Großfürsten Sergius. Allerhand Koterien treiben hier ihreJntrigantenpolitik gegen einander und suchen sich gegenseitig zu der-Nichten. Dieser Azew ist auch längere Zeit in Deutschland alsSpitzel und Provokateur tätig gewesen. Eine zweite Persönlichkeit,die unter den Spitzeln im Vordergrunde steht, ist die sogenannteSpitzclcxzellenz Harting.Er hieß Abraham Heckelmann und ist unter dem NamenLandessem in revolutionären Kreisen aufgetreten. Im Jahre 18S0verteilte er an seine Freunde in Paris Bomben, die er in einer mitPolizeigeld eingerichtete» Werkstatt fabriziert hatte. Dann denun«zierte er die mit Bomben versorgten Freunde der Polizei underreichte ihre Ausweisung.(Hört! hört I bei den Sozialdemo«kraten.) Harting ist es auch gewesen, der u. a. im Jahre 1905 denRcvolutronär Scherniak auf der Fahrt von Schweden uach Belgienvergiftet hat. 1907 war er in Deutschland bei Gelegen-heit des Zarenbesuches in S w i n e m ii n d e. In seinenHänden lug damals die persönliche Sicherheit deö Zaren.(Hört! hört! bei den Sozialdem.) Damals soll sich bereits diepreußische Polizei bemüht haben, zu verhindern, daß dieser Schutz-enget des Zaren nicht etwa ein Attentat anzettelte.(Hört! hört Ibei den Sozialdemokraten.) Die Tätigkeit desselben Harting inBerlin von 1901 bis 1903 ist durch die Enthüllungen des„Vorwärts"bekannt geworden. Er hat in Deutschland einen Aufwand vonjährlich etwa �/z Million gemacht, den er damit begründete, daß erdaS Geld zumSchmieren von Beamtenbrauche. Schon dieser Gedanke, daß Beamte durch solch lichtscheueElemente durch Bestechung zu verbrecherischen Handlnngen verleitetwerden, sollte die Regierung veranlassen, Elementen solcherArt den Aufenthalt in Preußen und Deutschland einfür allemal zu verbieten.(Sehr wahr l bei den Sozialdemokraten.)Statt dessen aber hat man Harting mit dem Roten Adler-Orden verschen. Wenn die preußische Regierung im Juli 1909behauptet hat, daß die russische Geheimpolizei in Berlin seit 1905nichts mehr zu tun habe, so ist das lediglich ein VerdunkelungS-versuch. Redner führt weitere Einzelheiten über die Tätigkeitrussischer Spitzel beim russisch-türkischen Kriege, beim russisch-japanischen Kriege und in Persien an. Als er davonspricht, daß der Zar einen Spitzel für ein Verbrechen be-flückwünscht habe, ruf ihn der Präsident zur Ordnung. Rednerllhrt des weiteren aus, wie die Spitzel, um ihre Unentbehrlichkeitzu beweisen, gezwungen sind, Verbrechen selbst zu inszenieren. Sohat ein Polizeikommissar einmal sogar ein Attentat gegen sich selbstinszeniert.(Hört! hört! bei den Sozialdemokraten.) Wie man inPreußen gelegentlich einmal gegenüber den Machinationen der Spitzeldie Flucht in die Oeffentlichkeit hat ergreifen müssen, so war eS auchin Rußland dar Fall. Dort war eö Lopuchin, der sich dazu ge-zwungen sah und der durch seine Enthüllungen wertvollesMaterial geliefert hat für die Beurteilung der russischen Polizei.Infolge der Enthüllungen hat sich die öffentliche Meinung in Europalebhaft mit diesen Vorgängen befaßt. So hat das französischeParlament unter Billigung der Regierung gefordert, daß dierussische Polizei ein für allemal aus Frankreich hinaus-zuweisen sei. Auch in Belgien und England wurdendiese Verhältnisse erörtert, nur in Deutschland ist nicht das aller«geringste geschehen. Als die Vorgänge in der Duma zur Sprachegebracht wurden, hat Stolypin einfach alles abgeleugnet und dierussische Regierung setzte ihrem Treiben die Krone auf, indem sieLopuchin verhaften und verurteilen ließ.Nach welchen moralischen Grundsätzen Rußland seine Politikbetreibt, zeigt sich ja auch bei seinem Borgehen Finnlandgegenüber, dessen Freiheit die russische Regierung gegen Gesetz undRecht zu erdrosseln sucht. Die Proteste der europäischen Parla-mentarier überschüttet die russische Regierung mit Hohn und Spott.Die deutsche Ehre sollte gebieten, daß man mit einem solchen Landenicht mehr in diplomatischer Verbindung bleibt. So lange sichRußland mit Verbrechern wie Azew, Harting usw. für soli«darisch erklärt, sollte kein zivilisierter Staat mit ihm inVerbindung bleiben.(Sehr war! bei den Sozialdemokraten.)Eher kann man mit irgend einem Räubervolk in Afrikain diplomatischen Beziehungen stehen, als mit dem Rußlanddes Galgens, der Pogrome, das jetzt wieder die Juden in un-rrhörtester Weise behandelt, wo die schwarzen Hundert, die den Mordeines Herzen st ein auf dem Gewissen haben, die e r st« G e i gfespielen. Aus politischen Gründen kommt die deutsche Regierungden Wünschen der russischen nach. DaS hat bereits Bismarckzugegeben. Gleiche Brüder, gleiche Kappen.(Sehr gut l bei denSozialdemokraten.) Wie intim die russischen Reaktionäre mit denpreußischen sind, beweist das bekannte Glückwunschtelegramm des echt-russischen Verbandes nach den Hottentottenwahlen von 1907 und diebegeisterte Liebeserklärung eines der berühmtesten Führer der schwarzenHundert für Herrn v. O l d e n b u r g. Ich erinnere auch anden russisch-preußischen Auslieferungsvertrag, den sogar die„Rhei-nisch-Westfälische Zeitung" als unhaltbar und der Ehre Preußensnickt entsprechend bezeichnete. All diese Beziehungen müssen mitRußland abgebrochen werden, da es dort weder Gesetz noch Rechtgibt. Es herrschen in Rußland noch immer die Standgerichte undwillkürliche Korruption ist an der Tagesordnung. Zweck unseres An-träges ist. von der Regierung eine Erklärung zu fordern, wie siesich zu unseren Enthüllungen über die russische Auslandspolitik stellt.Wir fordern eine Trennung von Tisch und Bett zwischen derpreußischen Regierung und der russischen Polizeiwirtschaft. Der an-ständige Teil des preußischen Volkes will nichts zu tun haben mitall dem russischen Schmutz, mit dem Preußen seine Finger besudelt.Präsident v. K r ö ch e r ruft den Redner zum zweitenmalzur Ordnung.Ich bin überzeugt, daß dies Gefühl geteilt wird von der über«großen Menge des Volkes draußen im Lande.(Bravo! bei denSozialdemokraten.)Das Wort wird weiter nicht verlangt. Der Antrag Borg«mann wird gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und desDänen abgelehnt.Nach debatteloser Erledigung einiger Petitionen vertagt sichdas Haus auf Freitag 11 Uhr.(Kleinere Vorlagen, Anträge,Petitionen.)Schlich 4'/« Uhr._Aus der luttizliommiision.Der§ 115 der neuen Strafprozeßordnung, bei betft'amDonnerstag die Kommission ihre Beratungen fortsetzte, behandeltdie Einlieferung des Verhafteten. Dazu beantragten unsere Ec-«offen: Wenn die Einlieferung des Verhafteten verzögert wird, istder fchuldige Beamte dem Verhafteten gegenüber ha f t p f l i ch-t i g, und zwar mit 100 M. für jeden Tag der Verzögerung. Auchhier sollte der Staat für den Beamten haften. Der Antrag wurdeaber gegen die Stimmen unserer Genossen und einer polnischenStimme abgelehnt.Zum§ IIS, der inhaltlich das Recht des Verhasteten, gegenden Haftbefehl Einwendungen zu erheben, umschreibt und die Be-Handlung dieser Einwendungen regelt, lagen von unseren Genossen■und vom Abg. Groeber Anträge vor, die einen wirklich g e-nügenden Schutz des Verhafteten bezwecken. Beide An-träge fordert"» in erster Linie in Ergänzung der RegierungS-Vorlage, daß die Einwendungen gegen den Haftbefehl von demUntersuchungsrichter in mündlicher Verhandlung behandelt werden.Des weiteren müsse der Verhaftete verlangen können, daß die von»hm angebotenen Beweismittel, die gegen seine Verhaftungsprechen, geprüft werden. Auf dieses Recht muß der Verhaftetehingewiesen werden. Lehnt der Richter die beantragte Beweis-erhebung ab, so soll der Verhaftete berechtigt sein, die erforder-lichen Beweismittel sich selbst beschaffen zu können. Auch sind zudieser Verhandlung Zeugen und Sachverständige zu laden. Dersozialdemokratische Antrag griff noch weiter. Er ver-langt außerdem, daß, wenn ein Vergehen oder Verbrechen denGegenstand der Untersuchung bildet, dem Verhafteten auf seinenKtUwig ein P e r t e j d.i ll er zu stellen ist. Ferner bestimmt dersozialdemokratische Antrag Fristen, innerhalb deren dke Verhand-lungen über den Hafteinwand stattzufinden haben. Gegen denEntscheid über den Einwand soll Berufung bei dem Schöffengerichtzulässig sein und der Einwand nach einem Zeitraum von zweiMonaten bei dem zuständigen Amtsrichter nerncut erhoben werdenkönnen.Die Regierungsvertreter wendeten sich gegen dieseAnträge, sie fanden bei den Antisemiten und National-liberalen Unterstützung. In der Debatte wurden eine großeAnzahl von Fällen angeführt, in denen Verhaftete monatelang un-vernommen in Haft gehalten wurden. Erst nach mehrstündigerDebatte, in deren Verlauf noch weitere Abänderungsanträge, diemehr oder minder weitgehende Abschwächungen des sozialdemokra-tischen Antrages und des Antrages Groeber bezweckten, konnte dieDiskussion geschlossen werden. Der weitgehendste Abschwächungs-antrag lag von dem Abg. Spahn vor. Die Abstimmung überden§ 116 und die dazu gestellten Anträge wurde aus Freitagvertagt.Der tz 117 enthält die Bestimmungen über die Unter-suchungshaft. Als Neuerung sieht der Entwurf vor, daß derVerhaftete sich selbst beköstigen und beschäftigen darf, wenn dadurchdie Ordnung und Sicherheit der Anstalt nicht gestört wird. Dazubeantragten einige Zentrumsabgeordnete, daß der Verhaftete untergleichen Bedingungen auch eigene Kleidung tragen undeinen Arzt, Geistlichen, Rechtsanwalt oder Notar empfangen darf.Ferner darf kein Untersuchungsgefangencr zur Reinigungoder Instandhaltung der Gefängnisräume ge-zwungen werden. Ein Antrag der Polen will den Unter-suchungsgefangenen gestatten, Drucksachen jeder Art zu be-ziehen, des Nachts seine Zelle zu beleuchten und ein eigenesBett zu beziehen. Ebenso soll ihm die Korrespondenz nichtverboten werden. Unsere Genossen beantragten, daß, wenn ausGründen der Ordnung oder Sicherheit den Verhafteten diese Rechtebeschnitten werden, die dafür maßgebenden Gründe aktenkundig zumachen sind.Der Regierungsvertreter hielt die Berücksichtigung aller be-rechtigten Wünsche für selbstverständlich. Man könne aber nichtalle Einzelheiten in der Strafprozeßordnung festlegen. Auch be-stehe jetzt schon in den Gefängnisordnungen keine Bestimmung,wodurch der Untersuchungsgefangene zur Reinigung der Gesang-nisräume gezwungen werden kann.Genosse Stadthagen wies an der Hand von zahlreichen Bei-spielen aus dem Gefängnisleben die Notwendigkeit der gestelltenAnträge nach. Die weitere Diskussion über den§ 117 wurde aufFreitag vertagt._Derbaudstag der Kacker und Ksndttorea.Zu Beginn des dritten Verhandlungstages(Donnerstag) be-schloß der Verbandstag eine Kundgebung für die ausgesperrtenBauarbeiter. Einstimmig wurde eine Resolution angenommen,welche den ausgesperrten Bauarbeitern die Sympathie des Ver-bandstages ausspricht, ferner konstatiert, daß sich die Mitgliederin allen Zahlstellen an den Sammlungen für die Ausgesperrteneifrig beteiligten und die Mitglieder ersucht, in dieser Hinsichtauch serner ihre Pflicht zu tun. Der Verbandsvorstand wird er-mächtigt, aus den verfügbaren Mitteln der Organisation nachKräften zur Unterstützung der ausgesperrten Bauarbeiter bei-zutragen.Die Tagesordnung wird forlgesetzt, indem der Verbands-Vorsitzende Allmann das Schlußwort zum Geschäftsbericht er-hielt. Er ging aus die vorliegenden Anträge ein und sagte unteranderem: Grenzstreitigkeiten mit anderen Organisationen be-stehen nicht. Die früheren Differenzen mit dem Fabrikarbeiter-verbände wegen der Organisierung der Hilfsarbeiter in Schokoladen-fabriken sind zur beiderseitigen Zufriedenheit erledigt.— Einebesondere Herausgabe von Agitationsmaterial gegen die Gelbenist nicht erforderlich, denn die Gelben haben keine wesentliche Be-deutung mehr, und was an Agitationsmaterial gegen sie erforder-lich ist, findet sich im Jahrbuch und in der Zeitung des Verbandes.In der Gauleiterfrage empfiehlt die gestern abgehaltene Kon-ferenz, es bei den bisherigen Verhältnissen zu belassen, nämlichdie drei besoldeten Gauleiter in Berlin, Hamburg und Bayern,sowie den unbesoldeten Gauleiter in Sachsen bestehen zu lassen,weitere Gauleiter aber nicht einzusetzen, sondern das System derBezirksleiter weiter auszubauen und wo es notwendig ist, solcheanzustellen.— Die Herausgabe bon Blättern durch einzelne Mit-gliedschaften erklärte der Redner als unzulässig.Einstimmig wurde die Entlastung des Verbandsvorstandesausgesprochen.— Die vorliegenden Anträge wurden im Sinne derAusführungen Allmanns erledigt.— Dem Verbandsredakteurwurde ein Antrag überwiesen, welcher die besondere Berücksichti-gung der Verhältnisse in Großbetrieben wünscht. Ferner wurdedem Redakteur anheimgegeben, eine besondere Beilage für dieArbeiterinnen einzurichten, und wenn dieselbe sich später be-währt haben sollte, die Lieferung der„Gleichheit" an die Weib-lichen Mitglieder einzustellen.— Hinsichtlich der Herausgabe vonBlättern der Mitgliedschaften wurde der Beschluß von 1397 er-neuert, welcher besagt, daß neben dem Verbandsorgan keineanderen Prcßorgane der Mitglieder bestehen dürfen.— Hierzuwurde noch eine Resolution angenommen, welche die Herausgabeeines Mitteilungsblattes der Dresdener Mitgliedschaft mißbilligt.Zum folgenden Punkt der Tagesordnung: Lohnde wegun-gen und Streiks, referierte Redakteur L a n k e s. Hamburg.?in einem längeren Vortrage begründete er eine Resolution, welcheür die Lohnbewegungen des Verbandes die folgenden Richt-linien zieht:'I.„Die 12. Generalversammlung des Verbandes der Bäcker,Konditoren und verwandten Berufsgenossen Deutschlands fordertdie Zahlstellen auf, in allen Orten und Betrieben, wo die Be-schäftigten organisiert sind, zu günstiger Zeit den Kost- und Logis-zwang beim Unternehmer zu beseitigen. Durch Belehrung undAgitation sind die Berufsangehörigen über die unsere Gesundheitund wirtschaftlichen Interessen schädigenden Uebel— durch denKost- und Logiszwang beim Unternehmer hervorgerufen— auf.zuklären.An Stelle der Entlohnung in Naturalien hat der Barlohn zutreten und müssen unsere Forderungen überall darauf gerichtetsein, einen Mindestwochenlohn für letztere Arbeiter festzusetzen.Jede Festsetzung bestimmter Löhne für die einzelnen Kategorienund noch mehr die Klassifizierung der Betriebe nach ihrer Größein verschiedenen Lohnklassen ist möglichst zu vermeiden.In solchen Städten, wo der Kost- und Logiszwang beimUnternehmer ganz oder teilweise beseitigt ist, werden die Zahl-stellen aufgefordert, ihr Bestreben darauf zu richten:1. daß eine Verkürzung der täglichen Arbeitszeit aufhöchstens 10 Stunden, inklusive Pause von mindestens einerStunde;2. in allen Betrieben mit mehreren Schichten auf täglich8 Stunden, inklusive einer Pause von einer halben Stunde,durchzuführen ist.3. Gleichzeitig mit der Verkürzung der täglichen Arbeits-zeit muß die sechstägige Arbeitswoche gefordert werden. Insolchen Gegenden, wo nur teilweise Sonntagsarbeit üblich ist(Rheinland und Westfalen), ist die vollständige Beseitigungderselben anzustreben. In allen anderen Landesieilen istein wöchentlicher freier Tag mit 36stündiger Ruhepause zufordern.Verzicht der Kollegen auf den Ruhetag gegen materielleEntschädigung ist unzulässig und wird dem Streikbruch gleicherachtet.Hinsichtlich der Abschaffung der Nachtarbeit fordert die12. Generalversammlung von der Reichsregierung, Bestimmungenzu erlassen, nach welchen:1. die Nachtarbeit für die Lehrlinge und jugendlichenArbeitskräfte unter IL Jahre ausnahmslos;2. für die erwachsenen Arbeiter die regelmäßige Nacht«grbeit verboten wird.Die JnnungsarbeitSna'chKeise sin? unker a?en ümstänfc» zubekämpfen und bei den Lohnkämpfen ist danach zu streben, daßParitätische Arbeitsnachweise unter Angliederung an die städti«scheu Arbeitsnachtveise errichtet werden.Bezüglich der unverantwortlich großen Lehrlingshaltung mußdas Streben der Organisation darauf gerichtet sein, daß durchentsprechende Forderungen die Höchstzahl der Lehrlinge herab-gesetzt wird.Auf die Einhaltung der Bundesratsverordnung muß unterallen Umständen gesehen werden, desgleichen, daß bei den Lohn-kämpfen durch Forderungen die Arbeitszeit verkürzt wird.II.Für die in der Großindustrie(Schokoladen-, Kakao-, Zuckerwaren«,Kakes-, Leb- und Honigkuchen- sowie Teigwarenfabriken) beschäf-tigten Arbeiter und Arbeiterinnen fordert die 12. Generalver-sammlung zunächst:1. eine tägliche achtstündige Arbeitszeit, inklusive einerStunde Pause, für alle jugendlichen Arbeiter und Arbeite-rinnen unter 18 Jahre;2. eine tägliche Ivstündige Arbeitszeit, inklusive einerStunde Paule für alle Arbeiter und Arbeiterinnea über18 Jahre;3. Arbeitsschluß für die Arbeiterinnen an den Bor»abenden der Sonn- und Festtage mittags 12 Uhr unter An»rechnung des vollen Tagesverdienstes;4. vollständige Beseitigung der SonntagSarbeit und Ein-fchränkung der Ueberstunden;5. Festsetzung von ausreichenden Mindestlöhnen;6. Abschaffung der Akkord- und Prämiensysteme;7. Unterlassung der Leibesvisitation bei den Beschäftigten.Ferner ist von der Regierung zu fordern:1. Verbot der Beschäftigung aller Kinder unter 14 Jahre;2. Erlaß von Vorschriften über die sanitäre Einrichtungder Betriicke;3. Verbot der Heimarbeit für die Produkte genannterIndustrie.Die 12. Generalversammlung fordert die Zahlstellen auf. fürdiese Forderungen der Organisation die Propaganda bei allenin der Großindustrie beschäftigten Arbeitern und Arbeiterinnenzu entfalten."Nach Schluß des Referats begrüßte der Vorsitzende A l l m a n nden anwesenden Genossen Z u b e i l als einen Vertreter der Jnter«essen der Bäckereiarbeiter im Reichstage sowie dir GenossinnenLuise Zietz, Ottilie Baader und W i l h e l m i n eKühler als eifrige Agitatorinnen für die Bestrebungen der Or»ganisation.Die Diskussion über das Referat LankeS' war in der Haupt-fache eine Besprechung der in den letzten Jahren geführten Streiksund der dabei gemachten Erfahrungen. Zu der Resolution wurdevon einer Seite verlangt, daß auch das Verbot der Nachtarbeitin den Bäckereien gefordert werde. Von anderer Seite wurde dieseForderung zwar als berechtigt, aber zurzeit nicht durchführbar be«zeichnet, da das große Publikum nicht auf frisches FrühstückSgebäckverzichten werde.— Nach einem Schlußwort des Referenten wurdedie Resolution angenommen mit dem Zusatz, daß hinsichtlich derFabrikation von Schokoladen-, Zuckerwaren usw. an die Gesetz-gebung auch die Forderung gestellt werde, daß die Herstellungsolcher Waren in Strafanstalten verboten wird. DaS Verbot derNachtarbeit in Fabriken wurde ebenfalls in die Resolution avf«genommen.Huö Induftrie und HandelDiSkontermaßigung.Die Bank von England ermäßigte am Donnerstag, den 2. Juni,ihren Diskont um Proz. auf SV, Proz.Großhändler gegen d»S Konsumenteninteress«.Der Verband deutscher SchuhwarenengroShändler(Sitz Berlin)beschloß auf seinem Berbandstage in Nürnberg, gegen die Grossisten»firmen, die mit einem geringen Aufschlag auf den Engrospreis dieSchuhwaren direkt an die Konsumenten verkaufen, vorzugehen. DieFabrikanten, die derartige Firmen bedienen, sollen aufgefordert werden,Lieferungen zu unterlassen, so lange die beziehende Firma nicht an-gemessene Berkaufspreise stellt.Wenn die in Betracht kommenden Firmen mit dem geringenAusschlag existieren können, und das ist der Fall, dann find ihrePreise angemessen. Was die Großhändler wollen, ist im Effekt daS«selbe, als wenn Arbeiter neue Maschinen zertrümmern, weil diesebilliger arbeiten. Die Konsumenten werden gut tun, sich energischauf die Seite der mit dem Bohlott bedrohten Firmen zu stellen.Aktiengesellschaften. Nach der amtlichen Stattstik blieb dieGründungslätigkeit im verflossenen ersten Bierteljahr hinter den Er»gebnissen früherer Jahre zurück. Es erfolgten Neugründungen:Zahl der Aktiengesellschaften �"M�Ma?�1910 1909 1908 1910 1909 19081. Vierteljahr 3g 42 43 46 134 85 065 47 575Von den Neugründungen im ersten Quartal 1910 gingen neunGesellschaften(1909: 17) aus bereits bestehende» Unternehmenhervor.Konzentration in der Kaliindustrie. Die Gewerkschaft Winters«hall, die erst bor wenigen Tagen die Aktienmajorität der KaliwerkeBismarckshall erwarb, hat sich nun auch In den Besitz der Mehrheitder Kuxe des Kaliwerkes Hüpstedt gesetzt.Enorme Preisdifferenzen. Die Angebote an die IntendanturdeS Gardekorps für die Lieferung von Fleisch sowie Wurst für dieTruppenküchen und Lazarette der Berliner Garnison ergab folgendeResultate: Für LoS 1(Rind-, Kalb- und Hammelfleisch) wurden7 Gebote abgegeben. Das Höchstgebot betrug 414 764 M., daSMindestgebot 363 118 M. Die Differenz betrug also hier zirka52 000 M. Für LoS 2(Schweinefleisch und Wurst) wurden nur5 Angebote abgegeben. Das Höchstgebot betrug 385 676 M., dasMindestgebot 859 824 M., sodaß sich hier eine Differenz von25 852 M. ergibt._DaS Wachstum des Kapitalismus.In der Frühjahrsversammlung des„Iran and Steel Institute"hielt der Herzog von Devonshire, deffen Familie durch ihren Grund«besitz in Lancashire und Derbhshire und den dort betriebenenEisenerzbergbau und durch die Barrow Hematite Steel Company inenger Beziehung zur Eisenindustrie steht, einen Vortrag über dieEntwickelung der sozialen und wirtschaftlichen Verhältniffe in de»letzten vierzig Jahren.Das Anwachsen der Bevölkerung und der Eisenerzeugung ver»anschaulichte er dabei durch folgende Tabelle:1869 1908Einwohner Roheisen«. Gestteg. Tonnen Gesttea.in erzeug, w �sUW. in Roheisen inMillionen Mill. Tonnen M'UwN- Proz. in Mill. Proz.Großbrittanien 31 5,5 45 46 9.1 66Deutschland. 38,7 1.4 64,5 56 11.8 740ver. Staaten. 38 1.7 89 134 15,9 830Frankreich.. 38,4 1,4 39,3 2 8.4 147Insgesamt HÜ 100 237,8 238 402 1763~Interessant ist schon der Vergleich der WachStumSziffern derEinwohner in den einzelnen Staaten, die Union schießt mit einerSteigerung von 134 Proz. den Vogel ab.In der Roheisenerzeugung ist Deutschland den Vereinigten Staatenviel näher gekommen als im Wachstum der Einwohner. Die Ein«wohner der Bereinigten Staaten sind zum geringsten Teil im Lande