Die Lehr- und Forschungsfmheit vor dem bayerischenLandtage.München, IS. Mai.(Eig. Ber.) Der Streit über die L e h r-und Forschungsfreiheit der Universitätslehrerhat von jeher bei der Beratung des KultnsetatS im bayerischenLandtage eine besondere Rolle gespielt. Aus den Aeuberungender Fraltionsredner Dr. P i ch l e r, Dr. Günther undv. Wollmar seien hier einige Gedanken wiedergegeben.Dr. Ptchler: Eine unbeschränkte Freiheit kann nur eineWissenschaft beanspruchen, deren Ergebnisse nach allen Richtungenhin feststehen. Sollen Staat und Kirche ihre ganze Existenz einerWissenschaft anvertrauen, die gerade in bezug auf die wichtigstenFragen deS Lebens genötigt ist, ein„JgnoramuS" auszusprechen?� Wenn die moderne Wissenschaft den außerwcltlichen Gott leugnet,wozu dann überhaupt noch Religion und Religionsunterricht.Eine absolute und une in geschränkte Lehr-freiheit gibt cS für den Hochschullehrer ebenso-wenig wie für den VolkSschu Hehrer, eine absolute Lehrfreiheit gibt es ebensowenig als es überhaupt für denMenschen eine absolute Freiheit des Handelns gibt. Auch für dieWissenschaft existieren Schranken in den gegebenen Verhältnissen.Die Frage der Freiheit der Wissenschaft, der Forschung und Lehregeht am letzten Ende immer wieder zurück auf die Frage: Ist derMensch ein Geschöpf und ist er als Geschöpf an die Gesehe deSSchöpfers gebunden oder ist er autonom und selbst Herr und freiin allen Dingen?Dr. Günther: Wir meinen, daß es eine abgestempelteoffizielle Wahrheit für einen Forscher nie geben kann. Wennein Mann der Wissenschaft eine These aufstellt, so hat niemand dasRecht, ihm vorzuschreiben, was er für Wahrheit halten soll. Nurdie Wissenschaft hat das Recht, Irrtümer zu korrigieren; keineaußerhalb der Wissenschaft stehende Macht hat hierzu das Recht.Wir wollen, daß der, der etwas zu wissen glaubt, es auch sagen soll.v. Volkmar: Auf jeder Hochschule müssen Lehren vor-getragen werden, die den momentan herrschenden Ideen entgegen«stehen, weil sonst die Anbahnung der Zukunft unmöglich wäreund wir lediglich in dem Bestehenden verrosten würden. Dr.Pichler glaubt im Gegensatz zu uns zu wissen, was Wahrheit ist.Wer auf dem Standpunkte steht, daß irgendein Satz der Wissen-fchaft Wahrheit ist, steht nicht auf dem Boden der heutigen Wissen-schaft. Man braucht Sie(Zentrum) nicht zu unterschätzen; aberdavon kann keine Rede sein, daß Sie imstande wären, der Lehr-freiheit da? Genick zu brechen.Mit hochgradiger Nervositätentschuldigte sich der Vizefeldwcbel Lustinat von der 11. Kompagniede« 3. Garderegimcnts. der sich vor dem Kriegsgericht der 1. Garde-division wegen Mißhandlung zu verantworten halte. Dem FüsilierGroß hatte der Angeklagte eines Tages beim Schießen einen Schlagins Gesicht und einen Stoß gegen die Hüfte versetzt. G. hatteseine Schießübungen nicht erfüllt und hierüber aufgebracht,Vergriff sich A. an ihm. Während einer Unterrichtsstunde hattesich der Angeklagte über die Mannschaften geärgert und um seinenGefühlen etwas Lust zu verschaffen, gab er dem Groß einigeSchläge ins Gesicht. A. fand milde Richter. Da« Gericht sahalle Fälle als leichte an und es nahm infolge dessen nur vor-schriflswidrige Behandlung an. Wäre, wie die Anklage angenommen,auf Mißhandlung erkannt worden, so wäre gegen A., d e r w e g e nMißhandlung bereit« zweimal vorbestraft ist,die Dienstentlassung ausgesprochen worden. Bei der mildenAuffassung de» Gericht« kam er aber mit 34 Tagen gelindenArrest davon._Oelterrdcb.Das ungarische Regierungsprogramm.Budapest, 22. Mai. In Marginen im Wahlbezirk Fogara«Hedervary hielt vor der Wählerschaft de» vierten BudapesterBezirk« eine Programmrede, in welcher er sagte, die günstigeStimmung, mit der da« gegenwärtige Kabinett ver seinem Amt«.antritt in weiten Kreisen aufgenommen worden sei, könne als Be-weis dafür angesehen werden, daß da» Land einer Politik derMäßigung und der friedlichen EntWickelung zuneige.Das Kabinett genieße da» Vertrauen, daß e« zu der bewährtenTradition der dualistischen Politik zurückkehren werde.Diese Politik werde überall al» Garantie für die Großmachtstellunganerkannt. Die Stellung der österreichisch-ungarischen Monarchiein Euvopa werde demnächst bedeutende finanzielleOpfer für diejenigen militärischen Zwecke erfordern,welche schon seit längerer Zeit al« unerläßlich bezeichnet würden.Di« Schlagfertigleit der Armee sei da» oberste Interesse de»Vaterlandes und für ihre Erhaltung dürfe man kein Opfer scheuen.ES sei daher nicht angemessen, die Bewilligung dieser Kredite augewisse belanglose Konzessionen seitens der Krone knüpfen zuwolle». Er verurteile entschieden die Obstruktion, welche«in«Revolution zu herabgesetzten Preisen sei. Hoffentlich werde daSLand in imposanter Weise bei den Wahlen seinem Willen AuS»druck geben, daß die gesetzgeberische Tätigkeit de« Abgeordneten.Hauses nicht durch eine Obstruktion lahmgelegt werde, welche demGeiste des Parlamentarismus widerspreche. Die Rede wurde mitgroßem Beifall aufgenommen._Wahlkrawalle.Bdapcst, 22. Mai. In Marginen im Wählbezirk Fogara«kam es zwischen Wählern des Re g ie r u ng« ka n d i da t e n undWählern der rumänischen Nationalpartei zu einemZ u s a in m e n st o ß. bei dem zwei Personen getötet undzwei verwundet wurden.frafikveick.Die deutsch-französischen Beziehungen.Pari«, 22. Mai. Der T e m p S bespricht die politische Be-deutung der Entsendung P i ch o n s zur Leichenfeier in Londonund erwähnt die Unterhaltung Wilhelms II. mit dem französischenMinister. Das Blatt bemerkt: Man verrät kein Geheimnis, wennman sagt, daß beide ihr Vertrauen auf eine Zukunft des Friedensund der Eintracht ausgedrückt haben, welche sich auf ehrenvolleAusgleiche stützt überall, wo solche Ausgleiche möglich sind.Frankreich und Deutschland haben seit einigen Monatendiese Eintracht in gewissen Punkten verwirk»licht, ohne ihrer Würde oder ihrem Interesse etivas zu der»geben. Um in gutem Einvernehmen zu leben, genügt es, wennsie auf diesem Wege ausharren.—Wahlberichte.Pari«, 25. Mai. Heule morgen fand ein Mini st er-r a t statt, während welchem der Kabinettschef Briand die B e-richte der Präfekten zur KeiiiitniS seiner Kollegen brachte. WieBriand mitteilt, haben sich 298 Mitglieder der neuen Knmmer zu-gunsten der Unterrichtsfreiheit geäußert. 213 Mitgliedersprachen sich zugunsten der Ueberwachung der freien Schulen aus;SS sind Anhänger des Unterrichts», onopols, 4V sind An-Hänger der Verteidigung der weltlichen Schulen und 132 haben sichüberhaupt nicht zu dieser Frage geäußert. Wie andererseits aus denBerichten hervorgeht, haben 4442 Wähler zugunsten der Kandidatengewählt, welche Anhänger der L i st e n w a h l e n mit Verhältnis»mäßiger Vertretung sind. 776 000 sprachen sich zugunsten der ein-fachen Listenwahl aus. b20 000 zugunsten der Wahlen mit dauernderFestlegung der Wahlbezirke. 1 162 000 Wähler stimmten für dieVertreter der Wahlreform und 366 000 zugunsten derAnhänger der Privatschulen.Italien.Der Volksschullehrerkongreß.Rom, 18. Mai.(Eig. Ber.) Vom 15. bis zum 17. Mai hat inRom ein außerordentlicher Kongreß der italienischen Volköschul-lehrer stattgefunden, der sich mit dem Regierungsentwurs über dieVolksschulreform beschäftigt hat. In allem wesentlichen wurde dieservom Ministerium S o n n t n o eingebrachte und von L u z z a t t iübernommene Entwurf gut geheißen. Bemerkenswert ist besonders.daß der Kongreß sich durch Atllaination für die Heber»ahme derVolksschule durch den Staat aussprach. An den VerHand-lungen nahinen über 3000 Boltöschullehrcr teil, die auS allen GegendenItaliens gekommen waren. Auch der Ministerpräsident,der Unterrichtsminister und der Bürgermeister Rom« hielten An»sprachen. Die große Mehrheit der italienischen Voltsschullehrergehört ihrem Berufsverband an, der sich bei den letzten Wahlenoffen für die K a n d i d a t e n der ä» ß e r st e n Linken erklärthat. DaS Erscheinen de» Ministerpräsidenten auf dem Kongreß hatalso die Bedeutung ostentativen Radikalismus.Spanien.Die Senatswahlen.Madrid, 22. Mai. Bis 6 Uhr abends waren folgende Resultateder Senatswahlen bekannt: Liberale 87, Konservative 87,Republikaner». Katholiken 5, Unabhängige 3, Karlisten 2,andere kleinere Parteien zusammen 11 Mandate.SnAlsncl.Die streitenden Iren.London, 22. Mai. In Cork, dem Hauptbollwerk derDissidenten der irischen Partei uuter O'B r i e n 3Führung, sprachen heute soivohl R c d m o n d wie O'B r i e nin erregten Versammlungen. Dank der Vorsorge der Be-Hörden, die von auswärts mehrere hundert Polizeibcamtehatte kommen lassen, verlief der Vormittag ruhig, am Nach-mittag kam es aber zwischen beiden Parteien zu einemheftigen Zusammenstoß, bei dem etwa zwölfPersonen derart verletzt wurden, daß sie ins Hospitalgeschafft werden mußten. Auch das ParlamentsmitgliedS h e e h a n von den Dissidenten wurde bei dieser Gelegenheitarg mißhandelt._Amnestie.London, 22. Mai. Au» Anlaß seiner Thronbesteigung hatKönig Georg allen Strafgefangenen in England, je nach derLänge ihrer Strafe, einen Straferlaß von einer Woche biszu drei Monaten zuteil werden lassen. Die Admiralität hatbeschlossen, allen Militärpersonen der aktiven Marine, die am23. d. M. Gefängnis st rasen bis zu drei MonatenDauer wegen Disziplinarvergehens einschließlich Trunkenheitund Fahnenflucht verbüßen, den Rest der Strafe zu erlassen. Einengleichen Erlab hat daS Kriegs Ministerium bekanntgegeben.Dänemark.Fortschritt im Stillstand.Wenn auch die dänische Sozialdemokratie diesmal ebensowenig wie bei den Folketingswahlen im vorigen Jahre einenZuwachs an Mandaten erreicht bat, zeigt sich doch so auchdiesmal wieder der Fortschritt' in der st a r k e n Zunahmeihrer Wählerzahl. Bei den Folketingswahlen von1309 hatte die Sozialdemokratie in über 73 Kreisen eigeneKandidaten aufgestellt und es wurden 93 373 sozialdemokra-tische Stimmen abgegeben; diesmal aber, wo sie infolge desWahlbündnisses mit den Radikalen die Zahl ihrer Kandidatenauf 5ö beschränkt hatte, brachte sie es auf 9 8 719 Stimmen. Der Stimmenzuwachs der Sozialdemokratie von Wahlzu Wahl ist eine regelmäßig wiederkehrende Tatsache; 1893wurden 24 439 sozialdemokratische Stimmen abgegeben, 1898:31883, 1331: 43133, 1933: 37 578, 1936: 76 612. Wenn derFortschritt von 1939 zu 1913 hinter dem der früheren Wahl-Perioden zurückbleibt, so liegt das natürlich vor allein daran,daß eben nur ein Jahr zwischen den beiden letzten Wahlenverflossen ist; außerdem ist aber auch offenbar da« Wahl-bündnis mit den Radikalen mehr ihnen, als unserer Parteizugute gekommen, wenn es ihnen auch ebenso wenig wie denSozialdemokraten Mandatzuwachs gebracht hat. Die Stim-menzahl der radikalen Partei ist seit der vorigen Wahl von53 335 auf 64 836 gestiegen. Die Delegationsparteien habencS diesmal auf 117 418 Stimmen gebracht: im vorigen Jahrehatten diese Parteien zusammen 133 338 Stimmen. DieLinkenreformpartei, die den Mittelpunkt in diesem Kartellliberal angehauchter Reaktionäre bildet, vereinigte auf ihreKandidaten allein im Jahr 1936 noch 96 328 Stimmenund kam damals noch mit 56 Mann in das Folketing. Sieist nun so heruntergekommen, daß sie sich nur noch durch dieenge Verbindung mit den Gemäßigten, die sie früher alsVerräter behandelte, ihren Einfluß zu sichern vermag. Fürdie Konservativen wurden im Jahre 1939: 64189, diesmal64 862 Stimmen abgegeben. Zurückgegangen ist nur dieStimmenzahl der keiner Partei angeschlossenen Kandidaten;1939 wurden auf solche Kandidaten radikaler Richtung 8272,konservativer Richtung 6833 Stimmen abgegeben; diesmalsind es im ganzen nur 1489 Stimmen. Die Verschärfungder politischen Gegensätze hat es mit sich gebracht, daß fürderartige Kandidaturen kein Interesse mehr vorhanden ist.So war auch die W a h l b e t e i l i g u n g st ä r k e r als jezuvor. Im Jahre 1939 traten 322 986 Wähler. auf den Plan,diesmal 347 733; damals wählten 71 Proz. der Wahlberechtigten, diesmal 75i£ Proz._Rücktritt des radikalen Ministeriums.Kopenhagen. 23. Mai. Im heutigen Ministerrat ist derMinisterpräsident ermächtigt worden, dem König beiseiner Rückkehr von London unverzüglich die D e m t s s i o n desGesamtministeriums einzureichen.-!'Rußland.Die Judenverfolgungen.Die Ausweisungen der jüdischen Familien aus Kiew werdenjetzt mit Gewalt durchgeführt, und zwar in der grau-famsten Weise. Selbst in dringendsten Fällen wird höchstens einAufschub von zwei Tagen gewährt. Ein Teil der Ausgewiesenenwird per Schub weggebracht. Ganz unorivartet erhalten zahl»reiche weitere Familien und Personen, die bisher verschont ge»blieben sind, von der Polizei AuSipeisungSbesehle. in denen den Be-troffenen nur eine vierundzwanzigstündige Frist zum Verlasien derStadt gesetzt wird. Unter der jüdischen Bevöllerung Kiews herrschtinfolge dieser brutalen Vorgänge eine verzweifelte Stimmung.Hmerlka.Kämpfe in Nicaragua.New Uork, 22. Mai. Nach einem Telegramm ans Bluesields(Nicaragua) hat der Führer der Anfständischen General Mena dieRegierungstruppen in der Nähe von Raina vollständigumzingelt und ihnen die Zufuhr von Mumtion und Lebens»mittel» abgeschnitten. Mena erwartet, daß die Gegner sich un-verzü glich ergeben werden.Glücklicher war die Regierung zu Wasser. Nach einem Tele-gramm der„Franks. Ztg." bohrte das K a n o n e itzb o o t„Venns",da« der Regierung in Nicaragua gehört, das Kanonenboot„Ömoiepe" der Rebellen in Grund. Hundert Personenertranken. Die.Venu«" hatte 400 Mann Besatzung und' wargut ausgerüstet. Die„Omotepe" suchte zu entkommen, wurde aberbei Punta Gorda eingeholt.Hirn der Partei.NclchstligLkandidatur. Die Genossen des 14. badischen Reichs»tagswahlkreises stellten alS Kandidaten den Genossen Karl Hahn,Mannheim, auf.polivtiUcbtS» Sericbtlicbeo iiftv.Ein Freisprnch.In einer Privatklage wegen Beleidigung eines Sohne» desHofspediteur« Scheibe in Zeulenroda ivurde der veraniwort-Uche Redakteur der„Reußischen Bolkszeitung". Genosse K t ß. von,Schöffengericht in Greiz freigesprochen. Die„R. V." hatte ineiner Noliz behauptet, daß Scheibe jun. einen Arbeiter im Betriebeseine« Baler« geschlagen habe. Das Gericht gelangte zu der Ueber-zeugung, daß die Notiz auf Wahrheit beruht.Eine originelle Anklagehat unser R o st o ck e r Parteiorgan, die„Mecklenburger Volkszeitung"erhalten. Es brachte vor einiger Zeit einen Auszug au» einem De-richtSurteil, worin mitgeteilt wurde. Zeugen hätten vor Gericht be-kündet, daß der Redakteur der ,Lande«zeitu»g" in Neustrelitz(eineAblngcriingsstätt» de« ReichSverbande»)„mehrfach in Artikeln derWirklichkeit nicht entsprechende Bebanptunaen aufgestellt habe". Ineiner„Berichtigung" verlangte nun der„LaiidcszettungS"- Redakteurvon unserem Parteiblatt, und zwar unter Berufung auf ß 11 desPreßgefetzeS den Abdruck weiterer Partien au» dem belviißten Ge-richtsurterl. Selbstverständlich lehnte dies unser Parteiblatt glatt ab.Die Folg« ist, daß ihm jetzt eine Anklage ivegen Vergehensgegen dasPreßgefetz zugestellt wurde ISoziales.Arbeiter müssen die Beitragszahlung für die Sozialversicherungüberwachen.Wie notwendig eS ist, daß Arbeiter sich darum kümmern, obdie Unternehmer die Beiträge für die Sozialversicherung leisten,lehrt eine Verhandlung vor dem Reichsgericht. Die Klägerin warmit einem Bureaudiencr der Bergwerksgesellschast Georg vonGiesches Erben in Breslau verheiratet und besorgte in den Jahren1883— 1908 die Reinigung der Geschäftlräume der genannten Ge-fellschaft. Sie erhielt einen monatlichen Lohn von 16 M. Beiträge zur Invalidität»- Und Altersversicherung sind für sie nichtentrichtet worden. Infolgedessen wurde sie mit einem im Jahre1907 erhobenen Anspruch auf Invalidenrente abgewiesen. In demvorliegenden Rechtsstreit sucht sie Ersatz de« ihr dprch die Nicht-zahlung der Versicherungsbeiträge entstandenen Schaden« zu er»langen. Ihr gegen die beklagte Bergwerksgesellschaft erhobenerAnspruch ist vom Landgericht wie auch vom OberlandrsgerichtBreslau abgewiesen worden.Das Reichsgericht hat nunmehr im selben Sinne entschiedenund deshalb die Revision der Klägerin zurückgcwitsen. Hierzuheißt es in den Entscheidungsgtünden:„Daß die durch die Gesetzevom 22. Juni 1889 und 13. Juli 1899 gegebene Verpflichtung desArbeitgeber«, für die rechtzeitige Entrichtung der Versicherung»-beitrüge zu sorgen, an sich nicht zu den durch den Dienswertragbegründeten Pflichten gehört, hat da« Reichsgericht in festev Recht-sprechuna angenommen. Eine besondere Vereinbarung, durchwelche die Beklagte die Fürsorge für die Entrichtung der Beiträgeauch für die Klägerin übernommen hätte, ist nach der einwandfreienFeststellung des Berufungsgericht» auch nicht stillschweigend ge-troffen. Die Beklagte hatte allerdings diese Fürsorge für ihregewerklichen Arbeiter übernommen, nicht aber ckür die Klägerin,deren Tätigkeit eine völlig andere und derart untergeordnet war,daß Zweifel entstehen konnten, ob sie überhaupt eine versicherungs-Pflichtige war. Nach den in Gemähheit de«§ it Absatz 3 de» Gesetzes vom 22. Juni 1889 bezw. des 8 4 Absatz 1 des Gesetze» vom13. Juli 1899 erlassenen, vom 27. November 1890 bezw. 27. De-zember 1899 bekanntgegebenen Bundesratsbeschlüssen(Reichs-Zentralblatt 1889 S. 369 bezw. Retchs-Gesetzblatt 1899 T. 725)]sind vorübergehende Dienstleistungen al««nie die Versicherung«»Pflicht begründende Beschäftigung nicht anzusehen, wenn sie vonsolchen Personen, welche berufsmäßige Lohnarbeit überhaupt nichtverrichten, zwar in regelmäßiger Wiederkehr, aber nur nebenherund gegen ein geringfügige« Entgelt verrichtet werden. Ob dieVoraussetzungen dieser Bestimmung vorliegen, ist, wie mit derAnleitung de« Reichsversicherungsamtes vom 6. Dezember 1905(Amtliche Nachrichten des NetchöversickzerungSamteS S. 613) zu Vianzunehmen»st, nach der Lage de» Einzelfalles zu ermessen.Jedenfalls lag eS hier unter den hier obwaltenden Umständen ganzbesonders der Klägerin ob, für die Erfüllung dex BeitragSpflichtselbst zu sorgen. Sie wußte, wie das Berufungsgericht feststellt.daß die Beklagte keine Beiträge für sie entrichte, hat aber gleich.wohl nichts getan, um sich den Anspruch auf die Alters, und In-validenrente zu sichern. Ihr Verschulden muß danach nicht nurals ein dem der Beklagten gleiches, sondern als ein weitaus über,wiegendes angesehen werden._StandeSvertrrtung.Die in Karlsruhe abgehaltene 20. Hauptversammlung de«Deutschen Verbandes kaufmännischer Vereine protestierte nacheinem Referat des Generalsekretärs Dr. R u p p e l- Hamburg da-gegen, daß die Handlungsgehilfen mit den Jndustriearbelternzusammengeworfen würden.In einer Resolution sprach sich die Versammlung einstimmigdahin aus, daß„die heutige Forderung einer Interessenvertretungdes Handlungsgehilfenstandes in der Schaffung paritätischer Kauf-inannSkammern gipfele. Die Hauptversammlung richtet an dieReichsregiernng das Ersuchen, nach Erledigung des Arbeits-kammergesetzes alsbald an die Errichtung paritätischer Kauf,inannSkammern heranzutreten".Weiter erklärte die Versammlung sich gegen kommunale Ar-beitsnachweise, für Festlegung'einer LehrlingSzeit von mindesten»drei Jahren und für Pensionierung der Privatangestellten. DerVertreter der Regierung, Oberregierungsrat Kreh, machte dieMitteilung, daß begründete Aussicht vorhanden sei, daß der Gesetz-enlwurf im Herbst zur Borlage gelangen werde. Weiter sprachman wohl seine Mißbilligung darüber aus, daß auf der Voll-Versammlung de» Hansabundes sich ein starker antisozialer Geistbemerkbar gemacht habe, die Versammlung kam dabei aber dochzu einer Sympathieerklärnng kür de» Bund.