St 131. 27. Allhrgllvg.2. Wime in Amrls" Knlim Uolliolilall.Mtwch> 8. Inn! 1910.Nerbxndslag der Krxumiarbeiler.1 Berlin,?. Juni.Der Zentralverband der Brauereiarbeiter und verwandtenBerufsgenossen hält gegenwärtig seinen 17. Verbandstag im Ge-Werlschaftshause ab. Die erste Sitzung fand am Montagabend statt.Sie erledigte die einleitenden geschäftlichen Vorarbeiten und nahmBegrüßungsreden entgegen. Unter anderem sprachen Vertreterder schweizerischen und der holländischen Bruderorganisation sowiedes Deutschen Mühlenarbeiterverbandes.Ein oie Jahre 1908 und 1999 umfassenderGeschäftsbericht des Vorstandesliegt gedruckt vor. Wir entnehmen ihm folgende Angaben:.Wenn auch besonders große Kämpfe in den beiden letztenJahren nicht stattgefunden haben, so war doch die Tätigkeit desHauptvorstandes nicht geringer als in früheren Jahren. Nichtaus Furcht oder aus Mangel an Mitteln, sondern mit Rücksichtauf die ungünstige Wirtschaftslage suchte der Vorstand Streiksmöglichst zu vermeiden. Wo aber alle Versuche zur friedlichenErledigung von Lohnbewegungen nichts nutzten, und ein StreikAussicht auf Erfolg bor, da hat der Vorstand nicht gezögert, seineEinwilligung zu geben. Nicht nur die wirtschaftliche Krise,sondern auch die 1998 erschienene Brausteuervorlage beeinflußtendie Bewegung der Brauereiarbeiter. Der Vorstand hat eine lebhafte Agitation gegen die Brausteuervorlage entfaltet. Doch dieVorlage ist Gesetz geworden und dies Gesetz hat den Verband voreine Aufgabe gestellt, deren Erfüllung nicht leicht war. Die Erhöhung der Brausteuer mußte natürlich eine Einschränkung desBierkonsums und dadurch eine große Arbeitslosigkeit unter denBrauereiarbeitern zur Folge haben. Um diese Wirkung der Brawsteuererhöhung auf die Brauereiarbeiter möglichst abzuschwächen,hat der Verband eine Vereinbarung mit der Unternehmerorganisation getroffen, wonach die Brauereien veranlaßt wurden, bis zueinem gewissen Rückgang der Produktion keine Arbeiter vor dem1. Mai 1919 zu entlassen. Dies Abkommen ist im allgemeinen be-folgt worden, und so kamen die Brauereiarbeiter über dieschlimmsten Folgen des Bierkrieges hinweg. Immerhin wurdentrotz der Abmachungen eine große Zahl von Mitgliedern arbeitslos.Sie erhielten die Arbeitslosenunterstützung und dazu die beiStreiks festgesetzten Zuschläge für Frauen und Kinder. In dieserWeise wurden 1116 Mitglieder mit 14 384 M. unterstützt.Die Lohnkämpfe des Verbandes äußerten sich in den beidenBerichtsjahren in S3 Angriffs-, 52 Abwehrstreiks und 19 Aussperrungen. Diese Kämpfe erstreckten sich auf 179 Betriebe mit4195 Beschäftigten, von denen 2681 am Kampfe teilnahmen. Vonden Streiks verliefen 64 erfolgreich, 18 teilweise mit Erfolg, 31 er-folglos. Ohne Streik wurden 384 Lohnbewegungen in 749 Betrieben mit 25 375 Beschäftigten erledigt. 364 Tarifverträge für646 Betriebe mit 23 799 Beschäftigten sind abgeschlossen worden.Die Erfolge der Lohnbewegungen mit und ohne Streik sind46 414 Stunden Arbeitszeitverkürzung pro Woche'für 13 755 Per-sonen und 49 223 M. Lohnerhöhung pro Woche für 23 155 Personen.Die Zunahme der Mitgliederzahl war trotz eifriger Agitationnicht befriedigend. Aufgenommen wurden 29 351 Mitglieder, aber19 532 traten wieder aus. Demnach blieben dem Verbände vonje 199 Neuaufnahmen nur 4 Mitglieder erhalten. Die Zahl derMitglieder betrug Ende des Jahres 1997 33 177, darunter 875 weib-liche. Ende 1999 hatte der Verband 33 896 Mitglieder, darunter815 weibliche. Die Zunahme in den beiden Jahren beträgt demnach 719.Die Kassenabrechnung für beide Jahre zeigt eine Einnahmevon 1 534 282 M., eine Ausgabe von 1 139 932 M. Das ergibt einenUeberschuß von 394 359 M., dazu der Bestand am 1. Januar 1998von 376 231 M., ergibt einen Bestand am?1. Dezember 1999 von779 599 M. Einschließlich der Bestände in den Bezirkskassen be-trägt das Verbandsvermögen 774 898 M.— Für Unterstützungszwecke wurden in den beiden Jahren ausgegeben: An Kranke239 476 M.. Arbeitslose 191 895 M.. Sterbegeld 25 929 M.. anGemaßregelte 17 746 M., in Notfällen 15 994 M., infolge der Brau-steuererhöhung 14 364 M., Umzugskosten 2491 M., Rechtsschutz17 537 M., Aussperrungen und Streiks im eigenen Beruf 93 324 M.,in anderen Berufen Ä49 M.— Die Agitation erforderte eineAusgabe von 96 891 M., die Lohnbewegungen kosteten III 439 M."Am Dienstag trat der Verbandstag in die Behandlung derTagesordnung ein.Der Verbandsvorsitzende Etzel gab eine Uebersicht über dieTätigkeit des Vorstandes und die allgemeine Situation. SeineAusführungen deckten sich im wesentlichen mit denen des gedrucktenBerichts. Er konstatierte, daß die Lohnkämpfe des Verbandeseinen großen Fortschritt in der Verkürzung der Arbeitszeit ge-bracht haben. Es sei gelungen, nicht nur die geregelte I9stündigeArbeitszeit festzulegen, sondern auch 9l4-. 9. und 8>4stündige Ar-beitszeiten seien errungen worden. Im ersten Quartal deSlaufenden Jahres habe sich die Mitgliederzahl um 1915 vermehrt.Gegenwärtig habe der Verband die Mitgliederzähl von 35 999 über-schritten. Es gehe also vorwärts auf allen Gebieten.Der Kassierer K a g e l konnte auch einen erfreulichen StanddeS Kassenwesens feststellen und einen weiteren Aufschwung in-folge der Mitgliederzunahme in Aussicht stellen.Der Redakteur Krieg gab einen kurzen Bericht über dasVerbandsorgan.' Die im Bericht des Vorsitzenden berührte Frage der Grenz-streitigkeiten mit anderen Organisationen nahm in der Diskussioneinen breiten Raum ein. Die meisten Redner brachten Einzelfällevon Grenzstreitigkeiten vor und wünschten, daß die General-kommission eingreife, um den Streitigkeiten ein Ende zu machen.Fast in allen Fällen handelt eS sich um Differenzen mit demZentralverband der Maschinisten und Heizer. Mit einem Anflugvon Humor bemerkte ein Redner: Wenn wir keine Grenzstreitig-leiten hätten, würden wir uns nicht wohl fühlen. Ein andererRedner trat dieser Ansicht entgegen, indem er betonte. eS müsseversucht werden, die Grenzstreitigkeiten zu beseitigen, denn durchsie würden die Mitglieder irregeführt.— Weniger zahlreich warendie angeführten Fälle von Grenzstreitigkeiten mit dem Transport-arbeiterverband.— Eine andere Frage, über die MeinungS-Verschiedenheit herrschte, war die Ablösung des Freibieres. Etzelbatte zur Vorsicht in der Aufstellung dieser Forderung bei Lohn-bewegungen gemahnt und mehrere Redner stimmten ihm darin zu.Die Ablösung wurde deshalb für bedenklich erklärt, weil in derRegel eine viel zu geringe Lohnentschädigung als Ablösung desHaustrunkes gewährt werde. Man müsse den vollen Wert deSnichtgetrunkenen BicreS, welches ja einen Teil des Lohne? darstellt,verlangen. Von anderer Seite wurde die Beseitigung des Haus-trunkes im kulturellen Interesse gefordert. Ein Delegierter ausHeilbronn wie? darauf hin, daß die dortigen Brauer durch dieBeseitigung des Haustrunkes dem Alkoholismus entzogen wurdenund dann erst Interesse für die Veranstaltungen der Arbeiterschaftgewönne:: haben.— Gegen die Tätigkeit des Vorstandes wurdenkeine wesentlichen Einwendungen gemacht. Die meisten Rednererklärten sich mit derselben ausdrücklich einverstanden.Etzel bemerkte in seinem Schlußwort, die Ablösung desFreibieres müsse erstrebt werden, aber die Kollegen dürften sichnicht auf eine Abfindung unter dem tatsächlichen Wert einlassen,auch nicht darauf, daß mit der Ablösung zugleich der Tagelohnan Stelle des üblichen Wochenlohnes eingeführt werde. Zur Fragedes Boykotts, die in der Debatte berührt wurde, sagte der Redner:Der Verband habe in letzter Zeit vom Boykott als gewerkschaftlichesKampfmittel wenig Gebrauch gemacht. Fast alle Lohnkämpfe seienohne Boykott durchgeführt worden. Dieser dürfe auch nur rmÜußersten Falle angewandt werden. Doch sei die Organisationpoch nicht so weite um ganz auf die Waffe des Boykotts verzichten lzu können. Sie werde deshalb bei künftigen Kämpfen die Ar-beiterschaft öfter zur Anwendung des Boykotts zu gewinnen suchen.Das würde nicht mehr nötig sein, wenn die Arbeiterschaft erstso weit wäre, daß sie Bier, welches von Streikbrechern hergestelltwird, auch ohne Aufforderung meidet.— Hinsichtlich der Grenzstreitigkeiten verwies Etzel auf einen Verbandstagsbeschlutz, wonachalle in Brauereien beschäftigte Arbeiter in den Brauereiarbeiter-verband gehören. An diesem Standpunkt müsse festgehaltenwerden.Nach einem Schlußwort des Redakteurs Krieg wurde demVorstande einstimmig Entlastung erteilt.Der Ausschußvorsitzende W i t t i ch- Frankfurt a. M. gab einenBericht über eine Reihe von Beschwerden, die der Ausschuß währendder Verichtszeit zu erledigen hatte.Damit war die Sitzung beendet.13. Geueralversmmlllvg der Schuhmacher Deutschlands.Köln, 6. Juni.Die Präsenz weist 69 Delegierte. 19 Gauleiter. Vertreter vomHauptvorstand und Ausschuß auf; als Gäste nehmen Sabath vonder Generalkommission, Zinn er vom schweizerischen, Günthervom ungarischen Schuhmacherverband teil.Der Zentralvorsitzende, Landtagsabgeordneter Simon, gabimBorstanbsbcrichtein Bild der Tätigkeit, der Kämpfe, Erfolge und dem kleinen Rück-schritt des Verbandes in den letzten zwei Jahren; einer Zeit, woder Beruf unter der schwersten wirtschaftlichen Depression zu leidenhatte. Der schwersten— denn diesmal sei, im Gegensatz zu denfrüheren Krisen, auch das Kleingewerbe in einer Weise be-troffen worden, daß zahlreiche Gehilfen darin arbeitslos wurden.Am 31. Dezember 1996 zählte der Verband 385 Arbeitslosenfälle;am 31. Dezember 1998 waren es 1799. Im ganzen hat er in denzwei Jahren 22 863 Arbeitslosenfälle mit 269 999 Mk. unterstütztbeinahe 299 999 Mk. mehr wie in der vorigen Berichtsperiode.Rechnet man dazu die auch um 199 999 Mk. höhere Käankenunter-stützung, so hat man ein Bild von der Schwere der Krise auch fürbaS Schuhmachcrgewerbe. In dieser trüben Periode konnte mannicht auf einen neuen und gewaltigen Aufschwung der Organisa»tion rechnen. Doch trotz der großen Unterstützungsausgaben hat derVerband, wie der Kassierer erweisen konnte, in finanzieller Be-ziehung noch eine Kräftigung erfahren, indem bei 1 999 999 Mk.Gesamteinnahmen und 1 524 999 Mk. Gesamtausgaben das Verbandsvermögcn von 449 999 auf augenblicklich 466 999 Mk. stieg.Aber auch in jeder anderen Beziehung hat der Verband die Probeauf seine Widerstands« und Leistungsfähigkeit gut bestanden. Eswill angesichts der allgemeinen verheerenden Wirkungen der Wirt-schastskrise nicht viel bedeuten, daß er etwa 1899 Mitglieder ver-lor. Und schon macht sich wieder ein neuer Zug nach vorwärts undaufwärts bemerkbar. Das erste Quartal dieses Jahres schloß mit37 495 Mitgliedern ab, so daß damals nur noch ein Minus vonkaum 799 Mitgliedern vorhanden war. Hält der kleine Wirtschaft-liche Aufschwung weiter an, so wird der Mitgliederverlust nicht nurbald wieder eingebracht, sondern weit überholt sein.Der Verband hat in der Berichtsperiode eine Statistik überdie Verkürzung der Arbeitszeit aufgenommen, dieerweist, daß manche Stunde Fronarbeit dem ausbeutenden Kapitalabgerungen und den Proleten des Schuhmacherberufes wieder-gegeben wurde. Im Jahre 1996 hatten 12 844 Schuhwarenarbeitereine 8 9)4 stündige Arbeitszeit, 1999 waren es 22 851 geworden.84 hatten 8— Zuständige Arbeitszeit, deren Zahl ist auf 155 gestiegen. Dagegen ist die Zahl der Arbeiter mit einer 9U— 19stündigen Arbeitszeit von 38 367 auf 35 112 gesunken, die Zahl derermit 19— llstündigen Arbeitszeiten von 11 986 auf 7432, die mitnoch längeren Arbeitszeiten ist von 256 auf 113 zurückgegangen.Die Zahlen in den Rubriken mit laugen Arbeitszeiten sind umTausende zurückgegangen, während die Zahlen in den Rubrikenmit den kürzeren Arbeitszeiten um mehr als zehntausend in dieHöhe gegangen sind. Schon das allein legt Zeugnis ab von derLeistungsfähigkeit der Organisation auch während der Krisenzeit,die aber noch viel mehr erwiesen wird durch die gesamten Wir-kungen der Lohnbewegungen und Kämpfe. In 137 Fällen suchtendie Arbeiter Verbesserungen durchzusetzen, in 139 Fällen versuchtendie Unternehmer Verschlechterungen einzuführen, ivas sie aber nurin 23 Fällen mit 469 Beteiligten erreichten. In der überwiegen-den Mehrzahl der Fälle konnten die kapitalistischen Attentate aufdie freie Zeit und den Lohn der Arbeiter zurückgeschlagen und sobedeutende Werte für die Arbeiter durch die Macht der Organisa.tion gerettet werden.Nach dem Bericht deS Kassierers R e u h ging AuSschußvorsitzender H a u p t» Magdeburg auf eine Anzahl Beschwerdefällegegen Entscheidungen deS Vorstandes ein, die sich auf abgewieseneUnterstützungsansprüche und Proteste gegen Ausschluß aus demVerbände beziehen. Einige der Abgewiesenen haben Appelle an denVerbandstag gerichtet.Als Haupt geendet, setzte sofort eine ziemlich leidenschaftlicheDiskussion um einen dieser Fälle ein. Dienstag wird die Be-sprechung deS Rechenschaftsberichtes fortgeführt.einen großen Teil der Kollegen arbeitslos. In Berlin ist es vielschwieriger als anderswo, in anderen Berufen während der schlech-ten Konjunktur unterzukommen. Die Vorschriften für die Lohn-bewegungen sind zu streng; sie sollten abgeändert werden, da sichdie Kollegen nur selten danach richten.P f i tz n e r- Dresden: In Guben hat Streich-Berlin gesagt,daß die schlechten Abschlüsse an der hohen Arbeitslosenunterstützungliegen, die durch den Arbeitsnachweis hervorgerufen sei. DieseArt Arbeitsnachweis hat sich überlebt, sie sollte abgeschafft werden,da sie dem Verbände Geld kostet und nur den Unternehmern Nutzenbringt. Es wäre eine falsche Taktik, das Streikreglemcnt abzu-ändern, weil sich die Kollegen nicht danach richten. Meiner Auf-fassung nach ist es überhaupt noch nicht scharf genug. Die Ber-liner sollten doch einen Beamten anstellen. Bei der Ausdehnungder Stadt, können sie den Beruf gar nicht überschauen.Diese Ausführungen ziehen noch eine weitere lebhafte Debatteüber die Berliner Angelegenheiten nach sich.Eine Reihe minder wichtiger Punkte werden in der Debattegestreift. Einige Redner erheben gegen den Vorstand den Vor-wurf, gelegentlich einer Agitationstour Stimmung gegen einenLuckcnwalder Antrag auf Urabstimmung über die Einführung derErwerbslosenunterstützung gemacht zu haben. Dadurch habe erseine Macht mißbraucht. Einige süddeutsche Delegierte erklärenaber diese Auffassung für falsch.Darauf wird die Sitzung vertagt.Zehnte Gelltralversamvllnng des Zentraloereins der inder Hnt- und FllMrevindnstrie beschäftigten Arbeiter.Altenburg, 6. Juni 1910.1. BerhandlungStag.Die Generalversammlung ist beschickt von 38 Delegierten. Dieösterreichische Bruderorganisation vertritt F l e m i s ch- Wien unddie Generalkommission U m b r e i t» Berlin. Genossin Ihrervom Blumenarbeiterverband wird sich noch im Laufe der Tagungeinfinden.Nach der Wahl der Leitung und verschiedener Kommissionenwird derGeschäftsberichtentgegengenommen, den M« tz s ch k e erstattet. Wir haben daswichtigste schon nach dem gedruckten Bericht wiedergegeben.Siefer t erstattet darauf denKassenbericht.An Hand einer Statistik weist er nach, daß es falsch ist. zusagen, die zweite Beitragsklasse lebe sozusagen von der ersten. Mankönne eher vom Gegenteil sprechen, ihre Abschaffung wäre eingroßer Fehler. Berlin arbeitet schlecht. Es hat im Verhältnisam meisten gebraucht. Vielleicht liegt das<ni den besonders schlech-ten ErwerbSvcrhältnissen in der großen Stadt. Wegen der Zu-schußkassen muß eine Aenderung vorgenommen werden; sie arbeitendurchaus nicht mehr zufriedenstellend. Der Verbandstag möge vorallem beachten, daß die Hauptkasse, soll nicht der Verband anSchlagfertigkeit einbüßen, keine weitere Belastung vertragen kann.Zu empfehlen ist, die Beiträge um wöchentlich 5 Pf. zu erhöhen undan den Unterstützungen nichts zu ändern.In derDebatteweist zunächst Möckcl- Berlin auf die guten Erfahrungen mitdem dortigen VcrbandSarbcitkuachwciS hin. Die ungünstigen Ab-chlüsse in Berlin haben wir schon wiederholt begründet. DaS Agi-tationsfeld unter den männlichen Kollegen ist erschöpft. Dabei istder Ärbcitsmarkt überfüllt. Die Saison wechselt außerordentlichhäufig. Sie dauert kaum ein Vierteljahr und beständig haben wirSoziales.DaS heilige Arbeitsbuch.Einer der ersten Anträge, die August Bebel im Reichstagdurchsetzte, war>der auf Abschaffung der Arbeitsbücher für er-wachsene Arbeiter. In Oesterreich, das einst— in den feudalenZeiten eines Baleredi und Taaffe— in der Sozialpolitik voran-schreiten wollte, hat die Vertretung des Bürgertums im viertenJahre des allgemeinen, gleichen Wahlrechts beschlossen, diesenUriasbrief der Arbeiter beizubehalten. Mit großer Mehrheitlehnte'der„Sozialpolitische" Ausschuß des Abgeordnetenhausesden sozialdemokratischen Antrag auf Abschaffung des zu einemHilfswerkzeug für die schwarzen Listen gewordenen Arbeitsbuchsab. nachdem die Regierung eine nicht ablehnende Erklärung ab-gegeben hatte. Die deutschnationalen Arbeiterfreunde hattenebenso wie die christlichsozialen..Arbeitervertreter" mit den Bür-gerlichen gestimmt, und bloß der Wiener Demokrat Dr. Ofncr,zwei klerikale Slowenen und ein radikaltschechischer-Sozialer"stimmten für ihn._Darf Arbeit entzogen werden?Der Buchbinder B. hatte von der Firma B. Borchardt Nachfl.,Inhaber M. Meyer, ein Dutzend Aktenmappen zum Lohnsatz von36 M. zur Anfertigung erhalten. B., der im eigenen Heim fürmehrere Geschäfte arbeitete, hatte die Arbeit nicht schnell genugfertig gestellt. Nachdem er auch auf die Mahnung, daß es eiligeArbeit sei, noch nicht lieferte, wurde ihm die Arbeit wieder weg-geholt. Die bereits daran geleistete Arbeit bewertete B. auf 15 M.,die er nun beim Gewerbegericht einklagte. Der Beklagte wendeteein, daß ihm die Fertigstellung der Arbeit 34 M. gekostet habe, dieverbleibenden 2 M. erkenne er dem Kläger zu schulden an. AufBefragen wird vom Beklagten zugegeben, daß die vom Kläger be-reits geleistete Arbeit mit 15 M. zutreffend bewertet ist und daßdem Kläger«ine Lieferfrist nicht gesetzt worden ist. Das Gewerbe-geeicht verurteilte deshalb den Beklagten entsprechend dem Klage»antrage._75 M. an die Armenverwaltung für Nichterfüllung eines Arbeits-Vertrages.Die Firma A. u. L. Kohn hatte eine Frau Krüger als ersteFärberin auf ein Jahr vom 1. Juni ab bei einem Monatsgehaltvon 175 M. engagiert. Frau K. ließ sich aber von ihrem bisherigenArbeitgeber zum Verbleiben bei ihm überroden. Sie schrieb des-halb der Firma Kohn, daß sie von dem Vertrage wieder zurück.trete. Damit war die Firma nicht einverstanden. Sie verklagteFrau K. beim Gewerbegericht auf Erfüllung des Dienstvertragsund im Weigerungsfalle AnHaltung dazu durch Gerichtsstrafen.Schließlich war die Firma bereit, auf einen Vergleich mit der Be-klagten einzugehen, indem sie diese vom Vertrage entbinden wollte.wenn Beklagte eine Entschädigung von 75 M. zahlt. DaS Gerichtriet der Beklagten zu dem vorgeschlagenen Vergleich. Die Klage-rin wünschte, daß diese Summe nicht an sie, sondern am 1. Julian die Armenverwaltung der Stadt Berlin gezahlt wird. DieKlägerin ging darauf ein.GericKts- Deining.Von einer anonymen Denunziation.Der SekretariatS-Assistent BeyerhauS vom Kaiserlichen Eta»tistischen Amt hatte im vorigen Jahre neben seinem Sommer-urlaub wegen Krankheit noch drei Wochen Nachurlaub erhalten.Demnächst erhielt das Statistische Amt einen Brief, der„E. Vogt"unterzeichnet war. Darin wurde ausgeführt, daß BeyerhauSkeines Nachurlaubs bedürfe, weil er gar nicht krank fei, sondernsich nur verstelle. Cr treibe sich nachts herum.— Herr Beyerhaus.dem der Inhalt des Briefes vorgehalten wurde, suchte nach demVerfasser. Die Unterschrift legte es ihm nahe, es mit einer Be-leidigunaSklagc gegen den in der Nähe wohnenden SchriftsetzerJoseph Vogt zu versuchen. Jedoch ergab alsbald ein Schriftver-gleich, daß Vogt nicht der Schreiber sein könne. B. bemühte sichnatürlich, dem wirklichen Denunzianten auf die Spur zu kommen.Eine Kartenlegerin, zu der er ging, gab ihren Orakelspruch dahinab, daß er den Briefschreiber nicht unter Fremden, sondern unterseinen besten Freunden suchen solle. Von einem schwarzen Herrndrohe ihm UebleS.— Tatsächlich hatte B. einen Freund, derchwarz ist, den Geheimen Kanzleisekretär Mrowitz beim Reichs-marineamt. BeyerhauS will weiter kein Gewicht auf daS Orakelder Hellseherin gelegt haben. Er hegte zunächst auch keinen Ver-dacht gegen Mrowitz. Mit ihm unterhielt er sich öfter über dieSache, wobei dann Mrowitz den Denunzianten kräftigst ver-wünschte. Auch gab bei solcher Gelegenheit Mrowitz die Versiche-rung ab, daß der Briefschreiber kaum zu ermitteln sein werde.weil derartige Schriftstücke von den Behörden nicht im Originalausgeliefert zu werden pflegten. Beyerhaus war indessen schon imBesitz des Originalbriefes. Ein Vergleich mit der Handschrift desGeheimen Kanzlcisekrctärs Mrowitz führte ihn schließlich zu derAnnahme, daß der Freund der Schreiber sein müsse. Er ver-klagte ihn wegen Beleidigung. Mrowitz bestritt die Anschuldigung.Das Landgericht III als Berufungsinstanz hörte 16 Zeugen unddrei Schrcibsachverständige. Die Zeugen wurden namentlich überdie Charaktereigenjchaften des Herrn Mrowitz gehört. Mehrereeiner Kollegen vom Reichsmarineamt bekundeten verschiedeneFälle, wo sie bei ihren Vorgesetzten ohne Grund verklatscht undverdächtigt worden sind. Sie waren nach Lage der Umstände über-zeugt, daß der Zuträger nur Mrowitz gewesen sein könne. Aller-jings hätte er, wenn er zur Rede gestellt wurde, immer versichert:„Ich bin es nicht gewesen, so wahr Christus am Kreuze hing."—-Der Angeklagte bestritt alles und berief sich auf das Zeugniseiniger Vorgesetzter, welche bekundeten, M. habe bei ihnen keineKollegen denunziert.— Auf Grund der Zeugenvernehmung undder Gutachten der Schreibsachverständigen kam daS Landgericht zuder Feststellung, daß Mrowitz den Brief geschrieben habe und ver,