dasdesaiUieilea, Ich kann nicht mehr bei Gustel bleiben. Es ist dasijüt Dich sehr unangenehm, für mich aber ist eS namenlos schrecklichund traurig, denn ich habe kein Heim mehr, keinen Menschen au�der ganzen Erde und überhaupt keinen Halt mehr. Es geht übermein Gefühl, wenn ich bleibe. Denn es ist immer und immerwieder als eine Gnade hingestellt worden, dast ich noch hierbleibenklwr und ich danke für diese Gnade. Ich habe eine Dummheitgemacht ohne jede böse Absicht, ohne jemals eine Ahnung zu haben,daß ich so eine Dummheit machen würde. Ich habe auch vor meinerVerheiratung schon Dummheiten gemacht und sie meinem damaligenBräutigam gebeichtet, weil ich es für anständig hielt und ihn fürzu anständig, als daß er je darüber sprechen könnte. Aber esWird mir nicht nur immer wieder vorgeworfen, sondern sogar alstriftiger Scheidungsgrund hingestellt. Ich bin an allem schuld, ichbin launisch, eigensinnig. Aber ich habe eS auch in der Hand, esnicht zur Scheidung kommen zu lassen. Ich kann aber nicht mehr,lieber Papa. Bitte verzeihe es mir, aber ich kann nicht mehr hierbleiben, um nur aus Gnade geduldet zu werden. Das geht gegenmein Gefühl, alles in mir sträubt sich dagegen an. Meinen Jungenwerde ich auch nicht behalten- können. Nicht eine Seele. Nichts.Ich werde es auch nicht lange merken, denn ich werde wahnsinnigwerden. Bitte gib mir wenigstens etwas Geld, damit ich nichtganz sinke. Aber ich werde ja wahnsinnig..."— Bors.: Von nunan ist der Brief nur noch schwer zu lesen. Es heitzt immer wiederIch werde wahnsinnig. Keine Seele habe ich mehr. Ganz alleinauf der Welt. Gebt mir Gift, denn ich werde wahnsinnig usw.Zum Schluß wird noch die Frage aufgeworfen: warum muß ichnun wahnsinnig werden?(Zur Angeklagten) Erinnern Sie sich.diesen Brief geschrieben zu haben? Wenn man so einen Brieschreibt, dann hat man ihn doch im Gedächtnis.— Angekl.: Ickweiß es nicht.— Bors.: Ihr Vater muß doch den Brief IhremMann geschickt haben.— Angekl.: DaS weiß ich nicht.— Bors.:Haben Sie Ihrem Mann erzählt, daß Sie vor der Ehe ganz un.schuldige Verhältnisse gehabt haben.— Angekl.: Jawohl.— Bors.!Hat er Ihnen das vorgehalten?— Angekl.: Zuerst nicht, erst späterDer Lorsitzende überreicht den Brief den Geschworenen.Einen breiten Raum in der Verhandlung nahm sodannDurchgehen früherer Aussagen der Angeklagten und derHauptmann v. Göben ein. Aus denVernehmungen deS Herrn v. Göbenleitet die Anklagebehörde dieHauptbelaftungSmomente der Angeklagtenher. Erst morgen wird die Angeklagte auf die„Stimme aus demGrabe" antworten können. Mr geben die�Durchnahme der Pro--tokolle ausführlich wieder. Zunächst geht der Vorsitzende dieerste Vernehmung de» Herrn v. Göbendurch. Sie fand am Morgen nach der Tat statt, v. Göben sagt«in derselben:.Ich ging am ersten Feiertag von der Familie Schönebeck direktnach Hause und kam um �hll) Uhr abends zu Hause an. Ich gindann noch einmal weg, um etwas zu besorgen, kam aber bald nacHause zurück. Ich blieb nur etwa 10 Minuten weg. Ich legte micdann schlafen. Mein Bursche will mich 10 Minuten vor 6 Uhr ge-weckt haben. Meiner Ansicht nach mutz es später gewesen seinIch fuhr dann zur Villa Schönebeck. Dort erzählte man mir, dasder Major sich erschoffen habe. Ich hielt das für unwahrscheinlichda ein Selbstmord nicht im Charakter des Majors lag. Ich gingdann ins Eßzimmer und sah von dort aus die Leiche des Majorsliegen. Als ich in den Hausflur kam, hörte ich Frau v. Schönebecklaut schreien. In der Meinung, es könnte ein Unglück passieren,lief ich direkt in ihr Zimmer hinein. Ich versuchte sie zu beruhigenund schlug ihr vor, mit den Kindern zu der befreundeten Familiedes Rittmeisters v. Graetz zu gehen. Die Leiche des Majors sahich erst wieder bei der gerichtlichen Leichenschau, als ich als Zeugevernommen wurde. Meiner Anficht nach ist der Major von einemDieb oder Einbrecher erschosie» worden, der eS auf das Silber-zeug im Salon abgesehen hatte.... Ich war manchmal im Hausedes Herrn v. Schönebeck auch wenn der Major nicht zu Hause war.Mit Frau v. Schönebeck habe ich nur einmal eine Tour gemacht, imübrigen nur mit der Familie und mit Gästen. In dem einen Fall,in dem ich mit Frau v. Schönebeck allein fuhr, war ursprünglichauch geplant worden, den Major und die Kinder mitzunehmen, wasin letzter Stunde aber unmöglich wurde."— Auf die Frage desKriegsgerichtsrat Conradi, wo er die drei Schrammen auf derNase bekommen habe, antwortete Göben, daß er sich die Schrammenbeim Befestigen des Weihnachtsbaumes in der SchönebeckschenWohnung zugezogen habe. Gegen die Haussuchung hatte Göbennichts einzuwenden, er bat sogar darum.— Borsitzender: In dieserAussage wird ja auch mit dem Gedanken des Diebstahls operiertund der Diebstahl als Silberdiebstahl sjiezialisiert. Das ist einenach der Anklage ausfallende Uebereinftimmung, die beweisen soll,daß Sie Kenntnis von dieser Sache hatten und daß«ine vorherigeVereinbarung stattgefunden hat. Was haben Sie dazu zu sagen?>— Angeklagte: Ich sage, eS lag keine vorherige Vereinbarung vor.—. Die weitere Vernehmung beschäftigt sich eingehend mit Ver-suchen v. GöbenS. trotz Verbots des Gerichtsherrn, sich der Ange-klagten zu nähern. Die Angeklagte hat an Göben damals einenBrief geschrieben, in dem sie eine Zusammenkunft ablehnte.—Verteidiger, Rechtsanwalt Bahn: Können wir denn die Oeffentlichkeit nicht wieder herstellen?— Vorsitzender: Ich möchte die Oeffent-lichkeit ausgeschlossen wissen, bis die Vernehmung der AngeklagtenNachher wird in breitester Oeffentlichkeit verhandelt.beendet ist.Brief von Göben.ES kommt dann der Brief zur Verlesung, den Hauptmannv. Göben an die Angeklagte abgeschickt hat, der dieser abernicht auS-gchändigt worden war. Hauptmann v. Göben hatte, akV die An»geklagte sich im Hause deS Rittmeisters v. Graetz befand, diesengefragt, ob er Frau v. Schönebeck sprechen könne. Als das vonihm verneint wurde, gab er dem Rittmeister den Briest— Bor-fitzender: Die Handschrist deS Herrn v. Göben kennen S7e ja?—Angeklagte: Ja, das ist seine Handschrift.— Borsitzender: DieVorderseite deS Briefes ist an sich abgeschlossen, so daß derjenige,der kein Mißtrauen hat, nicht merkt, daß auf der Rückseite auchncch etwas steht. Die Borderseite lautet:„Sehr verehrte gnädigeFraul Mir ist für die Dauer der Untersuchung jeder„intime"Verkehr mit Ihnen untersagt. Deshalb muß ich mich beschränken.Ihnen schriftlich tiefstes Beileid auszusprechen und Ihnen zu dankenfür Ihre liebenswürdigen Zeilen. Seien Sie versichert, gnädigeFrau, daß ich jederzeit bereit bin, Ihnen zu dienen. Ihr sehr er-gebener Göben."— Borsitzender: Klappt man nun aber den Briefauseinander, so sieht man. daß noch sehr viel mehr drin steht. DieRückseite lautet:„Gestern vernommen, nichts herausgekommen.Dabei natürlich auf Frage, wie wir ständen, gesagt, freundschaft-lich. Hätte nach eigenem Augenschein und Andeutungen von Frauv. Schönebeck Eindruck gehabt. Ehe nicht ganz glücklich. War häufigim Hause, auch wenn Ehemann nicht da war. Auch gesagt, dag ichauf Zimmer gewesen, als Ehemann im Hause war. Weiter gesagt,auch einige Partien mitgemacht, hinzugefügt, eigentlich sollten auchda Bekannte und Kinder mitkommen. Von Herthainsel nichts mit-geteilt, Nach Schrammen an Nase gefragt, gesagt, die hatte neu-lich beim Tannenbaumputzen gekriegt. Als wahrscheinlichen GrundEinbruchsdiebstahl, auch Silberzeug erwähnt. Bitte baldige Nach-richt, wenn ich mich irgendwie geirrt. Erwünscht, Näheres überIhr Befinden und Aufenthalt."— Borsitzender: Nun, Frau Weber,auf diefen Brief baut die Anklage sehr viel auf.— Angeklagte: Ichkonnte doch nicht zugeben, daß das Verhältnis herauskam. Ichhätte dann sofort auf der Straße gestanden.(Weinend.) Ich wolltezu meiner Mutte/ nach Görlitz, die mich und die Kinder aufnehmenwollt«. Wenn nteine Mutter gewußt hätte, daß ich mit Göben einVerhältnis hatte, dann wäre das unmöglich gewesen. Ich wolltenichts als meine Frauenehre retten.-— Borsitzender: AuS demBriefe wird ganz etwas anderes gefolgert.-— Angeklagte(mit erregter Stimme): Es steht doch nichts drin, was nicht zum Schutzmeiner Frauenehre geschrieben wäre.— Borsitzender: Nein, eSsteht mehr drin. ES st«hen Andeutungen über die Aussage desHerrn v. Göben drin.— Angeklagte: Der Brief ist doch ein Be-weis dafür, da? kein Einverständnis zwischen«nS bestanden hat,denn dann brauchten wir uns doch keine Mitteilungen zu machen,dann wäre das Einverständnis doch schon vorher zustande gekommen.— Vorsitzender: Es steht doch am Schluß:„Ich bitte umNachricht, wenn ich mich irgendwie geirrt habe." Da sagt die�Staatsanwaltschaft eben, daß deutet auf eine Verabredung hinAngeklagte: Nein, es bezog sich nur darauf, ob er schon bei mir imZimmer gewesen ist und es galt doch nur allein, meine Frauen-ehre zu retten.— Vorsitzender: Auf Ihre Frauenehre kommen wirncch. Sie sind doch die Erste gewesen, die Ihre Frauenehre preis-gegeben hat, nicht Göben— Angeklagte: Das war aus einemanderen Anlaß geschehen. Kriegsgerichtsrat Conradi sagte zumir, Sie werden vereidigt, und da sagte ich mir: Um Gotkeswillen,Du darfst keinen Meineid schwören.— Borsitzender: Auf diesenBrief kam dann der Haftbefehl gegen Göben.— Verteidiger, Rechtsanwalt Bahn: Ich bemerke, daß die Angeklagte die wiederholtenVersuche Gödens, sich ihr zu nähern, abgelehnt hat. Wenn sie sichmit ihm hätte verabreden wollen, hätte sie ihn doch bloß zuempfangen brauchen.— Vorsitzender: Ich bitte jetzt nicht zu plä-dieren.— Verteidiger, Rechtsanwalt Bahn: Da hier der Stand-Punkt der Staatsanwaltschaft hervorgehoben wird, halte ich fürnötig, auch das entlastende Moment zu betonen.Hierauf wird derHaftbefehl gegen Hauptmann v. Göbenverlesen.Der Haftbefehl wird begründet damit, daß Hauptmann vonGöben dringend verdächtig sei des Mordes, und daß die Gefahrder Verwischung von Spuren sowie der Beeinflussung von Zeugenund etwaiger Mitschuldiger, falsche Aussagen zu machen, bestehe.Verantwortliche Vernehmung v. GöbenS.Bors.: Nun wurde Hauptmann v. Göben verhaftet und imArrestlokal am 23. Dezember vom Zdriegsgerichtsrat Conradi ver.antwortlich vernommen. Nach dem Protokoll hat er damals aus-gesagt: Ich bestreite, daß meine Beziehungen zu Frau v. Schöne-deck über das Maß eines freundschaftlichen Verkehrs hinaus-gehen; wenn ich auch zugeben muß, daß ich sie lieb habe und schätze.Ich bestreite, versucht zu haben, mich ihr zu nähern, ich wollte michnur nach ihrem Befinden erkundigen Ich war Major v. Schöne-beck nicht feindlich gesinnt, wenn auch auf Grund der Mitteilungender Frau v. Schönebeck bei mir eine gewisse Erbitterung gegen ihnherrschte. Ich habe ihr keine Verhaltungsmaßregeln geben wollen.— Bors.: Da kommt zum ersten Male die Erbitterung gegen denEhemann zutage.-— Weiter wird ein Brief verlesen, den Haupt-mann v. Göben einen Tag später an KriegSgerichtsrat Conradigeschrieben hat, in dem er seine Angaben zu ergänzen sucht.Erste Vernehmung der Angeklagten.Bors,(zur Angeklagten): Als nun Göben verhastet war,wurden Sie am 20. T�ember. also einen Tag nach der Beerdigung,als Zeugin vernommen. Wissen Sie, was Sie da gesagt haben?— Angekl.: Nein, daran habe ich keine Erinnerung; ich wußte auchgar nicht weshalb ich vernommen wurde. Mir war nicht gesagtworden, daß Göben verhaftet war.— Bors.: DaS mutzte Ihnengesagt werden, denn es entspricht den gesetzlichen Bestimmungen.Da sagten Sie wieder:„Wer meinen Mann erschossen hat, davonhabe ich nicht die geringste Ahnung. Wenn nicht ein Dieb inFrage kommt, kann ich mir nicht denken, wer es gewesen sein sollte."ES mußte Ihnen doch da aber schon der Gedanke an Hauptmannv. Göben auch aufgestoßen sein.— Angekl.: Ich habe nur den einenGedanken gehabt, meine Frauenehre zu retten.— Bors.: Ist Ihnendenn gar kein Verdacht gegen Hauptmann v. Göben aufgestoßen.— AngeN.: Nein, ich dachte nur daran, daß meine BeziehungenSthm nicht herauskommen.— Bors.: Sie haben doch aber inrer Vernehmung den Verdacht wegen deS Diebstahls noch werterauSgesponnen und ein Mädchen als verdächtig bezeichnet. Auchvon einem Silberdiebstahl haben Sie dabei gesprochen.— Angekl.:DaS alles weiß ich nicht mehr.v. Gödens Geständnis.Am 31. Dezember wurde nun Hauptmann v. Göben wiederumverantwortlich vernommen und legte an diesem Tage zum ersten-mal ein zusammenfassendes Geständnis ab. In diesem Geständnisgibt Hauptmann v. Göben an, daß er Frau v. Schönebeck von Anfangan geliebt habe, ohne sich dessen bewußt zu sein. Er habe sie täglichimmer mehr geliebt und habe sich bestrebt, sie aus den unglücklichenBanden zu befreien. Sie habe ihm fortgesetzt Mitteilungen ge-macht über Mißhandlungen von feiten ihres ManneS, denen erselbstverständlich Glauben schenkte. �,,..Hauptmann v. Göben fahrt dann fort: Ich habe die Absicht ge-habt. Frau v. Schoenebeck später zu heiraten, wenn die Ehe geschieden war. Ich war mir wohl bewußt, daß eS dann mit meinerKarriere auS sein würde. Aber sie sagte mir immer wieder, siekönne eS nicht länger aushalten, sie würde sonst fortlaufen. Allepaar Tage sagte sie das. Ich faßte darauf den Entschluß, MaiorSchoenebeck auf der Jagd mit der Waffe ,n der Händ zur Ehe-scheidung zu zwingen. Im Weigerungsfalle wollte ich ihn nötigen-falls niederschießen. Frau v. Schoenebeck wußte davon und wardamit einverstanden. Sie drängte aber immer, sie könne es nichtlänger aushalten. Sie erklärte, sie sei damit einverstanden, daßes in der Wohnung stattfinde. Diese letzte Unterredung fand eimgeTage vor Weihnachten statt. Ich war Weihnachten bei der FamilieSchoenebeck zu Besuch. Frau v. Schoenebeck sah mich den ganzenAbend bedeutungsvoll an; ich merkte, was sie von mir haben wollte.Sie sagte: Mach, was Du willst, aber ich will nichts davon wissen.Ich selbst faßte dann den Entschluß, die Tat auszuführen. Ichschnitt den Bindfaden am Fenster durch, um mir Eingang zu ver-schaffen, und wollte ins Schlafzimmer dringen, mir von Majorv. Schoenebeck die schriftliche Versicherung geben lassen, daß er mitder Ehescheidung einverstanden sei. Ich war mir bewußt, daßMajor v. Schoenebeck stets eine geladene Waffe bei der Hand hatteIch ging am ersten Wcihnachtstagabend nach Hause, dort kämpfteich noch mit mir. Dann dachte ich aber wieder an die arme Frauund ihre unglückliche Lage, und ich faßte deshalb den Entschluß, dieFrau zu befreien. In einem Zustand halber Raserei verließ ichmeine Wohnung und ging in die Wohnung des Major? v. Schoene»beck. Auch hier lief ich noch lange Zeit auf und ab und kämpftemit mir, bis ich mich entschloß, die Tat auszuführen. Der Ge-danke, am nächsten Tage vor Frau v. Schoenebeck hintretcn zumüssen und die Tat nicht ausgeführt zu haben, siegte und zwangmich, zum Schoenebeckschen Hause zurückzukehren. Der Majorhörte mich, er öffnete das Schlafzimmer und erhob sofort dieWaffe gegen mich. Ich sah an seinen Gesichtszügen, daß er ab-drücken wollte. In diesem Moment, während ich die Worte sprach:„Herr Major", erhob ich die Pistole und drückte ab. Der Majorbrach sofort zusammen. Ich sah. daß er tot war. DaS war zwischen3 und �4 Uhr. Frau v. Schoenebeck wußte nicht bestimmt, daß ichin dieser Nacht die Tat ausführen würde, aber sie konnte es ahnen.Meiner Ansicht nach hat sie den Schuß gehört, denn sie sagte amnächsten Morgen zu mir, sie leide schon seit 4 Uhr.— Borsitzender:Das ist das erste Geständnis GöbenS. Von dem Schwur untermTannenbaum und von vielen anderen Abweichungen ist hier nochnicht die Rede. Hauptmann v. Göben wurde, wie auch die An-geklagte, später der Irrenanstalt Kortau zur Beobachtung über-wiesen. Er hat auch dort eingehende Bekundungen über die Tatgemacht. Frau Weber, was sagen Sie nun zu diesem Geständnis?— Angeklagte(sichtlich erregt, nach langer Uebcrlegung): So weitich folgen konnte, ist einiges richtig, einiges nicht richtig. DerBorsitzrnde hält der Angeklagten vor, daß es in Anbetracht derWichtigkeit dieses Göbenschen Geständnisses und des noch folgendenTeiles ihrer Vernehmung wohl doch richtiger sei, abzubrechen underst am Freitagmorgen fortzufahren.Die Sitzung wurde darauf auf heute vertagt.Gerichts-Leitung.Eine Frau mit zwei Männernmußte sich gestern in der Person der Frau Josefa Szah unter derAnklage der Bigamie vor der 10. Strafkammer des Landgerichts Iverantworten. Die jetzt in den fünziger Jahren stehende Arklagte heiratete vor etwa 30 Jahren einen gewissen Stender, wellnach fünfjähriger Ehe plötzlich verschwand und seitdem unaussind-bar war. Nach löjähriger Wartezeit, in welcher die Angeklagteimmer noch getreulich auf die Wiederkehr des Verschollenen war-tete, erfuhr sie eines Tages auf dem Jahrmarkt in Groß-Warten-berg, daß ihr Ehemann verstorben sei. Nachdem sie nochmals zehnJahre gewartet hatte, ging sie mit ihrem jetzigen Ehemann Szayeine neue Ehe ein. Die eigentliche Veranlassung dazu war, daßsie während ihrer unfreiwilligen„Witwenzeit" mehreren Kinderndas Leben gegeben hatte und sie vom Vormundschastsgericht auf-gefordert wurde, den Vater dieser Kinder zu heiraten. Einesschönen TageS— nach 25 Jahren— langte der angeblich verstor-bene Ehemann gesund und munter wieder in seinem„Heim" an,in welchem sich inzwischen recht erhebliche Veränderungen vollzogenhatten. Als er seine ehelichen Rechte geltend machen wollte, wundeer von dem„Manne seiner Frau" an die frische Lust gesetzt. DerStaatsanwalt hielt die Angeklagte der Doppelehe für schuldig undbeantragte 8 Monate Gefängnis. Das Gericht nahm jedoch an,dß die Angeklagte, als ihr vom Vormundschastsgericht nahegelegtwurde, den Vater ihrer Kinder zu heiraten, bei ihrem niederenBildungsgrade geglaubt habe, daß keine gesetzlichen Hinderung?-gründe zur Eingehung einer neuen Ehe beständen. DaS Urteillautete deshalb auf Freisprechung.Diebereien in Uniform.Ei« Postbeamter, der in seiner vollen Uniform nächtliche Raub-zflge ausgeführt hatte, mutzte gestern seine recht umfangreichenDiebereien mit einer empfindlichen Strafe büßen. Wegen gemein.schastlichen Diebstahls waren der frühere Postbote Ewald Schröderund der Produktenhändler Hermann Schmidt angeklagt, währendsich die Ehefrau Frida Schröder wegen Hehlerei zu verantwortenhatte. Im Februar und März d. I. liefen bei der Polizeibehördezahlreiche Anzeigen aus dem Westen Berlins, hauptsächlich auchauS Charlottenbnrg ein, in welchen Diebstähle von messingenen undkupfernen Türschildern gemeldet wurden. So wurden unter ande-rem mhrere Mesfingschildcr bei dem griechischen Generalkonsulat,bei dem Regierungsbaumeister Dernburg, bei dem Professor Dr.Hammerschlag gestohlen. In einer Nacht wurden nicht wenigerwie zwanzig derartige Schilder entwendet, die gewöhnlich nurleicht mit einigen Schrauben befestigt waren. Als Diebe wurdenschließlich die beiden Angeklagten Schröder und Schmidt ermittelt.Schröder, der zuletzt auf dem Postamt 37 beschäftigt war. hatte dieDiebstähle, um recht unauffällig und sicher arbeiten zu können, inseiner vollen Briefträgeruniform verübt. Die Messingschilderwurden dann von Schmidt eingeschmolzen und für 35 Pf. proPfund als Altmetall weiter verkauft. Schröder wurde ferner nochbeschuldigt, Briefe und Pakete, mit denen er in seiner amtlichenTätigkeit in Berührung kam, unterschlagen zu haben. Das Gerichthiebt es für angehracht, gegen Schröder eine empfindliche Strafezu verhängen und auch auf längeren Ehrverlust zu erkennen, da ersich nicht gescheut habe, seinen Beamtenrock als Deckmantel fürseine Straftaten zu benutzen. Gegen ihn lautete das Urteil aufS Jahre Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust und gegen Schmidtauf Jahre Gefängnis bei sofortiger Lerhaftung. Die FrauSchröder wurde freigesprochen._Vermischtes.Gefährliche Nachbarschaft.Zu der Explosion in der Pulverfabrik in Dahler»brück, über die wir in der Dienstagnummer berichteten, wirduns geschrieben: Die Explosion erregt die Gemüter in der Gegendvon Hagen und Lüdenscheid in Westfalen auf das lebhafteste. Diegesamte Presse fordert schleunige? Eingreifen der Behörde, da eineUnmenge Pulver durch die Entfernung der Dächer der zur Pulver-fabrik gehörigen Schuppen jetzt frei liegt und 80 Meter davondie stark benutzte Eisenbahnstrecke vorbeiführt! Schon seit Jahrenwird von den Bewohnern, die mit den Verhältnissen vertraut sind,das Verlangen nach Beseitigung dieser Pulverfabrik erhoben.Früher, vor etwa 150 Jahren, als diese Fabrik errichtet wurde,ging durch das Volmetal noch nicht die Chaussee und natürlich auchkeine Eisenbahn. Jetzt hat sich daselbst nicht nur ein starker Ver-kehr entwickelt, sondern auch die Menschen haben sich zahlreicherangesiedelt. Mehr als30Personenzüge und eine fast gleich-große Anzahl Güterzüge fahren Tag und Nacht talaufwärts nahean der Pulverfabrik vorbei!! Die Hauptstraße ist gar nur50 Meter von diesem gefährlichen Betriebe entfernt. Vor zehnJahren, am 1. Juni 1900, ist der Pulvertrockenraum, der jetzt ohneDach mit vielen Zentnern Pulver stehen geblieben ist, mtt neunArbeitern in die Luft geflogen. Wenn von einer Lokomo-tive aus ein Fünkchen in das Pulver fliegt, ist unermeßliches Un-heil zu befürchten. ES kommt hinzu, daß feit 14 Tagen täglich G«.witter durch die Gegend ziehen.Noch keine Bergung deS„Pluviofe".Der Einschleppung de» gesunkenen Unterseebootes in den Hafenvon Calais stellen sich immer neue Schwierigkeiten in den Weg.Am Mittwoch war eS den Tauchern gelungen, den„Pluviofe" mitacht Ketten an den Schleppschiffen zu befestigen. Jetzt hat dieStrömung zwei dieserKetten zerrissen, mehrere anderehaben sich verwickelt. ES wird daher wohl noch einige Tagedauern, bis eS gelingt, das Tauchboot einzuschleppen.Wer da hat» dem wird gegeben.Ein Rentier in M e n t o n e, der vor einigen Jahren starb,hat sein gesamtes Vermögen den Gebrüdern Rothschild inParis vermacht. Wie die französischen Zeitungen melden, handelteS sich bei der Erbschaft um die Kleinigkeit von sieben Mil-lionen Franks._Ein brennender See.Unbekannte Täter durchbohrten in der Nähe der StationNotanebh der transkaukasischen Eisenbahn das Rohr derPetroleumlcitung, um Petroleum zu entwenden. Dasausrinnende Petroleum bildete einen See, den die Uebeltäter an-zündeten. DaS Feuer nahm eine große Ausdehnung an, um.fing den Eisenbahndamm und zerstörte die Bahnbrücke. Der Ver-kehr muhte infolgedessen eingestellt werden. AuS Batum wurdenArbeiter für die Löscharbeiten und die Wiederherstellung der Brückeentsendet._Kleine Notizen.Vom Blitz erschlagen wurde ein auf einem Felde arbeitenderKnecht aus Hohendodeleben bei Magdeburg. Zwei andereArbeiter wurden betäubt.— Auch in Welschingen be» Konstanz wurde ein Knecht vom Blitzstrahl g e t ö t e t, als er vom Feldeheimkehrte.Bei einem NebungSmarsch im südtirolischen Grenz-gebiet versagte beim Heruntcrfahrcn von einem AbHange die Bremseeines Artillericfahrzeuges. Der Wagen fuhr gegen eine Mauerund stürzte um. Ein Soldat wurde hierbei getötet, währendandere schwer verletzt wurden.Ein Dementi. Die Nachricht, daß ein Wirbelsturm einen Teilvon Sardinien verwüstet habe, wird von der italienischen Re-gierung für unrichtig erklärt.Beraubt« Post. Unweit der russischen Stadt BjelSk wurde einPostwagen von Räubern überfallen. Nachdem die begleitendeMannschaft getötet war, raubten die Täter 55 000 Rubel.Abgestürzte Touristen. Wie die Blätter aus Innsbruckmelden, ist bei einem Gescllschastsausflug auf den Schrammachcrdie Tochter eines Bankdircktors abgestürzt. Am Gamsangerim Kaisergebirge stürzte der Münchener Student Ludwig Sza.i n s k i ab. Beide erlitten schwere Kopfverletzungen.Perantwortlichcr Redakteur Richarp Lirth, Berlin. Für heg Lnsuatenteil verasiv� Th. Glocke. Bkrlm, D.rgck u. Verlag: VorwärtSJuchdruckerki p, Lerlagsgnstalt Paul Singer& Co« Berlin SW.