dem vom Generalsekretär Professor Dr. Nietner er= nungsverhältnisse doch die Bereitstellung von preiswerten, guten statteten Jahresbericht hat das Zentralfomitee gegenwärtig 1509 und gesunden Wohnungen für minderbemittelte Voltskreise in Mitglieder. Die regelmäßigen Einnahmen des Komitees im ver- Stadt und Land. Dringend zu fordern ist, daß auf gesetzlichen gangenen Jahre ſehen sich aus den Mitgliederbeiträgen von Wege hier eingeschritten wird, nicht nur aus gesundheitlichen, son­34 000 M. und dem Reichszuschuß von 60 000 M. zusammen. Mit dern auch aus nationalen, fittlichen und wirtschaftlichen Gründen. dem Bestand zu Beginn des Jahres und sonstigen Zuwendungen In der Diskussion hob Bauinspektor Redlich- Rirdorf hervor, betrugen sie im ganzen 680.000 M., denen 312 000 M. Ausgaben daß namentlich der Baupolizei auf dem Gebiete der Tuberkulose gegenüberstehen. Die Zuschüsse für Heimstätten und andere eine große Aufgabe erwachse. Die Bebauungsdichte wäre für die Tuberkuloseneinrichtungen betragen 167 000 m., die an δας Großstädte nicht so verhängnisvoll, wenn nicht leider noch die Höfe Deutsche Zentralfomitee für Zahnpflege in den Schulen 6000 M., felbst bei großer Enge schachtartig umbaut werden dürften. Wenn für Lupusbekämpfung 32 000 M. Im Jahre 1909 find in Deutsch   ausreichende Baugefeße nicht vorhanden sind, müsse zunächst dahin land 16 000 Personen an Zuberkulose gestorben. Die Sterblichkeit gewirkt werden, daß in jedem Staate auf dem Wege einer für das ist von 16,6 pro 10 000 der Bevölkerung auf 15,54 herabgegangen. ganze Staatsgebiet geltenden Landespolizeiverordnung einschnei­In der an den Geschäftsbericht anschließenden Diskussion gab Ge- bende Bestimmungen getroffen werden. Vor allem ſollten Keller­heimrat Sievere vom Reichsgesundheitsamt eine Uebersicht über und Dachwohnungen für unzulässig erklärt werden. Hofbauten die von den Versicherungsanstalten behandelten Personen und sollen bei Neubauten stets ein Geschoß weniger haben als straßen­die Erfolge. Bei den in ständiger Behandlung Befindlichen find wärts gelegene Gebäude. In der Debatte fielen die sozial rüd­bei der Entlassung Erfolge im abgelaufenen Jahre bei 83 Proz. ständigen Ausführungen des Geheimrat Kirchner vom Preußischen der Behandelten, und zwar bei Männern und Frauen, zu ver- Stultusministerium auf. Er betonte eindringlichst, daß man ja zeichnen gewesen, während im Jahre 1908 bei den Männern hier nicht auf einem Wohnungstongreß, sondern auf einem Kon­81 Proz., bei den Frauen allerdings 86 Proz. Erfolge zu ber- greß zur Bekämpfung der Tuberkulose sei. Wenn man sich in über­zeichnen waren. Die Versicherungsträger haben an kosten für die triebenen Forderungen für die Herstellung von Wohnungen ergehe, Behandlung fast 100 Millionen Mart aufgebracht. fönne man leicht den Hauptzweck aus dem Auge verlieren. Ge­wiß seien einige der Forderungen für Wohnungen an sich beherzi- Der Antrag wird dem Vorstande zur Berücksichtigung über­genswert, aber ihre Durchführung würde so große Mittel erfor dern, daß dann für die Bekämpfung der Tuberkulose nicht mehr viel übrig bleibt. Vor allen Dingen dürfe man eines nicht aus dem Auge verlieren: Die Quelle der Tuberkulose ist der tranfe Mensch. Es ist gewiß als ein Fortschritt zu bezeichnen, daß der früher so oft gehörte Sah, die Tuberkulose   stamme von der Kuhmilch, heute nicht mehr gehört wird, sondern daß man erkannt, hat, daß gerade der franke Mensch die Gefahr für seine Umgebung bilde. Es müsse gefordert werden, daß gesunde Kinder aus franken Familien her­ausgebracht und in gesunden Familien zur Erziehung untergebracht würden. Es sei falsch, daß jede Tuberkulose schon in der Kindheit erworben sei, ganz atveifellos tommen Erkrankungen an Tuber. tulose auch im späteren Alter vor, die nicht auf in der Kindheit erworbene Reime zurückgeführt werden können. Die allgemeine Verbreitung einer solchen Anschauung fönnte auch leicht dazu führen, daß man in der Bekämpfung der Maßnahmen gegen Tuber.

Den wichtigsten Gegenstand der Tagesordnung bildete das

Thema

,, Zuberkulose und Wohnungsfrage"

Ueber den theoretischen Teil dieser Frage berichtete Profeffor Dr. Römer- Marburg. Er führte aus, daß die Hauptquelle der tuberkulösen Bungenschwindsucht des Menschen der tuberkulöse Mensch selbst sei. In den von Lungenschwindsucht besonders heim­gesuchten Kreisen lasse sich durch verschiedene Methoden nach weisen, daß fast jeder Mensch tuberkulös infiziert die Schwelle des Kindesalters überschreite. Es kann hier experimentell gezeigt werden, daß eine tuberkulöse Infektion Schuß gewährt gegen wiederholte tuberkulöse Infektionen, sogenannte Reinfektionen. Auch für den tuberkulösen Menschen trifft dieses Gesetz einer Immunität gegen Tuberkulose durch Tuberkulose zu. Dieser Zuberkulosenschutz verleiht dem in der Kindheit tuberkulös in­fizierten Erwachsenen höchstwahrscheinlich absoluten Schuß gegen Reinfektion von außen her. Die Entstehung der tuberkulösen

Kleines feuilleton.

Die im Kriege sterben! Kürzlich ist das vergilbte Tagebuch einer Frau veröffentlicht worden, die ihren seit wenigen Wochen ange­trauten Mann in der Schlacht bei Waterloo   verlor. Die große Tragödie des Napoleonischen Weltunterganges spiegelt sich hier in dem Einzelschicksal zweier Menschen, deren Glück in diesem unge­heuren Zusammenbruch lautlos erlosch. Paul Tausig hat das eng­lische Original übersetzt, Joseph Popper( Lynkeus) das Büchlein mit einem Geleitwort ausgestattet.( Sterben. Tagebuchblätter aus der Schlacht bei Waterloo von Lady de Lanch. Wien   1910. Car! Ronegens Verlag.)

des Unentrinnbaren sich auf den Teuren senkt. Und dann kommt die letzte Nacht:" Des Nachts sagte er, er möchte gerne etwas aus­findig machen, um die ermüdend lange Nacht abzukürzen. Er sagte, fie würde um fünf oder sechs Stunden fürzer währen, wenn ich mich neben ihn legen wollte. Ich wandte ein, daß dies unmöglich sei; es war nämlich so wenig Raum, daß ich fürchtete, ihn zu ber­lezen. Er konnte sich aber den Gedanken nicht aus dem Kopfe schlagen. Ich stieg also auf einen Stuhl und machte einen Schritt über ihn hinüber, weil er sich nicht um einen Zoll weit wegrüden fonnte und am äußeren Rande lag. Er war felig. Und tatsäc lich verkürzte dies die Nacht, denn wir schliefen beide ein." Am nächsten Tage ist es zu Ende. Auf das Grab läßt sie ihm einen Stein sehen, den einzigen neben vierzig neuen Gräbern, an benen keine Liebe meilt.

§ 4 bestimmt, daß das Beitrittsgeld 1 M. für männliche und 50 Pf. für weibliche und jugendliche Personen( der Entwurf ver­langte 1,50 M. und 75 Pf.) beträgt. Es werden Beitragsklassen bon 50, 45 und 40 Pf. für männliche und 25 Pf. für männliche jugendliche Mitglieder festgesetzt. Zur Beitragsklasse 1 gehören Orte mit Durchschnittswochenlöhnen von mehr als 24, zur zweiten Klasse 21-24 und zur dritten Klasse unter 21 M. Durchschnittslohn. ( Der Entwurf sieht Säße vor von unter 18 bis über 21 M.".) In der Gesamtabstimmung wird der Entwurf mit den ges nannten Abänderungen einstimmig angenommen, ebenso die un­veränderten Ergänzungen zum Statut für die Binnenschiffer und Flößer sowie die für die fee männischen Arbeiter.

Sodann wird die Gruppe verschiedene Anträge" zur Beratung gestellt. Berlin   beantragt:

Der Verbandstag wolle beschließen, eine Konferenz für die in Reinigungsinstituten beschäftigten Personen abzuhalten. Als Hauptthema soll in Betracht kommen: 1. Die unzulänglichen Unfallverhütungsvorschriften unseres Berufes. 2. Die Streit

taktik des Unternehmerverbandes."

wiesen.

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Der Antrag, die Delegierten zum Gewerkschaftstongreß in größeren zusammengelegten Bezirken wählen zu lassen, wird in namentlicher Abstimmung mit 89 gegen 33 Stimmen abgelehnt. Die Reichssektion der Straßenbahner" soll fürderhin heißen: erband der Straßenbahner, Mitgliedschaft des Deutschen Transportarbeiterverbandes". Der Hafenarbeiterberband ersucht den Verbandstag der Transportarbeiter, auf dem gemeinsamen Verbandstag am Donnerstag für den Antrag einzutreten, daß der neue Zentral borstand ersucht werde, in Gemeinschaft mit der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion auf eine

hinzuwirken.

Revision des Binnenschiffahrtsgesetzes

Hiergegen erhebt sich kein Widerspruch.

Damit sind die Arbeiten des Verbandstages erledigt.

niedergelegt, ohne sie wieder an sich zu nehmen. Belag darüber fehlt. Antwort: Diese Peitsche ist als Aktivposten noch vorhanden; es werden jetzt damit die Regierungsvorlagen in zweiter Besung durchgepeitscht. Frage: Auf einem Geheimort des Reichstages wurde vor etlichen Wochen ein Revolver gefunden. 1. Wer hat den Finderlohn erhalten? 2. Ist dieser Finderlohn zur Steuer veranlagt worden?

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Antwort: ad 1: Niemand; ad 2: Nein. Der herrenlose Revolver wurde dem Abg. Oldenburg   zur Abwickelung seiner Bar­lamentsduelle zur Verfügung gestellt.

Frage: Die vorlegte Thronrebe enthielt 170 Beilen. Bei der Drucklegung sind aber 172 Beilen berechnet worden. Wie erklärt sich die Differenz von 2 Zeilen?

Antwort: Diese zwei Zeilen betrafen das Wahlrecht, sie sind zu Wasser geworden, und dieses Wasser wurde auf die Mühlen der Sozialdemokratie geleitet. ( Lustige Blätter".)

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Notizen.

Gerade weil in diesen wehvollen schlichten Schilderungen jedes laute Wort, jede grelle Schilderung fehlt, wirkt das Tagebuch in Genau drei Monate vorher war ich getraut worden." seiner stummen Gewalt als eine ewige Anklage gegen den Kriegs- So schließt das Tagebuch und das Glück eines Lebens. wahnsinn. Walter Scott   hat 1825, Charles Dickens   1841 die Blättec Der türkische Arzt im Harem. Die türkische Frau, die nicht zum in Händen gehabt. Scott schrieb über seine Eindrücke:" Niemals wenigsten von den politischen und sozialen Fortschritten ihres Vater las ich etwas, was mein Gemüt stärker ergriffen hätte." Und landes Vorteil gezogen hat, wird jezt auch ein Recht eriverben, das Didens äußerte über seine Empfindungen:" Wenn ich bloß fage, ihr so lange eigensinnig versagt gewesen ist, nämlich das Recht auf daß die Lektüre dieser höchst merkwürdigen und furchtbaren Er. Krankheit. So merkwürdig es flingt, die Frau in ber Türkei   hatte alle zehn Jahre von den Bewohnern des oberbayerischen Gebirgs - Die Oberammergauer Passionsspiele  , bie zählung einen Abschnitt in meinem Leben bedeutet, daß ich niemals auch nur das geringste Wort davon vergesse, daß ich den Eindruck bisher kein Recht, frank zu sein, weil sie kein Recht auf Heilung hatte. ortes Oberammergau   zur Aufführung kommen, wurden am Mittwoch nie loskommen werde und daß mir nie zuvor etwas so wahr, soenn sie sich trotzdem herausnahm, frank zu werden, so tam aller- bor geladenem Renommierpublikum eröffnet. Da der gefirenge dings ein Arzt. Die ärztliche Untersuchung beschränkte sich aber Heilige Mamertus   offenbar fein Anhänger der christlich- katholischen ergreifend und so gegenständlich vor Augen schwebte so will dies nicht viel heißen. Was ich stets als Meisterwerke einer darauf, daß die Kranke durch einen Schlitz   im Schleier ihre Zunge Fremdenindustrie ist und auch vor dem bayerischen Landtag, ohne zeigen oder durch einen biden Vorhang und in Gegenwart eines den das fromme Festspiel nicht gut eröffnet werden konnte, keinen fraftvollen und erschütternden Schilderung betrachtete, das zer. rinnt vor meinen Augen jetzt zu nichts. Wenn ich noch fünfzig argusäugigen Eunuchen oder einer alten Sklavin ihre Hand aus- Respekt hat, herrschte Schnee und bittere Kälte. Trozdem wurde strecken durfte, damit der Arzt den Puls fühlen konnte. Jahre leben sollte, so werde ich davon von dieser Stunde an bis sich vorstellen, wie die Behandlung beschaffen sein konnte, die der Mysterium erregte bei Mitspielern und Publikum echtes Bittern und Man kann auf der offenen Bühne vor etwa 5000 Berfonen gespielt. Das zu meinem Todestage immer wieder mit der fürchterlichsten Leben- Arzt danach einzuleiten fähig war. Diese Grenzen der islamitischen vor Kälte. Man hofft aber, daß die mondäne Zähneklappern digkeit träumen." Sitte durften auch in den schwersten Krankheitsfällen niemals über- Belt, besonders soweit sie englisch  - amerikanisch- hysterisch ist, auch Am 8. Juni 1815 kam das Ehepaar in Brüssel   an. Am 4. Juli schritten werden, nicht einmal bei unmittelbarer Lebensgefahr. Das heuer wieder in Scharen herbeiströmen und den langhaarigen besucht die Witwe das Grub des jungen in englischen Diensten ge- Einzige, was außer dem Geschilderten noch zu geschehen pflegte, Bauern- Christus und die übrigen hochdeutsch- oberbayerisch redenden töteten Offiziers Sir William Howe de Lanceh bei Waterloo, um am selbigen Lage sich nach England einzuschiffen. Dazwischen liegt war die Anwendung alter Hausmittel und die Veranstaltung beiligen Personen verehren und die Vereinigung von modernem und bon diesen beiden Eingriffen" Opernzauber und geistlich frisierter Urwüchfigkeit als höchste Kunst und ein Martyrium treuer, opfernder Pflege am Sterbelager des mochte man sich zwar einen Erfolg versprechen, aber er wird kaum offenbarung bewundern wird. Der wahre Kunst- und Volksfreund ein Paradies jungen Eheglüds, das Inferno einer Wölferschlacht priesterlicher Gesänge, oft eingetreten sein. Das soll jezt anders werden und der aber wird diesen internationalen Trubel meiden und bedauern, daß Am 18. Juni beginnt die Schlacht. Sir William wird von Wandel der Anschauungen scheint sogar mit großer Schnelligkeit vor eine Feier, die einst Ausdruck ernster Frömmigkeit und angeborener Kunstfreude war noch heute legen die Chöre und manche Einzel­einer Kanonenfugel im Rücken getroffen und mehrere Meter weit sich zu gehen. Es ist jetzt schon häufig vorgekommen, daß Frauen durch modernen Geschäftsgeist vom Pferde geschleudert. Er wird für tot gehalten, und das Ge- in der Türkei   im Fall ihrer Erkrankung die alten Schranken der leistungen Zeugnis davon ab rücht ereilt auch die Gattin. Aber Sir William lebt, und nun eilt Sitte durchbrochen und sich einem Arzt zu einer ausgiebigen Unter­den Versuchung ausgeliefert haben. Auch die männliche Türkei   ist in diesem die Frau eine Gestalt gleich Beethovens Fidelio wundeten zu finden. In einem fleinen Bauerngehöft findet sie Punkte vernünftiger geworden, was ſelbſtverständlich eine Vor­bedingung für die Abschaffung der alten grausamen Gebräuche war. den Verwundeten. Und nun verrinnt in dieser engen, einsamen Mit ihrer Beseitigung würde eins der Bollwerke fallen, das die Stube, während draußen die Soldaten vorbeiziehen und die Kriegs- türkische Frau von einem menschenwürdigen Dasein getrennt hat. gefahren gegen die Stätte branden, die Tragödie der Liebe und des Todes. Die Frau läßt sich am Lager des Mannes nieder und harrt dort aus, Tag für Tag, Nacht für Nacht, ohne einen Augenblick Fragen der Oberrechnungstammer. dem Schlafe fich hinzugeben. Es gibt feine Erschöpfung für sie, teine Klage, feine Tränen. Anfangs hofft sie auf das Wunder Frage: Jm Reichstag hat einmal ein Abgeordneter der der Genesung. Dann sieht sie, tapfer und groß, wie das Dunkel läußersten Zinken eine Nilpferdpeitsche auf den Tisch des Hauses

Geliebten.

Humor und Satire.

entartet ist.

-

J

Ein interessantes Bühnenerperiment wurde Man führte Georg Büchners geniales Revo­Dantons Tod" in vereinfachender Stilisterung

in einer besonderen Aufführung des Hamburger   Thalia- Theaters

"

unternommen. Iutionsdrama mit starkem Erfolge auf. - Bühnenchronit. Der Wiener   Hoffchauspieler Raina, dessen Verhältnis zur Burg unter Schlenther erheblich gelockert war, ist aufs neue gefestigt worden. Die Wiener   werden von jetzt ab ihren ersten und teuersten Schauspieler( er soll nunmehr an 100 000 Stronen beziehen) wenigstens nicht mehr bloß als gelegentlichen Gast sehen.