L-rhSltnis z» ihren Kinder»äußert sich die Angeklagte dahin, ich habe meine Kinder lieb undhabe fie gut behandelt, freilich bin ich auch zu ihnen launenhaft ge-Wesen. Meinen Jungen habe ich, als er zwei Jahre alt war, em-mal, als er nackt war,- geschlagen, ich glaube aber nicht, daß das,wie mir vorgehalten wird, auf sadistischer Neigung beruhte. Ichhatte einenDrang zur Sünde,gegen den ich ankämpfte, dem ich aber stets unterlag. Ich schämtemich, einen Nervenarzt zu befragen. Bor dem vorübergehendenAufenthalt in einem Sanatorium oder in einer Irrenanstaltfürchtete ich mich. Ob mein Mangel an Willensschwächeauf erotischem Gebiet auf eine mangelhaste Erziehung,auf den Wechsel mit den Gouvernanten, auf das fehlendeVertrauen zu meiner Stiefmutter oder worauf sonst zurückzuführenist, weiß ich nicht. DaS müssen die Aerzte bester wissen. Richtigist, daß ich einmal 14 Tage lang in Berlin mich aufgehalten, ineiner Pension gelebt habe und erotischen Neigungen gefolgt bin.Auch in Wiesbaden unterhielt ich während eines vierwöchentlichenAusenthaltes Beziehungen zu Männern. Dem Alkohol neige ichnicht zu. Zu HauS trinke ich nur Wasser, in Gesellschaft ein GlasSekt. Es ttifst zu, daß es kaum eine Zeit meines Ehelebens gab,in dem ich nicht einen illegitimen Verkehr unterhalten hätte. Ichwar sehr nervös. In diesem Zustande habe ich mich auch zu Miß-Handlungen von Dienstboten und eines Haushundes hinreißenlasten. Ob hierbei erotische Neigungen eine Rolle gespielt haben,weiß ich nicht. AnKrämpfen,Lach- und Weinkrämpfen, auch an Nachtwandeln habe ich gelitten.Die Frage eines Geschworenen, ob sieunberührt in die Ehegetreten, bejaht die Angeklagte und beschreibt die unzüchttgenHandlungen, die ihr KonsirmationSgeistlicher mit ihr vorgenommen,und ihre Jnttmitäten mit Männern vor der Ehe.Selbstmordversuchehabe ich wiederholt gemacht. Ich hatte dann die Stimmung: ichwill nicht mehr leben. In Bernstadt nahm ich Hcrbstzeitlosengiftzu mir, in Allenstein mal Morphium, mal Opium, einmal nach einemStreit mit meinem Manne, ein ander Mal, weil ich aus Eifersuchteinen anonymen Brief an eine Offiziersdame geschrieben hatte. Mirwar erzählt, die Dam« sei in einer Gesellschaft, die ich wegen eine»TrauerfallcS nicht besuchte, sehr elegant gekleidet gewesen. Daschrieb ich, sie hätte sich benommen und gekleidet wie eine von derFriedrichstraße. Unmittelbar darauf bereute ich das und bat dieDame um Verzeihung. Daß ich noch Selbstmordversuche durch Auf-schneiden der Pulsadern und durch Erwürgungsversuche mit einemTuch unternommen habe, wie mir vorgehalten wird, mag sein. Icherinnere mich aber nicht, wie überhaupt manchmal die Erinnerungmir völlig schwindet. Lebensüberdruß hatte ich schon als Mädchen.Ich litt stets an starkem Stimmungswechsel.Ein Geschworener fragt, ob die Angeklagtean ein höheres Wesen glaubt?Vors.: Sie sind evangelisch und waren verheiratet mit einemstreng katholischen Manne. Man findet häufig in militärischenKreisen eine große Religiosität. Wir Alten haben ja Gott kennengelernt, Herr Justizrat Sello wird mir das bestätigen.— An«geklagte: Mein Mann hat darüber mit mir nicht gesprochen?—Vors.: Und Sie selbst?— A n g e k l.: Ich bin in Allenstein nureinmal zur Kirche gegangen. In der Kirche sehen sich die Leute dochbloß gegenseitig an. Das war mir zuwider.— Vors.: GlaubenSie an den lieben Gott?— Angel l.: Wenn auch nicht so wie inder Schule, so habe ich doch meinen Glauben und auch in demSinne meine Kinder erzogen.Hierauf wird wieder dasVerhältnis der Angeklagten z» Herrn v. Gäbenerörtert. Angeklagte erwidert auf eine große Reihe von Vor-Haltungen: v. Göben wollte mich heiraten. Ich hatte keine Neigung,mich scheiden zu lassen, v. Göben war sehr erregt, deshalb wider-sprach ich nicht ausdrücklich, v. Göben drang ständig in mich, michscheiden zu lassen. Verliebt war ich in v. Göben, aber ich sagteihm. wir würden doch nicht glücklich sein. v. Göben gegenübermußte ich vorsichtig sein, weil er auf meinen Mann eifersüchtig war.Ich fürchtete, er könne sich und mich totschießen. DiePläne zur Ermordung meines MannrShabe ich keineswegs unterstützt, von Goeben sprach von einemDuell.Er sagte, ein solches mit oder ohne Zeugen fei eine ehrlicheSache, von Goeben wollte wohl meinen Mann fordern, wenn ermich nicht für ihn frei geben würde. Ich sagte ihm: meinetwegenschießt sich mein Mann nicht. Unwahr ist, daß ich von meinemManne getragene Strümpfe Herrn von Goeben verschafft habe,damit er, ohne daß der Hund anschlägt, in die Wohnung dringe.Diese Angabe des Herrn von Goeben wie viele andere vonihm, widersprechen der Wahrheit. Er würde si», mir gegenüber-gestellt, wohl nicht auftccht erhalten haben. von Goebenplante erst, meinen Mann im Walde zu erschießen. Umdas zu hindern, behauptete ich einmal, mein Mann fei in Begleitungin den Wald gegangen, während er tatsächlich allein war. DasRenkonrer in der Wohnung habe ich keineswegs ver-anlaßt. Ich hatte keinen Grund, den Tod meines Mannes zuwünschen.Als der Vorsitzende der Angeklagten vorhält: es wird daraufankommen, ob wir Ihnen oder der Stimme, die aus dem Grabe zuuns heniberschallt. glauben, befällt die Angeklagte ein Erregungs-zustand, der eine längere Pause erforderlich macht.Nach der Pause beantragt die VerteidigungLadung des Majors Tupschewski.Dieser war als Instrukteur nac$ der Türkei gegangen und hattelegraphisch mitgeteilt, daß er nicht erscheinen könne, da nianihm den Urlaub verweigere. Der Vorsitzende hatte auf denWunsch, den Zeugen nochmals zu laden, geantwortet: Wir kön-nen ooch deshalb mit der hohenPforte keinenKrieg anfangen! Der Zeuge ist außerdem kommissarisch inAdrianopel vernommen. Die Verteidigung benennt den Zeugendarüber:„Herr von Göben habe ihm schon drei Monate vor demTode des Majors von Schönebeck erklärt, er wolle sich mit ihmin der Art eines amerikanischen Duells auseinandersetzen. ErHab« gehofft, mit ihm im Walde allein darüber sprechen zu können,es sei aber stets eine dritte Person mit dabei gewesen. Durchdas Weihnachtsfest, habe von Göben ferner erklärt, fei die Be.gierde wieder cuoacht worden, die Angeklagte für immer zu be-sitzen. Er sei in der Nacht eingestiegen, um sich mit Herrn vonSchönebeck auseinanderzusetzen. Dieser hätte ihm aber mit ge-spanntem Revolver gegenübergestanden, den Rovolver erhoben undlosgedrückt. Er hätte das Anschlagen des Hahnes deutlich gehörtund darauf im nächsten Moment geschossen. Göben wäre einLandsknecht mit viel Don Ouichoterie." Es wird beschlossen, denMajor Tupschewski tclegraphisch zu laden und sich eventuell andas türkische Kriegsministerium zu wenden.Der Vorsitzende hält der Angeklagten vor, was von Göben amV. Januar 1908 über den Plan einerErmordung durch Giftausgesagt hat. Die Angeklagte erwidert: von Göben gab mirein« Flasche Arsenik und sagte mit verzweifelter Stimme, wirmüssen ein Ende machen. Es ist nicht wahr, daß ich das Giftvon ihm verlangt habe. Später gab er noch ein zweites Fläschchen,insgesamt gab er 50 Zentigramm. 15 Zentigramm fehlten indem Fläschchen, weil ich es fortgenommen.habe, um mich zu vergiften. Frau Graetz hat mich hieran gehindert. Unwahr ist, daßich einen Vergiftungsversuch an meinem Mann vorgenommenhätte. Bei der weiteren Vernehmung äußert die Angeklagte:Richtig ist, daß ich Herrn von Göben gebeten habe, aus demSchreibtischmeines Mannes Briefe zu entwenden, die mein Mann an sichgenommen hatte und mir bei Streit stets vorhielt und drohte, siemeinem Bruder auszuliefern. Es waren das Briefe von Lieb-habern an mich. Den Nachschlüssel hierzu ließ von Göben an-fertigen. In dem Schreibtisch fanden wir auch das Testament,indessen habe ich nicht das geringste Interesse daran, da das Ver-mögen, etwa 80 000 M., selbstverständlich meinen Kindern ge-hört. Ich besitze ein Einkommen von jährlich etwa 20 000 M. AndemSchwur unter dem Weihnachtsbaum,ist kein tvcrhres Wort. Wir waren den 24. Dezember nicht allein.Stets waren die Kinder oder Fräulein Eue bei mir. Als mir derangebliche Schwur vorgehalten wurde, habe ich sofort gebeten,mich Herrn von Göben gegenüberzustellen. ES ist kein Wort vonder Behauptung von Göbens wahr, daß von einer Hoffnung, unszu heiraten, unter dem Weihnachtsbaum gesprochen ist, daß ichauf seine Erklärung hin, er sei bereit, gefragt habe: Schwörst Dumir daS?, und daß er ferner erwidert habe: Ja, ich schwöre eslMit aller Entschiedenheit bestreite ich das. Von dem Schwur istauch in der ersten Vernehmung des Herrn von Göben kein Wortgesprochen.Am 24. war von Göben bei der Bescherung zugegen. Abendshabe ich im Schlafzimmer noch eine Bescherung mit ihm borge-nommen.Briefwechsel mit der Mutter des Herrn von Göben.Vors.: Sie sagen nun, den Gedanken, die Vereinigung mitHerrn v. Göben nach dem Tode Ihres Mannes herbeizuführen,hätten Sie mehr als eine Phantasie und Spielerei des Herrn vonGäben aufgefaßt, und Sie seien nur scheinbar darauf eingegangen,um ihn zu beruhigen. Nun ist das Merkwürdige bei der Sache,daß Sie sich schon mit der Mutter des Herrn v. Göben geschriebenhaben, und daß Sie ihr mehrfach in den Briefen zu erkennengaben, daß Sie Herrn v. Göben heiraten wollten, obwohl die Ehenoch bestand.— A ng e k l.: Das hatte er seiner Mutter geschrie-ben, und ich war zu schwach, ihm zu widersprechen. Es war ebenwieder ein Zeichen meiner Schwäche, daß ich da nicht widersprochenhabe.— Bors.: Aber Sie haben der alten Dame auch Geschenkegemacht, ebenso wie sie Ihnen zum letzten Weihnachtsfest etwasschickte, daS nicht mehr in Ihre Hände gelangt ist. Auch Ihr Bildhat die alte Mutter besessen.— A n g e k I.: DaS weiß ich nichtmehr.— Vors.: Die alte Dame schreibt ausdrücklich in einemliebenswürdigen Briefe: Meine liebe Toni, jetzt habe ich meineLieben bei mir, aus der einen Seite das Bild meines SohneS, aufder anderen die geliebte Tochter.(Bewegung.)— Die Bert ei-big er bemerken, daß dieser Brief niemals in die Hände der An-geklagten gelangt ist, da sie inzwischen verhaftet wurde.— Vors.:Die alte Dame spricht aber in diesem Briefe weiter davon, daßdie Scheidung doch hoffentlich bald durchgeführt sein werde, undbaß sie dann zufrieden und glücklich sein werde an der Seite desEdelsten, den es gibt. Die alte Dame scheint also auch sehr fürihren Sohn geschwärmt zu haben.— Staatsanwalt: DieAngeklagte sagt, sie erinnere sich an diese dielen Briefe, die sie deralten Dame schrieb, nicht mehr. Erinnert sie sich deshalb nichtdaran, weil es zu viel Briefe waren, oder bohauptet sie, über-Haupt keinen Briefwechsel mit ihr unterhalten zu haben.—Angell.; Ich gebe zu, es sind mehrere derartige Briefe ge-schrieben worden.— Vors.: Sie hatten also nicht i>as Gefühl,daß man die alte Dame nicht in dieser Weise in die Angelegenheithineinziehen wollte.— Die Angeklagte erwidert nach länge-rem Ueberlegen: Er hat mich sehr geliebt und bat mich, seineralten Mutter ein paar Zeilen zu schreiben. Darauf schrieb ich deralten Dame. Sie antwortete mir so nett, daß ich ihr wieder-schrieb.— Vors.: Es liegt noch ein weiterer rührender Brief desSohnes vor, t>a heißt eS:„Ihr Bild hat Dich schon entzückt, wiewirst Du erst entzückt sein, wenn Du sie persönlich kennen lernst."— Die Verteidiger erheben Einspruch gegen die weitere Ver-lesung des Briefes.— Der Vorsitzende bemerkt, daß er dieVerlesung später eingehend vornehmen werde, da sie nur alsMuster in die Stickerei des Prozesses hineingehörten.Die weiteren Verhandlungen werden auf heute vormittag9 Uhr vertagt._.Hue IncUiftne und HandelKanal- und Flußschiffahrt.DaS rapide industrielle Wachstum im Ruhrrcvier spiegelt sichauch in der Schiffahrt.Die bisherige Entwickelung des Verkehrs auf dem Dortmund«EmS-Kanal ergibt sich auS folgenden Zahlen:Prozentuale AenderungTonnenkilometerJahrgegenüber dem VorjahrSteigerung(-ft)Minderung(—)*1899.. 19 795 2921900.. 50 619 335 4- 156 Proz.1901.. 81721 169-- 61„1902.. 131 872 855-f 61„1003.. 208 091 580-ft 53.1904.. 197 576 456— 5.1905.. 237 667 058-s- 20„1906.. 294 051 629-- 24.1907.. 343 242 906-- 17„1908.. 445 828 216-j. 30.Im letzten Halbjahre 1909 war eine erhebliche Minderung desVerkehrs zu verzeichncii, die zurückzuführen ist auf den schwe«dischen General st reik. Von Schweden kommen nämlichgroße Erz- und Holztransporte nach Dortmund. DaSlaufende Jahr bringt eine riesige Steigerung des Verkehrs. Mehrwie in früheren Jahren wird der Kanal jetzr auch für Kohlen-transporte benutzt. Seine Hauptbedeutung wird der DortmunderHajen freilich erst erlangen, wenn die Verbindung mit demRhein hergestellt ist. Für einen größeren Verkehr werden alleVorbereitungen getroffen. Nachdem erst vor zwei Jabren ein neuesHafenbecken dem Betrieb übergeben wurde, werden in einigenMonaten zwei weitere Hafenbecken fertiggestelltsein. Buch ein neuer Kohlenkipper wird in Betrieb ge-uommen werden. DaS Kohlensyndikat hat sich einen zweiten un-geheueren Lagerplatz gesichert. Der bisherige Lagerplatz tst übrigensauch ein Rterkzcichen der wirtschaftlichen Krise;es lagern dort Bt engen Kohlen im Werte vonf ü n t M i l l i o n e n Mark.Der Verkehr auf der städtischen Hafenbahn nahm folgende Eni-Wickelung:Jahr1899.1900.1901.1902.1908.1904.1905.1906.1907.1903.Tonne»101 13465 170133 549143 519142 138159 763284 691396 950589 245898 606Prozentuale Aenderunggegenüber dem VorjahrSteigerung(ft-jMinderung(—)— 36 Proz.+ 113„+ 0„- 1„12.78.39.48„53..schiffahrtSgesellschast Dortmund-Ems,«. m. V. H., Leer, und tatVersügungsrecht über eine Anzahl weiterer Fahrzeuge, so daß die„Westfälische Transport- Aktien- Gesellschaft" über 73 Kanalkähne,3 Kanal-Seekähne, 4 Güterdampfer und 22 Schleppdampfer verfügt.Natürlich sind noch mehrere Schiffahrtsunternehmungen vorhanden.Die folgende Tabelle gibt einen Vergleich zwischen der Entwickelungdes Verkehrs auf den deutschen Hauptströmen und einigen KanälenDeutschlands. Der durchschnittliche Tonnenverkehr pro Kilometerbetrug in 1000:Der Erzbedarf der Dortmunder Union ist in der Eisenbahn-statistik nicht enthalten.Für de» Transport auf dem Kanal kommt in erster Linie die.Westsälische Transport- Aktien« Gesellschaft" in Frage. Die Flottedieser Gesellschaft bestand am 1. Juli 1909 aus 55 Kanalkähnen,3 Kanal- Seekähnen, 4 Güterdainpfern und 11 Schleppdampfern.Außerdem erwarb die Gesellschaft 59 Proz. der Aktien der Schlepp-Wenn sich auch die übergroßen Hoffnungen noch nicht erfüllten,die man an den Dortmund- Kanal knüpfte, so ist doch kein Anlaßvorhanden, der immer wiederkehrenden Kritik der Agrarier zu«zustimmen. Der Dortmund-Ems-Kanal hat eine Zukunft, aber erkann seine Aufgaben erst dann erfüllen, wenn eine Verbindung mitdem Rhein und schließlich mit der Weser und Elbe geschaffenworden ist._Vennircbtee.erdbcbcnhataftrophe in Svciitalien.Wieder einmal ist das sonnige Italien von einem schweren Erd»beben heimgesucht worden, das eine große Anzahl Menschenlebenvernichtete. Wie uns ein Telegramm aus Neapel meldet.wurde dort Dienstag früh kurz nach drei Uhr ein wellenförmiger.mehrere Sekunden anhaltender Erdstoß verspürt. Viele Einwohnerverließen ihre Häuser. Auch in Benevento, Cosenza,Castellammare di Stabia, Potenza und Eonstanzaist der Erdstoß verspürt worden. In Avellino war der Stoßso stark, daß die gesamte Bevölkerung ihre Wohnungen verließ; inder Gemeinde C a l i t r i stürzten mehrere Häuser ein, neunLeichen sollen aus den Trümmern geborgen worden sein. DerPräfekt hat militärische Hilfe abgesandt.In der Gemeinde B a l l a t a find zahlreiche Häuser eingestürzt oder beschädigt; eine Person ist getötet, mehrere sindverletzt worden. In der Gemeinde San S i z i o sind vieleHäuser sehr beschädigt, die Kirche ist gefährdet. In L i o n iist der angerichtete Schaden weniger beträchtlich. In Sant'Andrea di Conza sind mehrere Häuser eingestürzt.In C a st e l B a r o n i a hat das Erdbeben eine Reihe von Be-schädigungen an Häusern und Kirchen verursacht. In einem Bureauist die Decke eingestürzt. Eine Frau ist schwer, sechsweitere Personen sind leicht verletzt worden. In San F e l e imDistrikt Meist ist durch den Erdstoß ein HauS zum Ein-stürz gebracht und eine Anzahl Personen verschüttet worden. In der Gemeinde C a l i t r i sind bisjetzt 20 Leichen geborgen. DaS Land zeigt fast überall großeRisse. Auch in vielen anderen Orten hat das Beben lebhafte Beunruhigung der Bevölkerung hervorgerufen. AuS Furcht vor weiterenErdstößen kampieren die Einwohner im Freien. Derdurch die Katastrophe angerichtete Schaden ist enorm. Rettungskolonnen werden organisiert und gehen nach den vom Unglück bettoffenen Landschaften ab.Der Ministerrat hat beschlossen, daß der Minister der öffentlichenArbeiten sich unverzüglich in das Erdbebengebiet begibt. Minister-Präsident Luzzatti hat 50 000 Lire für die vom Erdbeben Betroffenen gespendet._Neue Opfer der Prinz-Heinrich-Fahrt.Die unsinnige Autoraserei, Prinz-Heinrich-Fahrt genannt, hat amDienstagmorgen zu einem schweren Unglück geführt. ZwischenHeiligkreuz und Meienheim im Elsaß sollte eineSchnelligkeitsprüfung der beteiligten Wagen vorgenommenwerden. In wahnsinniger Hetzjagd suchten dte Automobile dabeieinander den Rang abzulaufen; an dem Wagen Nr. 57, der vondem Besitzer H ei n e- Hannover gesteuert wurde, sprang plötzlich ein Gummireifen ab, der Führer verlor die Führung,der Wagen rannte mit aller Wucht gegen einen Baum,überschlug sich und wurde vollständig zertrümmert.Der Chaffeur B r u n n e r und der Unparteiische A l l e n st e d t ausSiegburg sind tot, der Lenker des Wagens, Herr Heine, istschwer verletzt. Auch ein Zuschauer wurde durch umher-fliegende Trümmerstücke s ch w er v er le tz t. DaS Rennen wurdevorläufig e i n g e st e l l t.Zu wünschen wäre eS, daß die Fahrt nicht nur borläufig,sondern entgültig eingestellt wird, sind doch außer diesem großenUnglück eine Reihe anderer Unfälle zu verzeichnen, bei denen nurdurch besondere GlückSumstände Menschenleben nicht vernichtet wurden.Reiche Betrüger.Die amerikanische Millionärin Mathilde SheSborough warvor einigen Tagen in New Dock abgefaßt worden, als sie ber-suchte, Wertsachen, die sie von einer Vergnügungsreise nach Europamitbrachte, in ihre Heimat einzuschmuggeln. Am Montag wurdesie deswegen zu 5000 Mark Geldstrafe verurteilt. Der Richter er-klärte, daß lediglich ihre bisherige Unbescholtenheit sie vordem Gefängnis bewahrt habe, und fügte hinzu, die Manierder reichen Amerikaner, alles mögliche nach den VereinigtenStaaten zu schinuggel», mache eine ganz ex e m p l a r i s ch e B e-st r a s u ii g n o t iv e ii d i g.Bei den sich häufenden Beriirteiluiigen von Millionären wegenSchmuggelei wird es wohl nicht lange dauern, bis die Medizinerentdecken, daß eS sich um eine Krankheit handle. Natürlich könnennur gleiche von dieser Krankheit befallen werden, genau wie Dieb-stahl beim Armen ein Verbrechen, beim Reichen Krankheit ist.Trauermusit für einen Viehwagen.Ein Irrtum, der trotz seines ernsten Hintergrundes viel Heiterkeithervorrief, passierte bei einer Beerdigung im südlichen Schleswig.Die Leiche des Verstorbenen sollte nach dem im Nachbnrdorfe be»findlichen Friedhof übergeführt werden.! Jm Glockenturm hielten dieGlockenläuter scharfen Ausguck, ob sich auf der Londstratzeder Leichenzug heranbewege. An einer außerhalb des Kirch«dorfes befindlichen Wegebiegung hatte ein Musikkorps Auf-stellung genominen, das beim ersten Anschlagen der Glockeneinen Trauermarsch spielen sollte. Den Glockcnlnutern wurdedie Zeit rcchr lang, schließlich sahen sie aber einen Kutscherzwischen den Knicks auftauchen und feierlich hallten die erstenlockentone über die Fluren. Jetzt stimmte auch die Musikden Trauermarsch an, und um die Ecke bog ei»-- Viehwagen mit Lämmern, die ein alter Handelsmann im gemütlichenSchritt nach dem nächsten Marktort fuhr. Der ernste Zug, dem dieBegrüßung hotte gelten sollen, nahte erst eine halbe Stunde spätet,