GewcrkfcbaftUchee.Oer Hrbeitanachweia und die Hrbeito-vermittelung im Dolzarbeitergewerbc.Mit diesem Thema beschäftigte sich am Mittwoch eine Ver-trauensmännerversammlung für sämtliche Bezirke und Branchender Verwaltung Berlin des Holzarbeiterverbandes, die Freyersgroßen Saal füllte. Der Arbeitsvermittler G ü t h gab eine Ueber-ficht über die Enttvickelung der Arbeitsvermittelung im Berufe.Im Jahre 1302 suchten die Unternehmer den Arbeitsnachweis ganzin ihre Hände zu bekommen, um ihn nach dem Muster der Kühne-männer zu einer Kontrollstation gegen die Arbeiter umzugestalten.Darüber kam es auf diesem Gebiete zu einem Kamps, der dreiJahre dauerte und mit der Anerkennung des paritätischen Arbeits-Nachweises endete, der im Juni 1305 errichtet wurde. Das hattezwar von Anfang an die gute Folge, daß bedeutend mehr Stellenals früher vermittelt wurden, aber dem Nachweis haftete derFehler an, daß er nicht obligatorisch war. Nicht nur die Arbeit-geber benutzten den Nachweis lange nicht in dem Maße, wie eszu einer durchgreifenden Regelung der Arbeitsvermittelung not-wendig war, auch die Arbeitnehmer konnten sich zu einem Teilschwer an die neuen Verhältnisse gewohnen, zumal die selbständigenArbeitsnachweise der christlichen und der Hirsch-Dunckerschen Orga-uisalion weiterbestanden und wenn auch nicht viele, so doch immer-hin einen Teil Stellen vermittelten. Erst als im Jahre 1307 dieKrise einsetzte, wurde es allen mehr und mehr klar, welchen Werteine allgemeine und gründliche Regelung der Arbeitsvermittclunghat. Es wurden dahingehende Beschlüsse gefaßt, aber es fehlte inder schlechten Zeit an der Macht, sie durchzuführen. Jetzt erst ist esdurch den Abschluß des neuen Vertrages gelungen, auf diesem Ge-biete Besserung zu schaffen. Die Benutzung des paritätischenArbeitsnachweises ist obligatorisch gemacht, wenn auch miteiner gewissen Beschränkung. Die Arbeitgeber sind verpflichtet, denNachweis in erster Linie zu benutzen und dürfen sich nur, wenn sieinnerhalb 24 Stunden oder innerhalb zweier Vermittelungszcitenkeine Arbeitskräfte erhalten, solche auf andere Weise beschaffen.Andere Arbeitsnachweise als der paritätische dürfen nicht benutztwerden. Dies sind die wichtigsten der neuen Bestimmungen. Diechristliche und die Hirsch-Dunckersche Organisation, die ja beide indas neue Vertragsverhältnis mit aufgenommen sind, haben ihreArbeitsnachweise bereits aufgelöst und ihre Arbeitsvermittler sindauch schon auf dem paritätischen Nachweis mit tätig. Es läßt sichbereits jetzt feststellen, daß die neuen Bestimmungen einen gutenEinfluß auf die Arbeitsvermittelung ausüben. So laufen z. B.für die Bautischler, die bisher viel darüber zu klagen hatten, daßkeine Stellen nach dem Nachweis kamen, seit Pfingsten sortgesetztArbeitsangebote ein, und es fehlt auch fast nie an den geeignetenArbeitskräften, um die Stellen sofort zu besetzen. Durch Rück-spräche mit den Arbeitgebern in den einzelnen ZVerkstätten ist umso mehr dafür gesorgt, daß sie sich an die obligatorische Benutzungdes Nachweises gewöhnen.Es ist mit den Unternehmern unter anderem auch die Verein-barung getroffen, daß bei allen Stellen, wo es sich um Lohnarbeithandelt, die Lohnhöhe von vornherein angegeben werden soll. Umden vom Arbeitsnachweis weiter entfernt wohnenden Mitgliederndie Wahrnehmung der Kontrolle zu erleichtern, sollen in mehrerenVororten Kontrollstellen errichtet werden, wo sich die Arbeitslosenso lange melden können, wie sie bei der Arbeitsvcrmittelung nochnicht an der Reihe sind. Die erste Anmeldung der Arbeitslosigkeitmuß selbstverständlich in der Gormannstraße erfolgen. Uebrigenssind die Verhandlungen mit den Unternehmern über die weitereRegelung der Arbeitsvermittelung noch nicht ganz abgeschlossen.Die Unternehmer wünschen unter anderem eine weitere Aus-dchnung der Vermittelungszeit, was bei der wachsenden Zahl vonStellenangeboten wohl auch im Interesse der Arbeiter liegen kann.Pflicht der Mitglieder ist es nun, ihrerseits ebenfalls strengdarauf zu achten, daß die Besetzung der Stellen lediglich durch denArbeitsnachweis vor sich geht. Um dies durch Beschluß festzulegen,machte der Redner im Namen der Verwaltung der Versammlungfolgend« Vorschläge:1. Um die Arbeitsvermittelung gemäß den Bestimmungendes Vertrages zu regeln, wird es den Kollegen zur Pflicht ge-macht, das Umschauen nach Arbeit unter allen Umständen zuunterlassen. Ebenso ist das Vermitteln der Kollegen unter-einander untersagt. ZeitungSinserate müssen unberücksichtigtbleiben.2. Jeder Kollege hat sich bei eintretender Arbeitslosigkeitsofort im Arbeitsnachweis zu melden.3. Sollen in den Werkstätten ledige Plätze besetzt werdenoder werden solche unter Umgehung des Nachweises besetzt, somüssen die Vertrauensleute oder Wcrkstattausschüsse eventuelldurch Vorstelligwerden bei dem Unternehmer darauf dringen, daßdiese Stellen vertragsmäßig durch den Nachweis besetzt werden.4. Bei allen Werkstattdifferenzen bei Nicht-Vertragsmeisternist auch die Anerkennung und Benutzung des Arbeitsnachweiseszu fordern.Dem Referat folgte eine rege Diskussion, in der über einigeMangel in der Arbeitsvermittelung gesprochen wurde. Unteronderm wurde darüber geklagt, daß die Räunie des Nachweisesnicht ausreichen, so daß oft ein allzu großes Gedränge entsteht.Dic,em Uebel wird ja einigermaßen dadurch entgegengewirktwerden daß in den Vororten Kontrollstellen errichtet werden. DieVorschlage des Referenten und der Verwaltung wurden von derVersammlung einstimmig zum Beschluß erhoben, sind also jetzt füralle Mitglieder bindend.Unter Verbandsangelegenhciten teilte Leopold das Ergebniseiner Untersuchung über die bei dem Möbelfabrikanten Plathengezahlten Lohne mit. Bei den Vertragsverhandlungen im Früh-,ahr 1310 war Herrn Plathen. dem Vorsitzenden der Organisa-tion der Berliner Holzindustriellen, vorgeworfen worden, daß erniedrigere Löhne zahle als andere Unternehmer derselben Branche.Das bestritt er ganz entschieden, und die Angaben, die die Arbeiterseiner Fabrik bei den statistischen Erhebungen über ihre Löhne ge.macht hatten, erklärte er für unrichtig. Es wurde daraufhin mitden Unternehmern vereinbart, daß durch je einen Vertreter beiderOrganisationen eine Untersuchung über die Löhne in der Fabrikvorgenommen und d<lß da? Ergebnis in den Versammlungen beiderParteien mitgeteilt werden sollte. Die Untersuchung hat nunstattgesunden. und zwar auf Grund der Auszahlungs- und derLohnbucher. Sie hat ergeben, daß der Durchschnittswochenverdienstder Tischler ,m Akkord 30,30 M., der der Tischler im Lohn 27,24 Mder der Maschinenarbeiter 23,52 M.. der der Polierer 23,52 M. derder Hilfsarbeiter 22,28 M. ist. Auf alle Gruppen berechnet, kommtein Durchschnittsverdienst von 23,10 M. heraus. Nach den Fest-stcllungen für die gesamte Möbelbranche in Berlin betragen jedochdie Durchschnittsverdienste der ersten vier Gruppen 31,23 M23,82 M., 32,65 M. und 31,63 M. Die Arbeitslöhne bei P l a t h e nsind also tatsächlich niedriger als im allgemeinen in derBranche. Nach den Angaben der Arbeiter bei den statistischen Er-Hebungen im Herbst 1303 waren die Durchschnittsverdienste derfünf Gruppen bei Plathen 27,74 M., 26,64 M.. 27,88 M.. 28,67 Mund 21,35 M., so daß ein Gesamtdurchschnitlslohn von 27,44 M.herauskommt. Daß diese Angaben mit den tatsächlich festgestelltenLöhnen nicht übereinstimmen, beruht daraus, daß die statistischenErhebungen unvollkommen waren und sich im ganzen nur auf135 Arbeiter erstreckten, während die Untersuchung 338 Arbeiterumfaßt. Der Durchschnittsverdienst ist also für die Gesamtzahlder Beschäftigten um 1,66 M. höher, als er für die an der StatistikBeteiligten angegeben wurde, aber immer noch um 1,40 M. niedrigerals der für die in Betracht kommende Branche ermittelte Durch-schnittsverdienst.Am Schluß der Versammlung forderte der Vorsitzende Glockedie Vertrauensmänner auf, die Sammellisten für die kämpfendenBauarbeiter recht rege zu benutzen. Die letzte Generalversammlungder Holzarbeiter Berlins hat zwar beschlossen, der Bau-arbeiterschastallwöchentlichlOOONi. ausKassen-Mitteln zu überweisen, es scheint jedoch darüber hinausLerantw. Redakt.: Richaro Barth, Berlin. Inseratenteil verantwangebracht, daß die Mitglieder auch noch durch persönliche Opferdie Kämpfenden unterstützen._Berlin und Qmzegend.Achtung, Kürschner! Bei der Firma Karl Salbach, Hof-kürschnermeister, Berlin W., Unter den Linden 67, haben am21. Mai sämtliche dort beschäftigten 21 Arbeiter und 31 Arbeite-rinnen, insgesamt 52 Personen, wegen des Auftretens des Werk-führers Mann die Arbeit eingestellt.Da die Firma zwei Werkstcllen mit je einem Werkführer hat,so gewannen die Arbeiter schon lange die Ueberzeugung, daß dasrigiorose Auftreten des Herrn Mann, verbunden niit derniedrigen Lohnzahlung, dazu dienen sollte, seine Wcrkstelle gegendie andere auszuspielen. Aus nichtigen Gründen schnauzte er amFreitag die Leute an:„Wem es hier nicht patzt, der kann gehenl"Ohne Verabredung legten sofort sämtliche Arbeiter und Arbeite-rinnen dieser Werkstelle die Arbeit nieder. Da die Firma Ver-Handlungen mit dem Verbände ablehnte, blieben die Arbeiter deranderen Werkstclle aus Solidarität der Arbeit fern. Am Sonn-abnd versuchte die Ortsverwaltung nochmals, die Differenzen mitder Firma vor Verhängung der Sperre beizulegen; doch lehnteHerr S al b a ch auch jetzt jede Verhandlung rundweg ab. Dadurchwäre wohl der Beweis erbracht, daß das Auftreten des Werk-führers Mann auf Einwirkungen des Herrn Salbach zurückzu-führen ist. Zuzug ist streng fernzuhalten!Die Arbeiterpresse— namentlich des Auslandes— wird gebeten, Vorstehendes zum Abdruck zu bringen.Deutscher Kürschnerverband. Filiale Berlin.Bei der Speditionsfirma Wilhelm Jamba r. HannoverscheStraße 17, sind Differenzen ausgebrochen. Die dort beschäftigtenKutscher haben eine Arbeitszeit von 2 Uhr nachts bis abends 8,oft auch bis 10 Uhr. Dieselben müssen Zweispänner mit 120 Zent-nern, Einspänner bis 75 Zentner ohne jede Hilfe laden bei einemWochenlohn von 26 bis 27 M. Die Firma hat hauptsächlich Lebens-mittelexport. Die Kutscher müssen Kaffeesäcke. Heringstonncn,Kisten. Apfelsinen allein auf- und abladen. Daß diese schtvereArbeit bei einer Arbeitszeit von täglich bis zu 18, ja 20 Stundenmit einem Lohn von 26 M. nicht zu vereinbaren ist, versteht sicham Rande. Als besondere Belohnung wurden die Arbeiter nunvon Herrn I a m b o r mit Kosenamen, wie„faule Hunde",„Ochsen" usw. tituliert. Als die Angestellten hierauf vorstelligwurden und um Abhilfe baten, wurden sie kurzerhand entlassen.Dem VerbandSvertreter, welcher mit dem Herrn Ja m bor eineVerhandlung nachsuchte, wurde die Tür gewiesen. Herr Jamborerklärte, er wolle mit dem Verband nichts zu tun haben undbeschäftige überhaupt keine Vevbandsmitglieder. Noch in Gegen-wart des Verbandsvertreters beschimpfte er die dort beschäftigtgewesenen Kollegen. Wir fordern die organisierte Arbeiterschaft,besonders Kutscher, hiermit auf, den Musterbetrieb der FirmaI a ni b o r zu meiden und den dort beschäftigt gewesenen KollegenSolidarität entgegenzubringen.Deutscher Transportarbeiterverband, Bezirk Groß-Berlin.Der Streik bei der Biergroßhündlung von Riedel». Sohn,Badstraße, ist beigelegt. Durch Verhandlungen mit Vertretern derOrganisation, welche von der Firma gewünscht wurde», ist eineEinigung erzielt worden. Die Firma hat nach ganz kurzer Zeiteingesehen, daß es besser ist, sich gegenseitig zu verständigen, undhat demzufolge Zugeständnisse gemacht. Die Kutscher haben daherdie Arbeit wieder am Sonnabend früh aufgenommen. Die aus«gesprochene Sperre ist hiermit aufgehoben.Deutscher Transportarbeiterverband, Bezirk Groß-Berlin.Achtung, Fleischergesellcn! Die Sperre über die FirmaHaase u. Hollmichel, Brunnenstraße 76, ist aufgehoben.Die Firma hat die Forderungen anerkannt und den Tarif unter-zeichnet.Zentralverband der Fleischer. Ortsverwaltung Berlin.Achtmig, Töpfer! Die Sperre über die Firma Eugen Bor»k o w s f i, Berlin. Finowstraße 31, ist hiermit aufgehoben, da dieDifferenzen erledigt sind.Die Verbandsleitung.Oeutkcbes Reich,Achtung, Holzarbeiter! In den Schön lanker Holzwaren-fabriken haben die Drechsler und Polierer Forderungenauf Verkürzung der OOstündigen wöchentlichen Arbeitszeit und aufLohnerhöhung gestellt. Die dortigen Unternehmer lehnen jedeVerhandlung ab. Deshalb ist eS zur Arbeitseinstellung gekommen.Die Unternehmer suchen in der„Berliner Volkszeitung" nicht-organisierte Drechsler und Polierer. In den Schönlanker Betriebensind die sanitären Einrichtungen so unzulänglich, daß dort gegen-wärtig schon 50 Proz. aller beschäftigten Drechsler auf Kosten derLandesversicherung die Lungenheilstätte aufsuchen mußten. Wirersuchen, den Zuzug nach dort streng fernzuhalten.In Angermünde befinden sich die Tischler und Drechsler derMöbelfabrik von Pfeiffer im Streik. Arbeitsangebote nach dortsind zurückzuweisen._ Der Gauvorstand.Beendigung des Gärtnerstreiks in Bremen.Der am 1. April begonnene Streik der Gärtnergehilfen undGartenarbeiter in Bremen wurde auf Beschluß der Streikendenam 21. Mai, also nach siebenwöchiger Dauer ab-gebrochen. Es war im Verlauf des AusstandeS gelungen,30 Betriebe mit rund 120 Beschäftigten zur Anerkennung der auf-gestellten Forderungen zu bringen. Dagegen verblieb nur geringeAussicht, durch weitere Aufrechterhallung des Streiks auch noch dieanderen Firmen zur Bewilligung zu bewegen. Die Leiter der ort-lichen Unternehmerorganisation sFreie Innung) waren vom Streikwenig'betroffen und übten mit Hilfe der wirtschaftlichen Abhängig-keit, in der sich zahlreiche kleinere Betriebsinhaber von ihnen befinden,den stärksten TerrorismuS. Jene Scharsmacher haben dabei ihrSchäfchen geschoren, und die anderen haben die schwersten wirtschaftlichenNachteile erlitten. In der sechsten Streikwoche erließ die Unter-nehmerorganisation in der bürgerlichen Presse noch ein Rieseninserat.durch das kundgegeben wurde, es handle sich bei dem Kampfedarum, die.sozialdemokratische Willkür" abzuweisen und zu zeigen.daß man noch„Herr im Geschäfte" sei. Unter den Ausständigenselbst hat es Streikbrecher nicht gegeben, bis zum letzten Tage habendiese tapfer ausgehalten. Andererseits konnten die Stehengebliebenenund die allmählich von auswärts herangezogenen Arbeitswilligen dieBetriebe auch nur ganz notdürftig aufrecht erhalten. Nachdem nachdem Streikabbruch die Ausständigen sich wieder zur Arbeit gemeldethaben, sind die meisten sofort wieder eingestellt worden. Nur 31Mann wurde mitgeteilt, sie würden nicht mehr gebraucht, oder siekönnten erst später wieder eingestellt werden. Es hat sich schon jetztergeben, daß die Arbeitswilligen bereits den von den Streikendengeforderten Lohn erhalten haben, und auch sonst sind die ausständiggewesenen jetzt mit Lohnerhöhung eingestellt worden.— Es wirddringend ersucht, etwaige Arbeitsongebote ausGärtnereibetrieben von Bremen und Umgebungabzulehnen und den Zuzug weiterhin fern-zuhalten._Die EinigungSverhanblungen zwischen der Firma Dürrkopu. Co. und den ausgesperrten Metallarbeitern in Bielefeld Hävennach längerer Dauer zu einer Beilegung des Streites und zurAufhebung der Aussperrung geführt. Die Arbeiter der Ring-schiffchenabteilung und der Nickelei nehmen die Arbeit zu denfrüheren Bedingungen wieder auf. Die Firma Dürrkop erklärt sichbereit, die Löhne der Nickeleiarbeiter einer Revision zu unter-ziehen. Sieben Arbeiter, deren Wiedereinstellung die Firma ab-lehnte, werden nicht wieder eingestellt. Sie dürften jedoch inanderen Bielefelder Betrieben Beschäftigung finden.Eure Rede aber sei...In einem Beleidigungsprozeß, den der vormalige christlicheArbeitersekretär Solomon in Weiden gegen die„Fränkische Tages-: rh.Glocke, Berlin. Druck u.Verlag:VorwärtsBuchdr.u.Verlag»auftqlipost" in Nürnberg angestrengt hatte. verlangte der Herr ganz ent-schiede», das Gericht müsse den Beklagten außer zu einer exempla«rischeii Strafe auch zur Zahlung einer Buße an ihn, den Kläger,verurteilen, weil er infolge des Artikels von seiner Gewerkschaftentlassen und nunmehr mit seiner Familie brotlos sei. Das Ge-richt ließ ihn damit abblitzen und sprach wegen der Angriffe, dienichts als die Antwort auf ein christliches Verleumdungsflugblattanläßlich des oberpfälzischen Glasarbeiterstreiks waren, lediglich30 M. Geldstrafe aus, weil in einer Wendung der Vorwurfder Unterschlagung erblickt wurde; in allen � übrigen Punktenwurde die Abwehr für berechtigt erflärt. Dieser christliche Heldhalte um dieselbe Zeit einen Prozeß am Kausnialinsgericht Nürn-berg, er hatte ein Abzahlungsgeschäft verklagt, das ihn seiner Be-hanptuiig nach als Reisenden angestellt hatte. Er wurde aber ab-gewiesen, weil keine talsächliche Anstellung vorlag. In diesemProzeß führte er für seine Sache das Gegenteil von dem an, was ervor dem Schöffengericht geltend gemacht hatte: wenn er nicht derMeinung gewesen wäre, daß er aiigestellt sei, wäre er Arbeiter-sekretär bei der christlichen Gewerkschaft geblieben. Welchem Gerichthat der Oberchrift nun die Wahrheit erzählt?Soziales.Landwirtschaft oder Industrie?Wie sehr ein gewerblicher Arbeiter unter Umständen durchdaS Unfallgesetz für die Landwirtschaft geschädigt werden kann,beweist wieder folgender Fall:Der Fuhrmann K. war bei einem Brauereibesitzer zu Wetzlarbeschäftigt und wurde im Juni 1308 beim Anschirren einesPferdes verletzt. Der Verletzte ließ sich ruhig mit der kargenRente von der Landwirtschaftlichen Berussgenossenschast abspeisen,da sein Dienstherr den Unfall dieser Berufsgenossenschaft an»gemeldet habe. Ueber den Fall weiter aufgeklärt, erhob dann derVerletzte Beschwerde und verlangte von der Brauerei- undMälzereibernfsgenossenschaft die Rente. Er machte geltend, daßer mehrere Tage in der Woche zum Bierausfahrcn verwendetwurde und am Unfalltage auch die Pferde zum Ausfahren vonBier angeschirrt und geputzt habe. Der Unfall sei also von derBrauerei- und Mälzereiberufsgenoneiischaft zu entschädigen. DieLandwirtschaftliche Berufsgenossenschaft schloß sich dieser Auf,fassung sofort an und verlangte von der Brauerei- und Mälzerei,berussgenossenschast, daß diese die Rente zu zahlen habe.Die Brauerei- und Mälzereiberufsgenoffcnschaft weigerte sichjedoch entschieden, die Rente zu gewähren und machte geltend, daßder Verletzte beim Pferdepuve» verletzt worden sei—„also beieiner rein landwirtschaftlichen Tätigkeit".Auch sei er nicht wöchentlich drei ganze Tage, sondern nuran drei Tagen hie und da mit Bicrfahrcn beschäftigt worden.Der Brauereibetrieb sei auch in wirtschaftlicher Bedeutunggeringer als die Landwirtschaft des Besitzers.Das RcichSversichcruiigSamt entschied dann zugunsten deSBerletzten und verurteilte die Brauerei- und Mälzereiberufs-genossenschast zur Zahlung der Rente. Es stehe fest, daß der Ver,letzte in beiden Betrieben seines Dicnstherrn tätig gewesen sei.Nach ständiger Rechtsübung des Reichsvcrsicherungsamtes sei nundie unfallbringende Verrichtung eines Arbeiters, der in mehrerenverschiedenen Berufsgenossenschaften angehörenden Betrieben des-selben Unternehmers tätig sei,„demjenigen Betriebe zuzurechnen,dem sie gedient hat". Dies sei im vorliegenden Falle der Brauerei,betrieb gewesen, zumal das Anschirren der Pferde, bei welcherTätigkeit der Verletzte sich den Unfall zugezogen habe, eine vor»bereitende Tätigkeit für die unmittelbar an diese Arbeit aus-geführte Bierfuhre gewesen sei. Festgestellt sei ferner, daß dieaus sieben Pferden bestehende Gespannhaltung des Unternehmersnur zu einem Drittel im landwirtschaftlichen Betriebe Ver-Wendung fände. Zurzeit des Unfalles sei also der Verletzte alsim Brauereibetriebe tätig anzusehen gewesen und daher dieBrauereiberufsgenossenschast zur Entschädigung auch verpflichtet.Auswanderung Polnischer Arbeiter nach Frankreich.In letzter Zeit macht sich eine starke Abwanderung polnischerArbeiter nach Frankreich bemerkbar. Am Freitag ging vonBochum aus ein Extrazug mit 200 Auswanderern nach derfranzösischen Grenze ab. Im ganzen sind binnen wenigen Wochen1500 polnische Bergarbeiter nach Frankreich ausgewandert. DieArbeiter werden auf den Gruben des polnischen Grafen Ezartorhbeschäftigt, der in Brüssel seinen Wohnsitz hat.Letzte Nachncbten und Dcpcfcbcn.Die Budgetberatung in der Bremer Bürgerschaft.Bremen, 28. Mai.(Privatdepesche des„Vorwärts".) I'nder heutigen Sitzung der Bürgerschaft wurde dieBudgetberatung zu Ende geführt. Das Budget wurde gegendie Stimmen unserer Genossen angenommen.Die Schiffahrtskonventionen.Rom, 28. Mai.(W. T. B.) Di« Deputiertenkammer nahm imVerlaufe der Beratung in geheimer Abstimmung mit 188 gegen58 Stimmen den Gesetzentwurf betreffend die Schiffahrtskonven,tionen im ganzen an.Für Finnlands Grundgesetze.Petersburg, 28. Mai.(W. T. B.) Ueber den Inhalt der Peti-tion des finnischen Landtags wegen Verletzung der finnischenGrundgesetze wird gemeldet:„Der Landtag weist darauf hin, daßbei der Einmischung deS russischen Ministerrats in die Angelegen-heiten Finnlands in juristischer und praktischer Beziehung eineReihe von Fehlern zutage getreten seien, die von finnischen Angc-legenheiten keine Kenntnis hätten. Während der letzten 25 Jahrehabe der Landtag unter Mitwirkung der Regierung große Summenangesammelt, die zu Kulturzwecken dienen sollten und die nunohne Befragen des Landtags einfach dem Reichsschatzamt über.wiesen würden. Die neu« Gesetzesvorlag« könne nicht durchgeführtwerden, selbst wenn die gesetzgebenden Institutionen Rußlandssie annehmen und der Kaiser sie sanktionieren sollte. Das finnischeVolk würde Gesetze, die unter Verletzung seiner Grundgesetze durch-geführt werden, nicht anerkennen. Finnland habe nie den An-spruch auf eine eigene äußere Politik erhoben und auch nie Maß-regeln der Reichsverteidigung Hindernisse bereitet." Zum Schlußspricht die Petition den Wunsch aus, der Kaiser möge die Grund-gesetze Finnlands in Kraft lassen und alles wieder aufheben, waseine Berletznng derselben in sich schlösse.Koloman von Micszath 1°.Budapest, 28. Mai.(B. H.) Der gefeierte ungarische Roman-schriftsteller Koloman von Micszath ist heute mittag gegen 1 Uhrgestorben.Zur Kretafrage.Konstantinopel, 28. Mai.(W. T. B.) Im S e n a t gab auf eineAnfrage des Kreters N u r i, der die Besetzung de„ Suda-Bai durchdie türkische Flotte und ein scharfes Vorgehen gegen Griechenlandverlangte, der Gr o ß w e s i r ähnliche Erklärungen ab wie in derKammer und teilte mit, die Schutzmächte sicherten eine Lösung derkretischen Frage durch eine Autonomie zu, die die SouveränitätS-rechte der Türkei wahre. Aus den Hinweis, der König der Hellenenarbeite auf eine Annexion hin, erklärt« der Großwcs ir. wennGriechenland offiziell für Kreta eintrete, werde die Türkei scharfvorgehen. Der Senat fand die Erklärungen des Großwesirs genügend._Zßaul Singer& Co., Berlin SW, Hierzu 5 Beilagen,