26,55. 8468 A. E.-G.. Sttt. R, 14,55, 9263 B. durch Cohen 10,—. Von der aufgelösten Strafgelderkasfe d. Firma E. Stein 37,50. Deutsche Waffen- und Munilionssabrit, 3452 23,55. 3456 34,70. Bergemaun, Wilhelmsruh , 3620 23,10. 3621 26.65. 8622 64.90. 3623 5,90. 3624 15.45. 3625 11,60. 3626 13.10. 3628 10,75. 3631 9,55. 3632 1355, 3633 12,95. 3634 10,05. 3636 8,80. 3638 25,90. 3639 13,90. 3640 21,40. 3641 5.45. 3642 11.—. 4699 8,50. Siemens u. Halste, Werner- Werk 4802 17,—. 4803 21,—. 4804 18,—. 4805 44,90. 4807 35,50. 4808 30,—. 4811 16,45. 4812 24,60. 8014 Stelhner 16,50. 8074 Max Schmidt, Tempelhos 13,—. 8103 Schulz, Hascnheide, 2. Rate 18,35. 8124&. A. Schultzc, 2. Rate 12,05. 8162 Jastrow, 3. Rate 15,—. 8174 Berliner Motorwagensabrit 15,40. 8449 Baullempnerei von Winkelstein 23,70. 8458 Ges. für drahtlose Telegraphie 16,80. 8466 Fischer u. Co. 14,05. 8486 Krüger u. Co. 14,15. 8535 Beller» Register Comp., 2, Rate 9,50. 8538 Löwenstei», 2. Rote 8,85. 8539 Progrefe 11,—. 8546 Siemens Blockwert 20,25. 8548 Müller 8,75. 8550 Rod. Schulz. 5. Rate 6,—. 8697 S. A. Lcnd 11,—. 8635 Konlinentale Bremfen-Ges., 3. Rate 15,—. Arbeiter und Arbeiterinnen der Telephon-Werte, 4. Rate: 8663 10,25. 8664 2.95, 8665 12,10. 8666 14.15. 8667 9,55. 8668 7.70- 8669 27,66. 8670 13,50. 8671 7.85. 8672 3.85. 8673 8.70. 8674 4.80. 8675 3.65. 8676 13.—. 899« Firma Slge«, 8. Rate 6,80. 3674 Schwinher u. Gras 35,05. 3680 Freud u. Comp. 12,—. 3682 durch HSnsel 4,35. 8688 Simon. 3. Rate 10,45. 8589 Niemann 34,75. 4731 S. Elster, 2. Rate 13,80. Summa: 2533,60. Insgesamt 9 093,77 M. Bisher sind abgerechnet 59 799,24 M.; dazu kommen 9093,77 M., in Gumma 68893,01 M, Gelder, welche per Post eingesandt werden, sind an A. K ö r st e n. SO. 18, Engelufer 16, I zu senden. Alle Sammlungen sind sofort auf unseren» Bureau, Engelufer 16, I, Zimmer 23 an den Wochen- tagen in der Zeit von vormittag» von g— 12Vz Uhr und nachmittags Ion 4— 7>/» Uhr abzuliefern. Die Listen 680. 1488, 4722, 8141 und 8166 sind als verloren gemeldet. Dieselben sind beim Borzeigen anzuhalten und wenn mög- lrch in unserem Bureau abzuliefern. Der Ausschuß der GewerkschaftSkommission für Berlin und Umgegend. rolleeltste» vom b. Iflärz Suvden am Dienstag vor dem Landgericht l Berlin (Strafkammer 6 unter Vorsitz des LandgerichtkratS Kersten) erörtert. Auf der An- klagebank faß ein Mafchtnenformer Redler, der am 6. März abends gegen Ml Uhr in der Schlesischen Straße nahe der Cuvrystraße durch den Ruf„Bluthunde I" die Polizei beleidigt haben sollte. Vom Amtsgericht Berlin-Mitte(Abteilung 138) war er zu der harten Strafe von 3 Wochen Gefängnis verurteilt worden, aber das war der Staatsanwaltschaft noch nicht genug. Sie hatte zu dem Mittel der Berufung gegriffen, um eine noch härtere Strafe zu er- wirken. Redler. dem als Verteidiger der Rechtsanwalt Dr. Kurt Rosenfeld zur Seite stand, hatte gleichfalls Berufung eingelegt und forderte Freisprechung. Der Angeklagte schilderte, wie den Nachmittag über die Gen- darmerte in Treptow das Publikum attackiert und auf Wehrlose mit dem Säbel eingeschlagen habe. Attacken von Schutzleuten habe er später auch in der Schlesischen Straße mitangesehen. Die erregte Menge habe die Rufe„Bluthunde!" ausgestoßen, er selber aber habe sich nicht daran beteiligt. Zeuge Schutzmann Rost, der ihn verhaftet hatte, bekundete, er habe genau beobachtet und irre sich «icht.> Der Bertridigrr bot einen umfangreichen Beweis dafür an, daß für die Menge und jeden, der sich in ihr befand, Grund vor- banden war, über das Verhalten der Gendarmerie und der Polizei in höchste Erregung zu geraten. Er hatte sieben Zeugen laden lassen, die bekunden sollten, daß in brutalster Weise eingeschritten worden und Wehrlose mit Fauststößcn und Säbelhieben traktiert worden seien. Als der Verteidiger erwähnte, daß eine Zeugin durch Gendarmerie überritten worden sei und einen schweren Ann. beuch erlitten habe, sagte der Vorsitzende:„Wer sich in Gefahr be- gibt, kommt darin um." Zwei Zeugen, die Fabrikbesitzer Cerf und Kluge, die in der Schlesischen Straße als ganz Unbeteiligte von den Fenstern aus dem Walten der Polizei Stunden hindurch zu- gesehen hatten, waren durch Reisen am Erscheinen verhindert. Der Verteidiger wollte auf sie nicht verzichten und beantragte Ber » tagilng. Der Staatsanwalt gab anHeim, nach den Anträgen der Verteidigung zu beschließen. Das Gericht gab zunächst den Be- weisanträgen statt, soweit die Zeugen erschienen waren, und setzte die Beschlußfassung über den Vertagungsantrag aus. Zeuge Kaufmann Samuel schilderte, wie am Nachmittage in der Nähe der Schlesischen Brücke die Polizei die Menschenmenge vor sich her getrieben habe. Er selber, der nicht schnell genug lausen konnte, sei von einem Schutzmann an eine Hauswand gedrückt worden. Ebenso sei es einem Bekannten von ihm ergangen, der dann über Schmerzen geklagt habe. Bei einer späteren Attacke näher der Stadt zu seien von der Polizei Frauen und Kinder um- gerannt worden. Ein Herr habe ihm Schrammen gezeigt, die er dabei am Kopf und im Gesicht erlitten hatte. Am Abend hat Zeuge gesehen, wie ein Mann, der von einem Schutzmann umgeritten worden sein sollte, hilflos an der Bordschwelle lag. Das Publikum habe laut gefordert, die Polizei solle sich seiner annehmen. Aber erst nach etwa 10 Minuten habe ein Berittener..sich bequemt, ihn aufzuheben", worauf Zeuge selber mitgeholfen habe, ihn wegzu- bringen. Die Erregung des Publikums über alle diese Vorgänge fei groß und allgemein gewesen. Auf die wiederholte Bemerkung veS Zeugen, daß Frauen und Sinder umgeritten worden seien, antwortete der Borsitzende mit Wiederholung des Satzes:„Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um." Eine Frage des Verteidiger« danach, wie in der Schlesischen Straße die Polizei eine Gastwirt. schaft geräumt habe, wird vom Borsitzenden zurückgewiesen:„Ich verstehe nicht, was da alle» hineingezogen wird. Alles das inter- essiert doch gar nicht für den vorliegenden Fall." Verteidiger:„Ich protestiere dagegen, daß ich etwas hineinziehe. Mir ist nicht ver- ständlich, wie man sagen kann, das interessiere hier nicht. Ich will doch beweisen, daß da» Publikum Grund hatte, erregt zu sein." Samuel erzählte dann, die Polizei sei in eine Gastwirtschaft durch einen hinteren Eingang eingedrungen, habe Gäste an den Armen und im Genick gepackt und sie hinausbefördert. Der Wirt habe nachher ihm gezeigt, daß dabei die Tür zerbrochen worden sei, und habe versichert, in feinem Lokal seien lediglich ganz harmlose Lieder gesungen worden. Zeuge Goldschmied Immanuel schilderte Gendarmerieattacken auS der Gegend der Elsenstraße in Treptow.«Das war", sagte er, so empörend, daß es erklärlich ist, wenn einer sich da zu einer Be- leidigung hinreißen läßt." Vorsitzender:„Sie treten ja als Ver- teidiger auf." Ein Beisitzer:„Sie würden ihn freisprechen." Der Verteidiger ließ dann den Zeugen Einzelfälle schildern, um den Anlaß der Erregung näher zu beleuchten. Als Immanuel von einer Attacke zweier Beamten sprach, die auf einen Mann, eine Frau und ein Kind eingehauen hätten, erklärte Redler, gerade das habe auch er mitangesehen. Zeuge gab noch an, ein junger Mann sei von zwei Gendarmen mit Säbelhieben traktiert worden, so daß er am Kopf blutete. Bon Passanten sei er weggeführt worden. Die Gendarmen hätten sich nicht weiter«m ihn gekümmert, Vorsitzen- der:„Na ja, die haben mehr zu tun." Vernommen wurde dann jene Frau Petrrschun aus Treptow , die von Gendarmen umgeritten worden war. Sie bekundete:„Ich wollte nachmittags gegen!43 Uhr mit meiner elfjährigen Tochter von meiner Wohnung ist der Beermannstraße nach dem Bahnhof Treptow gehen, um nach Baumschulenweg zu fahren und von dort au» nach dem Treptower Friedhof zu gelangen, wo ich an einer / Beerdigung teilnehmen wollte. Ich hatte einen Kranz über dem Arm, und auch ein Fräulein, das sich uns in der Elsenstraße an- schloß, hatte einen Kranz und war in Trauerkleidung. Als ich nahe dem Restaurant Graßmann eine große Menschenmenge sah, sagte ich:„Hier kommen wir doch nicht durch!" nahm mein Kind an die Hand und kehrte um. Während ich am Zaun zurückging, drehte mein Kind sich um und rief plötzlich:„Mama, die Gen- darmen kommen angeritten!" Sie riß sich los, ich aber blieb ganz ruhig stehen und drückte mich an den Zaun. Da kriegte ich einen Schnbbs und flog an die Erde. — Das andere sah ich nicht mehr, denn die Gendarmen ritten über mich weg. Ich wurde von anderen Leuten aufgehoben, und auch nzeine Kleine wurde von einem Mann, der sie beschützt hatte, zu mir geführt. Er sagte, auch er hätte bald was mit dem Säbel gekriegt, er habe aber ge- schrieen:„Ich bitte Sie, ich schütze ja das Kind!" und nur durch das Kind sei er vor dem Säbel des Gendarmen gerettet worden." Die Zeugin Peterschun gab weiter auf Befragen an:„Mein Arm ist nicht gebrochen, sondern zersplittert, zertreten, und ich bin noch jetzt in Behandlung. Der Arzt sagt, das sei nicht von einem bloßen Fall, sondern von einem Tritt; das hat er mit Röntgenstrahlen festgestellt. Der fremde Herr hat mir auch gesagt, daß ich über- ritten worden war." Staatsanwalt: Da waren doch auch Demon- strantc«? Zeugin: Das habe ich nicht gesehen. Staatsanwalt: Na, wo kamen denn gleich die schützenden Herren her? Zeugin Fräulein Kröcher, die mit Frau Peterschun gegangen war. bestätigt deren Angab«, daß sie sofort umgekehrt seien. Bor - sitzender: Konnten Sie denn nicht in ein Haus rein? Zeugin: Da ist ja keins. Borsitzender: Aber es war doch gefährlich für Sie! Zeugin: Wir waren uns ja keines Bösen bewußt, wir wollten doch nur zum Kirchhof. Borsitzender: Ja, konnten Sie sich denn nicht schützen? Zeugin: Wir sahen ja erst die Gendarmen bei Graß- mann, da wars zu spät, Ausweichen war gar nicht möglich. Ich fiel um, dabei hatte ich noch meinen Kranz in der Hand, dann kam ich wieder in die Höhe. Ich hatte gesehen, daß Frau Peterschun an die Wand gedrängt worden war. Dann sah ich nur noch, daß sie lag. Borsitzender: Sie selber glauben auch umgeritten worden zu sein? Zeugin: Ich weiß es nicht; ich kann nicht sagen, ob ich etwa selber gefallen bin. Ich schlug mir hier diese Stelle(sie deutet auf den rechten Hüftknochen) blau. Vernommen wurde schließlich noch ein Kaufmann Scgall, der darüber berichtete, wie in der Schlesischen Straße berittene Schutz- leute selbst ältere Frauen attackierten, wie Kinder vor den Hufen der Pferde zu Boden fielen, wie nachher Frauen von hinten gepackt und hingeschleudert worden seien. Den überrittenen Mann hatte auch dieser Zeuge liegen sehen; erst auf seine Veranlassung, sagte er, sei der Hilflose von der Polizei und Leuten aus dem Publikum aufgehoben worden. Derselbe Zeuge schilderte den Angriff auf die Gastwirtschast, aus der die Gäste hinausgeworfen worden seien. Der Verteidiger wiederholte jetzt seinen Antrag, die Zeugen Cerf und Kluge zu laden und daher zu vertage». AIS der Vor- sitzende bemerkte, man könne ja deren Aussagen als wahr unter- stellen, und der Verteidiger antworten wollte, erhob sich der Bei- sitzer Landgerichtsrat Gohr und raunte dem Vorsitzenden zu:„De- battieren hat ja keinen Zweck." Verteidiger:„Dann habe ich nicht? mehr zu sagen, ich bin schon belehrt." Der Borsitzende lenkte ein und ersuchte, die Beweisanträge zu begründen. Der Berteidigcr führt aus, die Zeugen würden aus eigener Beobachtung bekunden, daß ein Mann umgeritten worden sei und man ihn lange habe hilflos liegen lassen, daß Schutzleute verschiedentlich selbst nach Kindern gegriffen hätten, daß da» Kommando„Säbel ziehen!" ge- geben worden sei, während keiner in der Nähe war, der die Polizei hätte bebrängen können, daß von Polizei, die in Hausflure hinein- stürmte, selbst Frauen und Mädchen bedrängt worden seien, die mit ihren Kuchentüten vom Bäcker gekommen waren. Der Staats- anwalt empfahl Ablehnung, weil als wahr zu unterstellen sei. daß das Publikum und auch Redler das Vorgehen der Polizei für rigo- ros hielt und daher erregt waren. Das Gericht beschloß die Ab- lehnung mit derselben Begründung; überdies habe Redler die von Cerf und Kluge zu bekundenden Vorgänge gar nicht selber gesehen. Hiermit war die Beweisaufnahme geschlossen. Der Staatsan>valt fand das Vorgehen der Polizei berechtigt, wenn auch Unschuldige dabei zu Schaden gekommen seien. Redler möge erregt gewesen sein, aber durch sein Schimpfen sei die Er- regung der anderen noch gesteigert worden, darum müsse er mit 2 Monate« Gefängnis büßen. Der Verteidiger hob hervor, daß gerade die Rücksicht auf die Erregung dazu führen müsse, dem An- geklagten eine so harte Strafe zu ersparen. Den beleidigenden Ruf „Bluthunde!" habe man sich an? der ganzen Situation zu er- klären, aus dem empörenden Borgrhen der Polizei, wie es hier von Zeugen geschildert worden sei. Selbst wenn das Gericht Redler für schuldig halten wolle, so könne eö nicht auf Freiheitsstrafe erkennen. Das Urteil lautete: RedlerS Schuld ist erwiesen, seine Er- regung ist zu berücksichtigen, aber es bleibt bei 3 Wochen Ge- fängnis. Line Nshli'echttverszmmluag in Shsrlottenburg. In einer auf Veranlassung der Charlottenburger Genossinnen einberufenen, wegen Ueberfüllung polizeilich gesperrten, öffent- lichen Versammlung sprach am Dienstag abend im Charlotten. burger Volkshau» Genossin Rosa Luxemburg über den Wahl- rechtSkampf. Nachdem sie die Rolle der bürgerlichen Parteien in den Kämpfen um die Wahlrechtsvorlage kurz charakterisiert hatte, ging sie zu einer Würdigung des negativen Ausgangs der Aktion über und führte dabei aus: Das sei kein Zufall. daS beweise nur. daß in der Frage des preußischen Wahlrechts mit stückweisen Re- formen überhaupt nichts zu erreichen ist. ES müsse eine Aktion erfolgen, die die Sache von der Wurzel aus angreift. Keine andere„Reform" sei mehr möglich, als sine gänzliche Entwurze- lung des bestehenden Wahlrechts und ein Neuaufbau. Auf parla- mentarischem Wege sei daS nicht zu erreichen, alles was unter den bestehenden Verhältnissen zu tun war, sei ja versucht worden. Die Sache des preußischen Wahlrechts müsse außerhalb des Parla- mentS, auf der Straße entschieden weroen; nur unter dem un. mittelbaren Druck der großen Masse könne etwa? geschehen. In der Frage des Wahlrechts ständen wir jetzt in Preußen auf dem Punkt, wo ihn der Arm des Volkes 1848 verlassen hat. DaS sei eine Tatsache, die wir im Auge behalten müßten.— Während dieser Ausführungen hatte der überwachende Polizeileutnant sich erhoben und ließ die Rednerin durch den Leiter der Versammlung ersuchen, nicht in dieser auf- hetzerischen Weise weiter zu reden. Unter großer Erregung der Zuhörerschaft fertigte jedoch Genossin Luxemburg den Etörer, „den Jünger deS Herrn von Jaaow", ab, indem sie ihm riet, ihre ganze Rede abzuwarten, und ihm die tröstliche Versicherung gab, noch viel„aufhetzerischer" zu werden. Die Rednerin rief den Zuhörern nun die Zeit von 1848 inS Ge- dächtniS zurück und wies die Sünden des liberalen Bürgertums nach. Denn Schuld des Liberalismus sei es, daß wir heute noch mit Ruinen des Mittelalters kämpfen, das Werk der Revolution fortsetzen müssen. Er hätte da? revolutionäre Volk bewaffnen, das Staatsruder, die Staatsstellungen den Junkern aus den Händen reißen müssen, er hätte die erste demokratische Forderung erfüllen und die Republik verkünden müssen. AuS Angst vor dem auf. strebenden.Proletariat hat daS liberale Bürgertum nichts von alle. dem getan, und sa wurde uns das gleiche Wahlrecht einfach wieder wegdekretiert. Heute sieht aber die Arbeiterschaft etwas anders aus als 1843 und an sie tritt jetzt die Aufgabe heran, daS Werk der Freiheit vorwärts zu bringen. Durch unsere Demonstrationen haben wir die Vorlage erzwungen und auf diesem Wege müssen wir daher weiter schreiten. Von einer Seite werde auf die kommenden Reichstagswahlen hingewiesen, die eine gründliche Abrechnung mit dein herrschenden Regime bringen sollen. Diese Ansicht sei einerseits vollständig richtig, aber nicht in» Warten auf die Reichstagswahlen beständen die Vorbereitungen auf den Sieg, sondern darin, den Kampf um das preußische Wahl- recht mit aller Kraft weiter zu führen. Die Reaktionäre seien mid ihrem Latein bereits zu Ende, wir aber, wir könnten noch sehr viel weiter. Rednerin kam nun auf unsere Demonstrationen zu sprechen. Wir hätten uns das Recht auf die Straße erobert und gezeigt, daß man uns von dem einmal betretenen Wege nicht ab- bringen könne, und wenn man noch so wütend init dem Polizei- säbel herumfuchtele. Mit Demonstrationen allein kämen wir aber kaum zum Ende, darüber dürften wir uns nicht täuschen. Wir» die wir solange wie möglich als friedliche Masse auf der Straße er- scheinen, um den Herrschenden unsere Forderungen in die Ohren zu rufen, würden aber noch ganz andere Register aufziehen, wir hätten noch ein ganz anderes Schwert in der Scheide, daS wir ziehen würden, wenn es an der Zeit sei. Das sei zwar kein In- strument aus blinkendem Stahl, sondern sehr einfach die Tatsache. daß wir eines Tages die Arme kreuzen und die Herren sich selbst überlassen. Wen» die Machthaber imstande wären, aus der Geschichte zu lernen, dann brauchten sie nur den Blick nach anderen Staaten zu richten. Rednerin schildert nun in großen Zügen den Wahlrechtskampf, der sich in Belgien abgespielt hat. Binnen wenige« Tagen sei 1891 unter dem Druck des Massen- streiks die erste Wahlrechtsvorlage und 1893 das allgemeine, wenn auch ungleiche Wahlrecht erzwungen worden. Weiter verbreitet sie sich über die Verhältnisse in Rußland , wo noch heute unter der Decke der Aufruhr in Permanenz besteht, wo der Zar sich aber 1906 durch den Generalstreik in ganz Rußland veranlaßt sah. das Verfassungsmanifest zu geben, dessen letzter trauriger Rest heute, das Wahlrecht zur Duma, nach zweimaligem Staatsstreich noch viel fortschrittlicher sei, als das, was man uns jetzt in Preußen als Vorlage angeboten hatte. Auch in Preußen könne die Zeit kommen, wo wir belgisch oder russisch reden. Auch in Oesterreich haben die Arbeiter unter dem unmittelbaren Eindruck des russischen Generalstreiks und dadurch, daß sie entschlossen waren, die Massen- aktion mit allen Mitteln vorwärts zu bringen, sich daS allgemeine Wahlrecht erobert, wobei sie allerdings in dein dynastischen Interesse einen Bundesgenossen hatten. Wir in Preußen seien freilich in etwas anderer Lage, wir finden keine Bundesgenossen, wenigstens keine, die der Rede wert wären, auf die man sich im entscheidenden Moment verlassen könnte. Wir würden sie sicher nicht zurückstoßen. Wo sind sie aber, die aufrechten Anhänger eines gleichen Wahlrechts? Sind es vielleicht die Frei- sinnigen, die in der Blockära ihren freisinnigen Nacken als Fuß- schemel für die Junker darreichten. Alle Hochachtung vor den Deinokraten, die das Wahlrecht für beide Geschlechter zu vertreten wenigstens den Mut haben. ES seien aber nur tapfere Offiziere, Soldaten seien keine zu sehen. Nach allem, was wir erlebt, haben wir es nicht mit den ersten Blüten eines heranbrechenden Früh- lingS in der demokratischen Entwickelung zu tun, sondern wahr- scheinlich mit den letzten Nachzüglern eines Altweibersommers. Die Sozialdemokratie sei also auf sich allein angewiesen- Diese Erkenntnis brauche uns aber nicht verzweifeln zu lassen, sondern gebe uns die Möglichkeit, eine große Aktion zu entfesseln- wie wir das niemals im Bunde mit bürgerlichen Liberalen würden tun können. Uns kann man auch nicht mit schärferen Mitteln«l? Polizeisäbeln zurückhalten. Kanonen waren ja schon am 6. März in Berlin scharf geladen, und bei der Kopflosigkeit unserer Geg- ner, bei dem ZickzackkurS da oben könne man auf alles gefaßt sein. In dem Moment aber, wo jene Kanonen losknallen würden, gäbe das in ganz Deutschland ein solches Echo, daß den Herrschenden Hören und Sehen vergehen würde.— Der heutige Wahlrechtskampf sei ja nur eine Etappe zum allgemeinen Endziel, denn es ist nicht unsere eigentliche Klassenaufgabe, den heutigen Staat wohnlich einzurichten, sondern ihn aus den Angeln zu heben und den Sozialismus zu verwirklichen. Aber als Waffe brauchen wie das allgemeine Wahlrecht, um das Proletariat zu heben, auf- zuklären. Und unsere Kraft und unsere Macht wird wachsen k»4 der Aktion selbst. Da taucht nun die Frage auf, ob wir in Deutsch - land an den Massenstreik, an die Anwendung dieses Mittels denken können, da wir noch große Massen von Proletariern haben, die den Wahlrechtskampf nicht mitmachen, noch im Lager der Gegner stehen und sich insbesondere vom Zentrum am Gängelband führen lassen- Rednerin erinnert jedoch an den Bergarbeiterstreik im dunklen Ruhrrevier, wo die christlichen Arbeiter Arm in Arm mit uns standen. Wir haben ja auch jetzt ein Stück Massenstreik: die Aus- sperrung im Baugewerbe, und auch hier werden die christlichen Arbeiter auf unsere Seit« gezwungen. Weiter weift Rednerin hin auf die in diesem WahlrechtSknmpf bereits geführten Demon- strationsstreiks in Frankfurt a. M. und besonders in Kiel , wo sich auch die Hirsch-Dunckerschen Arbeiter auf der Germania-Werft uns anschlössen. Wenn wir zur großen Aktion auftreten, werden wir ganze Massen von Arbeitern dem Zentrum entreißen.— Nun sagt man auch, wir hätten viel zu riskieren und zu verlieren, näm- lich unsere Gewerkschaften, unsere starken Organisationen. Aber vor allem müsse man doch bedenken, daß uns die Organisationen doch nie Selbstzweck, sondern nur Mittel zum Kampfe waren; sie sind ja unsere Rüstung, unsere Kanonen. Und wie würde uns eine Armee vorkommen, die erklärt, nicht in den Krieg ziehen zu können, aus Angst, daß sie die Kanonen beschädigen könnte. Andererseits sind unsere Organisationen doch nicht den plumpen Werkzeugen des Militarismus ähnlich, die wirklich zerschlagen werden können. Die Organisationen gehen im Kampfe nicht zu- gründe, sondern gehen aus ihm gestärkt hervor. Unsere stärksten Gewerkschaften sind aus den stürmischsten Kämpfen hervorge. gangen, immer erst aus einem Streik wurde eine Organisation geboren. Wie traurig sah cS am Anfang des Sozialistengesetzes aus, aber nach dem Fall dieses Gesetzes standen unsere Organi- sationen in verzehnfachter Kraft da. Und so wird es immer sein. Unsere Organisationen sind ja für den Kampf geschaffen und im Kampfe werden sie ihre Macht entwickeln. Man stelle überhaupt viele Fragen, so auch die, wer die Massen bei einem langen Streik unterstützen wird. Leider hat man in unseren Reihen in der letzten Zeit viel zu viel von der Frage der Unierstützungen zu hären bekommen, sie auch schon bei der Maifeier i>- den Vorder- grund geschoben. DaS seien unnütze Sorgen, wie ein Blick auf die Kämpfe in Rußland und Belgien lehre. Ohnc den größten Idealismus würden wir nie eine Schlacht schlagen können, und auch bei uns wird er auf der Höhe sein wie überall, wo eS große Aufgaben zu lösen gab. Die Frage der Unterstützung wird unS wenig kümmern, am meisten aber die, wie wir dem Feind am besten die Faust aufS Auge und das Knie auf die Brust drücken werden. Wenn die Zeit kommt, wird da? deutsche Proletariat sicher auf der Höhe seiner Aufgabe sein. Jetzt gelte es, mit der Demonstrationsbewegung machtvoll weiter einzusetzen. Die Wahl- rechtSvorlage ist tot, der Kampf der ArbeUermasse muß frisch wieder aufleben. " Die zweistündigen Ausführungen der Referentin wurden mit lebhaftestem Beifall entgegengenommen. Eine Diskussion fand nicht statt. Nach einem Schlußwort des Vorsitzenden, Genossen Will, wurde die Versammlung mit einem Hoch auf die Sozial, demokratie geschlossen._ Verblttidstag der Amirrriarbttw. Berlin - S. Juni. Unserem gestrigen Bericht ist noch nachzutragen, daß der Verbandstag in der Eröffnungssitzung am Montag, ehe die Ab- stimmung der Bauarbeiter bekannt war, einstimmig beschloß, den ausgesperrten Bauarbeitern 100 000 Vi. zur
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