Die Folge War. Mr Angeklägle freigesfiro'chen ivürde.während sich nunmehr der Zeuge wegen Beleidigung zu der-antworten haben wird.Würde jede Gerichtsverhandlung, wie unsere Genossen in derStrafjustizkommisston jüngst beantragten, phonographisch auf-genommen, so würde manche unberechtigte„Feststellung" in Ge-richtsurteilen und manche Meineidsanllage in sich zusammenfallen.Hus Induftnc und bandetFleischteuerung.Fast ununterbrochen gehen die Fleischpreise hinauf. Nach denZusammenstellungen der«Statistischen Korrespondenz" über dieDurchschnittspreise an 50 preußischen Marttorten ergeben sich folgendeResultate:Es kostete ein KilogrammMai 15)09 April 1910RindfleischKalbfleischHammelfleischSchweinefleischSchweinespeckRoßfleisch1551761641551777415417717016118775in PfennigenMai 191015617717016018775Nur bei Schweinefleisch ist im Mai gegenüber April eine Er«Mäßigung um 1 Pfennig eingetreten; dafür sprang der Preis fürRindfleisch um 2 Pfennig hinauf. Sehr stark gestiegen sind diePreise für Schweinefleisch und Speck, wenn man die diesjährigenPreise mit den vorjährigen vergleicht.Selbstkosten«ud Gewinn der städtischen Wasserwerke.Die plötzliche starke Bedarfsvermehrung nach Wasser in denheißen Tagen hat in einigen Städten einen teilweisen Wassermangelgebracht, der von den Bewohnern äußerst unangenehm empfundenwurde und deutlich bewies, welche hohe wirtschaftliche undhygienische Bedeutung der ausreichenden Wasser-Versorgung der Städte zukommt. Gerade die hygienischen Be-denken gegen die Verwendung de« Wassers aus offenen Flußläufenund Seen trotz weitgehender Filtrierung haben dazu geführt, daßim Interesse des Gesundheitszustandes der Bevölkerungimmer mehr von dem Bezug offenen Wassers zur Wasser-Versorgung der Gemeinden und Städte abgegangen und zurOuellenfassung übergegangen wird. Die Hochquellenund vor allenDingen dieGrund Wasser st römungenwerden immer mehr bei der Wasserversorgung bevorzugt, so daß sichfür die einzelnen Gemeinden aus der Verschicdenartigkeit ihrerWasserbezüge ganz gewaltige Unterschiede inbetreff der K o st e nder Wasserbeschaffung ergeben. Bei der Benutzung vonHochquellen ist infolge deS Fortfallens der Wasserhebewerle und Awarweniger infolge ihrer Anlage« als ihrer ständigen Betriebs-kosten der Selbstkostenpreis für die Wasjerbeschaffuna oftrelativ niedriger. Andererseits kann die Notwendigkeit langerStrecken von Rohrleitungen die WafferversorgungSanlage bei der Be-Nutzung von Hochquellenwaffer teuer gestalten. Die erstrebens«werte Benutzung der Grundwasser st römungendürfte sich bei der Anlage zahlreicher oft tiefer Brunnen sowie derHebewerke und auch bei der oft weiten Entfernung zwischen Bezugs-und VerbrauchSort allgemein am teuersten stellen. Naturgemäß wirddurch den SelbstkosteupreiS der Abgabepreis an die Konsumentenbeeinflußt. Bei der großen Nolle, die die Einnahmenaus den Wasserwerken indessen in dem HaushaltungSetat einesTeiles unserer Städte gewissermaßen als eine indirekte Steuer spielen,wird aber der Wasserpreis in den einzelnen Städten auch durch dieFinanzpolitik stark beeinflußt. Im Elatsjahre 1903 stellte sich derEinnahmeüberschuß der nachstehenden Städte aus ihrenWasserwerken in tausend Mark wie folgt:Berlin 2356 Frankfurt a. M. 806 Stuttgart 5892036 München 642 Leipzig 578867 Hannover 602 Breslau 528Diesen großen Einnahmeüberschüssen, die durchaus nicht mit denGröbenverhältnissen der einzelnen Städte harmonieren, stehen ins-besondere bei kleinen Wasserwerken nur geringe Betriebsüberschüsse,zum Teil sogar Verluste gegenüber. Nach den Zusammenstellungenvon Mombert auf Grund der Angaben des«Statistischen Jahrbuchesder Städte" stellte sich die relative Rentabilität derWasserwerlsanlagen in Prozent des Gesamtanlagewertesbei den größeren Städten für Mannheim, Freiburg i. Br.und Stettin mit 15,1 beziehungsweise 14,5 und 14,0 Prozentam höchsten, während Bremen nur 4 Prozent erzielte. Im all-gemeinen ergibt sich zwar»ach der Steigerung der Selbstkosten aucheine Steigerung der Einnahme, aber bei einem Teil der Städtesind doch ganz gewaltige Schwankungen vorhanden. Die Gesamt-ausgaben für 1 Kubikmeter Wasser stellten sich für dieWasserwerke in Erfurt, Mainz. Spandau und Kiel mit 9.8 bezw.9,3, 7.5 und 6,8 Pfennigen am höchsten und in Freiburg i. Br.,München. Metz und Augsburg mit ie 0,8 bezw. 0,7 Pfennigen amniedrigsten. Die teuersten Konsum entenpreise für1 Kubikmeter Wasser wurden jedoch gezahlt in Wiesbaden mit 24,8,Mainz mit 20,6, Kiel und Mannheim niit je 19,3 und in Kassel mit18,8 Pfennigen, während in Augsburg, München, Bochum und Würz-bürg 3.3 bezw. 4,7, 6,0 und 6,2 Pfennige pro Kubikmeter bezahltenWassers erzielt wurden. Die höchste Differenz zwischenSelb st kostenpreis und Abgabepreis an die Kon«sumenten ergibt sich für Wiesbaden mit 19,3, Mannheimmit 16,8, Kassel mit 14,3, Hannover mit 14,0 Pfennigen,während die geringste Differenz sich für Augsburg und Essen auf2.6 bezw. 3,3, für Bochum und Krefeld auf 3,4 bezw. 4,0 Pf. stellte.Die Ungleichheit der Wasserpreise in den einzelnen Städten spielt anund für sich nur sofern eine geringe Rolle, als sich der Jahres-verbrauch an Wasser auf den Kopf der Be-Völker ung in Deutschland nur auf rund 40 Kubikmeter beläuftund somit selbst bei den scheinbar großen Differenzen zwischen denPreisen in einzelne» Städten die finanzielle Mehrbelastung sehrgering und zum Teil durch lokale Verhältnisse durchaus bedingt ist.Die deutsche Branntwcincrzeugung hat im Mai weiter abgenommen, indessen beträgt dieser Rückgang im verflossenen Monatnur noch 1,4 Millionen Liter, während seit Beginn der Saison dieMindererzeugung bisher 54 Millionen Liter gegenüber dem Vor«jähre betragen hat. Offenbar zwingen die großen Vorräte anKartoffeln die Brenner noch zu großer nachträglicher Produltion.Der Trinkverbrauch bleibt demgegenüber, wenn er sich auch im Maietwas gehoben hat, doch immer noch ungewöhnlich klein. Währendin den ersten Monaten des laufenden Steuerjahres der Minder«abstoß an Trinlbranntwein im Vergleich mit dem Vorjahre über30 Proz. ausmachte, ergibt sich für den Monat Mai ein Wenigervon nicht ganz 20 Proz. Seit dem 1. Oktober beträgt dieserMinderverbrauch gegenüber dem Vorjahre bis jetzt bereits rund284 000 Hektoliter sl 203 325 Hektoliter gegen 1 685 264 Hektoliter).Der Export ist zwar nicht groß, aber doch ivesentlich umfangreicherals in den Monaten zuvor. Die Branntweinerzeugung im deutschenSteuergebiet betrug im Mai d. I. 233 200 Hektoliter sim Vorjahre297 203 Hektoliter); davon wurden zur steuersreien gewerblichenVerwendung abgelassen 145 975 Hektoliter(113 694 Hektoliter), undzwar darunter vollständig vergällt 115 952 Hektoliter(76 129 Hekto«liter). Ende Mai sind in den Lagern und Reinigungsanstalten unteramtlicher Ueberwachung verblieben 1458 321 Hektoliter(1573 811Hektoliter). Im Mai sind nach Versteuerung in den freien Verkehr(als Trinkverbrauch) gesetzt 157 976 Hektoliter(195 944 Hektoliter).Mit Anspruch aus Steuerfreiheit wurden ausgeführt 2229 Hektoliterroher und gereinigter Branntwein und 711 Hektoliter Branntwein«erzengnisse.Lohnprellerei. Brüssel, 16. Juni. Wie aus Charleroi mit«geteilt wird, sollen die Grubenbesitzer beschlossen haben, die Kohlen-preise für die Eisen- und Glasindustrie herabzusetzen. Mit anderenWorten: Die Lohnerhöhung vom vergangenen März soll für dieseKategorie Kohlen nicht aufrecht erhalten bleiben!Großartiger Schwindel. New York, 15. Juni. Die Bundes-behörden ließen den Präsidenten und den Vizepräsidenten derUnited Wireleß Telegraph Comp, verhasten, weil sie beschuldigtwerden, nach einem großartigen Plan ihre Aktionäre zu betrügen.Es wird behauptet, daß sie den Wert der Aktien der Gesellschaft durchverschiedene Manipulationen willkürlich bedeutend gesteigert hätten.Ein Beamter hätte dadurch 5 Millionen Dollar erbeutet.Der Segen der Finanzreform.Ueber die Schädigung der Maschinenindustrie durch die kon-serbativ-klerikale Reichsfinanzreform wird im„Berliner Jahrbuchfür Handel und Industrie" geklagt:Besonders hart betroffen wurden die Fabrikanten von Maschinen für Brauereien und zur Zündholzbereitung. Durch die Erhöhung der Brausteuer wurden die Brauereien so stark belastet,daß sie von allen nicht unbedingt nötigen Anschaffungen Abstandnahmen. Noch mehr aber vielleicht schädigte es die Maschinenindu-strie, daß bis zur Klärung der Frage, wie die Brvusteuer auf dieKonsumenten abgewälzt werden soll, eine absolute Unentschlossen«hcit bei den Brauereien hervortrat, irgendwelche Betriebsverände-rungen vorzunehmen. Der Neubau von Brauereien aber ist durchdas neue Brausteuergesetz erheblich erschwert. Aehnlich wie dieLage in der Brauereimaschinenfabrikation war die der Fabrikantenvon Zündholzmaschinen. Als die infolge der beschlossenen Zünd«hclzsteuer schnell steigende Nachfrage nach Zündhölzern die Beschäs-tigung der Zündholzfabrik in ungeahnter Weise steigerte, entstandauch eine plötzliche Nachfrage nach Maschinen, der jedoch nur, soweites sich um Lagerware handelte, entsprochen werden konnte. MitInkrafttreten der Steuer am 1. Oktober trat eine vollständige Lahm-legung der deutschen Zündholzindustrie ein, die meisten Fabrikenschränkten die Arbeitszeit erheblich ein, einige Betriebe schlössenvcllständig. Ein regelmäßiger Betrieb der deutschen Zündholz-fabriken dürft« erst wieder in der zweiten Hälfte des Jahres 1910zu erwarten sein, wenn die großen Mengen ausländischer Ware,die vor der Steuer importiert und vom Publikum aufgenommenwurden, aufgebraucht sein werden. Aber auch dann ist für dieZündholzmaschinenindustrie eine Belebung des deutschen Marktesnicht zu erwarten, da die durch das Zündholzsteuergesetz eingeführteKontingentierung der Zündholzproduktion die Fabriken in ihrerProduktionsfähigkeit begrenzt und die Errichtung neuer Fabrikendurch die diesen aufgelegte Mehrsteuer ausschließt. Die Zündholz-maschinenindustrie ist deshalb für die Dauer des Kontingentie-rnngStjesetzes, d. h. bis Ende 1914, auf das Auslandsgeschäft alleinangewresen._Gerichts-Zeitung»Verantwortungslose SäbelschlSger.Die Polczeisäbeleien, die am 31. Januar 1909 auf den StraßenHannovers im Anschluß an Wahlrechtsversammlungen vorkamen,hatten am Dienstag ein Nachspiel vor dem preußischen Ober-Verwaltungsgericht. Der damals 20jährige Glasschleifer BrunoPaul war in einer der gegen 12 Uhr mittags ihr Ende findendenVersammlungen gewesen und wollte auf dem kürzesten Wege überdie Georgenstraße nach einem Restaurant der Humboldtstraße, woer regelmäßig zu Mittag aß. Da an der einen Ecke die Georgen-straße durch eine SchutzmannSkette gesperrt war, so wollte erschnell hinter dem Theatar herum und von dort seinen Weg überdie Georgenstraße nehmen. Plötzlich tauchte eine Reihe Schutzleuteauf, die mit außerordentlicher Schnelligkeit eine Kette zogen unddie herankommenden Menschen zurückdrängten. Es erging dieübliche Aufforderung und auf Befehl des Polizriinspektors Sachszogen die Beamten die Säbel blank. P. machte kehrt, um sich inSicherheit zu bringen. Das war aber nicht möglich, denn die Masse,die inzwischen herangekommen war, staute sich. Plötzlich erhielter von hinten her einen Säbelhieb über die Hand. Der Hiebtraf sie sehr stark dort, wo der Arm ansetzt. Sofort floß das Blut.Nach VerHeilung der Wunde blieb eine erhebliche Beschränkungder Gebrauchsfähigkeit der Hand zurück. Er klagte gegen denPolizeikommiffar Freiherrn von Münchhausen, den ein Augenzeugeals Täter bezeichnete, auf Zahlung von Schmerzensgeld und aufSchadenersatz. Diesen bezifferte er für die Zeit vom 1. Februarbis 31. Juli 1909 auf 273 M., und von da ab beanspruchte er eineJahresrente von 720 M. Bevor es zur Verhandlung kam, erhobdie Regierung den Konflikt und machte geltend: Erstens ständenicht fest, daß von Münchhausen der Täter gewesen sei. Dannaber wäre er auch zum Gebrauch der Waffe verpflichtet gewesen,da sein Vorgesetzter, der Polizeiinspektor Sachs, es befohlen habe.In Betracht käme hierfür die Dienstanweisung des Polizei-Präsidiums, wonach die Verpflichtung zum wirksamen Gebrauchder Hiebwaffe bestanden habe. Eine Amtsüberschreitung falle ihmnicht zur Last!Vor dem Oberverwaltungsgericht in Berlin wurde der Ver-letzte am 14. Juni durch Rechtsanwalt Dr. Lehrend vertreten. ESwurde unter anderem vom Anwalt geltend gemacht, daß auf jedenFall Herr von Münchhausen über den Nahmen seiner AmtSbcfug-nisse hinausgegangen sei. wenn er auf einen Mann, der bereitszurückging, von hinten einschlug. Hierfür sei aber im ZivilprozehBeweis angetreten worden, der auf jeden Fall hätte erhoben werdenmüssen.DaS Oberverwaltungsgericht erklärte aber den Konflikt fürbegründet und entschied demgemäß, daß das Verfahren gegen denPolizeikommissar endgültig einzustellen sei. Begründend wurdeausgeführt: Selbst wenn v. M. der fragliche Beamte gewesen sei,würde er doch in den Grenzen seiner AmtSbcsugnisse gehandelthaben. Abgesehen davon, daß er sich infolge der ganzen Situationin begreiflicher Erregung befunden habe, so habe er vor allem janicht dem einzelnen gegenübergestanden, sondern der ganzenMenge, die der Aufforderung zum Auseinandergehen nicht gefolgtsei und deren Widerstand nach dem Befehl de» Polizeiinspektorsgebrochen werden sollte. Wenn unter diesen Umständen bcdauer-licherwcife jemand zu Schaden gekommen sei, der keinen Wider-stand leisten wollte, so sei das nicht die Schuld des Beamten,sondern der Situation. Eine Ueberschreitung der Amtsbefugnissedurch den Polizeikommissar käme deshalb hier nicht in Frage.Der Bürger ist danach gegen Polizisten rechtlos. So etwasnennt man„Rechtsstaat" Preußen.5. K. T.Der Reklamescherz eines national-polnischen Schuhmacher? hatzu einer Anklage wegen Beleidigung und unlauteren Wettbewerbesgeführt, die gestern die vierte Strafkammer des Landgericht? I be-schäftigt. Die Anklage richtete sich gegen den Herausgeber undRedakteur des in Berlin erscheinenden Polenorgans„DziennikBerlinski", Franz Krysiak, und den Schuhmacher Leo Schulz, derin der Ebertystratze ein Schuhwarengeschäft betreibt und seinenNamen Schulz längere Zeit in Leona Szulka umgewandelt hatte.Besagter Herr Schulz hatte längere Zeit hindurch in der„DziennikBerlinski" ein Inserat folgenden Inhalts veröffentlicht:„Ich mußmich nur beeilen, daß ich zur rechten Zeit hinkomme nach demSchuhwarengeschäft von Leo Schulz in der Ebertyjtraße, dennwenn ich wo anders kaufe, werde ,ch stets bemogelt, bei Schulzaber kaufe ich stets gut ein." Als Verkündiger dieses Bekennt-nisses war ein Gigerl abgebildet, der einen Hund an der Leineführte. Auf diesen Hund waren die Buchstaben H. K. T. an.gebrachk. Da man mit diesen Buchstaben die Hakatiffen zu be-zeichnen pflegt, so empfanden die Mitglieder des Ostmarkenvereinsdiese bildliche Verunglimpfung als eine schwere Beleidigung undder Vorstand des Vereins stellte Strafantrag. Gleichzeitig stellteaber auch der Vorstand der Schuhmacherinnung einen Strafantragwegen unlauteren Wettbewerbs. Das polnische Wort„oszwabiony'war von den Dolmetschern als„bemogeln" verdeutscht worden undursprünglich war angenommen, daß damit ausgedrückt werdensollte,„auf schwäbische(d. h. deutsche) Art bemogeln". Die Schuh-macherinnung war daher der Meinung, daß durch das Inserat inVerbindung mit dem Bilde behauptet werden sollte: Das kaufendePublikum werde im allgemeinen von den deutschen Schuhmachernbetrogen.— Der Angeklagte Krhsiak versicherte, daß er sich umden Annoncenteil der Zeitung gar nicht gekümmert habe und er-klärte es für wenig ritterlich, daß ein großer Verein, wie derOstmarkenverein, die Bagatelle einer solchen Annonce benutze, umein Strafverfahren gegen seine Gegner zu inszenieren. Er ver-wies darauf, daß er schon acht Jahre das polnische Blatt leite undnoch nie eine Beleidigungsklage sich zugezogen habe. Er begreifegar nicht, wie er den Ostmarkenverein beleidigt oder sich gar desunlauteren Wettbewerbes schuldig gemacht haben könne. Sehrspaßig waren die Auslassungen des zweiten Angeklagten. Er er-klärte, daß er zwar die Bezeichnung Hakatisten schon gehört habe,aber gar nicht sagen könne, was das Wort bedeute. TaS Bildauf seinem Inserat sollte eine ganz harmlose Reklame sein. DieBuchstaben H. K. T. auf dem Körper des Hundes sollten gar keinenbeleidigenden Hinweis auf die Hakatisten darstellen, sondern soll-ten dahin gedeutet werden:„Hassia Kamasze Trzenski", d. h.Gamaschen und Zugstiefel von der bekannten SchuhwarenfirmaHassia in Offenbach a. M. Diese Behauptung erweckte allgemeineS eiterkeit und fand weder bei dem Staatsanwalt noch bei demerichtshof Glauben, obwohl Herr Schulz tatsächlich Rechnungenvorlegte zum Beweise, daß er Ware von der Firma Hassia be-zogen hatte. Der Staatsanwalt hielt es für ganz zweifellos, daßder Angeklagte Schulz, der in der national-polnischen Bewegungkein Fremdling sei, die Hakatisten habe beleidigen wollen und auchdie deutschen Schuhmacher verunglimpft habe. Der Strafantraglautete auf je 669 M. Geldstrafe event. je 60 Tage Gefängnis.—Das Gericht hielt auch eine Beleidigung der Mitglieder des Ost-markenvereins für erwiesen, nicht aber den unlauteren Wett-bewerb, und verurteilte den Angeklagten Krystak zu 100 M., denAngeklagten Schulz zu 150 M. Geldstrafe, event. für je 10 M. einenTag Gefängnis._Lohn für Feiertage.Nach der Bestimmung des 8 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchssteht dem Dienstverpflichteten bei unverschuldeter vorübergehenderBehinderung an der Dienstleistung ein Anspruch auf die Vergütungzu. Danach sollte man es als selbstverständlich annehmen, daßden Arbeitern, zumal wenn sie im. Wochenlohn beschäftigt werden,für die in die Woche fallenden Feiertage ein Abzug vom Lohnnicht gemacht werden darf. Was jedoch die scharfmacherischenArbeitgeberverbände durch ihre die Wirksamkeit dieser Gesetzes-Vorschrift ausschließenden Bestimmungen in den Arbeitsordnungeninfolge des Widerstandes der Arbeiterorganisationen nicht voll er-reichen konnten, das besorgt eine den Arbeitern ungünstige, demGesetz widersprechende Rechtsprechung, die leider auch von einigenGewerberichtern gepflegt wird. Es wird jetzt vielfach die Ansichtvertreten, daß auch dem in Wochenlohn beschäftigten Arbeiterein Anrecht auf den Lohn für die Feiertage nicht zustehe, wenner die Ucberstunden extra bezahlt erhält, weil dadurch der Wochen-lohn den Charakter des festen Bezuges verloren habe.Die Kammer 3 des Gewerbegecichts hält jedoch erfreulicher-weise an ihrer bisherigen dem Gesetz entsprechenden Spruchpraxisfest, wie ein gestern verhandelter Rechtsstreit des Arbeiters H.mit der Firma Palis Nachfl. zeigt. Der Kläger verlange Lohn fürden Himmelfahrtstag sowie den 2. und 3. Pfingstfeiertag mit9,75 M. Den Einwand der Beklagten, daß der Kläger auf Bezahlung!der Feiertage keinen Anspruch habe, weil er nicht Wochenlohn,sondern Tagelohn bezog, verwarf das Gericht, weil der Lohn inwöchentlichen Raten an den Kläger gezahlt wurde. Es verurteilte?die Beklagte, dem Kläger den Himmelfahrtstag sowie den zweiten.Pfingstfeiertag mit 6,50 M. zu bezahlen; mit der Forderung aufBezahlung auch des dritten Pfingstfeiertages wurde der Klägerabgewiesen, weil er damit einverstanden gewesen war, daß er andiesem Tage nicht arbeite, ohne gleichzeitig einen Anspruch auf Be-zahlung des Tages geltend zu machen.Hierbei möchten wir wiederholt betonen, daß Abreden, dieNichtzahlung deS Lohnes für Feiertage festsetzen, rechtsungültigsind. Denn sie verstoßen gegen ß 2 des Lohnbeschlagnahmegesetzes.Das wird unter anderem auch in dem bekannten MeyerschenKommentar zum Lohnbeschlagnahniegesetz anerkannt.Versammlungen.Der Zentralverband der Sckimicde hielt am Montag in denMusikersälen in der Kaiser-Wilheliro-Straße eine gut besucht«außerordentlich« Mitgliederversammlung ab. Die" DelegiertenSamereier und S ch l i n s k y erstatteten Bericht von dem inMünchen stattgefundenen Verbandstage. Sie gaben«inen aus.sührlichen Ueberblick über die Verhandlungen und Beschlüsse des-selben und halten diese als zufriedenstellend. In der Diskussionnahm zunächst Basner, der als AuSschußvorsitzender an denVerhandlungen des VerbandStages teilgenommen hat, daS Wort,um darzutun, wie der VcrbandStag dazu kam, die von der Man.datSprüfungSkommission beanstandeten fünf Berliner Mandatedennoch als gültig zu erklären. Der VerbandSvorstaud hatte eSunterlassen, dem berechtigten Protest stattzugeben und eine Neu.Wahl anzuordnen. Der Vorstand hatte demnach ein gut Teil Schulddaran, daß die Berliner Mandate nicht unanfechtbar waren. DerVerbandstag wollte aber die Zahlstelle Berlin nicht unvertreten-sein lassen. Schubert ging des näheren auf den Geschäfts.bcricht des Vorstandes ein und machte die schwankende Haltungdes Verbandsvorstandes in verschiedenen bedeutungsvollen Fragen»für die Stagnation in der Mitgliederbcwegung des Verbände»verantwortlich. H e n t ch e l ging aus die beschlossenen Statuten.abänderungen ein und bezeichnete sie als dürftig und oberflächlich.Obwohl sämtliche Berliner Delegierte zu den Befürwortern derVerschmelzung des Verbandes mit dem Deutschen Metallarbeiter.verbände zählen, zeigte doch die Diskussion sowie die Stimmungder Versammlung, daß noch eine beachtenswerte Minderheit derBerliner Mitglieder gegen die Verschmelzung ist. Die genanntenRedner gehören dieser Minderheit an. Sie forderten, unter Zu.stimmung eines wesentlichen Teiles der Versammlung, daß dievom Verbandstag im Prinzip beschlossene Verschmelzung erst nacheiner Urabstimmung im Verbände erfolgen darf. Daß der«er.bandstag am Frohnleichnamsfeste einen ganzen Verhandlungstagausfallen ließ, hat Mißfallen erregt. Ein Antrag, nach dem diesauf das Entschiedenste verurteilt wird, sowie ein Antrag, der sichgegen die beschlossene volle Ausnutzung des Delegationsrechtes desVerbandes zu den verschiedenen Kongressen wendet, lagen schon zuBeginn der Berichterstattung vor. Die weitere Diskussion über dieBerichterstattung und die Abstimmung über die vorliegenden An»träge wurden aus ein« spätere Versammlung vertagt.Die Versammlung nahm darauf zu der Höhe des LokalbcitrageSiStellung. Schlinsky empfiehlt namens der Ortsverwaltung.es bei dem bisherigen Beitrag von 10 Pf. pro Woche zu belassen.Stenzel beantragt, den Lokalbeitrag auf 5 Pf. herabzusetzen.Nachdem noch BaSner und andere für den Antrag Stenzel!gesprochen, wurde derselbe angenommen. Darauf wurden zu Gau.beiiltzern Ferch land, Hentschel. Schlinsky undTimmermann, in den Ausschuß Battmer, KarlMüller, Samereier und Schubert gewählt.Zu unserem Bericht über die Generalversammlung deS vierte»Wahlkreises werden wir gebeten, nachzutragen, daß dort die Ge.nossin-Wengels als Delegierte für den internationalen Kongreß,n Kopenhagen vorgeschlagen ist.