welche angavsn, sie seien beauftragt, die Versammlung zu über-wachen. Die Polizeibeamten verließen auch das Lokal nicht, trotzdreimaliger Aufforderung des Vorsitzenden. Tie erklärten, daß sieden Auftrag hätten, das Lokal nicht zu verlassen.Nach ergangenen Entscheidungen stehe der Polizei auch das Recht zu,unpolitische Versammlungen zu überwachen, um zu kontrollieren,ob nicht politische Angelegenheiten verhandelt würden. Der Polizei-kommiffar erklärte ausdrücklich, daß die Polizei nicht behaupte, daßdiese Versammlung eine politische sei, sie wolle sie aber trotzdemüberwachen. Die öffentliche Versammlung wurde deshalb nicht ab«gehalten, stattdessen aber eine Mitgliederversammlung der FreienJugend-organisation. Die Nichtmitglieder verließen den Saal, ein großerTeil kam aber sofort wieder zurück, um als Gäste an der Mitglieder-Versammlung teilzunehmen. Die Polizeibeamten verließen eben-falls das Lokal und stellten sich ans der Straße vor demLokal auf, wo sich ihre Yahl bald auf fünf vermehrte. Abund zu schaute einer dieser Beamten auch durch die Tür-spalte, um sich zu überzeugen, ob auch nicht.politische An«gelegenheiten" verhandelt wurden. Berschicdenemale fand sich auchunter den Jugendlichen ein edler Menschenfreund, der den Polizei-beamten seine schwere Arbeit erleichterte. Wenn er seine Polizeinasedurch die Türspalte steckte, öffnete sich die Tür von innen und dieAnwesenden hatten Gelegenheit, den verdutzten Mann in seinerganzen Schönheit zu bewundern, was jedesmal große Heiterkeitauslöste. Wie immer, hat sich auch hier wieder die Polizei als dieKraft erwiesen, die das Böse will nnd das Gute schafft. Denndieses Vorgehen der Polizei wird sicherlich seinen Eindruck auf dieJugendlichen nicht verfehlen. Gegen das Verhalten der Polizei wirdder Beschwerdeweg beschritten werden.Die polnische Volkspartei.In Posen wurde am letzten Pfingstfeiertage die Gründung einerpolnische» Volkspartei von einer dort tagenden Vertrauensmänner-Versammlung beschlossen. Da man sich vorläufig über die Stowten-frage noch nicht einigen konnte, soll die neue„Partei" erst in zweiWochen offiziell proklamiert werden. Sonderbarerweise bestehen aberdie bereits gewählten Vorstandsmitglieder aus lauter unbekanntenPersönlichkeiten. Nicht einmal der zum Abgeordneten gewählte„Demokrat" Nowicki ist darunter. Dieser Held will demnächst eineZeitung herausgeben, die die Ueberbrückung der Klassengegensätze be-wirken soll. Danach kann man sich denken, was es mit dieser neuenGründung auf sich hat. Sie wird voraussichtlich nach einem kurzentrostlosen Dasein bald verenden.Evangelisch-sozialer Kongreß.Die Sitzungen des Evangelisch-sozialen Kongresses bieten wenigInteressantes.In der Mittwoch-Abendsitzung hielt Professor Herkner-Charlottenburg einen Vortrag über Käuferpflichten und führtedabei aus:„Während bei Einkäufen für geschäftliche Zwecke durch Kartelleund Rücksichten auf angemessene Rentabilität des angelegtenKapitals dem Käufer kein weiter Spielraum für freie Betätigungoffen bleibt, steht es dem Käufer bei der Deckung des privatenBedarfs im allgemeinen frei, was, wo, wie und wann er kaufenwill. Je größer die Freiheit und je bettächtlicher das Einkommen, destomehr kommt die sittliche Verantwortlichkeit des Käufers zur Geltung."Redner empfahl Organisation in einem Käuferbund.In der Diskussion sprachen Professor Ernst Franke, der eben-falls einen Käuferbund enipfahl, Friedrich Naumann, PastorSchmidt und Adolf Wagner, der sich scharf gegen den Tendenz-profeffor Ehrenberg wandte.In der heutigen Schlußsitzung referierte Fräulein Dr. MarieBaum über.Fabrikarbeit und Frauenleben". Sie führteau«, daß der moderne, gewerkschaftlich organisierte, selbst-bewußte Arbeiter den Weg zur Persönlichkeit wiedergefunden habe,daß aber die Frauen vom JndustrialiSmus vollständig vernichtetwerden. Daß die Frau dem Manne nicht mehr die heitere, gleich--strebende Gefährtin sein könne, sei die Tragik vieler Arbeiterehen.AuS der Diskussion, in der zum Teil sehr weitgehende Forde-tungen, wie Pflichtfortbildungsschule für die erwerbstätigen Frauenund Ausdehnung der Schulpflicht bis zum 18. Jahre gefordertwurden, ist eine Rede Adolf Wagners hervorzuheben, die ganzpessimistisch dahin ausklang, daß für notwendige soziale Fort«schritte Deutschland infolge seiner sehr starken Volkövermehrungkein Geld habe. An Heer und Verwaltung könne leider nicht genügendgespart werden, und die Steuerwilligkeit der Reichen habe sehrenge Grenzen.Nach Abschluß der Debatte schloß Harnack den Kongreß, nachdemer sich zuvor noch in sehr scharfen Worten gegen die Kritik dersozialdemokratischen Presse, insbesondere der.Vollsstimme" an demKongreß, gewandt hatte.Am Abend finden drei von der sozialdemokratischen Partei ein-berufene Volksversainmlungen in Chemnitz statt. Referenten sindGöhre, Maurenbrecher und Pflüger.Beschränkung der Wandergewerbcscheine.Die Ausübung des Handels im Umherziehen hat wiederholt zuPetitionen an den Reichstag Anlaß gegeben, und durch die Gesetz-gcbung sind denn auch bestimmte Waren von diesem Handel aus-geschlossen worden. Das Reichsamt des Innern ist min gegenwärtig»nit der Vorbereitung einer Vorlage beschäftigt, durch welche dieserHandel nock weiter eingeschränkt werden soll, und zwar in der Art,daß die Erteilung des WandergewerbeschcineS vom Bedürfnisabhängig gemacht wird. Gegenwärtig muß der Wandergewerbescheinerteilt werden, wenn keine Versagungsgründe persönlicher Art vor-handen sind.Durch die beabsichtigte Einschränkung würde der Wandergewerbe-betrieb zum großen Teil lahm gelegt werden, da die unteren Be-Hörden sicherlich meist das Vorhandensein eines Bedürfnisses der-»einen würden._Oeftermch.Ein Jourualistenstreik.Agram, 17. Mai.(Eig. Ber.) In der heutigen Sitzung deskroatischen Landtags ergriff Abgeordneter Badovinac(Rechts-parte!) das Wort, um sich in persönlicher Bemerkung gegen eineStelle im Landtagsbericht des„Obzor" zu verwahren, wobei erunter anderem den Ausdruck„allerlei journalistischeSchufte" gebrauchte. Daraufhin verließen sämtlicheZeitungsberichter st atter demonstrativ ihrePlätze und erklärten, solange die Berichterstattung einzustellen,als ihnen nicht für diese Beleidigung Genugtuung ge-boten wird.Die Sitzung wurde mittlerweile unterbrochen. Während derPause versprach der Präsident einer bei ihm erschienenen Ab-vrdnung der Berichterstatter volle Genugtuung. Nach Wieder-aufnähme der Sitzung erklärte der Präsident, er habe aus demstenographischen Protokoll ersehen, daß der Abgeordnete Badovinacbeleidigende Aeußernngen gegen die Journalisten gemacht habe,und rufe ihn deshalb zur Ordnung. Abgeordneter Badovinacerklärte, es habe ihm ferngelegen, den journalistischen Stand alssolchen beleidigen zu wollen. Der Präsident nahm diese Erklärungmit Befriedigung zur Kenntnis und gab der Hoffnung Ausdruck,baß der heutige Zwischenfall für den Abgeordneten Badcvinac inZukunft eine Lehre sein werde. Damit war der Zwischenfall be>endet.—_„Private" Dreadnoughts.Auf privaten österreichischen Schiffswerften werden seiteiniger Zeit Dreadnoughts gebaut, von denen man weiß, daß siefür die österreichische Marine bestimmt sind; die Mittel für dieSchiffe sind aber von den Parlamenten nicht bewilligt. TieKriegsschiffe werden aber natürlich nur gebaut, weil die Unter-nehmer von den Regierungen, die dazu absolut nicht berechtigt sind,offenbar die Zusicherung haben, daß ihnen die Schiffe schon recht-zeitig abgenommen und bezahlt werden würden. Um diesemKomödienspiel ein Ende zu machen, beantragte heute im Finanz-ausschuß des Abgeordnetenhauses Genosse Abg. Renner unterHinweis auf Blättermeldungen über neue bedeutende Marine-forderungen sowie aus den Umstand, daß ohne Befragen desParlaments, ohne Voranschlag und finanzielle Deckung D r e a d-noughts gebaut werden sollten, die Verhandlungen desAusschusses solange auszusetzen, bis die Regierung über dieMarineerfordernisse authentische Aufklärung gegeben habe.Mehrere Redner sowie der Finanzminister sprachen sich gegendiesen Antrag aus. Der Finanz mini st er erklärte, daß ihmund der österreichischen Regierung über die Inangriffnahme desBaues von Dreadnoughts amtlich nichts bekannt sei, daß einBau solcher Schisse für Rechnung des österreichischen Staates nichtstattfinde und daß die österreichische Finanzverwaltung wedereine Leistung für solche Bauten noch einen dahingehenden Vor-schlag gemacht(?) habe. Er verheimliche gar nichts. Soviel lassesich nur sagen, daß, wenn Militärfragen wie die zweijährigeDienstzeit, die Ausgestaltung der Flotte usw. zur Durchführunggelangten, größere Auslagen zu gewärtigen seien."Erst dieDelegationen von 1911 würden darüber zu beschließen haben, so-bald eine Einigung über den Umfang und die Höhe des neuenAnspruchs zwischen den beteiligten Regierungen erfolgt sein würde.Der Antrag Nenner wurde darauf mit 18 gegen 11 Stimmenabgelehnt.england.ArbeiterloS in England«nd Dentschland.Man schreibt unS aus L o n d o n: In den„Daily News"gibt Genosse N a m s a y M a c d o n a l d, der die Deputaiion derenglischen Arbeiterpartei nach Deutschland begleitete, seinen erstenBericht über seine Eindrücke von der Lage der deutschen Arbeiter.Die erste Stadt, die die Deputation besuchte, war Düsseldorf.Düsseldorf nennt Macdonald die Schaufensterstadt Deutschlands.Sie hat breite Straßen, blumenreiche Gärten, imposante moderneGebäude, Parks und Waldungen, wo die Arbeitslosen Arbeit finden,es ist ein Mittelpunkt katholischer Wohltätigkeit und eine Hochburgdes Konservatismus. Wenn die Zufriedenheit irgendwo in Deutsch-land eine Stätte hat, dann müßte es in Düsseldorf sein.Aber eine nähere Untersuchung enthüllte sehr bald die bittersteArmut hinter dem äußeren Schein der Wohlhabenheit und Zu-friedenheit. Einer der ersten Läden, den die englischen Arbeiter-Vertreter entdeckten, war der eines Pferdemetzgers— eine inEngland völlig unbekannte Erscheinung. Macdonald stellt fest, daßman in dem mit Schutzzoll beglückten Deutschland in dem Pferde-fleischhandel gar nichts Ungewöhnliches sieht. In den Schaufensternvon Spezereiwarenhandlungen sieht man gebrannte Getreidekörner,die als„Kaffee" verkauft werden. Beides sind Beweise der Armutder deutschen Arbeiterklasse. In einem Bäckerladen fanden sieBrot von allen möglichen Farben, nur kein Weißbrot.Die besseren Qualitäten Braunbrot waren sehr wohlschmeckend,aber das von den Arbeitern gewöhnlich gelaufte Brot war einrauhes, schweres, widriges Gemisch. Die Arbeiter essen cS, nicht,wie die englischen Tarifreformer behaupten, weil sie Geschmack daranfinden, sondern weil sie das bessere Brot nicht bezahlen können.Der Preis deS schlechtesten BroteS war bedeutend höher als daS desbesten englische» Weißbrots. Fast alle Hausbedarfsartikel, Geschirr,Besen, Matten, Eimer. Bürsten usf. waren teurer und von schlechtererQualität als in England.ES wurden dann mehrere Arbeiter verschiedener Rangstufen inihren Behausungen aufgesucht. Die Wohnungen waren alle klein,eng und stark überfüllt, die Miete sehr hoch; sie machte in einerFamilie mehr als ein Viertel des Gesamteinkommens aus. DieHäuser der ärmeren Stadtviertel waren schmutzig und übel-riechend. Immer wieder hörten sie dasselbe Lied:„Lebens-mittel werden teurer und es wird immer schwerer, ein AuS-kommen zu finden. Die Löhne steigen überall in viel geringeremMaße als die Preise und in allen Fällen mußte ein Sinken derLebenshaltung festgestellt werden. Fleisch wird zu einerDelilatesse und an die Stelle der echten Lebensmittel treten wohl-seile Surrogate.Macdonald faßt das Ergebnis seiner Untersuchungen in Düffel-dorf vom Standpunkt der Hausfrau folgendermaßen zusammen:1. Der Mann bringt etwas mehr Geldlohn nach Hause als früher,aber die Preise steigen schneller als die Löhne. 2. Die deutsche Frauversteht besser HauS zu halten als die Engländerin. 3. Sie siehtin dem Schutzzoll die wichtigste Ursache ihrer Schwierigkeiteu. 4. Dieenglische Hausfrau würde bei gleicher Sparsamkeit zumindest einenum 20 bis 2ö Proz. besseren und bequemeren Haushalt führen könnenals die deutsche Hausfrau.Schweden.Der Moloch.Die Ausgaben für das Militärwcscn sind in Schweden seitdem Jahre 1902 von 66?� Millionen Kronen auf 85% Millionenim Jahre 1910 gestiegen. Durchschnittlich kommen auf den Mili-tarismuS über 50 Proz. der gesamten eigentlichen Staatsausgabcn,wobei allerdings die Ausgaben für die gewinnbringenden Unter-nehmungen lose Post, Telegraph, Eisenbahnen usw. nicht mit-gerechnet sind. Die Rcgerung und die herrschenden Klassen wollenjedoch für die sogenannte Landesverteidigung noch immer größereSummen aufwenden, und die breiten Massen des Volkes sollendafür um so stärker mit indirekten Steuern belastet werden. Ueber21 Millionen sollen für neue Kasernen ausgegeben werden. Fernerwill man zwei neue Heeresabtcilungen schaffen, zum Ersatz für dasdurch die Unionsauslösung verloren gegangene norwegische Kontin.gent, und die Dienstzeit der Wehrpflichtigen will man auf einganzes Jahr, zum Teil sogar auf 500 Tage verlängern. 34 Milli-oiieu sollen für den Bau einer neuen Flottcnstation bei Stockholmausgegeben werden, und überdies plant man den Bau einer An-zahl neuer Panzerschiffe, daS Stück zu 11% Millionen Kronen.Dem schwedischen Reichstag lagen kürzlich zwei Anträge vor,die beide eine Untersuchung darüber verlangten, ob und wie dieMilitärausgaben vermindert werden könnten. Der Ausschuß derZweiten Kammer, der die Anträge zu prüfen hatte, leistete in-sofern eine dankenswerte Arbeit, als er eine gründliche Darlegungüber daS Wachstum der Militärausgaben und ihr Verhältnis zuden übrigen Ausgaben sowie den Militärausgaben anderer Länderausarbeitete, empfahl aber dennoch die Ablehnung der Anträge.Dementsprechend hat dann auch die Kammer beschlossen,.'Sildafrika.Botha Ministerpriifident für Südafrika.Kapstadt, 19. Mai. Der Premierminister von TransvaalGeneral Botha hatte heute mit dem GeneralgouverneurG l a d st o n e eine Besprechung. Dem Vernehmen nach wirdBotha die Bildung eines Ministeriums für die füd-afrikanische Union übernehmen.Hus der parte!»Das Befinden Singers.Die„StaatSbürger-Zeitung" lügt:„Wie wir aus zuverlässiger Quelle erfahren, hat daS Augen-übel deS ReichstagSabgeordneten Paul Singer sich derart ver-schlecht«», daß die Aerzte keine Hoffnung mehr haben, das Augen«licht zu erhalten. Herr Singer soll deshalb heabsichtigen, feinMandat niederzulegen. Nachfolger soll der PrivatdozentArons werden.Demgegenüber sei festgestellt, daß die Augenoperation voll«st ä n d i g gelungen, die Gefahr einer Erblindung ganz aus-geschlossen und das Allgemeinbefinden des Genossen Singerein fortschreitend besseres ist. Wir dürfen also mit Be-stimnitheit erwarten, daß Genosse Singer seine Tätigkeit im altenUmfange und mit gewohnter Ausdauer nach den Ferien wiederaufnehmen wird._Zurückgezogener Militärboykott.Die Hamburger Militärbehörden haben ihren Kampf gegendie Wirte, die auch den Sozialdemokraten ihre Versammlungsräumezur Verfügung stellen, aufgegeben. Nachdei» vor kurzem bereits derMilitärboykott gegen eine Anzahl Alionaer Gastwirte aufgehobenworden war, ist nunmehr auch das grnße Sagebielsche Etablissementden Militärpcrsonen zum Besuche freigegeben. Ob dieser Beschlußder Militärbehörde der Erkenntnis entspringt, daß man das siegreicheVordringen der sozialistischen Weltanschauung mit derartigen Be-suchsvervoten doch nicht hindern kann? Jedenfalls ist zu wünschen,daß auch anderwärts die Milirärbohkotts endlich aufgehoben werden.Ein sozialdemokratischer Wahlsieg.Bei der Nachwahl zur Ge»ieindevertretung in Erlangenwurde Genosse L e i p o l d mit 434 Stimmen gewählt. Aus zweibürgerliche Kandidaten entfielen 375 und 30 Stimmen. Mit demGenoffen Leipold zieht der fünfte Sozialdemokrat in das ErlangerRathaus ein._Die Einwandcrungsfrage in den Bereinigte« Staaten.Für unbeschränkte Einwanderung sprach sich am8. Mai eine Versammlung der NewDorler Parteigenossenaus, die zu dem am 15. Mai in Chicago zusammentretendenNationalkongretz der Partei Stellung nahm. Nur den„Import"von„Kontraktarbeitern" will die zur Annahme gelangte Resolutionverbieten. Genosse Hillquit unterstützte diese Resolution in derDiskussion gegen mehrere andere Redner, die einen den Forderungender Gewerkschaften entgegenkommenderen Standpunkt vertraten-Die amerikanischen Gewerkschaften sind bekanntlich für mehr oderweniger weilgehende Beschränkung der Eintvanderung und für dasVerbot der Chineseneinwanderung überhaupt.Die Brooklyner Parteigenossen sprachen sich an demselbenTage in dem gleichen Sinne aus. Die„New Aorker Volks«z e i t u n g" opponiert der unbeschränkten Einwanderung, inSbe-sondere der Chinesen, und fordert vor Aufhebung des bestehendengesetzlichen Ausschlusses der Chinesen gewisse Garantien fürAusrechterhaltung der Lebenshaltung der amenlanischen Arbeiterschaft, wie den gesetzlichen Maximalarbeitstag undM i n i m a l l o h n._Personalien. Die Redaktion deS VolköblatteS für Gotha" über-nimmt am 1. Juni anstelle deS ausgeschiedenen Genoffen JooS derGenosse Otto Geithne r- Berlin, der bisher im Sozialdemo-kratischen Preffebureau tätig war.Soziales.Schutzdächer auf Bauten.Gin bemerkenswertes Urteil hat das Hamburger Gewcrvegerichtin Sachen der Entschädigung der Arbeiter gefällt, wenn diese durchSchuld des Unternehmers in ihrem Erwerb geschädigt werden. EineAkkordkolonne von zwölf Maurern arbeitete auf einem Bau, andessen Nachbarseite ein anderer Bau aufgeführt wurde. Von diesemfiel ab und zu Material herab und gefährdete die Maurer, weil keinSchutzdach angebracht war. Als schließlich ein Maurer durch einenherabfallenden Ziegelstein schwer verletzt worden war, setzten dieübrigen elf Mann die Arbeit so lange aus, bis ein Schutzdach an-gebracht war, und sie verlangten für die Dauer von 6'/z Stundendie Fortzahlung ihres regelmäßigen Alkordlohncs von 1,20 M. proStunde. Der Unternehmer weigerte sich, diese Ansprüche an-zuerkennen. Das Gewerbegericht entschied jedoch, daß die Maurerwegen des Fehlens eines Schutzdachs zur Einstellung der Arbeitberechtigt waren, und cS verurteilte den Unternehmer zur Eni«schädigung für die Versäumnis der Maurer, was eine Summe von7,80 M. an jeden Kläger ausmachte.Zwangserziehung.Ein trübes Bild entrollte am Mittwoch eine Verhandlung vordem Jugendgericht des Landgerichts München II. Unter der Anklagede« Giftmordversuchs bezw. Beihilfe hierzu hatten sich der14jährige Maurerssohn Johann B e r ch t h o l d von München undder 15jährige Fabrikarbeiterssohn Taver Hermann von Zell a. M.zu verantworten. Die beiden Burschen waren zunächst in der Zwangs«erziehungsanstalt Andechs interniert, kanien aber später, weil sie sichgut führten, zur Erziehungsanstalt Rothenfeld. Die beidenKnaben sind Opfer ihrer Erziehung. Durch den Tod ihrer Eltenihatten sie schon mit 10 bezw. 12 Jahren jeden sittlichen undmoralischen Halt verloren und wurden sie der Zwangserziehungzugeführt. Am 12. Juli 1907 wurde Berchthold in die Er«ziehungSanstatt Heiligenbrunn eingeliefert. Um aus derZwangserziehung herauszukommen, zündete Berchthold dasHauS an. Er wurde von der Jugendstrafkammcr in Lands-Hut zu einein Jahre Gefängnis verurteilt, ihm aber Be«Währungsfrist belvilligt. Berchthold, der stark kurzsichtig ist, kamnach Rothenfeld, wo er sich derart gut führte, daß er zu Feldarbeitenverwendet wurde. Kurz vor Weihnachten wurden aus der Küche derAnstalt einige Bröckchen Zucker entwendet; da der Täter nicht er-mittelt werden konnte, strafte Pater Maurus die sämtlichen Zöglinge(!)mit einem eintägigen Kostentzug. Daß ein derartiger StrafmoduS,unter dem Unschuldige mit den Schuldigen leiden müssen, jedermodernen Pädagogik Hohn spricht, brauchl nicht besonders erwähntzu werden. Die beiden Burschen bekamen denn auch gegen denPater Maurus einen starken Groll, der seinen Höhepunkt erreichte,als sie Zeuge waren, wie später einige andere Zöglinge von demBruder Gotthard wegen verschiedener Diebstähle gezüchtigt wurden.Als die Burschen gelegentlich mit Reinigungsarbeiten beschäftigtwurden, gab ihnen Pater StubuS ein Fläschchen mit Salzsäure(I)und machte sie auf die Gefährlichkeit des GisteS aufmerksam. Her«mann meinte, daß man damit den Pater Maurus vergiftenkönnte, dann komme der Präfekt von Andechs nach Rothenfeld»dann werde es hier wieder schöner. Berchihold war mit dem Vor»schlage sofort einverstanden. Als die beiden in der Sakristei zu tunhatten, mischten sie einer Flasche Meßwein das Giftb e i und versteckten die Flasche hinter dem Hochaltar der Kirche.Als sie erfuhren, daß am anderen Morgen Pater Maurus die Messelese, holten sie den vergifteten Wein hinter dem Hochaltar hervorund stellten ihn wieder in die Sakristei. Der Kirchendiener fülltevon dem vergifteten Wein ahnungslos das Meßkännchen und ol-ZPater Maurus die Messe las und bei der Kommunion einen SchluckWein nahm, bemerkte er sofort den scharfen Geschmacks Er nahmsofort einen großen Schluck Waffer und mußte sich nach der Messeerbrechen. Die angestellten Recherchen führten auf die Angeklagten.die erst einen Unschuldigen als Täter zu verdächtigen suchten. Inder Verhandlung legte» sie ein Geständnis ab. Berchthold wurdevon der Jugendstrafkammer wegen GistmordversuchS zu 7 Jahren,Hermann wegen Beihilfe zu 3 Jahren Gefängnis verurteilt.