Mg. Traeger sFortschr. Vp.) beantragt, dm Antrag Borgmannder Justizkommission zu überweisen. Gegen den Antrag Dr. Königspricht der Ausdruck„zeitgemäß. Als die Bestimmung erlassen wurde,war sie vollkonimen zeitgeniäst, denn danials herrschte die Reaktion.Die in Frage kommenden Bestimmungen passen absolut nicht mehrin unsere moderne Zeit hinein. Es handelt sich um lleberbleibsel deralten preußischen LandeSgesetzgcbung, die längst überholt sind.(Sehrrichtig I links.)Abg. v. Pappcnheim(k.): Den Antrag Borgmann lehnen wirab, den Zentrumsantrag würden wir als den Antrag einer großenPartei für erwägnngswert halten. Da wir aber mit ihm auch denAntrag Borginann der Kommission überweisen müßten, werden wirihn gleichfalls ablehnen.Abg. Dr. Liebknecht(Soz.):Dr. König hat gemeint, meine Leidenschaftlichkeit sei gegenübereiner so geringfügigen Bestimmung ganz deplaciert gewesen. Erhat meine Ausführungen total mißverstanden. Die Arbeiter würdendiese Bestimmungen mit einer Dosis von Humor hinnehmen undüber sie lachen, wenn sie wenigstens die verschiedenen Klassen derBevölkerung in gleicher Weise treffen würden. Unsere Leidenschaft-lichkeit und Empörung erklärt sich daraus, daß diese Bestimmungengegenüber den verschiedenen politischen Strömungen nicht gerechtangewendet werden und daß eine unglcichnräßige Behandlung auchhier de» Klassencharakter des heutigen Staates hervortreten läßt.(Bravo I bei den Sozialdemokraten.)Der Antrag Träger auf Verweisung beider Anträge an dieJustizkommission wird gegen die Stimmen der Freisinnigen undSozialdemokraten abgelehnt. Der Antrag König wird gegendie Stimmen der beiden konservativen Parteien angenommen.Das altpreustische Armengesetz.TS folgt die Beratung des Antrages Borgmann(Soz.). dieRegierung zu ersuchen, sobald als möglich einen Gesetzentwurf vor-zulegen, durch den der ß 2 Abs. 1 Ziffer 2 und Abs. 2 deS Gesetzesvom 81. Dezember 1842 aufgehoben wird.Abg. Dr. Liebknecht(Soz.):Es handelt sich hier um ein Stück preußischer Rück-ständigkeit und polizeilicher Willkür. Unser Antragwill eine den modernen Verhältnissen angepaßte Neuregelung diesergesetzlichen Bestimmungen aus dem Jahre 1842. Nach diesen� Be-stimmungen wird der Polizei uneingeschränkt das Recht eingeräumt,den Aufenthaltsort zu beschränken, und einen Verurteilten vongewissen Orten auszuschließen ohne Angabe von Gründen. Nun istallerdings später das Neichsstrafgesetzbuch erlassen worden, in dembestimmt wird, in welchen Fällen auf die Zuläisigkeil von Polizeiaufsichterkannt werden darf. Es ist deshalb die Frag«, ob durch das Reichs-Strafgesetzbuch das Gesetz von 1842 ausgehoben wird oder nicht.Ich bin der Meinung, daß das Gesetz von 1842 durch das Reichs-strafgesetzbuch als aufgehoben zu betrachten ist. Es handelt sich hiereben wieder einmal um einen der bekannten Kompetenzkonflikte zwischender Justiz und der Verwaltung, der ja durch das ganze preußischeWesen hindurchgeht und überall anzutreffen ist. Das Bedenklichstean dem Gesetz von 1842 ist seine außerordentlich weiteFassung. Auf keinem anderen Gebiete haben die Polizei und dieVerwaltung so weitgehende Machtbefugnisse wie hier. Die gericht-lichen Bestrafungen/ wegen der die Polizei zur Ausweisung greifenkann, brauchen nur sehr minimaler Natur zu sein und können jähre-lang zurückliegen. Mir ist ein Fall bekannt, in dem ein Mannjahrelang in Berlin gewohnt hat und auf eine Woche sich ent-fernte, um Verwandte zu besuchen. Er kehrte dann nach Berlinzurück, wurde von der Polizei als neu Hinzuziehender angesehenund ihm die Erlaubnis zur Niederlassung untersagt.(HörtIhört I bei den Sozialdemokraten.) Das Oberverwaltungsgerichtbilligte diesen Standpunkt der Polizei. In einem anderen Fallehandelte es sich um einen Hotelier, der das Verbrechen begangenhatte, seinen Gästen nach einer Kaiser-GeburtS tagsfei erdie Möglichkeit gegeben zu haben, zu jeuen. Diesem Hotelierwurde nicht nur die Konzession entzogen, sondern mannahm ihm auch die Möglichkeit, als Angestellter in einem anderenGastwirtschaflsbetrieb sein Brot zu verdienen.(Hört! hört l linksöDie Polizei saß dem Mann überall auf den Fersen. Großen Staubaufgewirbelt hat ja vor einigen Jahren der Fall des Schuhmacher»Wilhelm Voigt, der auch unter Polizeiaufsicht stand u nd nachdem preußischen Vagabundengesetz behandelt wurde. Man hetzte ihnvon Ort zu Ort, der Mann konnte sich keine Existenz schaffen undwurde so von einem Verbrechen ins andere gejagt. Die Personen,die unter diesen Paragraphen fallen, muß man als Opfer dersozialen Verhältnisse betrachten. Wenn das aber der Fall ist,dann muß es Aufgabe der Justiz sein, nach Möglichkeitdafür zu sorgen, daß die Schuld der Gesellschaft ihnen gegen-über gesühnt wird, daß ihnen die Möglichkeit gegeben wird, wiederin geordnete Verhältnisse zu kommen. Ein leider verstorbener Konser-vatwer, der in weilen Kreisen sehr geschätzte Pastor v. Bodelschwingh,würde sich grundsätzlich auf meinen Standpunkt stellen. ES ist geradeein Verdienst dieses Herrn, innerhalb der heutigen Gesellschafts-ordnung immer wieder darauf hingewiesen zu haben, daß man imLandstreicher und Vagabunden auch den Menschen zu achten hat.Natürlich stimmen wir mit den Mitteln, die Herr v. Bodelschwinghanwendete, nicht überein, aber sympathisch war eS, wie dieser Mannsich dieser Opfer der Gesellschaft immer angenommen hat. Die inFrage kommenden Gesetzesbestimmungen stammen aus dem Jahre 1842,einer Zeit, in der Preußen noch ein rein agrarischer Staat war undin der noch patriarchalische Arbeitsverhältnisse herrschten. Damalsmag eine Bestimnmng zeitgemäß gewesen sein, daß man nur amOrte des UnterstützungSwohnsttzeS Aufenthalt nehmen durste. Wenndie Städte von dieser Bestimmung einen rigorosen Gebrauch machenwürden, dann würde das gerade nicht im Interesse des Landesliegen, denn auf da« Land wurden dann allerhand bestrafte Personenabgeschoben werden, die dort der Armenfürsorge zur Last fallenwürden. Die Umgestaltung unserer wirtschaftlichen Verhältnissemacht die Durchführung dieser Bestimmungen in der beutigen Zeitaber zur Unmöglichkeit Die willkürliche Anwendung in emzelnenFällen aber muß als äußerst brutal und inhuman en, Pfundenwerden. Auf den Ausweisungsformularen für Berlin sindzum Beispiel 28 Ortschaften in der Umgebung Berlin« an-geführt, für die die Ausweisung gleich mit gilt. Mit sodrakonischen Mahregeln bringt man natürlich einen Be-straften nicht auf die Bahn, ein ordentlicher Mensch zu werden.Nun ist gewiß richtig, daß ans dem Ort des UnterstützungSwohnsitzeSniemand ausgewiesen werden darf. Aber wer weih denn, wo feinUnterstützungswohusitz ist? Das wissen oft die Behörden selbstnicht, die sich über den UnterstiitzuiigSwohnsitz jahrelang oft herum-streiten. Und dann ist der UnterstiitzuiigSwohnsitz oft auch derdenkbar ungeeignetste Ort zur Schaffung einer ordentlichen Existenz.Die Möglichkeit der Schikane ist damit aber noch nicht er-schöpft. Da« Gesetz würde kein preußisches sein, wenn eSsich nickt auch zur Anwendung gegen politisch mißliebige Personenmißbrauchen ließe. Das ist denn auch in der Tal wiederholt ge-schehcn. Ein sozialdemokratischer Schriftsteller, ein Gelehrter vonRuf, hatte jahrelang in Wilinersdorf gewohnt. Während seinerRedalieurtätigkeit in Magdeburg hatte er wegen Beleidigungeine Strafe bekommen. Nun wollte er von Wilmersdorf nachFriedenau ziehen und die Friedenauer Polizei kündigte ihn, an, daßsie ihn auf Grund des Bagabundenparagraphcn ausweist» würde.(Hörtl hörtl bei den Sozialdemokraten.) Da» geschahgegen einen tüchtigen Gelehrten mit akademischer Bildungund keinen politischen Vorstrafen I Der Mann mußtealso nach Wilmersdorf zurück oder als Vagabund in der Weltherumlaufen. Glücklichertveis« hat sich in diesem Falle das BerlinerPolizeipräsidium eines Besseren besonnen und hie höchst blamableVerfügung zurückgezogen. Wir müssen aber bei der Beschaffenheitder preußischen Polizei und des Ministeriums des Innern auchstündlich damit rechnen, daß diese Bestimmungen politisch mißbrauchtwerden. Das ist ein Grund mehr für uns, die Aufhebung dieserBestimmungen zu verlangen. Beweisen Sie uns durch IhreStellungnahme zu unserem Antrage, in welchem Umfange Sie dasWort vom christlichen Staate kn die Tat umzusetzen gewillt sind.(Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.)Abg. v. Knesebeck(frk.): Meine politischen Freunde halten dieBestinuiiuiigen des 8 2 des Landespolizeigesetzes für so wichtig, daßwir sie nicht über Bord werfen wollen. Der Vorredner sprach vonder Machtbcfngnis der Polizei, die häufig zu Uebergriffeu ausarte.Mißgriffe der Polizei kommen in allen Städtenvor, aber es bestehen ganz bestimmte Anweisungen über die Aus-führungen des Gesetzes und es ist niibestreitbar, daß es jetztmit der Vagabondage erheblich besser bestellt ist als früher vor demBestehen des Gesetzes,Hierauf vertagt sich daS Haus auf morgen 12 Uhr.(DritteBeratung des Gesetzentwurfs über die Bewilligung von Mitteln zurVerbesserung der Wohnungen der Arbeiter; Gesetzentwurf betr. dieFeuerversicherungsanstaltei,, GerichtSkosteugesetz, Gebührenorduuiigfür die Notare.)Schluß 4°/. Uhr._parlamentanlcbea*AuS der Justizkommission deS Reichstages.In der Justizkommission wurde am Dienstag bei der Beratungder Z8 1L1 und 107 der Strafprozeßordnung erörtert, unter welchenGarautieu eine Haussuchung vorzunehmen ist. Nach der Regierungs-Vorlage sollen, wenn eine Durchsuchung von einem anderenBeamten als dem Richter oder Staatsanwalt vorgenommen wird, zuder Untersuchung noch ein anderer Beaniter oder zwei Gemeindemit-glieder zugezogen werden, wenn diese Maßnahme den Zweck der Haus-suchung nicht gefährdet. Dagegen wurde von unserer Seite, denpolnischenund srcisiiliiigen Mitgliedern verlangt, zu bestimmen, daß ohnejede Ernschränkung bei einer derartigen Haussuchung einBeamter oder zwei Gemeindemitglieder, die nicht Polizeibeamtesein dürfen, zugezogen werden müssen. Beschlossen wurde, daßtunlichst ein anderer Beamter oder zwei Gemeindemitglieder hinzu«zuziehen sind.Beim§ 102 kam es zu langen Debatten darüber, ob von demZweck einer Haussuchung auch der Verdächtige davon benachrichtigtwerden muß. Bei dieser Gelegenheit kamen unsere Genossen auf die ver-brecherischen Unterschiebungen der Polizeispitzel zur Zeit des Sozialisten-gesetzes zu sprechen. Damals versteckten diese Subjekte erst vor dergeplanten Haussuchung die zu suchenden Gegenstände in der Woh«nung des Verdächtigen. So schildert Genosse F r o h m e, wie seiner«zeit in seiner Wohnung in Bockenheim Polizeispitzel anarchistischeSchriften in den Keller seiner Wohnung geschmuggelt hatten.Frohme, der diese Gaunerei durch einen Zufall bemerkte, schicktenoch an demselben Abend die Schriften an den Polizeirat Rumpfauf das Polizeipräsidium. Trotzdem erschien am anderen MorgenRumps, der a,n Abend vorher nicht mehr auf dem Polizeipräsidiumgewesen war. mit einigen Beamten und durchsuchte die ganzeWohnung nach den Schriften, steif und fest behauptend, daß dieseSachen in der Wohnung sein müßten.Die beantragte Verbesserung gelangte im wesentlichen zur An-nähme. Beschloisen wurde, daß wohl der Verdächtige, aber nichtder Beschuldigte von der Haussuchung vor deren Begmn zu benach-richtigen ist.Dem 8 k03 wurde auf Antrag deS Zentrum? hinzugefügt, daß.wenn bei einer Haussuchung Papiere gefunden werden, deren zwangs-weise Beschlagnahme nach den Bestimmungen des§ 83 ausgeschloffenist, der Richter oder Staatsanwalt verpflichtet ist, diese Papiereden Beteiligten sofort auszuhändigen. Auch darf der Inhalt dieserPapiere im weiteren Verlauf des Verfahrens nicht verwendet werden.Zum 8 104 stellten unsere Genossen folgenden Antrag:.Spätestens unmittelbar nach der Durchsuchung ist dem Betreffenden der Zweck der Durchsuchung schriftlich mitzuteilen, auchein Verzeichnis der in Beschlag genommenen Sachen oder, wennSachen nicht in Beschlag genommen sind, eine Bescheinigungdarüber zu erteilen." Der Antrag wurde in dieser Form ab-gelehnt, aber dem Zweck deS Antrages dadurch entsprochen, daßder Regierungsvorlage, nach der nur auf Antrag des Betreffendenein VerzeichmS resp. eine Bescheinigung ausgestellt wird, zugefügtwurde:»Der Betroffene ist auf dieses Recht hinzu-weisen".Eine längere Zeit nahm sodann die Debatte über de»Schutz der Abgeordneten gegen Durchsuchungenin Anspruch. Ein Zentrumsantrag bezweckt, einen neuen 8 106» zuschaffen, der lauten soll:.Beschlagnahmen und Durchsuchungen in den Diensträumeneiner gesetzgebenden Versammlung dürfen nur mit GenehmigungdeS Vorsitzenden der Versammlung oder seine« Stellvertretersvorgenommen werden. Bei ihrer Vornahme ist der mit der Be-aufstchtigung der Räume beauftragte Beamte der Versammlungzuzuziehen."Die Regierung erklärte durch den Staatssekretär Lisco, diesenAntrag nicht akzeptieren zu können. Er schaffe für die Parlamenteeine Ausnahme: denn— die fürstlichen Schlösser, Kirchen,Regierungsgebäude und GerichtSstStten hätten ein solches Rechtauch nicht.— In der Diskusston wandten sich unsere Genossen, fernerdie Redner des Zentrums und der Freisinnigen scharf gegen dieseErklärung. DaS verlangte Recht folge schon jetzt aus Artikel 30, 31der Reichsverfassung. Notwendig sei der Antrag geworden, weil inder Praxis eine Beschlagnahme versucht wurde. Bon einer AuS-nähme könne keine Rede sein. Der Bundesrat werde ja durch denAntrag gleichfalls getroffen. Im übrigen enthalte ja das Gesetzgegen Durchsuchung militärischer und anderer Dienstgebäude weit-tragende Kautel«». Der Versuch, im königlichen Schloß HauS-suchungen vorzunehmen, lasse sich theoretisch hören, sei dochaber in der Praxis undenkbar. Der Zentrumsantrag bleibeeigentlich hinter dem auS der Reichsverfassung abzuleitenden Rechtzurück, da er mit Genehmigung de» Präsidenten eine Beschlagnahmezulasse. Die Konservativen und Nationalliberalenbekämpften den verlangten Schutz der Immunität.Der Zentrumsantrag wurde schließlich mit 13 Stimmen an«enommen. Dagegen stimmten Konservative, Reichsparteiler.ationalliherale und oer Antisemit.Neunte Generulversammlung der Töpferund Kerufsgenossen.Dresden, 23. Mai 1913.ES nehmen bl Delegierte, Zentralvorstand, Redaktion undAusschuß und sieben Gauleiter an den Verhandlungen teil; außer-dem sind G i r b i g und W o l l m a n n. Vorsitzende des deutschenGlas- bezw. Porzellanarlxiterverbandes, und der österreichischeGenosse D a- R i n als Gäste erschienen.Am ersten Tage wurden die Berichte von Vorsitzenden, Kassiererund Redakteur entgegengenommen und die Diskussion darüber gc-pflogen, die unbeendet blieb und deshalb am Dienstag fortgesetztwurde.Der Vorsitzende Drunsel tadelte in seinem Geschäftsberichteine gewisse Disziplinlosigkeit bei der Inszenierung von Lohn.bewegungen. Vielfach gehen die Filialen eigenmächtig vor, be-ginnen Lohnbewegungen oder kündigen Tarife über die Köpfe desZentralvorstandes hinweg. Es sind Allüren, di, noch aus der Zeitder Lokalverbände und der partiellen Streiks stammen, die abermit der wachsenden Bedeutung der Unternehmerorganisationen undder Gefahr der Aussperrungen beiseite gesetzt werden müssen.Abgesehen von einigen Ausnahmefällen habe der Verband sichstark genug erwiesen, die Lohne während der Krise auf der Höhezu halten. Einige Schlappen in verschiedenen Filialen, so inPosen, Grauichwitz und Lungnitz, seien vornehmlich Fehlern inden eigenen Reihen geschuldet.Zum Bericht des Kassierers L o t h e r. über den wir allesnötige im Vorbericht sagten, sei nachgeholt, hast der Kassenbestandam 21. Mai 150 466 Mark betrug.Ueber die kurzen Berichte setzte eine eingehende Diskussionein. Fast alle Redner, die sich mit dem Fachorgan beschäftigten,äußerten über dessen Haltung volle Zufriedenheit. Besonder? seineentschiedene, wirksame Stellungnahme bei der Wahlrechtsbewegungund sonstigen wichtigen politischen Anlässen fand ungeteilte Auer-kennung.Einzelne Redner nahmen scharf zu verschiedenen Maßnahmendes Vorstandes, besonders zu seinem Eingreifen bei Lohnbewe-gungen, Stellung. Die große Mehrzahl erklärte sich jedoch auch mitder Vorstaudstätigkeit einverstanden und sprach aus, daß er in derschweren Zeit der Krise meistens das Rechte getroffen habe. Be-sonders seien die zahlreichen Abwehrbewegungen so geschickt ge-leitet worden, daß fast alle Anschläge des angriffswütigen Unter-nehmertums zu nichte wurden.Die Diskussion, die sich vor allem auch auf interne, die Oeffent-lichkeit nicht interessierende Fragen erstreckte, ließ eine starkeNeigung hervortreten, den Verbandsausschuß in Wegfall kommenzu lassen. Da die Debatte sich nicht erschöpfte, wird sie am Diens-tag fortgesetzt._Hus Induftric und HandelBauken in der Industrie.Es gibt wohl kaum noch einen bemerkenswerten Vorgang inder Industrie, bei dem die Banken nicht die Hand im Spiele haben.Richtiger würde man wohl sagen: der nicht von Banken entriertworden ist l Hinter der sich jetzt in der Braunkohlenindustrie voll-ziehenden Konzentration stehen sie natürlich auch wieder. Die dieserTage abgehaltene Generalversammlung der Niederlausitzer Kohlen-werke beschloß, das Aktienkapital von 6 auf 12 Millionen Mark zuerhöhen. Die Kapitalserhöhung soll dazu dienen, das gesamteAktienkapital der.Kraft" Bergbauaktiengesellschaft in Leipzig, dieMajorität der Kuxen der Gewerkschaften»Elze" und.Alwine" zuerwerben. Das Bezugsrecht der Aktionäre auf die gesamten6 000 000 M. neuer Aktien wurde ausgeschlossen; jedoch sollen2 000 000 M. neuer Aktien an die Deutsche Bank zu 170 Proz. mitder Verpflichtung begeben werden, sie den Aktionären zu diesemKurse zum Bezug anzubieten. Die Maximalleistungsfähigkeit derNiederlausitzer Kohlenwerke von jetzt 58 000 Doppelwaggons sollzunächst auf insgesamt öS 000 Doppelwaggons gesteigert werden.Die Kapitalserhöhung solle ferner die Grundlage für eine Betriebs«erweiterung bilden. Die Verwaltung beabsichtigt, in der.Kraft" Bergbauaktiengesellschaft ein neues Werk.Kraft II"mit einer Leistungsfähigkeit von 28 000 Tonnen zu er-richten. Außerdem soll auf den der Gesellschaft gehörigenFeldern am Stierosee unter anderen eine moderne Brikettfabrikmit 24 000 Doppelwaggons erstklassiger Fabrikate Leistungsfähigkeiterrichtet werden. Durch die Erweiterungen werde sich die Gesamt-Produktion aus 1610 000 Tonnen stellen. Der Gesellschaft läge eineOfferte der Firma Wulff u. Co.. Berlin, vor:»als Kaufpreis fürdie angestellten Aktien und Kuxe ist Zug um Zug in bar ein Betragvon 7 Millionen Mark franko Zinsen zu zahlen". In den AufsichtS«rat wurden neu gewählt: Justizrat Ferdinand Lobe(Berlin),Hermann Nitscher(Direktor der Deutschen Bank) und FabrikbesitzerRichard Müller(Fulda). Die Firma Wulff steht wiederum innaher Verbindung zu den Hohenlohewerken und der BerlinerHandelsvereinigung deS Fürsten Fürstenberg.Die reinen Zeche« gegen die Sonderrechte der Hüttengruben.In der Gewerkenversammlung der Zeche Konstantin der Große gabder Vorsitzende seiner Ueberzeugung in bezug auf die ErneuerungdeS Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikats dahin Ausdruck, daß eran dem Weiterbestande zweifle. Die reinen Zechen würden nureinem solchen Svndikat beitreten können, in dem die Sonderrechte derHüttenzechen fehlten und dem sich auch die jetzigen Außenseiter anschlöffen.Daß die Hüttenzechen auf ihre Sonderrechte verzichten, daran istwohl kaum zu denken. Die meisten großen Hüttenwerke haben jetztschon ihre Kohlenförderung und KokSerzeugung so erweitert, daß sieihren eigenen Bedarf decken können. Soweit da» aber noch nichtgeschehen ist, läßt die noch bevorstehende Frist von KV, Jahren bl»zum Ablauf des Syndikats genügend Zeit, die eigene Brennmaterialien«Produktion weit genug auszubauen. Dann können die Hütten aufein Syndikat verzichten. Sie ersparen die Kosten und genießen denBorteil einer Syndikatspreispolitik. Wenn nämlich die reinen Werkein irgend einer Form sich zusammenschließen, um die Preise zuhalten, dann dient das von ihnen festgelegte Niveau den Hüttenselbstverständlich als Grundlage bei der Preiskalkulatton für ihreErzeugnisse. Und entbrennt mfolge NichUustandekommenS irgendwelcher Preisabmachung ein Preiswettkampf, dann geniert das dieHüttenwerke auch nicht. AlS Halbzeugproduzenten und-Verkäuferbesitzen sie ein Monopol. Sliiken die Kohlenpreise, erhöhen dieHüttenwerke ihre Halbzeugpreise um die m Betracht kommendeDifferenz; die reinen Eisenwerke haben keinen Vorteil von der Preis«ermäßigung. Den gemischten Betrieben dient alles zum besten.„Patriotenpflicht."Ein Konsorttum von Kapitalisten versendet einen Prospekt zurGründung einer.Ostafrikanischen Bergwerks« und Plantagen-A.-B.".Verwertung de» bei Morogoro häufig vorkommenden Glimmer» sollZweck der Gründung sein. In dem Prospekt werden die Jnter«essentcn zum Schluß aufgefordert, ,an der Lösung der patriotischenAufgabe mitzuwirken".Für die Gründer besteht die patriotische Aufgabe darin, sich dieTaschen füllen zu lassen. Wenn sie geeignete Objekte dazu finden,wir haben nichts dagegen._KonfumvereinSbekämpfung. Wie schon so viele andere Handel»«kammern haben auch die beiden Handelskammern in Hildburghausenund in Meiningen«ine Eingabe an da» Herzogliche StaatSministeriumausgearbeitet, in welchem u. a. hervorgehoben wird, daß seit demJahre 18gS im Herzogtum sich die Zahl der Konsumvereine mehrals verdoppelt, ihre Mitgliederzabl sich verdreifacht und ihr Umsatzsich vervierfacht hat. Die Raiffeisenvereine haben stch in derselbenZeit fast verdoppelt, ihr Umsatz in Kolonial« und anderenWaren ist nahezu auf das Neunfache gestiegen. Die Handelskammermußte jedoch auch feststellen, daß dre Zahl der im Hauptberuftätigen Waren- und Produktenhäudler stch um den fiebenten Teilund die Zahl der im Nebenberuf tätigen sich um fast das Doppeltevermehrt bat. Während in dieser Zeit eine Bevölkerungszunahmevon 12,89 Proz. eingetreten war. ist eine Zunahme von 29 Proz.der Kleinhändler festzustellen gewesen.Trotzdem fordern die Handelskammern von der Regierung einVerbot der Beteiligung von Beamten an der Verwaltung und Ge«ichäftSsührung der Konsumvereine und Einführung von Normativ«besiimmungen für den Geschäftsbetrieb der Konsumvereine unterstaatlicher Kontrolle.Preispolitik. Seit Jahren jammern die oberschlesischen Kohlen-werke über ihre ungünstige Position, in die sie durch die Tarispolitikder Eisenbahn geraten seien. Im vergangenen Jahre wurde einAntrag aus Ermaßiguiig der Gaskohlentarife nach Berlin von Ober«schlesien vom preußischen Eisenbahnrate abgelehnt. Jetzt kommen dieHerrschaften mit neuen Ansprüchen. Sie könnten den Versand nachBerlin aber ohne Tarifermäßigung sehr gut steigern, es wäre nurnötig, die Auslandspreise auch für daS Inland gelten zu lassen. DiePreise sind seit der Hochkonjunktur an der Wende des Jahrhundert»»och nicht wieder gesunken, zeigen eher noch eine steigende Tendenz.Wenigstens in Deutschland. Im Auslande dagegen bieten die ober«schlesischen Werke zu außerordentlich niedrigen Preisen an. Mansollt« nur einmal den Verbrauchern in Berlin die gleichen Preis«stellen, wie einem Teile der österreichischen, dann würde man nichtmehr über die Uebermacht der englischen Kohle zu klagen haben.Produktion, Ein» und Ausfuhr von Brennmaterialien, gmApril diese» Jahres betrug die Förderung: Steinkohlen 12 32» 52«