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als die Leitungen sind. Die Sozialdemokratie an der Odermiindung wird indes arbeiten, als gelte es, den Wahlkreis gegen die Koalition det Gegner zu erobern._ Die rote Flutwelle. Professor Delbrück hat eine Rechnung aufgestellt, tvo- Vach der Sozialdemokratie bei den nächsten Reichstagswahlen 120 Mandate zufallen sollen. Auch dieK ö l n i s ch e Volkszeitung" meint, man werde wohl kaum zu hoch greifen, wenn man annehme, daß die Sozialdemokraten ziem- lich wahrscheinlich mit 120 Sitzen im nächsten Reichstag rechnen könnten. Die sozialdemokratischen Stimmen, so sührt das Blatt aus, seien bei den letzten neun Reichstags- ersatzwahlen um durchschnittlich 33,3 Proz. gestiegen. Nämlich in Landsberg -Soldin um 16,6 Proz., im Halle-Saalekreis um 18 Proz., in Usedom -Wollin um 27,5 Proz., in Jauer-Landes- Hut und Mülheim-Wipperfürth um 28 Proz., in Eisenach - Dermbach um 29,7 Proz., in Koburg um 43,5 Proz., in Lyck-Oletzko-Johannisburg um 45 Proz. und in Posen end- lich um 62,7 Proz. Nehme man nun, so führt das rheinische Zentrumsblatt weiter aus, selbst nur ein Anwachsen der so- zialdemokratischen Stimmen um 25 Proz. an. so würden schon alle Wahlkreise, in denen bei den Hottentottent�ahlen 40 Proz. und mehr der abgegebenen Stimmen auf die So- zialdemokratie entfielen, ohne Stichwahl von der Sozial- Demokratie erobert werden. Solcher Wahlkreise gäbe es genau 50, so daß mit den bisherigen 47 die Sozialdemokraten schon rund 100 Sitze bekämen, ohne die von ihnen zu erobern- den Stichwahlkreise. Da nun aber die Sozialdemokratie selbst 1907 in der Stichwahl noch 14 Kreise gewann, so dürfte die Schätzung von 120 sozialdemokratischen Mandaten reines- Wegs übertrieben sein. Das Zentrumsblatt benutzt dieses Schreckgespenst, um die bürgerlichen Parteien zu einer»gemeinsamen Front st eilung gegen die Sozialdemokratie" aufzurufen. Es redet namentlich den liberalen Parteien zu, sich dem gemeinsamen Block gegen die Sozialdemo- k r a t i e anzuschließen. Seien doch gerade die Mandate der liberalen Parteien in erster Linie bedroht. 17 nationallibe- rale und 16 freisinnige Mandate würden voraussichtlich der Sozialdemokratie zufallen. Dagegen nur 16 der gesamten Rechten und des Zentrums, nämlich 5 Kreise der Reichs- Partei, 3 der Wirtschaftlichen Vereinigung, 2 der Reform­partei, 3, die durch fraktionslose Abgeordnete der Rechten vertreten werden. 2 der Konservativen und ein Zen- trumswahlkreis! Die Rechnung des Zentrums dürfte doch wohl nicht ganz stimmen. Wenigstens nicht insofern, als sie die Verluste der Rechten allzu niedrig veranschlagt und den Liberalen vor- spiegelt, daß durch ein gemeinsames Vorgehen gegen die Sozialdemokratie die von dieser be- drohten liberalen Mandate gerettet werden könnten. Denn wenn sich die sozialdemokratische Stimmenzahl, was auch wir hoffen, tatsächlich um 25 Proz. durchschnittlich erhöhen sollte. würden die 50 Wahlkreise, in denen die Sozialdemokratie das vorige Mal mindestens 40 Proz. aller abgegebenen Stimmen auf sich vereinigte, auch durch den Zusammen- schluß der bürgerlichen! Parteien nicht ge- rettet werden können! Aber dieKölnische Volkszeitung" meint es auch woh! so, daß der Liberalismus künftig jede Reibung mit den Parteien des blau-schwarzen Blocks der- meiden und sein ganzes Sinnen und Trachten nur da- rauf richten möchte, gegen die Sozialdemokra- tie loszuschlagen! Die Frage der Reichsfinanz. reform, des W a h l r e chts tr u g s, der Schulder- p f a f f u n g, kurz, alle Streitfragen zwischen der bürger- lichen Linken und dem Schnaps- und Antiwahlrechtsblock sähe das Zentrum am liebsten völlig aus der politischen Diskussion ausscheiden! Wir können dem Zentrum und den Konserva- tiven diesen Wunsch ja nachfühlen, denn es ist ganz fraglos. daß der Kampf der bürgerlichen Parteien miteinander natür- lich der Sozialdemokratie zugute kommt. Auf der anderen Seite freilich können die liberalen Parteien auf die Brandmark ung des Schnapsblocks unter keinen Umständen verzichten, wenn sie nicht erst recht unter den Schlitten kommen wollen! Denn wie schlecht es dem Liberalismus bekommt, wenn er init Junkern und Pfaffen zusammen durch Dick und Dünn geht, beweist ja die Q u i t t u n g, die er in U s e d o m- Wollin so prompt dafür erhalten hat, daß er als Glied des großen Byzantinerblocks für die 3' Millionenliebesgabe für die Krone g est i mm t hat! Der Liberalismus mag sich betten wie es ihm beliebt; aber daß er bei den nächsten Reichstagswahlen besser ab- schneiden würde, wenn er sich aus blindem Sozialistenschreck der Reaktion in die Arme wirft, wird er bei einer kühlen Abwägung der Gewinn- und Verlustchancen schwerlich an- nehmen können!_ politische ücbcrfkbt. Berlin , den 14. Juni 1910. Der Rixdorf-Schöneberger Wahlprotest. Genosse Pagets sendet uns folgende Zuschrift: Bei der Verhandlung über die Gültigkeit der Wahl deS Herrn Reinbacher im Landtagswahlkreise Rixdorf-Schöneberg hat der freisinnige" Herr Fischbeck in der Sitzung des Abgeordneten- Hauses vom 10. Juni Ausführungen gemacht, die sich denn doch mit den Tatsachen absolut nicht in Einklang bringen lassen. Herr Fischbeck hat zwar behauptet, die Kommission habeSorg- falt" angewandt. Diese hat aber noch nicht einmal zugereicht, um die eigentlichen Protestgründe von den ganz nebenher angeführten Beispielen zu unterscheiden. Der Protest stützte sich bekanntlich darauf, daß: 1. Die Steuersätze des Jahres 1907 in Rixdorf zugrunde gelegt waren. L. Die Abteilungslisten nicht in alphabetischer Weise aufgestellt waren. L. Eine große Reihe weiterer Unregelmäßigkeiten bei Auf- stellung der Wählerlisten in Rixdorf vorgekommen sind, und 4. Stichwahlen vollständig zu Unrecht angeordnet wurden, während notwendige unterblieben. Daß alle dies« Dinge vorgekommen sind, ist im wesentlichen von dem Magistrat in Rixdorf zugegeben worden. Neben diesen eigentlichen Protestgründen sind dann eine ganze Reihe Beispiele angeführt, die beweisen, in welcher Art sich das ganze Resultat der Wahl verschoben hätte, wenn die gesetzlichen Bestimmungen innegehalten worden wären. Diese Beispiele sind von den Hauptwahlen und Stich- Kahlen gesondert aufgeführt worden, und die gewisien�-hafte Prüfung des Herrn Fischbeck hat trotz der angeblichenSorgfalt" das wohl nicht entdecken können,-- oder wollen. Herr Fischbeck hat nun nach dem Bericht desBerliner Tage- blatt" gesagt:Sieht man den ersten Punkt des Protestes an, so findet man, daß hier Protest erhoben wurde, trotzdem in dem betreffenden Bezirk die sozialdemokratischen Wahlmänner gewählt wurden. Genau dasselbe ist beim 2. Punkt der Fall."-- Hierin liegt das Jongleurkunststück! Als Beispiel ist in dem Protest unter anderem angeführt worden, daß schon bei den Hauptwahlen in bestimmten Be- zirken unsere Wahlmänner gewählt worden wären, wenn gesetzlich verfahren wurde. Es ist dabei vollständig unerheblich, ob in zwei Bezirken die sozialdemokratischen Wahlmänner später noch in der Stichwahl gewählt wurden oder nicht, weil diese Dinge eben nur als Beispiele für die Ver- schiebung der Abteilungslisten angeführt wurden. Wenn wir gegen die Wahl der einzelnen Wahlmänner hätten Einspruch erheben wollen, tänn hätten wir ja die gewissen hafte Mitwirkung des Herrn Fischbeck nicht gebraucht, sondern Herlken diese Einsprüche schon bei Gelegenheit der Abgeordnetenwahl bei dem Wahlkommissar erheben können. Aus dem Protest ist klar ersichtlich, daß die einzelnen Beispiele von den Hauptwahlen und Stichwahlen gesondert aufgeführt wurden, und da Herr Fischbeck erklärt hat, es seiSorgfalt" an- gewandt worden, dürfte diese Tatsache weder ihm noch den übrigen Kommissionsmitgliedern entgangen sein.--- Es bleibt danach nur übrig, daß Herr Fischbeck in seiner bekannten Gewissenhaftig- keit dieses Mittelchen angewandt hat, um den Anschein zu erwecken, als wären in dem Protest Dinge behauptet, die der Wahrheit nicht entsprechen, um auf diese Weise ein freisinniges Mandat zu retten.--- Herr Fischbeck hat erklärt, die Behauptungen des Protestes seien in der Kommission als Frivolität bezeichnet worden. Ich erkläre meinerseits als Verfasser des Protestes, daß die Erledigung desselben ein erneuter Beweis für die v o l l st ä n d i g e p o l i. tische Verwahrlosung des Freisinns ist und daß kein ehrlicher Politiker, der noch etwas auf Reputation hält, einen solchen Streich mitgemacht haben würde. Herrenhans. Der Enzyklikarummel hat nun auch im Herrenhause einen Nachhall gefunden, allerdings nur einen recht matten. In der Dienstagsitzung erklärte vor der Tagesordnung der Graf v. Ziethen-Schwerin kurz, daß die päpstliche Kundgebung eine schwere Verunglimpfung der evangelischen Bevölke- rung enthalte, den konfessionellen Frieden bedrohe und deshalb auf das entschiedenste zurückgewiesen werden müsse. Der Freiherr von Landsberg legte als Katholik Verwahrung gegen die Er- klärung seines Vorredners ein. Er könne nicht zugeben, daß die Enzyklika Schmähungen und Verunglimpfungen enthalte. Anderer- seits begreife er jedoch die Erregung der protestantischen Bevölke- rung. Es müsse um so mehr aller Bestreben sein, wie bisher mit allen Kräften für den konfessionellen Frieden zu wirken. Damit war die Affäre für die erlauchten und edlen Herren erledigt, die sich nunmehr der Aufarbeitung der ihnen vom Abge- ordnetenhause zugegangenen Gesetzesvorlagen zuwendeten. Die Slbbitte des Papstes. DieNordd. Allg. Ztg." veröffentlicht daS Resultat der diplo« matischen Schriite, die die preußische Regierung beim Vatikan unter- nommen hat. Danach hat der preußische Gesandte dem Kardinal- staatssekretär eine Note überreicht, in der«S heißt, daß die Urteile der BorromäuS-Enzyklika über die Reformation in allen evan- gelischen Kreisen tiefe Erregung hervorgerufen habe. Dann fährt die Note fort: Die königlich preußische StaatSregierung sieht sich daher ver« anlaßt, gegen diese auch an das preußische Episkopat gerichteten Kundgebungen Verwahrung einzulegen. Zugleich weist sie darauf hin, daß die Verantwortung für Störungen deS konfessionellen Friedens, welche eine Folge des Rundschreibens sind, allein diejenjge Stelle trifft, von der es ausgegangen ist. Dies glaubt die preußische Regierung, die beim Apostolischen Stuhle im Interesse guter Beziehungen zwischen Staat und Kirche eine diplomatische Vertretung unterhält, durch ihren Vertreter mit um so größerer Berechtigung aussprechen zu können, als sie ihrerseits, treu ihren verfassungsmäßigen Aufgaben, bestrebt ist, mit allem Ernst und mit allen Mitteln die Wahrung und Festigung des Friedens zwischen der evangelischen und der katholischen Bevölkerung des Staates zu fördern. Der Gesandte forderte bei Ueberreichung der Note, daß die Enzyklika in den deutschen Diözesen w e d e r von der Kanzel verkündet, noch in den bischöflichen Verordnungsblättern ver- öffentlicht würde. Diesen Wunsch hat der Vatikan prompt erfüllt und die deutschen Bischöfe angewiesen, die Veröffentlichung zu unterlassen. Außerdem wurde dem preußischen Gesandten eine Note eingehändigt, in der es heißt: »Der Heilige Stuhl glaubt, daß der Ursprung dieser Erregung darauf zurückzuführen ist, daß der Zweck nicht richtig er- kannt worden ist, auf den die Enzyklika gerichtet war, und daß daher einige ihrer Sätze in einem Sinne ausgelegt worden sind, der den Absichten des Heiligen Bater« völlig fremd ist. Es liegt daher dem unterzeichneten Kardinal daran, zu erklären, daß Seme Heiligkeit mit wahrem Bedauern die Nachrichten von einer solchen Erregung vernommen hat, da wie schon öffentlich und formell erklärt worden ist irgend welche Absicht, die Nichtkatholiken Deutschlands oder dessen Fürsten zu kränken, seiner Seele ganz und gar fern lag. Der Heilige Vater hat übrigen? niemals eine Gelegenheit vorbeigehen lassen, um seine aufrichtige Achtung und Sympathie für die deutsche Nation und ihre Fürsten zu bekunden, und hat noch bei einer kürzlichen Gelegenheit die Freude gehabt, diese seine Gefühle zu wiederholen. Der unterzeichnete Kardinal benutzt diese Gelegenheit, um Seiner Exzellenz den Ausdruck seiner ausgezeichneten Hochachtung zu erneuern." Die offiziösen Blätter werden nicht verfehlen, diesen Ausgang des Enzyklikarummels als großen Erfolg des Herrn v. B e t h- mann Hollweg auszuposaunen. Und die Fanfaren werden umso lauter schmettern, als dies die erste und sicherlich die letzte Gelegenheit sein wird, von einem Erfolg dieses großen Staats- manne» zu sprechen. ES muß deshalb gesagt werden, daß dieser Erfolg" zur Voraussetzung hatte, daß Herr v. Bethmann einen so machtlosen und unfähigen Gegenspieler fand, wie es der Vatikan ist. Zuerst hat der Papst in gröbster Manier loSgepoltert, jetzt leistet er Abbitte, wenn er auch sein Urteil nicht zurücknimmt. DaS eine ist im Grunde genommen so bedeutungslos wie das andere und beweist nur, wie ohnmächtg heute der Papst, wenigstens in Kulturländern, geworden ist. DeS- wegen war die EntrüstungSproduktion ja auch so lächerlich, wie sie gefahrlos und billig war. Die zumeist Entrüsteten, die Konfer- vativen. sind gerode diejenigen, die zu der Unterdrückung jeder Geistesfreiheit nicht weniger bereit sind, denen aber dafür viel stärkere Machtmittel zur Verfügung stehen als dem römischen Bischof. Und die preußische Regierung als Verfechterin irgend einer Freiheit wirkt erst recht nur komisch. Mit der Abbitte des Papstes wird der Rummel nun wohl vor« über fein. Die nationalliberale Spekulation, dmch Entfachung kulturkämpferischer Instinkte die Konserbatiben vom Zentrum ab« und zu sich hinüberzuziehen, wonach sich dieseLiberalen " am meisten sehnen, ist mißglückt, und die Komödie, die schon herzlich langweilig war, endlich zu Ende. Das Fiasko derLex Trimborn". Man kennt das demagogische Manöver, das das Zentrum bei den Beratungen des Zolltarifes aufgeführt hat, um seinen Anhängern sein Eintreten für den B r o t w u ch e r schmack- hafter zu machen. Es ließ damals erklären, daß die Mehr- einnahmen aus den Agrarzöllen für soziale Zwecke verwendet werden sollen, namentlich für die Witwen- und Waisenversorgung. In Wirklichkeit gab trotz der Hinweise unserer Genossen das Zentrum diesemsozialen Paragraphen" eine solche Gestalt, daß er völlig wertlos wurde. Was damals unsere Genossen voraussagten, wird jetzt auch offiziös eingestanden, wie folgende Notiz beweist:.... Bekanntlich ist nach§ 15 des Zolltarifgesetzes der auf den Kopf der Bevölkerung entfallende Reinertrag aus den Getreide- und Viehzöllen, soweit er den nach dem Durchschnitte der Jahre 1898 bis 1903 auf den Kopf der Bevölkerung entfallenden Rein- ertrag dieser Zölle übersteigt, zur Erleichterung der Durch- führung einer Witwen- und Waisenversorgung zu verwenden. Aus dem Jahre 1907 hat ein Betrag von über 42 Millionen Mark zu dem gedachten Verwendungszwecke sicher- gestellt werden können. Für die Jahre 1900 und 1908 hatten sich Ueberschüsse nicht ergeben. Wie jetzt festgestellt worden ist, bleibt auch für das Rechnungsjahr 1909 der auf den Kopf der Bevölkerung berechnete Reinertrag aus den bezeichneten Zöllen hinter dem Durchschnitts- ertrage der Jahre 1898 bis 1903 zurück, so daß auch aus dem Jahre 1909 Ueberschüsse für die Zwecke der Hinterbliebenenversorgung nicht zur Ver- fügung st ehe n. Aus diesem Grunde wird auch das Ein- führungsgesetz zur Reichsversicherungsordnung die Auf- h e b u n g des ß 15 des Zolltarifgesetzes in Vorschlag und in seine Stelle die Reichsversicherungsordnung mit festen Beiträgen des Reichs zur Durchführung der Hinterbliebenenversorgung setzen. Den Profit aus den Wucherzöllen haben also ganz aus- schließlich die Großgrundbesitzer eingesackt und aus dem Raub aus den Taschen der Arbeiter wird ihren Witwen und Waisen nicht das Geringste zurückgegebm. Das ist Zentrumspolitikl Tie kleine Militärvorlage. Unser Militarismus fordert nicht nur in der nächsten Zeit für die Vermehrung der Präsenzstärke ge wältige Opfer, sondern auch kleinere, aber immerhin noch nach Millionen zu rech- nende Ausgaben für die n e u e m i l i t ä r i s ch e M o de. So sollen die diesjährigen Kaisermanöver erproben, ob die neue Felduniform allgemein eingeführt werden soll. Die neue Militäruniform besteht aus grauem Rock und grauer Hose, grauer Lagerinützc, naturgclbem Lederzeug, gelben Stiefeln und grauen Mänteln. Wird diese neue Uniform sich bewähren, und das wird ja wohl der Fall sein, so wird sie für die ganze Armee eingeführt werden. Dann wird das weiße und schwarze Lederzeug, werden alle blauen. roten, grünen , braunen usw. Uniformen verschwinden. Das heißt wenigstens für den F e l d d i e n st. Als Paradeuniform werden diese Papageifarben möglicherweise auch noch länger bei- behalten werden. Auch werden neue Helme ohne glitzernde Metall- beschläge beschafft werden müssen. Kurzum, diese Anpassung der Uniformen an da? Kriegsmäßige, die für jeden vernünftigen Men- schcn schon vor Jahrzehnten auf der Hand lag, wird nun endlich durchgeführt werden und Millionen kosten. Auch die Kavallerie soll wieder einmal teilweise neu bewaffnet werden. Insofern wenigstens, als künftig der lange Säbel fort- fallen und durch ein kurzes, auf den Karabiner aufzupflanzendes Seitengewehr ersetzt werden soll. Nur darüber ist man sich noch nicht einig, ob man den Offizieren gleichfalls den langen Säbel nehmen oder nicht doch lieber des martialischen Aussehens wegen belassen soll. Wie dem aber auch sei, jedenfalls wird diese neue Unifor- mierung und Bewaffnung schweres Geld kosten. Personenwechsel in der Leitnng der Kieler Werft. Wie derBerliner Lokal-Anzeiger"(Mittagsblatt vom 14. Juni) berichtet, verlaute in Marinekreisen mit Bestimmtheit, daß der der­zeitige Oberwerftdirektor der Kieler Werft und Flügeladjutant des Kaisers, Vizeadmiral von Usedom , kurz nach Beendigung der Kieler Woche einen längeren, angeblich sechsmonatlichen Urlaub antreten und nicht wieder auf seine» Posten zurückkehren werde. Al» sein Nachfolger wird Kapitän zur See Henkel, der nahe vor seiner Be- förderung zum Konteradmiral stehen soll, genannt. Ein System- Wechsel tritt natürlich nicht ein, auch wenn sich diese Nachricht be- stätigt. Wahrscheinlich ist der Kieler Werftprozeß nicht ohne Ein- fluß auf den Rücktritt des Herrn von Usedom gewesen l Nochmals das Danziger Wasserloch. Unser Danziger Korrespondent, der durch eine Reise verhindert war, sofort auf die VertuschungSnotiz der zuständigen Stelle, die wir in Nr. 130 wiedergaben, zu antworten, schreibt uns heute: Diezuständige Stelle" dementiert und bestätigt zu- gleich unsere Angaben. Zunächst wird bestätigt, daß das Wasserloch nicht abgefischt wurde. Die gründliche Abfischung mit geeignetem Werkzeug haben wir seit zirka 6 Monaten gefordert. Warum erfolgt sie nicht? Ferner wird bestätigt, daß der Fender gefunden und abgefahren wurde. Er soll einen Wert gleich Null haben. Zu dieser Ausrede bemerken wir, daß es auf der Werft überhaupt keine Gegenstände ohne Wert gibt. Auch die un. scheinbarsten Abfälle find von Wert. Dieser Fender war nicht alt, da er nur zirka acht Tage seiner Bestimmung gedient hatte. Möglich, daß er nachdem er monatelang im Wasser gelegen hat an Wert erheblich verloren hat. Es kommt darauf an. welchen Wert der Fender hatte, als er versenkt wurde und nicht, welchen er heute hat. Dann deralte Schutt". Wir fragen, warum macht man keine Angaben über die Bestandteile desalten Schuttes"? Erdgeröll und Ziegelsteine hat man doch nicht abgefahren, sondern Eisen, anderes Metall und gußeiserne Fenster. Seit wann sind diese Dingewertloser alter Schutt"? Warum fährt man sie heute nach dem Alteisenhof, um die Sachen zu verkaufen? Ein sonderbarer Musterbetrieb l_ Nachwahl in Cannstatt-Ludwigsbnrg. Der Bund der Landwirte hat den früheren ReichStagSabgeord- neten Dr. Wolfs als Kandidaten aufgestellt. Die bayrische Steuerreform. München , 9. Juni. Nach monatelanger Paus« beschäftigte sich heute daS HanS der Abgeordneten wieder einmal mit der bah, rifchen Steuerreform. Unterdessen hat nämliöb die obere Kammer, das bayrische Herrenhaus, die Steuergesetze beraten und in recht wichtigen Punkten verschlechtert. Diese Verschlechterungen gehen besonders nach der Richtung der höheren Belastung der niederen Einkommen und der größeren Begünstigung de« Kapital«. Der Steuerausschuß der Kammer trat einem Teile der Beschlüsse der