GewerhrcbaftUcbee* Behauptungen und Catfacben. Wie unsere Leser aus unseren bisherigen Berichten über die Aussperrung der Bauarbeiter wissen, wird der Kampf von den Parteien mit unerbittlicher Schärfe geführt. An ein Ende des Kampfes oder auch nur an eine Abschwächung ist noch lange nicht zu denken, denn er befindet sich immer noch im Anfangsstadinm. T?er Unternehmerbund übt den schärfsten Terror und sucht die Aussperrung noch zu erweitern. Wie weit ihm dies gelingen sollte, bleibt abzuwarten. Zum min- besten muß aber damit gerechnet.werden, daß der bisherige Umfang noch auf lange Zeit hinaus erhalten bleibt. Daran dürfte sich auch wenig ändern, wenn, wie wir gestern melden konnten, es in einigen Orten, in denen nicht ausgesperrt war, zun» Vertragsschluß kommt, oder einige Aussperrungsorte durch einen Friedensschluß vom Kampfplatze abtreten. Der Vertragsschluß für Groß- Berlin hat aber in Unter- nehmerkreisen, und zwar im ganzen Reiche, auf letztere einen bösen Eindruck hervorgerufen, und dies macht dem Arbeit- geberbunde erhebliche Beschwerden. In weiten Kreisen der Bundesmitglieder ist dadurch der Kampfcsmut und die Sieges- Zuversicht stark beeinträchtigt worden. Der Bundesvorstand muß sich daher die erdenklichste Mühe geben, die immer stärker hervortretenden Bedenken zu zerstreuen. In dieser prekären Lage erscheint ihm jedes Mittel recht. In den neuesten bundcs- amtlichen Publikationen putzt er auch den Zusammenschluß der brandenbnrgischen Ortsverbände zu einem Provinzialverband zu einem besonderen Ereignis wie folgt heraus: „Der deutsche Arbeitgeberbund für das Baugewerbe erfährt, wie uns von seiner Zentralstelle mitgeteilt wird, infolge der gegen- wärtigen Aussperrung täglich eine beachtenswerte Erweiterung und Kräftigung seiner Organisation. In Süd- und Mitteldeutschland hoben sich neuerdings wieder in zahlreichen Orten die Bauarbeit- geber zu Ortsverbänden zusammengeschlossen. Im östlichen Thüringen , den beiden Reuß usw. sind die dortigen Ortsverbände zu einem Bezirksverband zusammengetreten, ebenso haben sich die bisher alleinstehenden 31 brandenburgische» Ortsverbände zu einem Brandenburgischen Provinzialverband vereinigt. Letzteres ist von groher Bedeutung, weil sich bisher die meisten dieser Ber- bände infolge dieser Zersplitterung ganz nach dein Verband der Baugeschäfte von Grotz-Berlin richteten, welcher bekanntlich sich dem' Vorgehen des Deutschen Arbeitgeberbundes nicht angeschlossen hat, sondern vielmehr einen Sonderfrieden mit den Arbeiterorganisationen geschlossen hat." Soweit diese Notiz die Provinz Brandenburg berührt, ist sie geeignet, ein völlig falsches Bild über die tatsächlichen Verhältnisse zu verbreiten. Oh eine wissentliche Täuschung der Bundesmitglieder beabsichtigt ist, wissen wir zwar nicht, aber diese Wirkung muß es haben. Muß doch ein jeder Leser annehmen, daß die 31 brandenburgischen Ortsverbände nun auch wirklich zum einheitlichen Handeln im Sinne der Unter- nehmerbeschlüsse zusammengeschlossen wurden und dadurch die „beachtenswerte Erweiterung und Kräftigung seiner(des Bundes) Organisation" eingetreten sei. Die Nachprüfung des Tatbestandes führt aber zu einem anderen Ergebnis. Wohl ist es richtig, daß einschließlich Berlin in der Provinz Brandenburg 31 Orts- resp. Kreis- verbände des Bundes bestehen. Sie haben zusammen 966 Mit- glieder. Vielleicht sind auch in neuester Zeit noch einige Unter- nehmer beigetreten.— Von diesen 966 Mitgliedern respektieren bis zurzeit 781 Mitglieder aber die Buudeöbeschlüsse nicht. 649 schloffen in sieben Gebieten mit den Arbeitervrgauisationen auf Grund des bisherigen Vertrages Frieden und zwölf dieser Vereine mit 141 Mitgliedern lassen weiter arbeiten» auch sie stehen also außerhalb des Kampfes. Die Aussperrung besteht nur im Geltungsbereich von 12 Unteruehmerverbänden; es gehören hier 185 Unternehmer der Organisation an. Ausgesperrt wurde allerdings noch in einigen anderen Gebieten bei einzelnen Arbeitgebern der Unternehmerorganisation; die Entlassenen fanden aber bald bei anderen Unternehmern Beschäftigung oder der bisherige stellte sie wieder ein. Die Zentralverbände der Maurer, Zimmerer und Bau- Hilfsarbeiter zählen in der Provinz Brandenburg 34 045 Mit- glieder. Bon diesen wurden 2995 ausgesperrt» und in der letzten Woche meldeten sich noch 772 Mitglieder zur Kontrolle. Die übrigen sind anderwärts in Arbeit gekommen oder sie reisten ab usw. So sieht das Mittel aus, das die Bundesleitung der Unternehmer zur Belebung des Kampfesmutes der Mitglieder aufnutzte. �# Immer brenzlicher wird den Bauunternehmern die Situation. In Zirkularen reden sie sich selbst Mut ein, der- suchen zugleich aber auch. durch Androhung des Boykotts gegen die Materialienlieferanten diese zu zwingen, in der gegen- wärtigen Zeit den Unternehmern, die den Scharfmachern keine Hceresfolge leisten, keine Baumaterialien zu liefern. So hat der Arbeitgeberverband für Bielefeld in einem Rundschreiben folgendes beschlossen und verkündet: „Die wirtschaftliche und ideelle Bedeutung des Tarif« kampseS im deutschen Baugewerbe für dieses und demnächst für alle verwandten wie auch ferner stehenden Gewerbe und Betriebe macht den beteiligten Arbeitgeberverbänden die erfolgreiche Durchsetzung des ihnen aufgezwungenen Standpunktes zur n a t i o« n a l e n Pflicht. In dieser Erkenntnis sind die Baugewerbetreibenden genötigt und bereit, selbst, einzeln wie in ihrer Gesamtheit, erhebliche pekuniäre Opfer zu bringen. Sie müssen sich dabei jedoch der moralischen Unterstützung derjenigen Gewerbe und Lieferanten ber« gewissern, welche im wirtschaftlichen Leben sich auf das Bau« gewerbe stützen und daher auch in erster Linie der Erfolge dieses Kampfes teilhaftig werden. Diese unerläßliche Hilfsbereitschaft kann sich nur dadurch wirk- sam erweisen, daß die betreffenden Firmen— Bauhandwerker, Baumaterialienlieferanten, Holz- und Eisenhandlungen, Ziegeleien, Kalkwerke, Fuhrunternehmer usw.— während der Dauer des Kampfes Lieferungen jeglicher Art nur an die Mitglieder der Arbeitgeberverbände leisten. Die Mitglieder unsere? Verbandes, welche in anliegendem Verzeichnis benannt find(folgt eine lange Liste von Firmen) haben sich in der Generalversammlung am 3. d. M. durch ein- stimmig gefaßten Beschluß verpflichtet, jetzt und später nur von denjenigen Firmen zu beziehen, welche in der Zeit des Kampfes weder an dir unserem Verbände sernstcheuden Unternehmer noch an ausgesperrte Bauarbeiter oder zu Rcgiebauten, an denen solche beschäftigt werden, Lieferungen geleistet haben. Diesen Beschlutz bringen wir Ihnen im beiderseitigen Interesse zur Kenntnis." *.» Auch in der Provinz Posen , wo die Aussperrung eben- falls nicht ganz durchgeführt wurde, beginnt es zu bröckeln. In der Stadt Posen trat ein größerer Arbeitgeber aus dem Bunde aus, er läßt jetzt wieder arbeiten. Der Magistrat von Posen, dem an der rechtzeitigen Fertigstellung des Stadttheaterbaues liegt, hat sich an die Arbeiterverbände um Weiterführung des Baues gewandt, Verhandlungen darüber sind im Gange. 9* 9 Unter st ützung der ausgesperrten Bauarbeiter. Die Zahlstelle Dresden des Brauereiarbeiterverbandes beschloß in ihrer letzten Versammlung einstimmig, bis auf weiteres pro Woche und Mitglied 1 M. Extrabeitrag zu erheben, davon 50 Pf. für die ausgesperrten Bauarbeiter und 60 Pf. für die eigene Lohn- bewegung. Weiter haben bisher die Zahlstellen Erfurt , Schwerin und Kiel desselben Verbandes beschlossen, pro Woche 50 Pf. Extra- beiträge für die Bauarbeiter zu erheben. Die Stratzburger Buchdrucker haben zur Unterstützung der Bauarbeiter als erste Rate den Betrag von 100 M. und einen Extrabeitrag von 20 Pf. pro Woche und Mitglied beschlossen.— Das Gewerkschaftskartell Straßburg hat Sammellisten ausgegeben._ Berlin und Umgegend. Die Arbeiter ber Betriebswerkstatt der Hoch- und Untergrund- bahn besprachen in einer Versammlung, die zum Freitagabend vom Deutschen Metallarbeitevverbaud einberufen war, mancher- lei Mißstände, die seit langer Zeit Grund zu Klagen und zur Unzufriedenheit gaben. Die gezahlten Löhne sind so gering, daß die Arbeiter damit nicht auskommen können. Ungelernte Arbeiter erhalten einen Anfangslohn von 35 Pf., der innerhalb fünf Jahren aus 40 bis 42 Pf. steigt. Der Anfangslohn für Handwerker be- trägt 40 Pf. und steigt in derselben Zeit bis auf 53 Pf. Die Arbeiter wurden bei der Direktion vorstellig, um eine Erhöhung des Stundenlohnes um 5 Pf. zu erzielen. Dies Verlangen wurde rundweg abgewiesen.'Die Behandlung der Arbeiter läßt auch viel zu wünschen übrig. Vor einigen Tagen wurde ein Schlosser ent- lassen, der sich weigerte, andere Arbeit als ihm zukam zu über- nehmen. Meister Kranz erklärte, der Arbeiter habe sich eine „Achtungsverletzung gegen einen Vorgesetzten" zuschulden kommen laffen. Man fragt sich verwundert, ob die Beiriebswerkstatt etwa eine Strafanstalt sei! Die Direktion hatte neuerdings den Arbeitern einen Urlaub bewilligt, und zwar sollte ein Angestellter nach drei Jahren drei Tage und nach fünf Jahren fünf Tage Urlaub genießen. Diese Bewilligung brachte aber für die meisten eine Enttäuschung, als es hieß, daß nur derjenige Urlaub erhält, der vom 1. Juli ab mindestens drei Jahre in Arbeit steht.— Eine andere Angelegen- heit, die viel Aergcr erregt hat, beschäftigte die Arbeiter in der Versammlung. Die Arbeiter verlangen eigene Verwaltung in der Kantine, besonders in bezug auf den Bierverkauf. Die Direk- tion machte zuerst Zugeständnisse in dieser Richtung, zog sie aber wieder zurück und ließ erklären, es müßte alles beim alten bleiben. Die Arbeiter sind aber damit nicht einverstanden und wollen als Konsumenten ihre Gegenmaßregeln treffen. Weitere Versammlungen sollen folgen, um ein gemeinsames energisches Vorgehen der Arbeiter zu ermöglichen, damit die bestehenden Ver- Hältnisse gebessert werden. Im Berliner Badcgewerbe hat sich in gewerkschaftlicher Hinsicht ein bemerkenswerter Fortschritt vollzogen. Hier bestanden bislang zwei Gruppen unter den Angestellten: die Sektion des Verbandes der Gemeinde- und Staatsarbeiter und ein im Jahre 1004 ge- gründeter Lolalverein. Letzterer entstand dadurch, daß bei dem 1304 gemachten Versuch eines Zusammenschlusses des damals be- stehenden Zentralverbandes für das Bade- und Massagepersonal mit dem Gemeindearbeiterverband eine Anzahl Mitglieder dissetv tierten. Inzwischen sind nach langen Kämpfen die feindlichen Brüder einander wieder näher und näher gekommen mit dem Resultat, daß am 1. Oktober 1009 der Sonderverband geschlossen zum Ge- meindearbeiterverband übertrat. Damit sind die bei der Durch- führung des bestehenden Tarifs und in der Schlichtungskommisfion häufig hervorgetretenen Schäden der Zersplitterung beseitigt worden, was naturgemäß zu einer Stärkung der Position der Arbeiter gegen- über den Arbeitgebern führen muß. Das ist aber auch notwendig, wenn man bedenkt, daß in den Privatbadeanstalten das Lohn- Verhältnis ausschließlich auf dem Trinkgeld der Badegäste s.Be- dienungSgeld" Heißt'S im Tarif) beruht. Festen Loh» keimen die Badeanstaltsbesitzer überhaupt nicht; sie sind nach dem Tarif ledig- lich gehalten, den in ihren Betrieben beschäftigten Bademeistern und Masseusen ein bestimmtes Monatseinkommen zu garantieren. Dieses ganz unhaltbare System führt jedoch zu häufigen Diffe- renzen, da Nachforderungen von Angestellten, deren auf- gerechnete«Bedienungsgelder" die garantierte Summe nicht er- reichten, zumeist bestritten werden. Trotz solcher Zustände verhalten sich eine große Zahl von Badeanstalts- Angestellten der Organisation gegenüber ablehnend; viele von ihnen streichen die Trinkgelder, welche zu einem erheblichen Teile von den Arbeitern als Krankenkassenmitglieder geleistet werden, zwar seelenruhig ein, kümmern sich aber sonst den Teufel um die Arbeiterbewegung — im Gegenteil: sie fallen ihren organisierten Kollegen und Kolleginnen in deren Kämpfen um bessere Arbeits- bedingungen in den Rücken. Aehnlich so ist eS in den städtischen Volksbadeanstalten. Obwohl hier feste Löhne ge- zahlt werden, die allerdings sehr verbesserungsbedürfttg find, der« hindert auch in diesen Anstalten die Jagd nach Trinkgeldern jeden Vorstoß um Erringung ausreichender Löhne, weil die Angestellten ihr Einkommen dadurch aufzubessern sich bemühen, anstatt in der gewerkschaftlichen Organisation mitzulämpfen. Um diesem Verhalten einen Riegel vorzuschieben, haben die im Gemeindearbeiterverbande organisierten Gruppen derAngestellten der privaten und städtischen Bade- anstalten in ihren Versammlungen kürzlich beschlossen, ihren Mitgliedern Ausweiskarten auszuhändigen, um so den Gesinnungsgenossen, welche Badeanstalten frequentteren, es zu ermöglichen, sich daS Anstaltspersonal mit Bezug auf feine Organisationszugehörigkeit etwas näher anzusehen. Die OrtSverwaltung des genannten Ver« bandeS hat deswegen rote Karten an die organisierten Bademeister, Badewärter, Masseusen, Badewärterinnen ausgegeben. DeuUcbe» Reich. Auch der Zentralverband der Stukkateure, Gipser und verwandter Berufsgenofsen ist an den Lohnkämpfen des Baugewerbes sehr stark beteiligt. Zwei Unternehmerorganisationen, die, wenn man ihren Erklärungen Glauben schenken würde, vollständig selbständig und unabhängig vom Arbeitgeberbund des Baugewerbes sind, versuchen hier, ihren Willen den Arbeiterorganisattonen aufzuzwingen. Die eine dieser Unternehmerorganisationen mit dem Sitz in Karlsruhe hat ihren Wirkungskreis hauptsächlich in Süddeutschland und umfaßt Baden , Württemberg, Elsaß- Lothringen , die Pfalz und das Saar « gebiet, während sich die andere, Sitz Frankfurt a. M., über das übrige Deutschland erstreckt. An der Spitze der süddeutschen Unternehmer steht einer der größten Scharfmacher, der schon bei den Tarifabschlüssen im Jahre 1008 einige Verschlechterungen in die Verträge hineinbrachte, die in diesem Jahre allgemein eingeführt werden sollten. In diesem Jahre sollte vollständige Arbeit gemacht und durch ein Tarifmuster, das in manchen Punkten noch rigoroser als das Muster der Bauherren war, die Organisation vollständig der Willkür der Unternehmer ausgeliefert werden. So kommt es, daß in dem Bereiche dieser Unternehmerorganisatton nicht weniger als 1400 organisierte Gipser und Stukkateure im Kampfe stehen, die sich auf die Städte: Colmar , Freiburg , Heidelberg , Heilbronn , Kaisers« lautern, Karlsruhe , Lahr , Landau , Lörrach , Ludwigshafen , Mann- heim, Mülhausen . Neustadt a. d. H., Oberehnheim , Pirmasens , Schopfheim , Straßburg , Stuttgart verteilen. Im Süden find außer« dem noch die Stukkateure Nürnbergs , 760 an der Zahl, in den Streik getrieben worden, weil die Unternehmer die organisierten Hilfsarbeiter entließen und verlangten, daß die Stukkateure mit Kn« organisierten arbeiten sollten. Der Frankfurter Unternehmerverband hat hauptsächlich im Ruhr- revier den Kampf entfacht. Hier bestand seit 1908 ein Bezirkstarif, der für zwei Tarifgebiete, Bochum und Dortmund , eine 9Vzstündige Arbeitszeit festlegte, während in Essen, Gelsenkirchen , Hagen , Herne und Wanne die Ivstündige Arbeitszeit Geltung hatte. Die Stukkateure forderten für sämtliche in Bettacht kommenden 121 Orte den 9'/zstündigen Arbeitstag. Dieser wurde auch nach mehreren Verhandlungen zugestanden. nur die Lohnfrage führte noch zu Differenzen. Statt 67 Pf., die die Unternehmer pro Stunde boten, verlangten die Arbeiter 69 Pf., um keinen Lohnausfall durch die Verkürzung der Arbeitszeit zu er« leiden. Da nun in Essen einige der Hauptscharfmacher des Bau- gewerbeS sitzen, paßte das nicht in deren Programm und so wurden die Stukkateure und Bildhauermeister trotz ihrer selbständigen Organisation veranlaßt, die Zugeständnisse zurückzuziehen und den Arbeitern daS Ultimatum zu stellen, die jetzige Arbeitszeit beizube« halten und 1 Pf. Lohnerhöhung in diesem Jahre und einen weiteren im nächsten Jahre zu akzeptieren. Im Falle der Ablehnung sollte am 28. April auf der ganzen Linie ausgesperrt werden. Schon im voraus wußten die bürgerlichen Blätter zu berichten, daß am 23. April 2500 Stukkateure im Ruhrrevier ausgesperrt würden. Dabei ist die Zahl der im ganzen Bezirk in Arbeit Stehenden über» Haupt nicht mehr als höchstens 1200. Die Gehilfen lehnten daS Ultimatum ab und es erfolgte die Aussperrung, die wohl niemand mehr enttäuscht hat als die Unternehmer, denn bis zum 7. Mai waren insgesamt 360 Arbeiter ausgesperrt. Allerdings wird sich diese Zahl wohl noch erhöhen, aber an dem Fiasko selbst ändert das nichts. Daß der Unternehmerverband krampfhaft bemüht ist, die Zahl der Ausgesperrten zu vermehren, zeigt sich daraus, daß der Sekretär der süddeutschen Gipsermeister alles aufbot, um den Tarif in Hamburg zum Scheitern zu bringen. Diese Absicht wies jedoch der Arbeitgeberbund des Baugewerbes in Hamburg , unter dessen Leitung die Tarifverhandlungen stattgefunden und zum Abschluß ge« bracht waren, zurück. Verhandlungen fanden im Ruhrrevier weiter noch nicht statt, in Karlsruhe dagegen verliefen sie resultatlos, da die Unternehmer die unbedingte Anerkennung ihres Tarifmusters verlangten. DaS Organ der Gipsermeister rechnet damit, daß die Kassen der Gehilfen» organisation bald erschöpft sein müßten, da sie zirka 6500 Mann zu unterstützen hätte. Ausgesperrt sind ja nur etwa 3000, inklusive der durch die Aussperrung der Maurer Betroffenen. Die Zahl ist bei einer gesamten Mitgliederzahl von 7600 im Stukkateurverband immerhin noch eine sehr bettächtliche, aber die in Arbeit stehenden Gehilfen sorgten durch Zahlung von Extrabeiträgen, deren Höhe je nach dem Verdienste schwankt, von 1,80 M. bis 4,20 M. pro Woche, dafür, daß die Ausgesperrten nicht wegen Mangel an Mitteln zu Kreuze kriechen müssen. In einzelnen Orten find die Unternehmer schon des Kampfes müde geworden. So konnten in Landau , Neustadt und Lambrecht Tarifverträge abgeschloffen werden, die eine Erhöhung des Stundenlohnes um 5 Pf. brachten. Der Tarifabschlnß in Hamburg brachte den Gehilfen eine Lohnerhöhung von 5 Pf. pro Jahr, bis zum Jahre 1913. In Köln wurde der Lohn bei 8>/zstündigcr Arbeitszeit um täglich 25 Pf. erhöht, in Zwickau wurde eine Verkürzung der Arbeitszeit um>/, Stunde täglich und eine Erhöhung des Stunden« lohnes von 43 auf 53 Pf. erreicht. Der Bierboykott in Karlsruhe ist beendet. Erreicht wurde, daß die Brauereiarbeiter einen Tarif bekommen, der eine Erhöhung der Löhne und eine Verkürzung der Arbeitszeit und Urlaubsbewilligung vorsieht.) Auf dem Eisenwerk Klettenberg in Köln-Sülz sind Diffe» renzen ausgebrochen. Zuzug von Formern, Kernmachern und Gießereiarbeitern ist streng fernzuhalten. Deutscher Metallarbeiter-Perband, Köln «« Susland. Nach sechswöchentlichem Ausstände haben die 2000 ausständigen Bergarbeiter von Strepy BraquignieS(Belgien ) beschlossen, die Arbeit nächsten DienStag wieder aufzunehmen.' Dieser Beschlutz ist nach einer lebhaft verlaufenen Versammlung gefaßt worden. Der Aus- stand war übrigens verfügt worden entgegen einem Beschluffe deS Bergarbeiterverbandes des Mittelbecken und hatte bei diesem Ber » bände von Anfang an wenig Entgegenkommen gefunden. Letzte JVacbncbtcn und DepcFcbcn. Die Zwangsfolter beendet! Bremen , 14. Mai. (Prwatdepesche des„Vorwärts".), Der gemaßregelte und in Zeugnisznxlngshaft genommene Lehrer, Genosse Freuthal, wurde heute erneut vor den Untersuchungsrichter geladen. Er erklärte kurz und bündig. nichts aussagen zu wollen. Darauf wurde ihm gesagt, man habe kein Interesse mehr an seiner Aussage und die Haft sei aufgehoben. Es hat den Anschein, als ob neuerliche Wahr« nehmungen in Sachen des Bebel-TelegrammS diese plötzliche Wendung verursacht haben. Genosse Freuthak hat vier Wochen hinter den Gefängnismauern gesessen. Auf einmal hat man kein Interesse mehr an der Aussage des zu Unrecht hinter Gefäirgnismauern Geworfenen. Und da wundert man sich noch, wenn das Vertrauen zu einev Justiz, deren Klassencharakter fortwährend neue Orgien feiert, immer mehr schwindet. Verkehrsstörunge« in Bremen . Bremen , 14. Mai. (Privatdepesche deS„Vorwärts".)' Im Bremer Stratzenbahnverkehr machen sich feit gestern erhcblichv BerkrhrSstörungea bemerkbar. An verschiedenen Strecken ist die Stromleitung unterbrochen. Trotz eifrigen Suchens hat man die Fehler, die anscheinend an der unterirdischen Kabelleitung zw suchen sind, nicht gefunden. Diese Verkehrshindernisse wirken auf die Abwickelung des PfingswerkehrS äußerst erschwerend. Der betrügerische OberlandeSgerichtSrat. Bayreuth , 14. Mai. Die Schwurgerichtsverhandlung gegen den 74jährigen OberlandeSgerichtSrat a. D. Greiner. über die wir in unserer gestrigen Nummer berichtet haben, endete mit der Ver- urteilung des Angeklagten. Der Staatsanwalt beantragte sech» Jahre Zuchthaus . Der Gerichtshof erkannte auf eine Zuchthausstrafe von vier Jahren und zehn Jahre Ehrverlust sowie eine Geldstrafe von 660 M. In der Urteilsbegründung wurde strafverschärfend die jahrzehntelange verbrecherische Tätigkeit des Angeklagten hervor« gehoben und die hohen Summen, die er unterschlagen hat. Straf- mildernd komme in Betracht, daß er das unterschlagene Geld nicht für einen verschwenderischen Lebenswandel vergeudet habe. Lkrants. älibalt.; Richard Karth. Berlin . Lnjeratenteil verantw.:«». Glocke. Berlin . Druck u. Verlaa: VocwältZ Buchdr. u. BerlaaSanstal» gizul Swger& Co., Beriill SW.. Hierzu 4 Lrilagm.
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