zur politischen Lage scharf und entschieden Stellung nehmen wird._ Der evangelische Bund. Während die konservativen Organe von der Beilegung des EnzyklikastreitS sehr befriedigt sind, will der„Evangelische Bund' den Kriegspfad noch nicht verlassen. Der Zentralvorstand erläßt schon wieder eine Kundgebung, in der er die päpstliche Antwort als „keine ausreichende Genugtuung' bezeichnet, um dann fortzufahren: „Namentlich gilt eS, in entschlossener Abwehr der Zetrum sparte» entgegenzutreten, die noch päpstlicher als der Papst kein Wort der Mißbilligung des Rundschreibens im Parlamente fand, die den Geisteskampf zwischen Rom und Witten « berg auf das Gebiet des politischen Machtkampfes überträgt und dadurch in unserem Volksleben zur dauernden Störung des konfessionellen Friedens führt. Darum muß der einmütige Ruf aller deutschen Protestanten lauten: Keinerlei Förderung der Bestrebungen der politischen, päpstlichen Bannerträger im deutschen Reiche, keinerlei Bündnis mit dem Zentrum! Nur durch solche klare Stellungnahme kann das hohe Gut des deutschen Bürgerfriedens erfolgreich gewahrt werden,' Die Junker werden dem Bund eins pfeifen. Eine einzige Position des Zolltarifes ist ihnen wichtiger als sämtliche Glaubens- artikel. Deshalb wird es beim schwarzblauen Block bleiben. Denn Geschäft ist Geschäft und die evangelische Ideologie würde für die Konservativen jeden Wert verlieren, sobald sie zur Geschäftsstörung würde._ Reichswehrsteuer. Nächsten Sonnabend wird im Reichsschatzamt wieder eine Konferenz von Vertretern der Regierung und Reichs« tagsabgeordneten zusammentreten, um über die Ein- führung einer Wehr st euer zu beraten, durch die die Mittel für die Veteranenfürsorge aufgebracht werden sollen. Be- kanntlich wird die Wehrsteuer von Konservativen und National- liberalen verlangt, während die Regierung bisher einen ablehnenden Staudpunkt einnimmt._ Dernburg dankt für eine Durchfallskandidatur. Der Obmann der Nationalliberalen im Kreise Z s ch o p a u- M a r i e n b e r g hat bei dem früheren Staatssekretär Dernburg angefragt, ob er bereit wäre, bei der Reichstagsersatzwahl, die sich durch den Tod des Antisemiten Zimn, ermann not- wendig macht, eine Kandidatur zu übernehmen. Dernburg hat aber abgelehnt mit der Begründung, daß ihm zwar ein sächsisches Mandat sehr sympathisch wäre, er aber davon Abstand nehme, da er sich bis auf weiteres politisch nicht be- tätigen will. Dernburg ist natürlich viel zu gewitzigt, um die Gefahren eines kräftigen Durchfalls auf sich zu nehmen. Englische Besucher. Man schreibt unS aus London : Der Goldstrom der Tarif- reformliga, auf dem englische Arbeiterdeputationen nach Deutschland schwimmen, hört nicht auf. AuS allen Gegenden Großbritanniens schickt man Partien von Arbeitern' auf Kosten der schutzzöllnerischen Industriellen und Agrarier, die auf einmal ihr arbeitcrfreundlichcs Herz entdeckt haben, über die Nordsee , um ihnen an einigen auSer- lesenen Typen zu zeigen, wie dick und wohlgenährt der deutsche Arbeiter bei dem Hochschutzzoll der Agrarier aussteht, und um den der Landessprache unkundigen Pilgern durch den Agenten Liga den Buckel voll zu lügen. Daß es unter diesen englischen Besuchern neben den vielen frohen Gesellen, die sich auf Kosten einer freigebigen Gesellschaft ein paar gute Tage machen wollen, auch manche zweifelhafte Charaktere gibt, die nur die Absicht hege», sich ihren Gönnern gefällig zu erweisen, rosige Berichte über die soziale Lage der Arbeiter zu schreiben, um dadurch von der Tarifreformliga irgendeine Anstellung zu ergattern, braucht wohl kaum erwähnt zu werden. Von Zeit zu Zeit herrscht jetzt großer Jubel im Lager der Tarifresormer über diesen oder jenen Sünder aus den Reihen der englischen Gewerkschaften, der Buße getan und der Ketzerei des Freihandels entsagt hat. Solche gerettete Seele bekommt dann irgendein Pöstchen oder wird gar an der Spitze eines neuen Fähnleins ins deutsche Schutzzöllnerparadies geschickt, um als Blinder die Blinden zu führen. ES ist nun nicht ausgeschlossen, daß die Tarifreformliga als Gegenstoß zu den Berichten der gewerkschaft« lichen und politischen Führer des englischen Proletariats, die vor kurzem Deutschland bereisten, ihrerseits ihre aus der englischen Gewerkschaftswelt gewonnenen Renegaten als Gewerkschaftsführer nach Deutschland schickt. Auf alle Fälle sollten sich die deutschen Genossen, wenn sich ihnen irgend ein unbekannter englischer Gewerl- schafter— denn unbekannt sind die AuSstellungSgewerkschafter der Tarifreformliga alle— vorstellt, ihren Mann erst zweimal ansehen, bevor sie sich in eine Konversation einlassen, deren Wiedergabe, nach den bisherigen Praktiken der Tarifreformliga zu urteilen, höchst« wahrscheinlich monströse Entstellungen aufweisen wird. Vergebliches Mühe». Die„Kreuz-Zeitung " fühlt das Bedürfnis, die Teilnehmer an der religiösen Kundgebung vor dem Luther-Denkmal gegen unsere ehrende Anerkennung in Schutz zu nehmen, daß sie eine Straßendemonstration veranstaltet hätten. Der Eifer des Blattes ist umso begreiflicher, als erst in der Mittwochssitzung des Drciklassenhauses ein ministerieller Handlanger sich gegen Straßendemonstrationen ausgesprochen hat. Das Junkerblatt macht sehr feinsinnige Unterschiede zwischen Demonstrationen der Fromnien und sozial- demokrattschen Demonstrattonen. Es behauptet, die Teilnehmer der Demonstration seien nicht in geschlossenem Zuge nach dem Luther-Denkmal marschiert, dort sei auch keine Ansprache gehalten worden, der Gesang des Liedes„Eine feste Burg ist unser Gott' und das Kaiserhoch seien ganz spontane Kundgebungen aus der Menge gewesen. Wir bestreiten den Frommen durchaus nicht ihr Recht, für ihre religiöse Ueberzeugung zu demonsteieren, freuen uns vielmehr, daß die Christen zu wiederholten Malen auch für sich das Recht aus die Straße behauptet haben. Sehr stark bezweifeln müssen wir aber die juristische Durchschlagskraft der Argumente, die die„Kreuz-Zeitung ' gegen unsere Auffassung anführt. Sollte es gegen die Veranstalter der Demonstration zu einer Anklage kommen— was wir durchaus nicht wünschen und auch für ganz ausgeschlossen halten, da es sich ja nicht um eine sozialdemokratische Demonstration handelt—, dann müßte das Gericht in Kon- sequenz der gegen Sozialdemokraten unter ganz gleich ge- lagerten Verhältnissen gefällten Urteile zu einer Bestrafung kommen. Recht mag wohl die„Kreuz-Zeitung ' haben, wenn sie meint, daß das Singen und die Hochrufe spontan aus der Menge entstanden sind. Warum werden dann aber Sozial- demokraten angeklagt, wenn sie Hochrufe ausbringen und Lieder singen, die ihrer politischen Ueberzeugung entsprechen. Pharisäisch dagegen ist der Einwand, daß keine Ansprachen gehalten worden sind. Vielleicht verrät uns die Redaktion, die ja dem Beteiligten sehr nahe steht, ob etwa der Pastor' L e S e u r bestraft worden ist, der vor einigen Wochen ge- legentlich einer Straßendemonstration der evangelischen Christen von der Freitreppe des Domes herab eine Rede an die Demonstranten gehalten hat. Sollte die„5kreuz- Zeitung" eine bejahende Antwort darauf nicht geben können, dann wird es wohl dabei bleiben müssen, daß es in Preußen zweierlei Recht gibt, daß die Strafgesetze nur dann in Anwendung kommen, wenn es sich um die Bestrafung freiheitlicher Ideen handelt. In trauter Uebereiustimmung und mit denselben Gründen wendet sich auch die„Nordd. Allg. Ztg.' gegen unsere Auf- fassung über die christliche Kundgebung. Bei der preußischen Regierung ist es von vornherein verständlich, daß sie einen Unterschied macht zwischen Kundgebungen reaktionären und freiheitlichen Charakters. Was anderes könnte man denn auch erwarten von den ausübenden Organen der preußi- schen Kraut- und Schlotjunker. Aber allzuviel Wert wollen wir übrigens juristischen Gründen nicht beilegen. Die Notwendigkeit der Straßendemonstrationen ist nun einmal für alle Parteien, die an die Massen appellieren wollen, eine Tatsache geworden, die sich auch immer wieder durchsetzen wird. Ein freifinniger„Sozialpolitiker" als Scharfmacher. Oberbürgermeister C u n o in Hagen i. W., fortschrittlicher Reichstagsabgeordneter, sozialpolitischer Schriftsteller und Ausschuß- Mitglied des Verbandes deulscher Gewerbegerichte, sowie der Gesell- schaft für Sozialreform entwickelt sich immer mehr alS Scharfmacher und Vertreter der Industriellen. Im Kreise Hagen « Schwelm steht ein schwerer Kampf in der Metallindustrie bevor, da wegen geringfügiger Differenzen in einem Betriebe das gesamte Unternehmertum mit Aussperrung droht und am 15. d. MtS. schon 50 Prozent aller Arbeiter entlassen werden sollen. Wie wir nun schon vor kurzem berichten konnten, hat Cuno im Stadtverordnetenkollegium zu Hagen anläßlich eines Antrages unserer Genossen um Ausführung von Notstandsarbeiten für die ausgesperrten Arbeiter eine arbeiter« feindliche Rede gehalten, die geradezu als eine Verhöhnung der Arbeiterschaft zu betrachten ist, und die ein Genosse wohl richtig charakterisierte, wenn er Herrn Cuno den Rat gab, sich als Geschäfts- führer des ArbeitgebervereinS anstellen zu lassen. Cuno leistet sich aber noch mehr. Bei den Einigungsverhandlungen, die auf Grund eines Be« schluffes der Hagener Stadtverordneten stattfanden, erklärte der Bor- sitzende des Gewerbegericht«, daß Cuno leinen Vorschlag auf Ausbau des paritätischen Arbeiisnachweises vorläufig zurückgezogen habe. Und der Geschäftsführer des ArbeitgebervereinS teilte mit, daß Cuno ihm erklärt habe, er sei mit der Einführung des Unter- nehmernachweiseS voll einverstanden! das sei gerade daS, was er, Cuno, gewünscht habe. Dabei muß hervorgehoben werden, daß über die anfänglich strittigen Punkte eine Einigung erzielt wurde, und die weiteren Ver« Handlungen nur an dem Arbeitsnachweis, den die Unternehmer unter allen Umständen einführen wollten, scheiterten. Der Kampf ist also unvermeidlich, und von der Aussperrung, die Ende dieses Monat« voll durchgeführt sein soll, werden etwa 30 000 Arbeiter im Kreise Hagen -Schwelm betroffen. Wenn es nicht gelingt, den schweren Kamps im letzten Augenblick zu verhindern, so haben dies die Arbeiter dem freisinniaen Herrn Cuno zu verdanken, der dem Unternehmertum in geradezu frivoler Weise den Nacken gesteift hat. Die Bremer Lehrerhatz. Bremen . IS. Juni. (Privatdepesche deS„Vorwärts".) Das Verfahren gegen den Lehrer Hurrelmeyer endete mit der Verurteilung des Angeklagten zu 350 Mark Geld » strafe, einem Verweis und in die Kosten. Der Staatsanwalt hatte Dienstentlassung beantragt. Der Verteidiger erwiderte auf diesen Antrag, für Dienstentlassung liege kein Grund vor, denn die Behandlung, die dem Angeklagten im ersten Disziplinarfalle zuteil geworden sei, rechtfertige seine Erregung. Man habe seine aus innerster Ueberzeugung erfolgten Maßnahmen als groben Unfug bezeichnet. Der Angeklagte sei durch eine subjektiv und objektiv nicht gerechtfertigte Behandlung zu dem Artikel ge- trieben. Der Verteidiger beantragte Freisprechung oder milde Bestrafung lediglich wegen Fahrlässigkeit. In der Urteilsbegründung wird ausgeführt: Im Mittelpunkt des inkriminierten Artikels stehen die Erlebnisse des An- geschuldigten, nur daß er den Schauplatz nach außen verlegte. Im übrigen sei des Zweckes, den der Angeklagte nach seiner heutigen Angabe angeblich habe verfechten wollen, nämlich der Einführung von Reformen, gar nicht in der Skizze gedacht, denn von Reformen sei keine Rede darin. Jeder, der die Bremer Vor- gange gekannt habe, hätte sofort gewußt, wer gemeint sei. Das Gericht hat die Ueberzeugung, daß der Angeklagte daS Bewußtsein der Bloßstellung der Behörde durch den Artikel gehabt habe. Andererseits ist es der Meinung, daß der Beschuldigte nicht der alleinige Verfasser ist. Als mildernd rechnete das Gericht dem Angeklagten seine vielleicht berechtigte Erregung zugute. Wahlrechtsverschlechterung in Wismar . Die Stadtverordnetenversammlung in Wismar hat eine Magistratsvorlage, die eine Verschlechterung des Wahlrechts bringt, mit 17 gegen 13 Stimmen angenommen. 12 Stadtverordnete blieben offenbar absichtlich der Sitzung fern. Ein Dementi. Die auch von uns wiedergegebene Meldung vom Rücktritt deS Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika , Frecherr» v. Rechenberg wird offiziös in Abrede gestellt. Oefternick. Die italienische Universitätssrage- � Wien, 16. Juni. In der gestrigen Sitzung des deutschen Nationalverbandes befürworteten der Minister- Präsident, der Unterrichtsininister und der Justizminister ein- gehend den Kompromißvorschlag der Regierung bezüglich der Errichtung einer italienischen Rechtsfakultät, welcher daraus hinausgeht, daß binnen vier Jahren, spätestens zum Wintersemester 1914/15 eine selbständige italienische Rechtsfakultät in einem Orte innerhalb des WohnungsgebietcS deS italienischen Volksstammes in Oesterreick» errichtet wird. Spätestens im Jahre 1912 soll diese Angelegenheit verfassungsmäßig erledigt werden. Inzwischen wird die Regierung ermächtigt, für die Dauer des oben festgesetzten Zeit- raums eine selbständige italienische Rcchtsfakultät Provisor, sch in Wien ins Leben zu rufen. Die Minister verwiesen auf die schweren Komplikationen, welche eine Ablehnung des Kompromiß. Vorschlages nach sich ziehen würde. In der heutigen Sitzung beschloß der Naiionalverband mit überwiegender Mehrheit, der Regierung mitzuteilen� Paß der Verband dem Kompromißvorschlage zustimmt. öcbwdz. Wahlen. Zürich , 12. Juni. (Eig. Bcr.) Die gestern im Züricher Wahl- kreise erfolgte Wahl des Agrariers H a u s e r mit 16 136 yegen 12 514 Stimmen, die auf unseren Kandidaten, Genossen S i g g, entfielen und die zum Teil der ärgsten Verlotjerung und Verwilde- rung der politischen Sitten im bürgerlichen Lager, vorab der bekannte» „Neuen Züricher Ztg.' zu verdanken ist, wird sich schließlich als sehr förderlich für die im November erfolgende Volksabstimmung über das Jnitiativbegehren über die Proportionalwahl des Nationalrates erweisen. Denn der Zustand ist faul, unerträglich und empörend, daß 16 000 bürgerliche Stimmen acht, 12 000 sozialdemokratische Stimmen nur einen Vertreter im Nationalrat haben. Das durch die Bundesverfassung garantierte„gleiche' Wahlrecht ist zur Karikatur geworden, die das ganze politische Leben vergiftet und schließlich noch zu Störungen führen müßte. Auch die schweizerischen Arbeiter können eS einmal satt bekommen, in ihrem so viel be- sungenen und heißgeliebten Vaterlande nur Heloten und Lohnsklaven zu sein. In Thun (Kanton Bern ) haben unsere Genossen bei den Gemeinderatswablen einen schönen Sieg errungen, indem drei Kan- didaten gewählt wurden. Sodann ist in der Uhrenarbeiterstadt Chaux-de-Fond? der sozialdemokratische Kandidat D u b o i s mit 2220 gegen 1714 bürgerliche Stimmen als Friedensrichter gewählt worden. fvznkvcid). Die Sozialreform. Paris , 16. Juni. Die Deputiertenkammer setzte heute die Beratung der Interpellationen fort. Mang er(Soz.) sprach den Wunsch aus, daß auch die landwirtschaftlichen Arbeiter unter die Arbeiterfürsorgegesetze gestella würden. Arbeitsminister V i V i a n i erklärte, die Fürsorgegesetze würden in gerechter Meise angewendet, und wenn er einigen, übrigens durch die Gesetze gestatteten Abweichungen zugestimmt habe, so sei das geschehen, weil die wirtschaftlichen Notwendigkeiten zuweilen stärker seien als der menschliche Wille. Der Minister er- hob Widerspruch gegen die Schmähungen, mit denen gewisse Für- sorgegesetze, besonders das Altersversorgungsgesetz bekämpft wür- den, und sagte, wenn soziale Reformen nur eingeführt würden, um ihrer Anwendung außerhalb des Parlaments Schwierigkeiten zu bereiten, wäre es besser, soziale Reformen überhaupt nicht einzu- führen. Buisson(Soz.-Rad.) verlangte Gesetze, durch welche unter Achtung vor den Ueberzeugungen der Eltern und vor dem Gewissen der Kinder die Laienschule geschützt wird. Der Redner trat ferner für strenge Durchführung der Schulpflicht ein und sagte, Frankreich müsse dem Beispiel Deutschlands folgen. Deutschlands Pflichtfortbildungsschulen bildeten eine Jugend heran, die den wirtschaftlichen und politischen Einfluß Deutsch- lands weit hinaustrage._ Die Militärliefcrungen. Paris , 15. Juni. Das Zuchtpolizeigericht in ReimS hat die wegen Betrugs angeklagten Militärlieferanten zu Ge- fängniSstrafen von 4 bis zu 18 Monaten verurteilt. Dem Kriegsministerium wurde ein Schadenersatz von 30 000 Frank zu- erkannt. Spsnien. Ermordung eines Polizeichefs. Madrid , 16. Juni. Der Chef der Polizei der Stadt L a C a- ro line in der'spanischen Provinz Jaen wurde auf offener Straße ermordet. Er war von einem Geheimagenten begleitet, der sofort auf den Attentäter schoß und ihn schwer verletzte. Der Attentäter nennt sich Baranco. Das Attentat war schon seit längerer Zeit vorher angekündigt worden. Ein Journalist wurde verhaftet. � � England. Eine Kreta -Debatte. London , 15. Juni. Im Unterhause griffen mehrere liberale und irische Redner die reaktionäre Politik der englischen Regierung in Aegypten auf das schärfste au. Dann besprach Sir Edward Greh die Kretafrage. Eine definitive Lösung der kretischen Frage ohne Zuziehung der Türkei sei unmöglich und insbesondere müßten die Mächte darauf sehen, daß der Status quo auf Kreta aufrecht erhalten werde. Die Forderung der kretischen Nationalversammlung , daß nur nach Ableistung des Eides die muselmanischen Abgeordneten zu- zulassen seien, bedeute ohne Zweifel eine Gefährdung des Status quo, den die Mächte aufrecht zu erhalten entschlossen seien. Die Kreter hätten ihre Autonomie und hätten sich hinsichtlich der Freiheit in eigenen Angelegenheiten über nichts zu beklagen. Das mindeste, was man von den Kretern verlangen könne, sei da- her eine gewisse Rücksichtnahme auf die Forderung, an dem Status quo nichts zum Nachteil der Türkei zu ändern. Er wisse Wohl, daß in Kreta das Verlangen nach einer Annexion seitens Griechen- lands sehr stark sei, aber auch in der Türkei sei die Stimmung gegen eine Annexion sehr stark, und wenn man die Griechen als ein kampffreudiges Volk bezeichne, so gelte daS mit demselben Recht für die Türken. Die Kreter könnten nicht erwarten, daß, wenn zur Erhaltung des Friedens Europa die Angelegenheit in die Hand zu nehmen gezwungen werden sollte, ihre Bestrebungen eine größere Berücksichtigung erfahren würden. Wohl aber könnte der Fall eintreten, daß dann im Verein mit der herausgeforderten Türkei die Mächte eine definitive Lösung herbeiführten. die für sie weniger günstig als der augenblickliche Zustand sein würde. Zu einer definitiven Regelung würden aber nicht'nur vier, sondern sechs Mächte zu befragen sein, da dann auch Deutschland und Oesterreich. Unigarn zugezogen werden müßten. Die erste Aufgabe sei, den Frieden zu er. halten. So wie die Dinge liegen, hoffe er, daß Kreta den Rat der vier Schutzmächte befolgen werde und diese sich nicht gezwungen sähen, zu Maßregeln zu greifen, wie sie notwendig folgen mühten, wenn die Mächte der bei der Okkupation der Insel eingegangenen Verpflichtungen sich entledigen wollten. Fromme Friedensbestrebnngen. London , 16. Juni. Hier hat sich ei» ständiges kirchliches Komitee zur Förderung der deutsch -englischen Frie- densbewegung gebildet. Ter Erzbischof von Canterburh hat sich bereit erklärt, den Vorsitz zu übernehmen. Als Vizepräsi- denten werden die meisten anglikanischen Bischöfe und die Häupter der römisch-katholischen und der nichtkonsormistischen Kirchen fungieren. Vanemarn. Der Minister-Prozeß. Kopenhagen , 16. Juni. In der heutigen Sitzung de? Reichs« gerichtS-Prozeffes beendete der Verteidiger daS Plaidoyer und beantragte, seine beiden Klienten freizusprechen und die Kosten deS Gerichtsverfahrens der Staatskasse aufzuerlegen. Nach einer längeren Erwiderung des Anklägers und einer Gegen- erwideruna des Verteidigers wurde die Sitzung geschlossen. Morgen tritt der Gerichtshof zur Beschlußfassnng zusammen, von der die Oeffentlichkeit ausgeschlossen ist. Morgen am späten Nachmittag wird das Urteil wahrscheinlich verkündet werden. Cürhel f Grenzzwischenfälle. Saloniki, 16. Juni. Die Militärbehörde in Elassona meldet. daß eine 30 Mann starke, von einem Offizier geführte grie- chische Bande, welche zwei mit Munition beladene Tragtiere mit sich führte, die Grenze überschritten hat. Zu ihrer Verfolgung ist Militär abgegangen.— Ungefähr hundert Monte» n eg r i ne r unter dem Befehl des serbischen Offiziers Marti» n o w i t s ch haben ein türkisches Blockhaus in der Gegend von Gussiinje angegriffen. Zwei Soldaten wurden-getötet, drei verwundet. Die Montenegriner traten erst den Rückzug an, als Verstärkungen eingetroffen waren,
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